„Da hat er sich aber verschrieben, der Papsttreue, das ist doch der ungläubige Thomas, das haben wir doch gerade am Sonntag wieder in der Heiligen Messe gehört.“ So mag eine Reaktion auf meinen Blogtitel lauten, und sie hätte ihre Berechtigung, denn unter diesem Titel ist er bekannt.
Nun habe ich gestern während einer wirklich guten Predigt (des neuen Territorialdirektors der Legionäre Christi bei der Messe zu seiner Einführung) einen kleinen Geistesblitz, den ich hier gerne teilen und vielleicht auch zur Diskussion stellen möchte:
„Vidimus Dominum Wir haben den Herrn gesehen“ das ist das, was Thomas von den Aposteln nach seiner Abwesenheit zu hören bekommt. Und er kann es nicht glauben, braucht einen Beweis ganze acht Tage lang, so schreibt es der Evangelist, dauert diese Phase und ein Teil der Predigt drehte sich darum, wie diese Tage zwischen den anderen Aposteln und Thomas wohl verlaufen sind
Er ist auferstanden Kann ja sein, dass Ihr das glaubt, aber ich bin nicht überzeugt Aber wir haben ihn gesehen! Wer weiß, was Ihr gesehen habt, oder habt sehen wollen?! Aber er ist wirklich auferstanden Ich glaube das nicht, bevor ich nicht
Nun, die Predigt ging in die Richtung, dass wir nicht müde werden dürfen in unserem Apostolatsauftrag, wenn wir den Herrn gesehen haben, dann müssen wir Zeugnis davon geben, wie es auch die Apostel getan haben (nachher ja auch Thomas, nachdem er zum Glauben gekommen ist).
Was ich mich aber frage: was, wenn noch mehr Apostel den Herrn nicht beim ersten Erscheinen gesehen hätten hätten sie geglaubt? Hätte Petrus selbst geglaubt, wenn ihm die anderen das berichtet hätten? An anderer Stelle wird berichtet, dass Maria Magdalena den Aposteln berichtete, dass sie Jesus gesehen hätte und sie haben ihr nicht geglaubt! Es ist also nicht vermessen, anzunehmen, dass auch die anderen Apostel nur deshalb geglaubt haben, weil sie Jesus mit eigenen Augen gesehen haben und ihren Augen auch getraut haben. Man schaue sich das obige Gemälde von Caravaggio an, wie sich neben Thomas auch andere Apostel neugierig zu Christi Wunden wenden möglicherweise haben sie schon geglaubt, aber offenbar auch noch so gezweifelt, dass sie „ganz nah ran“ wollen, um sich noch mal bestätigt zu sehen!
Was sagt uns aber das für unser Apostolat? Ich würde sagen:
- Zunächst mal, dass wir, wenn wir die Gnade empfangen haben, den Herrn zu sehen, auch aufgefordert sind, Zeugnis davon zu geben!
- Dann aber auch, dass wir denjenigen, die ihn nicht gesehen haben, das auch nicht zwingend zum Vorwurf machen können. Der Glaube ist ein Geschenk Gottes die eigene Verantwortung besteht darin, dieses Geschenk anzunehmen. Und da wird glauben, dass jeder Mensch im Grunde auf der Suche nach Gott ist (wie es auch Thomas war), müssen wir auch annehmen können, dass die Suche eines Nichtglaubenden bislang nur noch nicht an ihr Ende gekommen ist. Es bleibt unser Auftrag, weiter Zeugnis zu geben und dem Unglaubenden zu helfen, so wie auch unserem Unglauben hoffentlich immer wieder geholfen wird (siehe 1)
- Und letztlich, so finde ich, sollte uns klar sein, dass auch wir uns auf der Suche befinden, zusammen mit unserer Mutter Kirche. Gott ist groß genug, dass wir wohl annehmen dürfen, dass, selbst wenn wir den Herrn gesehen haben, wir ihn nicht ganz erfasst haben. Demut tut also auch einem guten Apostel gut um in dem Bild von den acht Tagen oben zu bleiben: ich möchte annehmen, dass sich die anderen Apostel durchaus auch in Frage gestellt haben. Oder anders gesagt: wenig ist weniger überzeugend, als wenn jemand meint, den Willen Gottes genau zu kennen (und keinen Hehl daraus zu machen)
Letzteres heißt übrigens nicht nur um das neuen Lesern deutlich zu machen, regelmäßige Leser wissen, wie ich da ticke die Kirche und ihre Lehre in Frage zu stellen. Unsere Kirche ist die Hüterin den Glaubens, suchend wie die Menschen, die ihr folgen, aber in Richtung der Wahrheit, die der Kopf der Kirche, Christus selbst, ist. So folgen wir Gläubigen also der Kirche wie ich mal von einem Priester gehört habe: Nicht langsamer und nicht schneller, sondern gemeinsam mit der Kirche das ist unser Weg!
Mir ist der „ungläubige Thomas“ (der zunächst nicht gesehen hat) unter all den „gläubigen Aposteln“ (die früher sehen durften) in diesen Tagen näher ans Herz gewachsen und wir sollten uns hüten, seine Einstellung soweit von uns zu weisen! Nicht umsonst fleht der Vater des besessenen Jungen in Markus 9, 24 „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ möglicherweise hat dieser „Nebendarsteller“ des Evangeliums mehr Einsicht in seine Seele als damalige und heutige überzeugte Apostel?!
Bettina Klix
Danke für diesen schönen Beitrag. Es ist immer wieder faszinierend, wie man einen neuen Zugang zu den seit Kindheit bekannten Gestalten bekommt, hier zu dem Zweifler, den man als gläubiges Kind schon ganz schön anmaßend fand, – wenn man den Zweifel selbst noch nicht kannte.
Ich habe auch durch einige Sätze einer katholischen Predigt im Radio, (übertragen aus der Schlosskapelle Moritzburg, St. Trinitatis) die Geschichte neu sehen gelernt. Pfarrer Johannes Groß sagte: „Thomas will Christus nicht nur sehen, sondern die WUNDEN berühren. Sie sollen die LEBENDIGKEIT erweisen.“ (Hervorhebung von mir) Dabei konnte ich das Geschehen so vertieft anschauen , dass ich ganz beglückt war. Weiter hieß es: „Aus der Forderung wird ein ausdrucksstarkes Bekenntnis.“ (Mein Herr und mein Gott!)