Nachdem gestern bei kath.net eine Stellungnahme des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzende der Verlagsgruppe Weltbild, Michael Fuchs, veröffentlicht wurde, habe ich in einer Kommentierung dort noch mal mein Unverständnis zum Ausdruck gebracht und noch mal auf meinen letzten Beitrag zu dem Thema verlinkt. Darauf hin habe ich eine Rückmeldung erhalten, die ich ernst nehmen und nicht mit einem kurzen Gegenkommentar beantworten möchte. Der Kommentar findet sich hier, ich werde ihn aber auch in diesem Beitrag zumindest auszugsweise zitieren.
Zunächst mal weist der Kommentator auf eine notwendige Zeit zur Umgestaltung des Verlages hin (Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden, und der Weltbild-Verlag wird sich ebenfalls nicht an einem Tag umbauen lassen – und wohl kaum in einem Jahr). Ein Einwand der durchaus berechtigt ist, mir aber in dem konkreten Fall nicht zu passen scheint. Niemand, der einigermaßen etwas von Unternehmen versteht hätte ernsthaft geglaubt, dass der Verlag kurzfristig zu verkaufen gewesen wäre, wie es die Eigentümer ursprünglich mal beschlossen hatten. Dazu ist auch die soziale Verantwortung für die Mitarbeiter zu hoch, die sich darauf verlassen können müssen, von einer bislang katholisch geprägten Unternehmensführung (zumindest eigentümerseitig) nicht an einen rein marktwirtschaftlich geprägten Unternehmertypus mitverkauft zu werden. Von Seiten interessierter Katholiken war daher in den vergangenen Monaten durchaus ein Stillhalten zu registrieren. Der Verlag hatte seine Programmpolitik nicht geändert, darauf wurde an verschiedenen Stellen immer mal wieder hingewiesen, aber mehr um dem Verkaufswunsch Nachdruck zu verleihen.
Als Alternative war auch immer die Bereinigung des Programms im Gespräch, wobei sich die entsprechenden Kommentatoren und Experten nicht einig waren, ob so etwas überhaupt geht. So entstand zumindest der Eindruck über die Beweggründe der Eigentümer zum Verkauf: Wir haben verstanden, dass wir das Verkaufsprogramm des Verlags nicht so belassen können, sehen organisatorisch wie technisch aber keine Möglichkeit, dies zu ändern und haben daher entschieden, Weltbild zu verkaufen. Wörtlich heißt es in der damaligen Stellungnahme der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD):
Es ist der Geschäftsführung nicht gelungen, die internetgestützte Verbreitung sowie die Produktion von Medien, die den ideellen Zielen der Gesellschafter widersprechen, im eigenen Bereich bzw. im Bereich der Unternehmensbeteiligungen hinreichend zu unterbinden. Die Glaubwürdigkeit der Verlagsgruppe und ihrer Gesellschafter hat darunter gelitten.
Mir schien daher die Entscheidung zum Verkauf immer von einer Konsequenz, die viele ich auch mit Respekt zur Kenntnis genommen habe! Die Reaktionen der Eigentümer auf die Kritik katholischer Medien ( bedauern die verzerrende und unangemessene Weise der publizistischen Auseinandersetzung mit den anstehenden Fragen namentlich in Medien, die der Kirche nahestehen.) schien mir zwar ein bisschen die Einsicht vermissen zu lassen, aber die Entscheidung war folgerichtig und ich möchte den Begriff bemühen gut!
Und jetzt die Kehrtwende: Kein Verkauf! Ich gebe zu, meine Skepsis, durchaus auch Misstrauen, den Eigentümern gegenüber war direkt wieder geweckt, aber man hätte vielleicht annehmen können, dass man den Verkauf eben nicht auf christliche Weise über die Bühne hätte bringen können und nun also doch den Versuch starten wollte, das Programm zu bereinigen. Das dies, genau wie der Verkauf, nicht von heute auf morgen geht, sollte ebenfalls jedem klar gewesen sein, also müssen sich alle Interessierte darauf einstellen, dass es noch eine Weile ein Unternehmen im katholischen Haus geben wird, das mit Produkten Geld verdient, die aus katholischer Sicht abzulehnen sind (woran hoffentlich bei den in Rede stehenden sogenannten erotischen Werken wie auch den Esoterikprodukten u.ä. kein Zweifel besteht). Diese Hoffung, dass man sich eigentümer- und geschäftsführungsseitig nun daran machen würde, das Programm zu bereinigen, wurde aber zwischenzeitlich durch zwei Kommentierungen zunichte gemacht, nämlich die einer Unternehmenssprecherin und die hierzu passende Kommentierung des eingangs erwähnten stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden. Daraus geht hervor, dass man sich aufgrund der Marktpräsenz des in den Fokus geratenen Buches Shades of Grey nicht in der Lage sehe, dieses Buch aus dem Programm herauszunehmen. Andererseits hat man aber ein anderes Erzeugnis, ein sogenanntes Aufklärungsbuch mit dem Titel Make Love, das nach Angaben des Verlags durch einen zu harmlosen Umgang mit dem Thema Abtreibung nicht der katholischen Firmenpolitik entspricht, aus dem Programm gestrichen.
