Ist es ihnen auch schon mal aufgefallen: Sie versuchen mit einem Bekannten über den Glauben zu sprechen, haben es vielleicht sogar geschafft, dass das Gespräch gut anläuft und dann kommt die ganze Litanei: Das mit dem Zölibat finde ich aber nicht richtig, soll doch jeder selber wissen, und überhaupt geht das doch den Papst nichts an, was ich im Schlafzimmer mache, und wie die die Schwulen unterdrücken finde ich auch nicht gut, wenn sie sich doch lieben, und dann auch noch das mit der Verhütung, wo doch so viele Menschen an AIDS leiden, da ist es doch besser, wenn sie Kondome verwenden und am Ende ist es doch besser, wenn meine Tochter die Pille nimmt als wenn sie plötzlich mit einen Kind dasteht
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Und ähnliches hört man nun von Politik und Presse im Vorfeld des Papstbesuches: Die Kirche / der Papst sollte doch mal das mit dem Zölibat überdenken, das ist doch unnatürlich, wenn jemand keine Beziehung haben darf, und das sie den Schwulen den Sex verbieten wollen ist doch auch nur Ausdruck der Bigotterie, wer weiß, wie viele Priester und Bischöfe nicht selber schwul sind etc. pp.
Und was mache ich mit dem Bekannten, was macht die Bischofskonferenz oder der Vatikan mit den Forderungen ich fange an, zu argumentieren. Argumentieren, warum der Zölibat doch seinen Sinn hat, warum es eben nicht egal ist, was ich im Schlafzimmer mache und schon hat die Falle zugeschnappt, für die ich letztens den schönen Begriff Agendasetting gelesen habe: die von außen, oft über die Presse festgelegten, Themen, die gesetzt werden und alle anderen überlagern nach dem Motto: erst mal diese kritischen Punkte und dann können wir uns über den Rest unterhalten! Und wenn wir dieser Agenda folgen, stehen wir auf verlorenem Posten, denn ohne Glauben, sind diese Spezialthemen nicht zu verstehen.
Wir als Christen haben eine wunderbare Botschaft zu verkünden: In Jesus Christus ist Gott Mensch geworden und hat uns von unseren Sünden erlöst haben Sie schon mal versucht, das jemandem klarzumachen? Ich kann mir die Antwort lebhaft vorstellen: Ja, aber das mit dem Zölibat . Nun ist unsere Botschaft sicher nicht ganz leicht zu vermitteln in einer Umwelt die zunehmend religiös unmusikalisch wird. Die oben von mir gewählte Formulierung ist darum auch denkbar ungeeignet, viel zu theologisch, in einer Kirchensprache verhaftet, die außerhalb dieses Kreises niemand versteht und vielleicht auch für uns ab und zu einen Schutzwall darstellt, um nicht ans Eingemachte zu müssen. Was es braucht ist also eine Sprache, die die Welt versteht, aber ohne sich auf die Themen festzulegen.
Ich kann dabei nur aus meiner eigenen Erfahrung berichten: zu Beginn meines Glaubensweges fand ich die Moralvorstellungen der Kirche gelinde gesagt suspekt. Heute, mit mehr Glaubenswissen aber auch mehr gelebtem Glauben über das Gebet und die Sakramente erscheinen mir die Moralaussagen der Kirche quasi zwingend, richtig und gut! Das Problem dabei ist: Es gibt keine Abkürzung! Jemand, der nicht glaubt, dass Gott der Gott der Bibel ist, der nicht glaubt, dass der Mensch nach seinem Abbild geschaffen ist, und nach dem Sündenfall verzweifelt versucht, diese göttliche Liebe wiederzufinden, die er selber andererseits so vehement ablehnt und sich darum anderen Dingen zuwendet, am liebsten dem größten Götzen unserer Zeit, dem Sex, der nicht glaubt, dass ihm Gott dabei so weit es nur irgendwie geht entgegenkommt, letztlich indem er selbst Mensch geworden ist und uns gezeigt hat, wie das Menschsein eigentlich gedacht ist, wer das alles nicht glaubt, wird den aus seiner Sicht aus der Luft gegriffenen Spaßbremsen der katholischen Morallehre auch nicht folgen, geschweige denn so eine unnatürliche Einrichtung wie den Zölibat verstehen.
