Wegen des Feiertags erscheint heute bereits am Donnerstag der Link der Woche. In den Clinch mit Teilen seiner Leserschaft ist in dieser Woche Josef Bordat – wie ich finde zu Recht – gegangen.
Das Thema Migration, Flüchtlinge und Asyl ist medial ziemlich vermintes Gelände. Da treffen sie aufeinander, die Dogmatiker aus beiden Richtungen, die „Alle rein lassen – Deutschland gehört sowieso abgeschafft“- und die „Das Boot ist voll!“-Apologeten zum Kräftemessen. Da kann man sich eigentlich nur verheben und muss sich nicht wundern, wenn einen harsche Kommentare und Kritik einholen. Gewinnen kann man damit als Blogger eigentlich nicht, jedenfalls nicht inhaltlich, lediglich durch auf sich gezogene Klicks.
Die Erfahrung hat Josef Bordat, bekannter katholischer Blogger, Philosoph und Buchautor, machen müssen, der sich – in einer deutlich vertiefteren Betrachtung als ich das vor kurzem getan habe – mit dem Thema Flucht, Migration und Asyl auseinandergesetzt hat; zum Beispiel hier im Beitrag „Menschenrecht auf Migration“ oder im zugegeben etwas polemischen Beitrag „Die sieben dümmsten Vorhaltungen gegen Flüchtlinge„. Insbesondere auf letzteren Beitrag bezogen sich denn auch wohl die von ihm wiedergegeben und kommentierten „Leserreaktionen“, die mich ehrlich gesagt ausreichend betroffen machen: Es stellt sich nämlich die Frage, wie es sein kann, dass so undurchdachte und in Teilen unmenschliche Kommentare den Weg vom Hirn über die Finger in die Tastatur zum Autor des Blogs gefunden haben.
Josef Bordat konzediert dazu durchaus unterschiedliche intellektuelle Fähigkeiten, wenn er schreibt:
1. Nicht alle Menschen können sinnerfassend lesen. 2. Das Internet ist der geeignete Ort, um im Schutz der Anonymität Aggressionen loszuwerden. 3. Wo 1,2 Milliarden Menschen zusammen kommen (wie in der Katholischen Kirche), befinden sich auch einige eher bescheidene Geister darunter. Das vorab. Und: Dass man polemisch reagieren kann (vielleicht sogar sollte) – geschenkt!
Was ihm dann aber eingedenk dieser Sachlage entgegengeschlagen ist, muss wirklich niemand erwarten und auch nicht für sich behalten:
Doch das, was ich in den letzten Tagen über alle Kanäle, die das Internet bietet, von Menschen, die sich als (katholische) Christen ausgeben, zu lesen bekomme, überrascht mich dann doch. Um ehrlich zu sein: Es sprengt meine Vorstellungskraft, und zwar davon, wie perfide Menschen sein können, nachdem sich die Phänomene (1) bis (3) klammheimlich vermählt haben.
Natürlich empfehle ich, den Beitrag, deswegen taucht er hier auf, in Gänze zu lesen, aber ein Beispiel möchte ich dennoch aufnehmen, weil es die „Logik“ aufzeigt, nach der man den anderen gar nicht mehr verstehen muss sondern ihn einfach diffamiert:
Zu meinem Hinweis, dass man die Kommunikation mit Menschen im Facebook einseitig und technisch verhältnismäßig einfach unterbinden kann (vuglo: dass man sie, die Menschen, sperren, d.h. ihren Zugang zum eigenen Profil bzw. eigenen Seiten blockieren kann) und dass das manchmal ganz gut ist, erreicht mich folgende streng logische Implikation: “Du würdest mich also einsperren, weil ich meine Meinung ausspreche?” Klar. Denn: “Ich habe keine Lust mit Dir in meiner Freizeit Gespräche zu führen und sei es nur übers Internet!” (sperren) und “Ab in den Knast!” (einsperren) ist semantisch absolut kongruent.
Wer so denkt, dem fällt es offenbar auch nicht allzu schwer, unmittelbar darauf zu schreiben: “Wen man einsperren soll, bist du, und zwar in einer Irrenanstalt mit Zwangsbildung in Physik und Ökonomie. Dann würdest du die Welt vielleicht etwas besser verstehen.” Och, nö. “Irrenanstalten mit Zwangsbildung” hab ich eigentlich genug erlebt. Auch mit Lehrangeboten in Physik und Ökonomie.
Der Beitrag endet leider recht pessimistisch, und ich zitiere ihn hier vor allem auch deshalb, um den geschätzten Kollegen Bordat davon abzuhalten, wie er es sagt, die Flinte ins Korn zu werfen:
Und das will ich auch weiterhin tun. Allein schon denen zuliebe, die sich mit mir offen, fair und konstruktiv austauschen wollen – gerade dann, wenn sie anderer Meinung sind als ich. Allerdings bin ich auch nur ein Mensch, der von dieser Art des Umgangs nicht ganz unberührt bleibt. Ich bin zwar kein Orthopäde aus München, sondern Blogger aus Berlin, aber auch als solcher kenne ich durchaus den Affekt, ab einem bestimmten Grad an Unverschämtheit und Bedrohlichkeit seitens derer, für die ich arbeite, die Handlungsoption Flinte ins Korn ernsthaft zu erwägen.
Das allerdings, lieber Josef, wäre doch den Kritikern zu viel Ehre angetan. Also, weitermachen! Ich freue mich auf weitere Beiträge auf Deinem feinen Blog für theologische und philosophische Feinschmecker und solche, die es werden wollen!
Josef Bordat
Danke, lieber Felix, für die warmen Worte! Das tut sehr gut. LG, Josef