Er lässt sich nicht mit wenigen beschreiben – aber die Barmherzigkeit Gottes gehört zu jeder Beschreibung dazu!
Wie ist er denn nun, der liebe Gott? Oder anders: Wie beschreibt er sich denn selbst? Dass sich das nicht vollständnig mit einem Wort beschreiben lässt, jedenfalls nicht so, dass alle Aspekte berücksichtigt wären, sollte sowieso klar sein. Es ist im Gegenteil wohl so, dass wir die Art, wie Gott ist, am Ende als Menschen gar nicht vollständig begreifen können. Ich benutze dazu immer die Formulierung: Wenn ich glaube, ihn verstanden zu haben, dann ist er es nicht!
Der Papst hat jetzt in der gestrigen Kateches Bezug genommen auf eine Selbstbeschreibung Gottes, die sich im alten Testament im Buch Exodus 34,6 findet:
Der Herr ging an ihm vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue.
Interessant ist nebenbei, dass diese Stelle im weiteren Verlauf auch noch andere Aspekte offenbart („Er bewahrt Tausenden Huld, nimmt Schuld, Frevel und Sünde weg, lässt aber (den Sünder) nicht ungestraft; er verfolgt die Schuld der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation.“) aber die ersten Worte waren genau die von Barmherzigkeit, Gnade, Langmut, Huld und Treue. Insofern scheinen sie besonders wichtig zu sein, sodass der Papst sie aufgreift, dabei passend zum Jubiläumsjahr vor allem die Barmherzigkeit und Gnade.
Besonders bemerkenswert an dieser in Summe lesenswerten Kateches ist die Beschreibung der Barmherzigkeit, weil sie nicht nur Gott beschreibt, sondern auch das Gottesbild des Papstes offenbar werden lässt (Zitate hier wie im folgenden von Zenit):
Der Herr ist „barmherzig“: Dieses Wort beinhaltet, dass Gott gegenüber seinen Kindern zärtlich ist wie eine Mutter. Tatsächlich ist das Wort, das im hebräischen Urtext verwendet wird, inhaltlich mit dem Mutterschoß verbunden. Das Bild, das dieses Wort heraufbeschwört, ist daher das eines Gottes, der uns gegenüber zärtlich gerührt ist, wie eine Mutter, wenn sie ihr Kind in die Arme schließt und nichts anderes wünscht, als es zu lieben, zu behüten, ihm zu helfen und bereit ist, alles für ihr Kind zu geben, selbst ihr eigenes Leben. Das ist das Bild, das uns dieses Wort suggeriert. Eine tiefe, aus dem Innersten kommende Liebe.
Diese Beschreibung geht über unsere, jedenfalls meine gängige Vorstellung von Barmherzigkeit hinausgeht, die ich meist mit dem Begriff der „Vergebung“ synonym setze – zu Unrecht. Denn Barmherzigkeit geht weit über das hinaus, und das Bild der „zärtlichen Mutter“ macht das besonders deutlich. Eine Mutter vergibt nicht nur, ihr sind auch die Sünden der Kinder insofern egal, als dass sie ihrer Liebe keinen Abbruch tun. Übersetzt könnte man die Worte des Papstes so darstellen: Gott wünscht nichts anderes, als uns – mich ganz persönlich – zu lieben, zu behüten, zu helfen und ist bereit, alles für uns zu geben, selbst sein Leben. Es geht hier also nicht nur um die Vergebung, die konkreter in der Gnade zum Ausdruck kommt – Barmherzigkeit geht darüber hinaus und scheint eine viel grundsätzlichere Einstellung Gottes gegenüber den Menschen zu sein.
Auch der Begriff der Zärtlichkeit, den Papst Franziskus immer wieder verwendet, nicht nur in seiner Beschreibung Gottes sondern auch im Anspruch, den jeder Christ an sich selbst im Umgang mit seinem Nächsten haben sollte, ist einer, der einem bei einer Konkretisierung, wie Gott ist, so schnell nicht einfallen würde. Doch genau das ist es: Eine zärtliche Liebe, die nichts zu tun hat mit dem Austausch körperlicher Zärtlichkeiten, sondern mit der rücksichtsvollen Liebe, dem liebevollen Respekt dem anderen gegenüber, einer Liebe, die wir hoffentlich beispielhaft von unserer eigenen Mutter kennen und mit der wir – ins Unendliche gesteigert – Gott beschreiben können. Lesen Sie aus meinen Worten Begeisterung für die Worte des Papstes? Dann habe ich mich richtig ausgedrückt: Was für eine großartige Beschreibung von Gott, und wie schade, dass sie so selten geäußert wird!