Jetzt kann man mir ja viel erzählen, aber ganz offensichtlich ist man sehr wohl in der Lage, Produkte, die der katholischen Lehre widersprechen, wie Make Love, aus dem Programm zu werfen, so muss der Einwand, dass man Shades of Grey nicht aus dem Programm nehmen kann als glatte Lüge wahrgenommen werden. Der Verdacht liegt nahe: man will sich nicht um die Verkaufserlöse des Kassenschlagers Shades of Grey bringen, während einem der Verkauf des Aufklärungsbuchs vergleichsweise egal ist. Ich versuche, kreativ zu sein, aber welchen Grund sollte es sonst geben, das Sado-Maso-Machwerk nicht aus dem Programm zu streichen? Da nutzt es auch nichts, wenn man es unterlässt, den Verkauf zu forcieren und ablehnende Kommentierungen zitiert – Stand 23.07.2012 gibt es immerhin 25 Kundenbewertungen als „ausgezeichnet“ für das Buch, da wirken die ablehnenden verlagseigenen Kommentierungen eher verkaufsfördernd. So schreibt eine Anne aus Dillingen: „Dieses Buch ist eins der Besten die ich je gelesen habe, und so schlimm wie viele behauptet haben ist es gar nicht. Es gibt da wirklich schlimmere Bücher. Also ich kann es nur empfehlen, ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen und freu mich schon auf den nächsten Teil…“ – Herzlichen Glückwunsch Weltbild für eine in Gefahr gebrachte Seele!
Ich könnte mir natürlich durchaus vorstellen, dass es gar nicht so leicht ist, das gesamte Verlagsprogramm zu bereinigen und Neuerscheinungen entsprechend zu prüfen. Wenn man aber darauf aufmerksam wird, oder gemacht wird, dass man ein solches Buch noch im Programm hat, hilft es ja nichts: dann muss es eben raus das das geht beweist eben genau der Umgang mit dem Aufklärungsbuch.
Drastischer als dieser Einwand ist allerdings der des Kommentators, dass mit der von mir verwandten Wortwahl als Katholik meine eigene Kirche diffamiere: Kaum hilfreich sind dabei falsche Vergleiche, wie die in diesem Blog angeführten. Sie kommen vom Teufel, der seine Freude daran haben dürfte, wie Katholiken ihre eigene Kirche diffamieren.
Ich nehme an, der Autor bezieht sich da auf meinen Bordell-Vergleich:
Unsere Kirche besitzt ein Bordell und ist gewillt, es zu behalten, obwohl man sich nicht in der Lage sieht, daraus ein Hotel zu machen! Man steckt den Kopf in den Sand und wartet ab, ob nicht vielleicht einfach Gras über die Sache wächst – selbst gegen den erklärten Willen des Papstes!
In der Tat habe ich auch mehrmals den Gedanken im Kopf hin und her bewegt, ob die Wortwahl richtig ist. Wie jeder Vergleich hinkt natürlich auch dieser, wobei der Kommentator keinen Grund dafür angibt, warum dieser Vergleich falsch sein sollte: Ganz ohne Zweifel vertreibt vom Verlag, der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat unwidersprochen Weltbild Produkte, die nicht dem katholischen Glauben entsprechen. Dass es sich dabei nicht nur um einfach kirchenkritische Literatur handelt wie Bücher von Hans Küng sondern auch um solche, die die niederen Instinkte des Menschen ansprechen wie eben jene Erotikliteratur oder auch Esoterikwerke, die in einem kirchlichen Verlag so gar nichts verloren haben, ist hoffentlich zwischenzeitlich auch klar geworden. So denke ich, dass der Vergleich an dieser Stelle nicht hinkt: im übertragenen Sinne besitzt die Kirche ein Bordell!
