
Dieser Beitrag ist ein gesellschaftlicher und ein hochpersönlicher zugleich. Am Abend des vergangenen Freitags ist mein Vater von Gott dem Herrn nach Hause gerufen worden. Für uns kam sein Tod, nach einer vermeintlich kleinen Operation, überraschend. Nüchtern betrachtet ist aber natürlich für einen 83-jährigen kein Krankenhausaufenthalt einfach Routine. Bei aller Trauer bin ich darum froh, ihn noch gesehen zu haben, eine Weile (in Unkenntnis dessen, was kommen würde) seine Hand gehalten zu haben, und dass ich meiner Mutter zur Seite stehen konnte.
Trauer, Freude und ein bisschen stolz
Mein Vater ist ein großes Vorbild für mich: Ich kann tatsächlich ohne Übertreibung sagen, dass er sein Leben ganz auf seine Familie ausgerichtet hat. Als junger Mann habe ich das nie verstanden … warum hat er nicht mehr aus seinem Leben gemacht? Heute weiß ich: Er hat das Beste aus seinem Leben gemacht! Wäre es noch besser gegangen? Hätte er heiliger sein können? Wer von uns könnte das nicht, aber mit dem Blick eines heute fast 50-jährigen schaue ich einerseits mit Trauer darauf, dass er nicht mehr unter uns ist, aber mit Freude und einem gewissen Stolz darauf, dass dieser Mann mein Vater war.
Er ist jetzt – das darf ich hoffen – bei unserem Vater im Himmel und wird vielleicht das Treiben „hier unten“ mit Verwunderung sehen. Trauer ist sicher keine Kategorie derjenigen, die Gott sehen, abgesehen vielleicht vom Bedauern, das eigene Leben nicht noch mehr an ihm ausgerichtet zu haben. Aber ob er vielleicht auch auf die aktuelle Welt mit Erstaunen schaut?
Corona-Zeiten
Die Begräbnisfeier wird nämlich zu Corona-Zeiten unter sehr anderen Bedingungen ablaufen, als er sich das gewünscht hätte. Mein Vater war kein Mann der großen Partys aber für seine Beerdigung hatte er sich kein Fest „im engsten Kreis der Familie“ gewünscht. Er hatte viele Freunde (viele leben natürlich leider auch schon nicht mehr) und hatte sich gewünscht, dass die dann auch noch mal zu diesem Anlass zusammen kommen. Jetzt aber sind Begräbnisfeiern nur noch im kleinen Rahmen zulässig. Eine Eucharistiefeier kann gar nicht stattfinden.
Da gehen also demnächst Karten raus, auf denen so etwas stehen wird wie „aus gegebenem Anlass muss die Trauerfeier im engsten Kreis der Familie stattfinden“. Wir gehen davon aus, dass jeder wissen wird, was gemeint ist (den Virus direkt anzusprechen erschien uns unpassend), aber wer weiß, was in ein paar Jahren Menschen denken werden, die die Traueranzeige noch mal sehen? Aus welchem Anlass? Was war denn da?
Trost und Rückhalt
Ein bisschen hoffe ich, dass man, wenn man es dann erklärt, feststellt, dass solche Vorsichtsmaßnahmen gänzlich unbegründet gewesen wären, und auch dieser Virus uns am Ende nur ein bisschen aufgeschreckt hat. Und ich hoffe, dass in Zukunft manche Dinge auch anders gemacht werden können. Ich würde mir zum Beispiel wünschen, dass nicht pauschal alle Eucharistiefeiern abgesagt würden, sondern dass unter Einhaltung gewisser Hygienebestimmungen und bei ausreichender Aufklärung, worin die eigentlichen Gefahren liegen, jeder selbst entscheiden kann, ob er eine Messe besuchen möchte oder doch lieber nicht.
Ich verstehe die Sorge der Gemeinden, keinen Fehler machen, niemanden gefährden zu wollen. Und ich verstehe das Argument, dass man den Verzicht auf Eucharistiefeiern auch als Opfer sehen kann (wobei sich mir nicht erschließt, warum die Einschränkungen bis zum Karfreitag und nicht nur bis Palmsonntag oder wenigstens nur bis zum Gründonnerstag als Beginn der österlichen Liturgie befristet wurden). Trotzdem ist es doch gerade jetzt die Zeit, bei der Menschen Trost und Rückhalt in Gott suchen können. Ich habe das nicht persönlich erlebt, aber ich höre immer wieder wie in Kriegszeiten die Kirchen voll waren. Kürzlich hörte ich den Satz „Not lehrt beten … aber keine Anbetung“. Da mag was dran sein, aber wem ich das gemeinsame Gebet in der Kirche im Rahmen einer Messe verweigere, dem mache ich es noch schwerer aus einem solchen Notgebet in eine Anbetung zu wachsen.
