Matthias Matussek ist seinen Job bei der „Welt“ los – das hat eine größere Bedeutung als die offensichtliche.
„Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen.. :-)“ Ob man einen solchen Satz schreiben und auf Facebook posten muss, ein paar Stunden nach den schrecklichen Anschlägen? Muss man nicht … aber darf man? Darf man das, wenn man Journalist ist, der für die Tageszeitung „Die Welt“ schreibt? Und sollte man das schreiben, wenn man weiß, dass man sowieso unter verschärfter Beobachtung steht, weil einen die politische Linke als als Rechten einstuft?
Ich kenne Matthias Matussek nicht persönlich, daher kann ich wenig über seine – nennen wir es mal so – innere Motivationslage zum Zeitpunkt des Anschlags sagen. Aber mal abgesehen von dem „Smily“, der er anschließend geändert hat in ein weinendes Gesicht und für dessen Verwendung er um Entschuldigung gebeten hat – Was ist an dem Satz so falsch? Wenige später hatte Matussek noch mal mit einer Frage nachgelegt, die sich auf beinahe unheimliche Weise als berechtigt erweist: „Bin gespannt, wenn die Regierenden erneut eine Lichterkette aufbauen und davor warnen, den Islam zu verteufeln und den rechten Populisten hinterherzulaufen…“ Bei der Kombination der Postings muss man annehmen, dass Matussek sehr genau wusste, was er da inhaltlich schreibt, welche Reaktionen es geben könnte – und trotzdem hat er es geschrieben und die Quittung in der Form kassiert, dass die Welt die Zusammenarbeit mit ihm eingestellt hat (nach einer, wie man hört, recht turbulenten Redaktionssitzung).
Rein sachlich muss man Matussek als bestätigt ansehen: Er hat nicht behauptet, wie man gerne hineininterpretieren möchte, dass die „Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer“ Terroristen seien. Und doch kann niemand sagen, wes Geistes Kind diejnigen sind, die über die Grenze kommen und sich einer Registrierung entziehen – von der Rechtsstaatlichkeit eines Asylverfahrens scheinen sie jedenfalls nicht allzu viel zu halten. Der Sarkasmus trieft aus dem Posting Matusseks, und doch ist richtig, dass die Flüchtlingsdiskussion eine neue Wendung erhalten muss. Nicht nur, weil sich zwischenzeitlich Tausende Flüchtlinge unregistriert in Deutschland aufhalten, sondern auch vor der Frage, wie man denn mit den Menschenmengen umgehen möchte, die jetzt zu uns kommen. In NRW spricht man im Wohungsbau zwischenzeitlich von „vertikalen Dörfern“, also Hochhaussiedlungen, um ausreichend Wohnraum zu schaffen. Als ob unsere französischen Nachbarn mit derartigen „Banlieues“ nicht schon ausreichend Probleme hätten. Auf die Art kann man sich auch die Terroristen züchten, von denen man behauptet, sie befänden sich nicht unter den Flüchtlingen.
Und nun beeilen sich in der Tat Politiker der großen Parteien, darauf hinzuweisen, dass man Flüchtlingsproblematik und Terror nicht miteinander vermischen dürfe. Vorsichtshalber bleibt man aber die Antwort schuldig, warum man das eigentlich nicht darf. Reicht es als Argument, dass nicht nachzuweisen ist, dass über die seit Monaten grüne deutsche Grenze keine Terroristen eingereist sind? Ich gebe zu, mir reicht es im Angesicht der kolportierten Zahlen nicht, dass bislang noch keiner der nicht registrierten und damit weithin unbekannten Flüchtlinge als Terrorist in Erscheinung getreten ist. Die Behauptung, Flüchtlingsbewegungen und Terrorismus dürften nicht vermengt werden, erscheint mir eher wie das Pfeifen im dunklen Wald – Augen zu und durch, wird schon gut gehen.