Nun kann man zu Gunsten der Eigentümer annehmen, dass sie bislang (das heißt bis gut einem dreiviertel Jahr und auch das ist schon optimistisch gedacht) davon ausgegangen waren, dass sie lediglich ein Hotel betreiben. Man kann darüber nachdenken, ob das nicht zu naiv gedacht ist, aber im Sinne der guten Nachrede sollten wir mal davon ausgehen, dass dies so war. Seitdem aber hat sich das Bewusstsein geändert man hat Kenntnis darüber erlangt, dass man da statt eines gediegenen Hotels ein Bordell besitzt und man hat dies auch zugegeben und Maßnahmen ergriffen, diese Fehlentwicklung abzustellen. Und nun scheint es also Gründe zu geben, dieses Bordell nicht zu verkaufen mit positiver Grundeinstellung könnte man annehmen, dass man die Damen dieses Hauses nicht sich selbst überlassen könne. Dieser an sich ehrenwerte Ansatz wird aber offenbar nicht verfolgt, weil jetzt um im Bild zu bleiben und es noch auszubauen festgestellt wird, dass der Bedarf an den Leistungen des Bordells doch so hoch ist, dass man sich inhaltlich davon zwar distanzieren möchte, den Betrieb einzustellen sich aber nicht in der Lage sieht. Könnten wir das glauben? Wären wir im Gehorsam unserer Kirche und ihrer Hirten gegenüber verpflichtet, das zu glauben?
Ich habe in dem kommentierten Artikel deutlich gemacht, dass man als Katholik in einen Gewissenskonflikt getrieben wird: jeder Katholik muss die Verantwortung dafür übernehmen, wie er mit diesem Konflikt umgeht (schweigt, protestiert, Mails oder Briefe schreibt, in Medien publiziert) und ob dieser Umgang gut ist und der Kirche dient. Aber soviel muss klar bleiben die Verantwortlichen für diesen Gewissenskonflikt sind nicht die Gläubigen, die fassungslos vor dem Handeln der kirchlich Verantwortlichen stehen, sondern die Eigentümer des Verlages.
Ob also die Berichterstattung in den Medien wie kath.net, in Blogs wie diesem und vielen anderen kirchentreuen Veröffentlichungen, richtig und gut ist, darüber kann man durchaus nachdenken. Mein Gewissen sagt mir aber, dass ein Schweigen hier noch weniger hilfreich (um ein Wort des Kommentators zu verwenden) ist, als einen vielleicht hinkenden Vergleich anzustellen, der die Verantwortlichen hoffentlich aufrüttelt und an eben ihre Verantwortung erinnert.
Ich habe vor knapp zwei Wochen eine Mail an Erzbischof Robert Zollitsch, als den Vertreter eines Miteigentümerbistums und in seiner Rolle als Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz geschrieben und auch ihm gegenüber meine Bedenken als gläubiger Katholik zum Ausdruck gebracht, mit den Worten (nur ein Auszug aus der Mail)
Verzeihen Sie mir den Vergleich, aber wenn die Kirche feststellen würde, dass in einer ihrer Immobilien ein Bordell betrieben wird, würde sie den Betrieb dieses Ortes doch auch nicht aufrecht erhalten, nur weil man sich nicht in der Lage sieht, daraus ein ordentliches Hotel zu machen, oder weil man nicht weiß, was aus den Frauen in diesem Bordell werden soll? Ich weiß wohl, dass der Vergleich hinkt, da der Verlag offenbar nur einen kleinen Bruchteil seiner Umsätze aus den in Rede stehenden Produkten erlöst. Andererseits ist das aber, so glaube ich, kein Platz für Kompromisse, und die Eigentümer bringen all diejenigen in einen Gewissenskonflikt, die einerseits hinter ihren Bischöfen stehen wollen, andererseits aber nicht umhin können, die Doppelmoral zu erkennen, die sich hier Bahn bricht.
