Waffen gegen ungeborene Kinder

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Wenn es um Waffengesetze geht, findet sich meine Einstellung irgendwo zwischen Mahatma Gandhi und Clint Eastwood. Das muss man vielleicht erklären: Natürlich sind Waffen dazu da, anderen Menschen zu schaden, Gewehre und Pistolen eignen sich nicht so sehr zum Stoppen eines Angreifers als viel mehr zum Töten. Als Christ kann mir daher nicht gefallen, wenn alle mit einer Waffe im Haus oder in der Hand herumrennen. Andererseits ist Verteidigung, seiner selbst oder seiner Familie oder anderer Wehrlose manchmal eben notwendig, und den Waffenbesitz nur einem Gewaltmonopolisten, in unserem Fall dem Staat zuzugestehen, macht mich ebenfalls unruhig. In einer idealen Welt sollte niemand eine Waffe besitzen – bis es soweit ist, sollte der Staat und seine Organe aber nicht die einzigen Agenten des Volkes sein, der darüber frei verfügen darf!

Dieser Einstieg hat nur oberflächlich nichts mit dem eigentlichen Thema des Beitrags zu tun: Dabei geht es nämlich darum, ob man in einer Welt, die gebrochen ist, dogmatisch an bestimmten Positionen festhalten kann. Es geht um die Freigabe der „Pille danach“. Hierzu hat die große Koalition gerade beschlossen, sie solle in Apotheken künftig rezeptfrei erhältlich sein. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme wird damit begründet, dass die Wirkung der Pille besser sei, je näher man sie an – benutzen wir mal das altmodische Wort – der Zeugung eines potenziellen Kindes anwendet. Die Apotheken sollen dabei zu einer Beratung verpflichtet werden, für nicht volljährige Mädchen soll es auch weiterhin eine Rezeptpflicht geben, nicht zuletzt auch wegen der potenziellen Nebenwirkungen des Medikaments.

Noch immer ist dabei nicht überzeugend dargelegt, dass es sich bei der Pille nur um eine „empfängnisverhindernde“ Medikation handelt, und nicht um ein Medikament, dass auch abtreibende Wirkung im Sinne der Verhinderung der Einnistung einer befruchteten Eizelle oder der Abtötung dieses Embryos haben kann. Und insgesamt wird mit der Regelung eben nicht, wie vielfach kolportiert wird, gezielt auf kriminologische Indikationen reagiert, also auf den verständlichen Wunsch, dass eine Frau nach einer Vergewaltigung nicht das Kind des Täters austragen möchte. Im Gegenteil wird bewusst in Kauf genommen, dass auch die Folgen eines „sorglosen“ Umgangs mit der Sexualität unterbunden werden sollen – mit dem Ergebnis, dass ein gezeugtes Kind nicht das Recht auf Leben haben soll.

Für die meisten ist das, was ich da oben geschrieben habe – machen wir uns nichts vor – hochgradig theoretisch. Für die meisten Menschen ist die befruchtete oder eben erst eingenistete Eizelle noch kein Mensch, wird es erst noch, und insofern erscheint es nicht tragisch, an dieser Stelle hindernd in eine gerade begonnene Schwangerschaft einzugreifen. All die anderen Argumente ziehen dann mehr: Soll sich denn jemand für einen unbedachten Augenblick lebenslange Konsequenzen in Form eines Kindes zuziehen? Will man wirklich für eine befruchtete Eizelle den Lebensweg eines Menschen unwiderruflich auf ganz andere als die geplanten Bahnen lenken?

Ganz klar ist eigentlich: Wenn sowieso eine Frau aufgrund der Fristenregelung entscheiden kann, ein Kind straffrei abzutreiben, dann gibt es keinen Grund, die Pille danach zu verweigern. Und dann gibt es erst Recht keinen Argument dagegen, den Schwangerschaftsabbruch schon dann einzuleiten, wenn vermeintlich noch gar nichts passiert ist. Und wenn das wiederum der Fall ist, dann sehe ich keinen Grund, eine Hürde wie ein ärztliches Rezept aufzubauen, die am Ende sowieso nur verzögernde Wirkung hätte.