Die Grenzen sind noch immer offen, wer erstmal in Westeuropa ist und nach Deutschland will, den hält niemand mehr so schnell auf. Und viele der Menschen, die auf diese Weise zu uns drängen kommen aus einem Kulturkreis, der mit dem unseren und unserem Rechtsverständnis eher wenig zu tun hat. Und das soll kein Sicherheitsproblem sein? Ja, was ist denn dann eines? Die Attentate von Paris ändern natürlich entgegen der Auffassung vieler nicht alles. Sie ändern aber das Sicherheitsempfinden der Menschen. Und sie offenbaren Sicherheitslücken, über die man jetzt nachdenken muss. In diesem Zusammenhang gerade die Flüchtlingsthematik außen vor zu lassen und diejenigen, die sie thematisieren wollen, in die rechte Ecke zu schieben, erscheint mir – um ein geflügeltes Wort aus dem Streit zwischen Matussek und der Welt zu verwenden – tatsächlich durchgeknallt.
Musste man ein Posting wie das von Matthias Matussek ausgerechnet zu dem Zeitpunkt veröffentlichen? Nein, musste man nicht, man wird auch nicht um den Schluss herum kommen, dass das taktisch nicht sonderlich klug war. Diesen Vorgang aber auf diese Weise zu skandalisieren und zu unterstellen, Matussek treibe eine klammheimliche Freude über die Anschläge, lässt Schlimmes vermuten für die notwendige Offenheit der Diskussionen, wie sie nicht erst jetzt notwendig sind.
Claudia Sperlich
Nun ist Matussek, soweit ich weiß, nicht wegen des Tweets hinausgeflogen, sondern weil er seine Kollegen angepöbelt hat, und zwar in erheblich üblerem Ton als sie ihn.
Aber andererseits – können die sich nicht einfach nach gegenseitiger Beschimpfung (denn ja, die anderen waren auch nicht freundlich) in die nächste Kneipe begeben, gemeinsam einen trinken, Matussek zahlen lassen und dann wieder miteinander arbeiten?
Journalisten müssen furchtbare Dinge aushalten, nur um Journalisten sein zu können. Von Matussek als Arschloch tituliert zu werden, ist da wirklich nicht das Furchtbarste. Schon gar nicht nach einem Terroranschlag.
Andreas
Doch Frau Sperlich natürlich könnten die das. Wenn es um Zwistigkeiten unter Kollegen gehen würde, wäre das wohl auch so geschehen. Aber darum ging es eben nicht.
Theodreds Schicksal
Matusseks Anwälte widersprechen der Darstellung, er habe gepöbelt. Nach dieser Darstellung war er nicht mal in der Redaktionssitzung anwesend.
Keine Sekunde glaube ich, dass Matussek mit seinem Smiley wie behauptet Freude über die Toten von Paris ausdrücken wollte und er mehr oder weniger als andere Journalisten die Opfer instrumentalisiert (wer die Deutsche Welle gehört hat, weiß, was ich meine).
Kai Diekmanns u.a. Reaktionen auf den betreffenden Twitter waren aber mehr als eindeutig und beleidigend.
Angesichts der Entlassung des früheren stellv. Chefredakteurs der Bild nachdem dieser eine abweichende Meinung publizierte vor etwa einem Jahr fällt es mir sehr schwer, nicht auf Matusseks Seite zu stehen, sondern erstmal abzuwarten, was da noch kommt.
Andreas
Hallo Herr Honekamp,
haben Sie die Brisanz dieses Falles wirklich durchschaut?
Was glauben Sie denn, wie lange in diese Säuberungsaktionen bei den ersten katholischen Bloggern ankommen werden, deren Arbeitgeber – informiert durch linke Internetwächter- sich die Frage stellen, ob es nicht klüger ist Schlagzeilen a la bei Firma XY arbeitet ein Mitarbeiter der einen islamfeindlichen und homophoben Blog betreibt, durch baldmöglichste Freisetzung des entsprechenden Mitarbeiters zu vermeiden, im gnädigsten Fall auf sofortige Einstellung des Blogs hinzuwirken?
Was brauchen die Menschen eigentlich noch um aufzuwachen?