Das nur als Hinweis, dass ich nicht nur die (scheinbare) Anonymität dieses Blogs nutze, um meinen persönlichen Unmut kundzutun; ich bin auf der Suche nach Antworten, die ich bislang nicht erhalten habe (die Mühlen bei Kirchens mahlen aber langsam, so bin ich optimistisch, dass ich noch eine erhalte).
Ob der Bordell-Vergleich also vom Teufel kommt oder ob nicht eher das Schweigen der Mehrzahl der Gläubigen dem Teufel in die Hände spielt? Ob ich mit dem Vergleich und den Vorwürfen meine „eigene Kirche diffamiere“ oder ob nicht eher die Vorgänge bei Weltbild dazu geeignet sind, die Kirche in ein schlechtes Bild zu rücken, das der Kirche Jesu Christi nicht gerecht wird? Ich hätte dazu eine Ansicht!
sttn
Das die katholische Kirche am Weltbild-Verlag fest hält ist ein großer Fehler, der sich noch rächen wird. Ein weltliches Geschäft in der Größenordnung wie den Weltbild-Verlag ist nichts was der Kernpompetenz der Kirche entspricht, schon alleine das wäre Grund genug sich am Besten Heute von dem Verlag zu trennen.
Wenn man das nciht macht, wird es sich spätestens in ein paar Jahren rächen, weil das Geschäft nciht mehr läuft und die katholische Kirche Geld nachschießen muss.
So läuft es doch immer wenn Kirchen, Vereine, Parteien oder Gewerkschaften meinen Kapitalisten spielen zu müssen.
Sexprobleme
Warum sollte die Kirche kein Bordell besitzen ?
Wenn die Damen freiwillig dort arbeiten und so von der Kirche vor Zuhältern geschützt werden, wäre das ein christliches Werk.
Hat hier irgendwer ein Problem mit Sex und betrachtet das als etwas Böses ??
Papsttreuer
Lieber Besucher,
danke erstmal für den Hinweis, der allerdings auf einem weit verbreiteten Missverständnis beruht: ob irgendwer ein Problem mit Sex hat, kann ich nicht beurteilen, sicher aber nicht die katholische Kirche. Sex gehört zu den großen Geschenken die Gott uns gemacht hat, um uns gegenseitig auch unsere Liebe zu zeigen – und insofern ist Sex gut … wenn er in den Rahmen der Ehe integriert wird und dem natürlichen Zweck zugeordnet wird und nicht der reinen Triebbefriedigung dient. Sex, in der Ehe und mit dem Ziel, dem anderen meine Liebe zu zeigen, gehört zum Erfüllendsten, was Gott für uns geschaffen hat!
Nachlesen kann man dazu auch etwas hier: http://papsttreuer.blog.de/2011/08/25/agendasetting-sexualitaet-muelleimer-11729845/
Herzliche Grüße und Gottes Segen
Sexprobleme
Nochmal Besucher vom 25.7.:
Ich habe den Link nachgelesen.
Tenor ist: Weg vom Thema Sex, hin zu den Glaubensthemen.
Bin ich einverstanden.
Aber Sex haben ja gerade die Gläubigen zum Thema gemacht !
Laßt doch Weltbild und die Bordelle in Ruhe und kümmert Euch um den Glauben an Jesus !
Papsttreuer
Dann auch noch mal hallo vom Papsttreuen,
den Tenor meines Beitrages würde ich in Nuancen, aber doch nicht unwesentlich anders lesen (kann aber sein, dass ich das nicht richtig rübergebracht habe): hin zu Glaubensthemen und weg von der Vorherrschaft des Themas Sex!
Sex als großartiges Geschenk Gottes gehört zum Glaubensleben weil er zum Leben gehört. In Umkehrung davon (Sex als Geschenk Gottes, das zum Leben gehört) wird er aber oft zu einem Gott gemacht, der in Widerspruch zu Gott zu stehen scheint. So würde ich die Frage, wer was zum Thema macht auch gerade anders herum sehen: wer als Christ, besonders als Katholik über den Glauben an Christus sprechen will, wird auf das Thema Sexualmoral festgelegt – kein unwesentliches Thema, aber auch nicht das wichtigste.
Und wenn ein Verlag in katholischer Eigentümerschaft da mitspielt, ruft das notwendigerweise Kritik hervor – anders gesagt: wer sich um den Glauben an Jesus kümmern will, muss sich notwendigerweise auch um Weltbild (und Bordelle) kümmern!
Gottes Segen und ein schönes Wochenende!