Was bleibt, ist also, der Agenda der Welt nicht zu folgen, sondern unverdrossen die wirkliche Botschaft zu vermitteln. Wenn versucht wird, uns zu einem Gespräch über Sex (Zölibat, Verhütung, Schwulenehe ) zu verleiten, müssen wir von Liebe sprechen. Von einer Liebe, die wirklich erfüllt und für die die Sexualität in der Ehe eine Ausdrucksform ist. Was die Welt dagegen unter Liebe=Love=Sex versteht ist dagegen nur ein müder Abklatsch. Wie es Christopher West in seinem empfehlenswerten Buch Die Liebe, die erfüllt“ schreibt:
Haben wir erst einmal verstanden, dass uns Eros [begehrende Liebe zwischen Mann und Frau] ohne Agape [bedingungslose, einseitige, befreiende, auf andere zentrierte Liebe] nie befriedigen kann, dann heißt für uns, der Begierde nachzugeben so viel, wie aus dem Mülleimer zu essen, um unseren Liebenshunger zu stillen. Warum würde sich jemand freiwillig dazu entschließen, die Reste aus dem Mülleimer zu essen? Sicher, es ist besser als zu verhungern! Doch die meisten von uns meinen, der Mülleimer sei das einzige Angebot. Doch dann haben wir noch nicht die frohe Botschaft des Evangeliums gehört oder ihr möglicherweise nicht geglaubt. Wir haben nicht gehört oder geglaubt, dass Gott uns ein überreiches Festmahl der Liebe anbietet. Und indem wir denken, der Müll sei unsere einzige Hoffnung auf eine Mahlzeit werden wir bitter, wenn wir die Kirche sagen hören: Du sollst nicht aus dem Mülleimer essen!. Dabei übersehen wir, dass dieses Verbot der Kirche im Grunde nichts anderes ist als die Voraussetzung, um zu dem üppigen Festmahl zu gelangen, für das wir erschaffen wurden.
Noch mal: unsere Botschaft ist besser als ein Du darfst nicht, sie ist ein Schau her, was Du alles bekommen kannst! Der Weg dahin ist mühsam und vielleicht unter Marketingaspekten nicht besonders ansprechend. Aber das Ziel lohnt den Weg nicht nur für uns selbst sondern für jeden Menschen. Und wie schön wäre es, wenn wir eines Tages vor den Herrn treten könnten und ein paar Leute mitbringen, die aufgrund unserer Arbeit zum Festmahl gekommen sind, statt sich aus dem Mülleimer zu bedienen?
Catocon
Ich kann natürlich auch nur für mich persönlich sprechen, aber bei mir war der Weg gerade andersherum. Mein Weg vom Atheismus zur Katholischen Kirche hat mit Fragen der Sexualmoral angefangen. Als politisch interessierter Mensch war ich immer „hart links“, bis ich plötzlich die Folgen der Ideologie vor meinem geistigen Auge klar erkannte. Der damals begonnene Weg hat mich zu einer vollständigen Akzeptanz der christlichen Sexualmoral geführt (ohne dass ich zu diesem Zeitpunkt schon an Gott geglaubt hätte…), und erst danach kam meine eigentliche religiöse Bekehrung.
Aber ich schätze ich bin der Ausnahmefall, der die Regel bestätigt. Tatsächlich sind andere Seiten des Glaubens wahrscheinlich besser geeignet, um ein Gespräch zu beginnen, das nicht gleich in den üblichen Debatten endet.
Was das „Agendasetting“ betrifft, stimme ich Dir zwar vollkommen zu, aber als „Kopf-durch-die-Wand-Typ“ gehöre ich eher zu den Leuten, die sozusagen per Frontalangriff den „Feind“ an seiner stärksten Stelle – aktuell ist das wohl die Sexualmoral – attackieren wollen.
Papsttreuer
Lieber Catocon, das ist sicher ein interessanter Weg zum Glauben – so hatte ich das noch nicht betrachtet und traue mir auch gar nicht zu, zu sagen, welcher Weg der „normale“ ist – der von mir beschriebene schien mir irgendwie logischer und für mich selber nachvollziehbarer – aber was schert sich der Herr schon um mein Verständnis von Logik ;-)
Catocon
Oder um meins, Papsttreuer! Wir haben keine Statistiken, aber solange der Weg zum Herrn und in den Schoß Seiner Kirche führt, ist alles in Ordnung. Dann spielt es keine Rolle wie wir dahin gekommen sind.
Jeder von uns hat seine je eigenen Stärken und Schwächen, seinen persönlichen Weg zum Glauben, und wenn wir diese im Sinne Gottes einsetzen, dann werden wir auch mit Seiner Hilfe erfolgreich sein, nach dem Maß, das Gott für uns vorgesehen hat.
Geldspieler
Mit Gleichgesinnten kann man gut über Glauben reden. Wenn jedoch zwei unterschiedliche Glaubensbekenntnisse diskutieren, eskaliert es.
Entweder bin ich gläubig oder eben nicht.
Im Koran steht, das spielen Sünde ist. Die Spielhallen jedoch sind voll von Islamisten, die aber regelmäßig in die Moschee rennen.
Das ist einer der Gründe, warum ich eigentlich garnicht über Religion diskutiere. Denn nur weil diese Menschen gegen ihre heilige Schrift handeln, sind sie für mich nicht schechtere Menschen.
Ich bin auch nicht gläubig
Papsttreuer
Hallo Geldspieler und danke für den Kommentar. Ich gebe aber zu, dass mir der Zusammenhang mit dem Blogeintrag nicht ganz einsichtig ist. Es geht dabei nicht um Verurteilung, eher schon um unseren Auftrag als Christen, den Menschen die Schönheit des Glaubens kenntlich zu machen. Für den Islam kann ich dabei nicht reden, dessen Regeln kenne ich zu wenig
(P.S.: Den werbenden Link auf Ihr Unternehmen habe ich aus dem Kommentar entfernt)