Einen wenn man so will engeren Begriff der Barmherzigkeit ist dann die Gnade, die der Papst mit dem barmherzigen Vater aus dem Gleichnis des verlorenen Sohns identifiziert:
Außerdem steht geschrieben, dass Gott „gnädig“ ist. Das bedeutet, dass er Gnaden erweist, mitleidig ist und in seiner Größe den Schwachen und Armen aufnimmt; stets bereit, ihn zu verstehen und ihm zu verzeihen. Er ist wie der Vater in dem Gleichnis, das wir bei Lukas finden (vgl. Lk 15,11-32): ein Vater, der nicht nachtragend ist, weil sein jüngerer Sohn ihn verlassen hat, sondern ganz im Gegenteil nie aufhört, auf ihn zu warten – schließlich hat er ihn gezeugt – und ihm endlich entgegeneilt und ihn umarmt, ihm nicht einmal Zeit lässt, sein Geständnis fertig zu sprechen – fast legt er ihm eine Hand auf den Mund – so groß ist seine Liebe und seine Freude darüber, ihn wiedergefunden zu haben. Dann ruft er auch seinen älteren Sohn herbei, der gekränkt ist und nicht feiern will; der Sohn, der immer zuhause geblieben ist und mehr wie ein Diener als wie ein Sohn gelebt hat; und auch zu ihm beugt der Vater sich herab und lädt ihn ein, versucht sein Herz für die Liebe zu öffnen, damit niemand vom Fest der Barmherzigkeit ausgeschlossen bleibt. Die Barmherzigkeit ist ein Fest!
Auch in dieser Beschreibung, die Gott von sich selbst durch die Worte Jesu im Gleichnis gibt, macht deutlich, wie weit Gottes Barmherzigkeit über unsere eigene hinausgeht: Wo wir noch nachtragend sind, zumindest erwarten, dass jemand, der uns ein Leid angetan hat „zu Kreuze kriecht“ hat Gott schon vergeben: Der barmherzige Vater sieht die Sünde, aber er sieht auch das Herz des Sohnes und seine Reue, seinen Wunsch nach Umkehr – und will nichts anderes als lieben und vergeben. Vielleicht trifft es das am besten: Wir können nicht einfach Vergebung erlangen sondern Gott macht den ersten Schritt: Er will uns vergeben, es ist sein Ziel, uns zu vergeben. Begeisterung für Gott und die Worte des Papstes? Und ob!
Im der weiteren Kateches geht der Papst noch auf die anderen Beschreibungen von Langmut, Huld und Treue ein, und ich kann nur jedem empfehlen, das auch noch zu lesen. Doch es sind am Ende weitere Konkretisierungen dessen, was in Barmherzigkeit und Gnade bereits beschrieben wurde: Nicht unwichtig, sehr lesenswert, aber für diesen Blogbeitrag soll das obige erst mal genügen.
Noch einmal, der Name Gottes ist – wie der Papst sagt – Barmherzigkeit. Das bedeutet nicht, dass er mit diesem Wort bereits ausreichend beschrieben wäre, dass damit bereits alles über seinen Charakter gesagt wäre. Man bekäme Schwierigkeiten, wenn man diesen Begriff – noch dazu gepaart mit unserer eigenen, unvollkommenen Vorstellung davon, was Gottes Barmherzigkeit bedeutet – allzu absolut setzen würde. Und doch: Wer keine Vorstellung davon hat, was es bedeutet, dass Gott barmherzig ist, dem wird er immer fern bleiben. Ich kann selbst nicht sagen, dass ich das bereits durchdrungen hätte, darum freue ich mich immer über Katechesen wie diese, die mich dem Verständnis Gottes ein bisschen näher bringen.
akinom
„Wer kommt in meine Arme?“
Ein Kinderspiel! Für mich ist es Gebet (auch für den, der nicht weiß, dass er betet).
Noch mehr ist es jedoch für mich die ewige sehnsüchtige Verlockung des unfassbar liebenden und barmherzigen Vaters, gerichtet an jedes einzelne seiner Kinder aller Generationen. Dieses Bild innigster körperlicher Umarmung habe ich schon seit Jahren verinnerlicht, aufgrund meiner Betrachtung des Festes Mariä Himmelfahrt.
Heute nun war ich sehr betroffen vom Kommentar Peter Winnemöllers über eine „fragwürdige zeitgeistige Pastoral der Barmherzigkeitsbroschüre des Bistums Münster“.
Daraufhin betete ich einen Rosenkranz zum himmlischen Vater, den sich so formulierte:
„… dessen himmlischer Vater all meine Kinder liebt, schützt, für sie sorgt, sie regiert und erfreut möchte ich gemeinsam mit ihnen ewig anbeten, lobpreisen, danken, ehren und lieben.“
Nun fand ich diesen Beitrag hier und ergänze: „Töten wir die Sehnsucht nicht! Amen! Hallelujah!“