Eigenverantwortung und Vertrauen
Am Ende zeigen solche Verbote jeder Art von Gottesdienst nur, wie wenig Eigenverantwortung man den Menschen zutraut. Ein Priester, der sich anständig die Hände wäscht und desinfiziert, kann doch die Kommunion (von mir aus in die Hand) austeilen an diejenigen, die guten Gewissens und unter Kenntnisnahme der eingegangenen gesundheitlichen Gefahren, eine heilige Messe aufsuchen. Vielleicht unterschätze ich die Virusgefahr, und ich will auch nicht blauäugig ein „Vertrau einfach auf Gott, er wird dich schon schützen“ propagieren; das wäre naiv und gefährlich, und ich bin sicher, dass Gott von uns auch Klugheit im Angesicht von Krankheiten und Gefahren erwartet.
Aber in Zeiten von Gefahr und Not ausgerechnet Gottesdienste zu verbieten, das ist eine verheerende Botschaft an die Gläubigen, und vor allem an die, die es noch werden könnten. Am Ende ist so ein Begräbnis eher etwas, das den Freunden und Verwandten dient, nicht dem Verstorbenen. Mein Vater wird es verstehen, er wird nicht traurig sein … aber viele andere Menschen schon; bei seinem Begräbnis und bei den vielen anderen Begräbnissen, die jetzt unter diesen Bedingungen stattfinden müssen. Und viele Menschen, die Trost und Hilfe in der Kirche suchen, fühlen sich im Zweifel allein gelassen.
Abschied
Mein Vater hätte gerne ein Begräbnis mit seinen Freunden und Verwandten am Grab gehabt. Und ich bin sicher, dass viele seiner Freunde gekommen wären. Ich bin auch sicher, dass einige, im Angesicht der Risiken, vielleicht unter Bedauern ferngeblieben wären. Ihnen aber die Entscheidung abzunehmen, ihnen zu sagen, ihr dürft euch nicht in dieser Art von eurem Freund verabschieden … ich kann mir nicht helfen, darin kann ich keine Weisheit und keinen Funken Gottvertrauen erkennen.
Wir werden uns nun in kleinem Rahmen von meinem Vater verabschieden. Wir werden das beste daraus machen, wir werden uns an ihn erinnern, wir werden weinen, ich hoffe, wir werden auch ein bisschen lachen. Wir sind dankbar, dass wir ihn hatten, dankbar, dass er unser Leben bereichert hat. Ich bin dankbar, einen solchen Vater gehabt zu haben. Und ich hoffe, dass er mir im Himmel nicht übelnimmt, dass ich in diesem Beitrag zwei Themen auf diese Weise vermengt habe?
Auf Wiedersehen, Papa. Wir vermissen Dich!
Stefan Winckler
Lieber Ordensbruder Felix,
mein herzliches Beileid!
NND
Obr. Stefan
Maria Dreiling
Ja, mit der Schließung der Kirchen für die Hl. Messe ist uns – Dank unserer Hirten – die „Grundversorgung“ genommen. Und sie sind alle stolz darauf. Und die Priester sind auch brav und gehorsam und halten „tote“ Messen (ohne Beteiligung) über den Fernseher.
Corona ist – für meine Begriffe – nicht das, wofür es gehalten wird. Wenn von 100 oder 1000 oder 10.000 Urlaubern aus Italien 10 mit Corona-Virus kommen und von diesen 10 sind tatsächlich:
7 Ärzte
1 weiterer mit med. Beruf
1 Politiker
und 1 aus irgendeine Berufsgruppe – nicht genannt,
dann werde ich den Verdacht nicht los, das CORONA nicht Virus, sondern bereits ANTIGEN ist!
Für mich ist diese derzeitige Stimmung Karfreitagsstimmung, Grabesruhe. „Es“ lebt nicht mehr. Wir sind abgeschnitten.
Und dann ist unser Corona-Glaube mehr als mittelalterlich.
Wenn Corona so gefährlich ist oder wäre, wäre es für ALLE gleichermaßen wie die Pest oder die Cholera, und nicht nur für ein paar Alte oder Vorgeschädigte, die mal mit einem Chinesen zusammengekommen oder aber aus der Luft das Virus empfangen haben – halt rein zufällig.
