Aus der Erstellung einer Giftküche der Mission, eine Methode aus dem Risikomanagement, kann auch der Gläubige lernen.
Im Risikomanagement – bei Projekten oder auch ganz generell – gibt es eine spannende Kreativitätstechnik, um potenzielle Risiken aufzudecken. Dabei wird versucht herauszufinden, was passieren müsste, dass ein Projekt in jedem Fall scheitert. Man kann dann unterscheiden, was von außen passieren könnte/müsste oder eben auch, was man im Projekt alles falsch machen kann, damit das Vorhaben „vor die Wand fährt“. So eine Liste ist nie vollständig und gibt auch eine subjektive Sicht eines Projektleiters oder Risikomanagers wieder. Diese „Giftküche“ des Scheiterns kann aber hilfreich sein, um Tendenzen zu entdecken, die dazu führen, dass die Ziele nicht erreicht werden. Meist geht es dann nicht um ein totales Scheitern aber doch zumindest um Reibungsverluste oder Zielverfehlungen, die man vermeiden kann.
Warum solch eine Systematik nicht auch auf die Kirche anwenden? Also, was muss ich tun, damit der Auftrag der Kirche, Menschen zu Christus zu führen auf jeden Fall scheitert?
1. Verbreite unklare Aussagen
Religion kann man vielleicht neutral definieren als die Suche nach und die Verbreitung der Wahrheit. Da ist es zum Scheitern immer gut, wenn man möglichst unverbindlich bleibt. Das Neue Testament wurde vor 2000 Jahren geschrieben, das Alte Testament ist noch wesentlich älter, da muss man nicht alles auf die Goldwaage legen. Was gilt und was nicht, muss am Ende sowieso jeder mit seinem Gewissen vereinbaren, an dem sich selbst Gott bei seinem Urteil orientieren wird. Wahr, falsch, Himmel, Hölle, Liebe und Sünde sind sowieso recht unklare Begriffe, wieso sollte und das Gott übelnehmen, wenn wir mal daneben liegen. Und da wir niemanden ausschließen wollen, schon gar nicht die Sünder, um die sich Jesus besonders gekümmert hat, wollen wir ihnen nicht vor den Kopf stoßen. Die anderen werden sich dann aber im Zweifel fragen, wofür wir denn eigentlich stehen, wenn doch alles nicht so wichtig ist.
2. Kümmern wir uns vorwiegend um organisatorische Fragestellungen
Wesentlicher als alles andere scheint bei vielen zu sein, wer in der Pfarrgemeinde, im Bistum, in Deutschland, weltweit, welche Rolle einnimmt. Dabei geht es dann auch gerne gegen die eigentlich vorgesehene Rollen. Da möchte dann ein Pfarrgemeinderat oder eine Gemeindeassistentin auch gerne mal predigen, jeder, auch derjenige der formal nichts zu entscheiden hat, fühlt sich übergangen, wenn er mal nicht gefragt wird. Natürlich ist es immer gut, Entscheidungen im Einvernehmen zu treffen und „Betroffene zu Beteiligten“ zu machen. Die Diskussion über solche Themen führt aber niemanden näher an Christus – im Gegenteil!
3. Ich will einfach nett sein
Wenn die Frage aufkommt, was Christen eigentlich ausmacht, erhält man nicht selten die ernüchternde Auskunft, sie seien freundlich, zuvorkommend, hilfsbereit – in einem Wort: Nett. Abgesehen davon, dass mir dabei das Sprichwort „Nett ist auch Muttis Goldhamster“ einfällt, kann das aber in keinen Fall unser Unterscheidungsmerkmal, unser Alleinstellungsmerkmal sein. Ich selbst kenne auch Atheisten, die nett sind, der muslimische Gemüsehändler um die Ecke, der unseren Kindern Obst schenkt, ist ebenfalls nett. Wir haben eine Botschaft zu vertreten, gelegen oder – besonders – ungelegen. Das ist nicht immer „nett“, wird von vielen nicht als nett sondern teilweise als agressiv empfunden. Natürlich kann es nicht unser Ziel sein, bewusst unfreundlich aufzutreten, geht aber „nett“ auf Kosten von „Klarheit und Wahrheit“ haben wir nichts gewonnen … außer eben Menschen, die uns ganz nett finden, und keinen Schritt auf Christus zugehen.
4. Mit der Welt rede ich erst gar nicht
Wenn die Realität nicht mit christlicher Lehre übereinstimmt, umso schlimmer für die Welt. Der Satz ist nur scheinbar nachvollziehbar. Natürlich können wir uns als Christen mit dem Zustand der Welt, der geringen Kenntnis Gottes, der Hingabe an andere Götzen wie Reichtum, Vergnügen und anderes nicht einfach zufriedengeben. Wir können aber auch nicht einfach so tun, als gingen uns alle die, die sich bislang noch nicht Christus zugewandt haben, nichts an. Und das wiederum bedeutet, dass wir auch mit denen im Gespräch bleiben müssen, die uns oder unseren Glauben ablehnen. Wenn wir Kirchenfeinde links liegen lassen, überlassen wir ihnen in gewisser Hinsicht auch das Feld. Und auch hier gilt: Dialog muss nicht heißen, mit einem Kompromiss auf Kosten der Wahrheit auseinanderzugehen, sondern es heißt, den jeweils anderen und seine Position am Ende besser zu verstehen und auf sie eingehen zu können. Das ist das Mindestmaß, zu dem Gott dann seinen zusätzlichen Beitrag liefern wird. Verweigern wir uns dem Gespräch, muss Gott „alles alleine machen“ – dazu sind wir nicht Christen!
5. Mein persönlicher Beitrag zum Scheitern
Weiß eigentlich jemand außer meinem engsten Freundeskreis, dass ich Christ bin? Wenn Christ sein mal strafwürdig sein sollte, gibt es dann genug Beweise gegen mich? Unterscheidet sich mein Leben auch nachvollziehbar für andere von dem eines Nichtchristen? Und wenn ich Zeugnis gebe, können die Menschen dann durch mich Christus entdecken oder sehen sie nur mich, meine Meinung, auch meine Unzulänglichkeiten? Urteile ich über andere, statt sie zu Christus zu führen, und ihm das Urteil zu überlassen? Bin ich in allen Lebenslagen authentisch oder lege ich mein Christsein nach der Kirche, im Büro oder am Stammtisch wieder ab? Oder gibt es – Hand auf’s Herz – andere Dinge in meinem Leben, die Menschen davon abhalten, den Weg zu Christus zu suchen?
Die fünf Punkte (okay, beim letzten habe ich ein bisschen geschummelt) sind vor allem solche, die ich bei mir auch immer mal wieder feststelle. Ich möchte sie daher nicht als Anklage verstanden wissen, sondern als kleine Checkliste der Mission. Ihre Liste sieht vielleicht ganz anders aus, und wenn Sie mögen schreiben Sie mir doch, wie Sie der Kirche manchmal schaden. Davon können vielleicht auch andere etwas lernen?