Mann und Frau sind für die Ehe geschaffen, nicht dafür, sich gegenseitig zu beharken. Und wenn es schwerfällt, steht ihnen jemand zur Seite.
Wie bereits in der vergangenen Wochen begonnen und angekündigt, hat der Papst seine gestrige Mittwochskatechese mit dem Thema der Beziehung zwischen Mann und Frau fortgesetzt. In dieser Woche ging er dabei auf die Besonderheiten der zweiten Geschichte der Schöpfung des Mennschen ein, in der berichtet wird, dass zunächst der Mensch (Adam) neben den Tieren geschaffen wird. Der Mensch, nicht zum Alleinsein geschaffen, findet aber keine Entsprechung in den Tieren und so schafft Gott aus seiner Rippe, während er schläft die Frau (Genesis 2,7-25).
Dieses Bild zeigt nach den Worten des Papstes zunächst einmal das grundsätzliche Verhältnis zwischen Mann und Frau, die sich nicht über- bzw. untergeordnet sind, sondern „aufeinander hin“ (Zitate hier und im folgenden aus der eigenen Übersetzung von Zenit):
Die Frau ist keine „Nachahmung“ des Mannes; sie entstammt direkt der Geste Gottes, des Schöpfers. Das Bild von der „Rippe“ drückt keineswegs einen niedrigeren Stellenwert oder Unterordnung aus sondern zeigt im Gegenteil, dass Mann und Frau aus der gleichen Substanz geformt sind, sich gegenseitig ergänzen und auch diese Entsprechung besitzen. Die Tatsache, dass Gott diesem Gleichnis zufolge die Frau formte, während der Mann schlief, betont gerade, dass sie keineswegs eine Kreatur des Mannes, sondern Gottes ist. Diese Stelle zeigt ebenso, dass der Mann zuerst von der Frau träumen muss, bevor er sie und – so können wir es ausdrücken – ihre Liebe erreichen kann.
Da stellt sich direkt die Frage, wieso dieses harmonische Miteinander heute nicht mehr besteht. Eigentlich hätte es doch so weitergehen können: Mann und Frau, Adam und Eva, spazieren glücklich durch das Paradies, immer in Gegenwart Gottes, der sich um sie kümmert. „Paradiesische Zustände“, wie wir das heute bezeichnen würden. An dieser Stelle kommt aber nach der Schöpfungsgeschichte der Widersacher in Form der Schlange ins Spiel, der den beiden „den Verdacht, die Ungläubigkeit, das Misstrauen“ und die „Sucht nach Allmacht“ eingibt, die „alles vergiftet und die Harmonie zerstört. Auch wir spüren dies sehr oft in uns, wir alle.“
In dieser Hinsicht wird dann deutlich, dass der „Sündenfall“ nicht nur die Beziehung zwischen den Menschen und Gott sondern auch die Beziehung zwischen Mann und Frau, die ein Spiegelbild dieser Beziehung sein sollte, schädigt. Der nachfolgende Teil der Ansprache des Papstes ist dabei so wesentlich, dass ich ihn vollständig wiedergeben möchte:
Die Sünde bringt Misstrauen und Spaltung zwischen Mann und Frau hervor. Ihre Beziehung wird geprägt von Tausenden von Formen des Übergriffs und der Unterwerfung, trügerischer Verführung und demütigender Machtdemonstration, die in höchst dramatische und gewaltsame Situationen münden. Die Geschichte zeigt Spuren davon. Denken wir beispielsweise an die negativen Exzesse der patriarchalischen Kulturen, an die zahlreichen Formen des Männlichkeitswahns, die eine Betrachtung der Frau als zweitrangig implizieren. Denken wir an die Instrumentalisierung und Kommerzialisierung des weiblichen Körpers in der gegenwärtigen Medienkultur. Bedenken wir jedoch auch die jüngste Epidemie des sich in unserer Kultur ausbreitenden Misstrauens, der Skepsis und sogar Feindseligkeit – insbesondere ausgehend von einem verständlichen Misstrauen der Frau – in Bezug auf ein Bündnis zwischen Mann und Frau, das zu einer Verfeinerung der Intimität der Gemeinschaft fähig ist und zugleich die Würde der Unterschiede aufrecht erhält.
„Skepsis und sogar Feindseligkeit […] in Bezug auf ein Bündnis zwischen Mann und Frau, das zu einer Verfeinerung der Intimität der Gemeinschaft fähig ist und zugleich die Würde der Unterschiede aufrecht erhält.“ – Das bedeutet nichts anderes als Skepsis und Misstrauen gegenünber der Ehe, gegenüber einer Beziehung in gegenseitiger, gewählter Abhängigkeit. So eine Beziehung kann nur gelingen im gegenseitigen Vertrauen. Wer aber heute heiratet, wird von Freunden und Kollegen nicht selten gefragt, ob man denn nicht einen Ehevertrag machen wolle, damit man im Falle einer Scheidung nicht übervorteilt wird. Frauen, die sich in einer Ehe für das Aufziehen der Kinder entscheiden während der Mann einer bezahlten Beschäftigung nachgeht, wird Naivität vorgeworfen: „Wenn er dich verlässt stehst du mit leeren Händen da!“ – So wie das faktisch richtig ist, ist es doch auch ein Ausdruck von Misstrauen – und, um es noch mal zu sagen, so waren Mann und Frau eigentlich nicht „gedacht“!