Ich würde jeden „Infizierten“ fragen:
1. Grippeschutzimpfung?
2. Wie oft Antibiotika ohne bakterielle Erkrankung geschluckt?
Ich glaube, daß sich hier schon die Geister scheiden.
Wie kommen wir wieder zur Hl. Messe und zu einer Osterliturgie?
Ulrike
Danke gür diese Worte! Sie sprechen mir aus dem Herzen. Gottes spürbare Nähe!
Franz-Peter Dohmen
Danke für Ihren berührenden und weisen Text. Angesichts des derzeitig gemachten „Gedöns“ wäre zu überlegen, ob man womöglich eher Angst vor der Angst haben sollte, bzw. dem dahinter stehenden (vgl. Lukas 21:26).
Ihnen, geschätzter Herr Honekamp wünsche ich Gottes besonderen Segen in dieser schweren Zeit, und dass er Ihnen die Kraft schenkt, mit Ihrem Verlust klar zu kommen.
Rüdiger
Herzliches Beileid, Felix.
Dr. Michael Müller
Lieber Herr Honekamp, mein aufrichtiges Beileid zum Tode Ihres Vaters.
Ich kann Ihre zwiespältigen Gefühle gut nachvollziehen, zumal ich selbst beruflich Trauerbegleitung und Trauerfeiern mache. Ich bin gespannt, wie es derzeit weitergeht. Den „irdischen“ Teil meiner Ansprachen beende ich oft mit einem Satz von Bonhoeffer, mit dem ich auch Ihnen mein Beileid aussprechen möchte:
„Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel,
sondern wie ein kostbares Geschenk in sich“.
Dieses „kostbare Geschenk“ wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen.
Zum gesellschaftlichen Aspekt der Entscheidung der Kirchen. Ich habe das Schreiben des Erzbistums Paderborn gelesen. Dieses Schreiben atmet den Geist der Angst, der Gleichgültigkeit und der Kleingläubigkeit. Mit solcher Mentalität hätte es den katholischen Krankenhausdienst oder eine Mutter Teresa nicht gegeben. Statt den Gläubigen Mut zuzusprechen, duckt sich die Kirchenleitung ängstlich weg. Statt auf die Menschen zuzugehen, wendet sie sich ab. Es ist das Zeugnis einer bis auf die Grundfeste geistlich bankrotten Institution. Es ist eine Institution, aus der Mann nicht mehr austritt, wenn man keinen Glauben mehr hat, sondern, wenn man noch einen Glauben hat.
Was wären die Alternativen gewesen? Man hätte die Gläubigen von der Sonntagspflicht entbinden können und man hätte Formen der Feier finden können, die ohne Gesundheitsgefahren ablaufen können. Besonders Ängstliche hätte man auch vom Kommunionempfang entbinden können. Stattdessen lässt man sogar die Osterliturgien ausfallen und verbietet den Priestern, das Triduum „privat“ zu feiern. Nicht einmal das Ende des Krieges 1945 hat das bewirken können.
Wäre ich Bischof, würde ich meine Geistlichen dazu verpflichten, verstärkt Seelsorge in Krankenhäusern und Altenheimen zu machen, wenn sie schon keine Messen mehr lesen dürfen. Und ich wäre der erste, der das vorlebt. Aber auf solche Ideen wären vielleicht noch Lehmann, Meisner, Kamphaus oder Dyba gekommen. Die heutigen Vertreter sicher nicht mehr. Die Anweisungen in dem Schreiben klingen eher so, als daß die Seelsorger bei den Leitungen der Einrichtungen nachfragen sollen, ob sie nicht besser doch lieber nicht kommen sollen.
Statt mit der frohen Botschaft offensiv den – für viele Menschen völlig ungewohnte – Bedrohungen entgegenzutreten (und durchaus an die Endlichkeit und Brüchigkeit unserer irdischen Existenz zu erinnern) macht die Kirche das, was jede Firma und jede Behörde auch macht. Selbst aus den Notplänen, die in der geschlossenen Schule unseres Sohnes entworfen werden, spricht mehr Empathie und Engagement als aus solchen kirchlichen Schreiben
In Anlehnung an Thilo Sarrazin kann ich nur sagen: Die Kirche schafft sich ab! Ob wir eine solche Kirche allerdings wirklich noch brauchen, bezweifele ich immer mehr.