Diejenigen, die das Lebensrecht eines Kindes erst kurz vor oder erst mit der Geburt zugestehen wollen, können vor dem Hintergrund Bedenken, wie ich sie oben geäußert haben, nicht verstehen, müssen sie als Schikanen eines religiösen Fundamentalisten verstehen. Dass aber eine vorgeblich christliche Regierungspartei sich auf einen solchen Handel einlässt, und eine Entscheidung getroffen hat, die die ethischen Konsequenzen offenbar kaum berücksichtigt, das macht mich – trotz aller negativer Erfahrungen mit dieser Partei – immer wieder betroffen.

Es ist nämlich nicht einfach eine Entscheidung, die auf die verständlichen Bedürfnisse von zum Beispiel vergewaltigten Frauen und Mädchen reagiert. Die Entscheidung zum rezeptfreien Verkauf der „Pille danach“ ist – egal welche Beratungshürden man sonst aufbaut – vergleichbar mit der, die man schon mal mit der Fristen- und Beratungs-„Lösung“ zur Abtreibung getroffen hat: Ein zusätzlicher Baustein in der Geschichte der Geringschätzung des Lebens zu seinem Beginn! Mit „Pille danach“ und Fristenlösung gibt man Menschen eine Waffe in die Hand, eine Waffe gegen bestehendes Leben – wie sorglos man damit offenbar umgeht, macht der Vergleich zu Schusswaffen vielleicht klar, bei denen man sich scheut, sie jedem in Hand zu drücken. Ein schiefes Bild? Nicht so schief, wie man uns glauben machen will!

2 Comments

  1. „Ein schiefes Bild? Nicht so schief, wie man uns glauben machen will!“ Tut leid -ich verwende sonst keine scharfen Begriffe. Aber der Vergleich ist so krank dass er richtig weh tut. Und der Artikel strotzt derartig von Halb- und Unwissen, dass man sich die Haare raufen könnte wenn man noch welche hätte.
    Deshalb ein paar Fakten: Die Koalition hat sich auf die Freigabe geeinigt weil die EMA das so empfohlen hat. Man hätte das ohnehin machen müssen wenn man sich nicht europaweit lächerlich hätte machen wollen. Die Freigabe gilt für Ulipristal – alles jenes Medikament dass von den Ärzteverbänden immer als Mittel der ersten Wahl bezeichnet wurde. Damit schließt sich der Kreis. Denn wesentlichstes Argument gegen die Freigabe von Levenorgestrel war immer die Behauptung dass es ein besseres Medikament gäbe. Die Frage einer Nidationshemmung spielt für die Freigabe zurecht nicht die geringste Rolle. Denn erstens ist diese rechtlich völlig irrelevant und zweitens würde sie eine Rezeptpflicht auch nicht verhindert. Oder glauben Sie im Ernst dass ein Ambulanzarzt sich dann ohne jeden rechtlichen Hintergrund als „Lebensschützer“ aufspielen würde? Bei der Einnahme von Lev. kurze Zeit nach dem GV ist sie ohnehin extrem unwahrscheinlich, bei Uli. 5 Tage nach GV schaut das anders aus. Es ist auch kompletter Unsinn zu behaupten, das Medikament wirke umso besser je näher es an der „Zeugung“ angewendet wird. Es geht um den Abstand zum ungeschützten GV – ob dieser zu einer Zeugung geführt hat oder nicht ist dabei irrelevant. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird die Befruchtung verhindert. Grundsätzlich ist die Frage doch die: warum soll eine junge Frau, die gedankenlos mit Verhütung umgeht dafür härter bestraft werden als ein junger Mann der sich besoffen ans Steuer setzt.

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