Ich setze mich jetzt hin und schreibe an die Welt, dass ich den Internetauftritt dieser Zeitung nicht mehr betreten werde, geschweige denn das Druckerzeugnis des Hauses kaufen werde. Vor dem Hintergrund sinkender Bedeutung aller Zeitungen wäre das ein gar nicht so stumpfes Schwert, wenn die Leute sich wenigstens mal in größerer Zahl zu einem gleichlautenden Dreizeiler hinreißen ließen.
Wacht endlich auf.
akinom
Matthias Matussek verbinde ich mit „Das katholische Abenteuer“ in meinem Bücherregal, das er als „Provokation“ erkannt hat. Damit hatte er mich auf meine eigenen „Abenteuer“ aufmerksam gemacht hat, die ich jetzt auch als Leserbrief-Schreiberin an diesem Ort erlebe.
Nun ist sein jetziges Abenteuer nicht unbedingt katholisch, wenn man es nicht so versteht, dass man täglich 24 Stunden katholisch ist, oder gar nicht. Ihn verbindet offenbar sein aus tiefer Seele sprudelnder „heiliger Zorn“ mit dem nicht-katholischen Andreas, den ich bewundere, wie engagiert und klar er ihn beim richtigen Adressaten zum Ausdruck bringt.
Solche „Provokateure“ brauchen wir! Abenteuer sind spannend. Doch sollten sie im Himmels Willen nicht zu spannend werden für die die „aufgewacht“ sind.
Wafthrudnir
Ich fürchte, die Wahrheit liegt tiefer. Die m. E. treffendste Unterscheidung zwischen „Rechts“ und „Links“ besagt, daß Rechte zuerst versuchen, die Welt zu verstehen, und dann überlegen, wie man die schlimmsten Mißstände beseitigen oder die Welt ein wenig besser machen könnte. Linke hingegen stellen sich vor, wie sie die Welt gerne hätten, und überlegen dann, wie man dort hinkommt. Sie schaffen also Utopien, und deshalb sind ihre Visionen meist viel schöner als jene der Rechten.
Manchmal lassen sich die Visionen verwirklichen, öfter nicht. Im zweiten Fall kann man entweder sein Weltbild aufgeben (sehr schmerzhaft), oder Fakten leugnen (bequem, aber nur zu einem Gewissen Grad möglich), oder Schuldige suchen (geht immer).
Wir erleben in unserer großteils Linken Gesellschaft gerade Möglichkeit 2 und 3: da das Linke Projekt gerade an allen Fronten scheitert (Aufzählung überflüssig), beteiligen sich die Linken aller Parteien daran, gerade jene zum Schweigen zu bringen, die Fakten benennen, oder noch besser, sie versuchen sie als Saboteure des Linken Projekts zu bestrafen.
Insofern ist die Frage, ob besagte Postings falsch oder unangebracht waren, falsch gestellt. Sie wurden nicht sanktioniert, weil sie falsch, sondern weil die mit sachlichen Argumenten unwiderlegbar waren.
Deichmohle
Danke für den interessanten Artikel. Unterdrückung gefühlt „unbequemer“ Meinungen ist eine Folge des in der Gesellschaft weitverbreiteten Feminismus, der auf subjektiver, parteiischer und gefühlsbetonter Befindlichkeit gründete, sämtliche Grundtatsachen des Lebens falsch deutete und eine absurde Ideologie aus ihren Irrtümern formte, die gleichwohl Staatsdoktrin wurde und u.a. auch Kirchen anfeindet.
Diesen Fall werde ich in Band 4 meiner Buchreihe „Die beiden Geschlechter“ dokumentieren – die anderen Bände sind schon fertig.
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Seit mindestens den 1960er Jahren, wenn nicht schon länger, ist es unmöglich, Feminismus & Co. unbequeme Wahrheiten zu äußern, ohne totgeschwiegen (als Unbekannter) oder mit einem Charaktermord übelst diffamiert zu werden. Unterdrückungs Andersdenkender nimmt viele Formen an von Indoktrination ab Kindergarten, in Schule und an Universitäten bis zu Morddrohungen wie gegen Esther Vilar, die von Feministinnen zusammengeschlagen wurde und emigrieren mußte.