Abhilfe tut not, vor allem weil diese Entwicklung des Misstrauens und der – wie der Papst es nennt – „sozialen Entwertung“ der Ehe an Fahrt aufzunehmen scheint. Das Bild einer möglichen Lösung, wenn sie auch eher pauschal, letztlich aber doch als wesentlich daherkommt, ist wiederum in der Bibel wiedergegeben (vgl. Genesis 2,24):
Der Mann findet die Frau, sie begegnen sich und der Mann muss etwas zurücklassen, um sie voll und ganz zu finden. Daher verlässt der Mann seinen Vater und seine Mutter, um sich ihr zu nähern. Das ist schön! Es bedeutet, einen neuen Weg einzuschlagen. Der Mann ist alles für die Frau und die Frau ist alles für den Mann.
Das ist, um es modern auszudrücken, auch eine Frage der Prioritäten: Wer hat – neben Gott – in meinem Leben die erste Priorität? Solche Prioritäten sind immer erst im Konfliktfall wesentlich, darum sollte man andere, geringere Prioritäten, nicht dagegen ausspielen. Aber wenn sich die Frage stellt, ob man als Ehepartner den eigenen Eltern oder der Frau bzw. dem Mann die Treue hält, dann muss die Antwort eindeutig sein. Die Kinder sind wichtig, in ihrer Abhängigkeit haben sie Anspruch auf unsere Liebe und unsere Unterstützung – als Eltern sind wir aber nicht mit ihnen verheiratet (letztlich ist es auch für die Kinder schädlich, wenn wir sie vor unseren Ehepartner stellen).
Es ist kein Geheimnis, dass das alles leichter gesagt als getan ist, vor allem in einem Umfeld, in dem „Formen des Zusammenlebens“ wie die Ehe an allen Ecken und Enden diskreditiert werden, in der ein Zusammenleben zwischen Mann und Frau, wie es einer Ehe entspricht als „aus der Zeit gefallen“ oder eben nicht mehr zeitgemäß abqualifiziert werden. Christliche Paare stehen aber zum Glück nicht alleine da, und zuletzt ist es immer noch Gott selbst, der uns stützt. Wie der Papst am Ende der Katechese sagt:
Die Wahrung dieses Bündnisses zwischen Mann und Frau trotz ihrer Sünden, ihrer Verletzungen, ihrer Verwirrung, Demütigung, ihres Misstrauens und ihrer Unsicherheit ist für uns Gläubige in unserem heutigen Dasein daher eine anspruchsvolle und spannende Berufung. Die Erzählung von der Schöpfung und der Sünde offenbart uns am Ende ein wunderbares Bild dafür: „Gott, der Herr, machte Adam und seiner Frau Röcke aus Fellen und bekleidete sie damit“ (Genesis 3,21). Aus diesem Bild spricht eine Zärtlichkeit gegenüber diesem sündigen Paar, die uns mit Erstaunen erfüllt: die Zärtlichkeit Gottes gegenüber dem Mann und der Frau! Dieses Bild zeigt die väterliche Obhut über dieses menschliche Paar. Gott selbst sorgt sich um sein Meisterwerk und beschützt es.
Dieses Bild des Menschen, das Bild von Mann und Frau als Paar und als „Gottes Meisterwerk“ lässt uns trotz aller Anfeindungen hoffentlich bewusst werden, dass wir nicht einem Anspruch der Gesellschaft gerecht zu werden haben, sondern unseren Ehepartnern, unserer Berufung als Eheleute und damit letztlich Gottes Auftrag an uns selbst. Im positiven Sinne können Paare, die sich darauf stützen mit Stolz durch die Welt gehen, der sie sich nicht angeglichen haben. Das ist jeden Tag wieder neue eine Herausforderung, bietet aber auch jeden Tag immer wieder kleine Siege in der Beziehung. Und sollten wir doch mal fallen, wissen wir, wer an unserer Seite steht, den Anspruch nicht senkt, aber uns wieder aufhilft zum Weiterkämpfen.
Dieter Schrader
Es wäre wünschenswert,wenn viele evangelische Ehepaare und solche die es werden wollen,diese Ausführungen des Papstes lesen würden.Übrigens hat die „Fellgeschichte“ noch einen anderen wichtigen Aspekt. Ein oder mehrere Tiere mußten ihr Leben lassen( opfern)wegen der Sünde der Menschen. Erst das vollkommene Opfer Jesu hat die Möglichkeit eröffnet,daß Ehen wieder „heil „werden können..
Papsttreuer
Danke für den Kommentar, besonders für den Hinweis auf das notwendige Opfer Jesu! Das erinnert mich auch an einen freikirchlichen Autor, der mit seiner Frau gemeinsam ein Buch über die Ehe geschrieben hat, und dort deutlich gemacht hat, dass es offensichtlich möglich sei, auch ohne Glauben eine langjährige oder lebenslange Ehe/Beziehung zu führen, das sei aber ein Buch, das ein anderer schreiben müsse.
Gottes Segen!