Wer gestern Plasbergs Hart aber fair gesehen hat, konnte sich erstaunt die Augen reiben: Da saß die als Katholikin vorgestellte Birgit Kelle, die in einer heiße Diskussion immer wieder den Versuch einer Versachlichung startete. Der ehemalige EKD-Vorsitzende Bischof Huber war sichtlich genervt über die mangelnde Auseinandersetzung der beiden Islamvertreter, Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, und Özlem Nas, offenbar dauerbeleidigtes Vorstandsmitglied im Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg, mit den Themen, die doch eigentlich ihre ureigensten sein müssten. Was die Kabarettistin Lisa Fitz in der Runde ob ihrer demonstrativ zur Schau gestellten Unkenntnis jeder Sachlage, sei es die Beurteilung christlicher wie muslimischer Geschichte und Theologie, machte, wusste sie vermutlich am Ende selber nicht.
Überraschend daran war, dass die Rollenverteilung vermutlich anders vorgesehen war. Meine Erwartungshaltung war jedenfalls eher, die beiden Vertreter des Islam in der Verteidigungs- bis Opferhaltung, Birgit Kelle auf Angriff geschaltet und Huber um Ausgleich bemüht zu sehen. Was Lisa Fitz in der Runde zu suchen hatte, war mir von Anfang an nicht klar, das war insofern die einzig wenig überraschende Wendung. Um es damit dann auch bewenden zu lassen: eine antireligiöse Vertreterin in eine solche Runde einzuladen, kann die Stimmung anheizen, die muss dann aber auch wirklich was auf dem Kasten haben und nicht ständig eingestehen, dass sie eigentlich keine Ahnung hat und erst gestern Nacht den Koran gelesen hat.
Dabei hat es ansonsten in der Runde nicht an Brücken hin zum Islam gefehlt allein, Herr Mazyek und Frau Nas mochten nicht drüber gehen. Stattdessen immer wieder die gleiche Leier: ISIS und Terror hätten mit dem Islam nichts zu tun, insofern müsse man sich auch nicht davon distanzieren. Fragen hinsichtlich der Rolle der Frauen, der Andersgläubigen oder der Homosexuellen im Islam wurden nur ausweichend bis gar nicht beantwortet, und so wurde schnell klar, warum eigentlich mehr als 40 % der Deutschen Sorge haben, dass der Islam in Deutschland weiter erstarken könnte. Man kann sie nicht fassen, stellen sich nicht den eigenen religionsinternen Themen, und sehen das Wachstum des Islamismus als gesamtgesellschaftliche, aber nicht als ihre persönliche Aufgabe.
Recht hatte in diesem Zusammenhang Bischof Huber, für mich in der Tat eine der Überraschungen des Abends, der deutlich machte, dass es auch eine Aufgabe einer christlichen Gemeinde wäre, sich um Menschen zu kümmern und darauf zu reagieren, die in einen wie auch immer gearteten Fundamentalismus abdrifteten. Die immer gleiche stereotype Antwort Mayzeks: Das tue man doch, es werde nur nicht darüber berichtet.
Wie die Ablehnung persönlicher Verantwortung mit dem nicht nachgewiesenen Bemühen um Klärung der Situation, sowohl ganz konkret hinsichtlich einzelner vom Extremismus angezogener Personen, als auch theologisch im Sinne der Klärung der Gewaltfrage im Islam und dessen Umgang mit Frauen, Ungläubigen und Minderheiten, zusammen passen soll, hat sich mir dabei nicht erschlossen. Glaubwürdig war das alles nicht, vor allem nicht vor dem Hintergrund einer der Integration und Multikultur durchaus wohlgesonnenen Medienlandschaft, als deren Opfer man sich nun sieht.
Da halfen auch nicht die teilweise tatsächlich unterirdischen Kommentare im Gästebuch der Sendung, die den Islam mit Fäkalsprache beschimpften es mochte sich nicht so recht die Stimmung eines Islam als Opfer der Fremdenfeindlichkeit einstellen, wenn doch die diesen Stimmungen zugrunde liegenden Befürchtungen nicht ausgeräumt werden können und die Vertreter des Islam auch ihre Aufgabe gar nicht darin sehen.
Dabei kann man einer Argumentation durchaus etwas abgewinnen: In einer der Gesellschaft, der jede Orientierung fehlt, der man insbesondere religiöse Orientierung erfolgreich ausgetrieben hat, sind vor allem Jugendliche, die sich benachteiligt fühlen und es in vielen Fällen wohl auch sind (über die Verantwortung dafür lohnte sich ein eigener Talkshowabend) schnell zum Extremismus zu verführen. Es bleibt aber auch als Fakt, dass es eben nicht Hunderte Christen in Deutschland sind, die in einen Krieg gegen die Ungläubigen ziehen wollen, dass es eben nicht christlich dominierte Staaten sind, in denen die Menschenrechte durchgängig mit Füßen getreten werden. Der Islam ist zumindest der Kristallisationspunkt eines Problems, das nur in Teilen gesamtgesellschaftliche Ursachen hat dass hochrangige Vertreter des Islam in Deutschland, wie Aiman Mazyek und Özlem Nas, die Verantwortung dafür ablehnen, die Diskursbrücken, die ihnen Birgit Kelle und Bischof Huber, und sogar Frank Plasberg, gebaut haben, mit dem Argument meiden, es sei gar nicht ihr Problem, muss einen im Hinblick auf eine weitere Bedeutungszunahme dieser Religion in der Tat beunruhigen!
Gallia-pontificia-Arelatensis
Was mich persönlich immer erstaunt, ist, daß die deutschen Kirchen, die evangelische wie die katholische, nichts, aber auch gar nichts, unternehmen, um die Muslime in Deutschland zum Christentum zu bekehren. Das wäre wirklich mal eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, aber allem Anschein nach kommt ja niemand auch nur auf die Idee.