Seit einer Bemerkung von Frau Margot Käßmann, deren genaue Funktionsbezeichnung mir gerade entfallen ist, vermutlich lässt die sich am besten mit evangelische Messia bezeichnen, ist die Formulierung des Geschenkes Gottes ein bisschen in Verruf geraten (http://www.kath.net/detail.php?id=26711), trotzdem gibt es jenseits solcher definitorischer Entgleisungen natürlich auch echte Gottesgeschenke. Darunter verstehe ich besondere Gnadengaben, die Gott den Menschen bietet, um sich ihm anzunähern (ist ein bisschen schwammig, aber ich bin ja auch kein Theologe). Dazu gehören dann insbesondere die Sakramente, die uns allesamt zu Gott führen, die aber trotz ihres Charakters als Geschenk Gottes kaum als solche wahrgenommen werden. Während aber die Taufe, die Eucharistie (insbesondere die erste Heilige Kommunion), die Firmung, die Hochzeit und die Priesterweihe sowie die Krankensalbung (oft auch noch als letzte Ölung bekannt), noch aus den jeweiligen Familiengeschichten bekannt sind und weiter gepflegt werden (mit welcher Ernsthaftigkeit möchte ich lieber nicht analysieren) gerät das letzte Sakrament (ja, richtig in der Schule gelernt, es sind sieben) immer mehr in Vergessenheit. Wenn es aus diesem Dunkel der Erinnerung herausgeholt wird, wird das Geschenk auch eher so behandelt, wie die hässliche Vase, die man von der Großtante zur Hochzeit geschenkt bekommen hat, die man irgendwie nicht wegwerfen mag, weil man ja nie wissen kann, aber Gästen gegenüber doch lieber in irgendeinem Schrank (ohne Glastür) versteckt wird.
Die Rede ist vom Sakrament der Versöhnung oder auch der Beichte und, fühlt sich der Begriff schon komisch an? Was war das gleich? Ich suche mir aus dem Gotteslob den Gewissenspiegel, analysiere, was von den dort stehenden Vergehen bei mir zutrifft (wobei ein Großteil der Vergehen heute gesellschaftlich anerkannte Verhaltensweisen sind), versuche mir diese Liste zu merken, besuche einen Priester im Beichtstuhl (wenn die Kirche noch einen intakten hat) oder in seinem Besprechungsraum, berichte ihm darüber und anschließend versichert er mir, dass Gott mir diese Verfehlungen vergeben hat, vielleicht muss ich anschließend noch ein Vater-Unser und ein Ave-Maria beten, aber dann ist der Prozess auch abgeschlossen. Soweit so gut, das ganze lässt sich vermutlich innerhalb einer Stunde abhandeln, sollte also nicht schwerfallen. Das ganze hat nur einen Makel: selbst diese eine Stunde, die man insgesamt benötigt (auch wenn man eine Beichte mit mehr Ernst angeht, als ich das etwas überzeichnet beschrieben habe) nehmen die meisten nicht in Kauf und fassen die Beichte nur mit ganz langen Fingern an und das trifft teilweise sogar auf Priester zu. Andererseits ist man gerne geneigt, bei Problemen, die sich auf das Seelenleben (was immer das sein mag) beziehen, von einem hochbezahlten medizinischen Spezialisten analysieren und behandeln zu lassen in einer Vielzahl von (einstündigen?) Sitzungen, und am Ende hat sich an der Tatsache eigener oder fremder Verfehlungen im eigenen Leben nichts geändert. Woher also diese Schieflage? Ist es, weil die Beichte kostenlos ist und daher als auch umsonst betrachtet wird? Ich glaube, der wahre Grund geht tiefer als das
Zunächst mal möchte ich daher mit einem Missverständnis aufräumen: Beichte und Psychotherapie haben grundsätzlich ganz unterschiedliche Zielgruppen, können sich also gegenseitig nicht ersetzen. In der Psychotherapie geht es bspw. darum, Schuldgefühle, die das Maß der Schuld übersteigen oder der gar keine Schuld zugrunde liegt, die mithin also pathologisch sind, zu behandeln. In der Beichte geht es dagegen darum, echte Schuld, mit der ich mich von Gott entfernt habe, von ihm vergeben zu bekommen. Wenn ich also wirklich Schuld auf mich genommen habe, nehmen wir der Einfachheit halber mal an ohne einen weltlichen (direkt) Geschädigten, wie zum Beispiel der Gotteslästerung, dann nutzt es mir gar nichts, einem Therapeuten darüber zu berichten, die Hintergründe und Details zu analysieren um am Ende vielleicht festzustellen, dass es für die Schuld einen Grund gibt, der mich entlastet die Schuld ist immer noch da, und den einzigen, der sie mir nehmen kann, unseren Herrn und Gott, habe ich damit gar nicht angesprochen. Umgekehrt, wenn ich mich schuldig fühle für etwas, was ich gar nicht getan habe, mir also auch niemand vergeben kann, und mich diese Schuld so sehr belastet, dann ist auch eine Beichte nicht der richtige Ansatz (auch wenn das Gespräch mit einem Geistlichen hier Wunder wirken kann, was aber im engeren Sinn keine Beichte darstellt).
Aber genau in dieser Unterscheidung, der vielleicht sogar Therapeuten zustimmen können, liegt das Problem was sind denn echte Sünden, und was sind pathologische Schuldgefühle? Als Beispiel eignet sich ein beliebtes Reizthema: das Ausleben von Homosexualität ist eine Sünde, damit lädt sich der Betroffene Schuld gegenüber Gott auf, die auch nur er vergeben kann (und bei echter Reue auch wird), während das Schuldgefühl in der Gesellschaft als pathologisch betrachtet wird. Wenn man ausgelebte Homosexualität als normal betrachtet (oder gar fördert, aber das ist wieder ein anderes Thema), muss man umgekehrt das Anschlagen des Gewissens des Betroffenen als unnötig oder eben pathologisch begreifen. Eine Umpolung der Werte führt also in diesem wie in vielen anderen Fällen, zu einer Art Abschaffung der Schuld, bis dahin, dass versucht wird, auch aus säkularer Sicht falsche und strafbewehrte Handlungen nur noch im Kontext der Geschichte des Schuldigen zu betrachten kurz: mit der Kindheit konnte der ja nicht anders! Und hier stellt sich die Psychologie dann spätestens als Widersacher der Beichte dar. Umgekehrt kann man auch sagen: die Beichte ist DAS Instrument Gottes, dass uns unseres freien Willens versichert! Hätte uns Gott nicht den freien Willen geschenkt, eine Beichte wäre unnötig oder in der Tat grausam, weil wir dem Herrn Schuld zugeben müssten, für die wir in Wahrheit nicht verantwortlich wären.
Umgekehrt, und ich bin ja kein Atheist oder Säkularist, wird damit aber auch das große Geschenk des Sakramentes der Versöhnung deutlich: an der Vergebung von echter Schuld beißt sich ein Therapeut die Zähne aus, es sei denn er nimmt den Ausweg, die Schuld zu negieren. Wenn ich also weiß, dass ich schuldig geworden bin, dann kann mir ein Therapeut nicht zumindest nicht er alleine bei diesen Gewissensbissen oder Schuldgefühlen helfen. Gott aber kann und will! Er hat das Sakrament der Versöhnung gestiftet (Johannes 20, 23) und ist für unsere Schuld am Kreuz gestorben, um uns einen Ausweg schon in diesem Leben aus dieser Situation zu geben. Gott weiß nachdem er Mensch geworden und sie im Garten Gethsemane gespürt hat genau, wie sich Schuld für einen Menschen anfühlt und bietet uns daher dieses wunderbare Geschenk. Und er geht eben dabei genau nicht den Weg, die Schuld einfach wegzudeuten wie es in der Geschichte von der Sünderin, die gesteinigt werden sollte heißt: Ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr! (Johannes 8,11). Der erste Satz wird in einem zur Heimeligkeit verkommenen Christentum gerne zitiert (vor allem auch der vorher stehende Teil mit dem ersten Stein, den der werfen solle, der ohne Schuld ist), der zweite dagegen gerne vergessen. Sündige von jetzt an nicht mehr ist auch das, was uns Jesus nach der Beichte mit auf den Weg gibt, er sagt nicht: Du kannst nichts dafür oder Deine Schuld ist halb so schlimm. Und er stellt sich beim letzten Gericht auch nicht vor seinen Vater um uns zu verteidigen er hat einfach unsere Schuld übernommen, und Gott hat uns vergeben das ist ganz etwas anderes als was alle Therapeuten dieser Welt zustande bringen können. Gott bezeichnet Schuld als Schuld und nimmt sie uns dann genauso konsequent ab. Wie großartig ich das finde, kann ich nicht in Worte fassen!
Abschließend, und um nicht die Schuld eines Plagiators auf mich zu laden, gebe ich gerne noch mal den Link auf einen Artikel, der mich besonders zu diesem Eintrag inspiriert hat, und der oben gesagtes in anderen Worten, aus Sicht eines Fachmannes, vertieft: http://www.kath.net/detail.php?id=27987
Und jetzt kann ich nur jedem, dem die Gesellschaft, die Erziehung oder wer auch immer die Beichte ausgetrieben hat empfehlen, es praktisch auszuprobieren: Suchen Sie sich einen guten Beichtvater (die Versöhnung hängt nicht von dessen Güte ab, aber man muss es sich ja nicht unbedingt schwer machen), vereinbaren Sie mit ihm einen Termin zu Beichte, oder gehen zu den regelmäßigen Beichtterminen, die es in Ihrer Gemeinde hoffentlich gibt und übergeben all Ihre Schuld dem Herrn, der sie schon auf Golgatha aufs Kreuz getragen hat und nur darauf wartet, Ihnen zu vergeben und das Ganze wenn es sonst kein Argument gäbe: kostenlos aber niemals umsonst!!!