Katholische Verbände haben in diesem Blog einen denkbar schweren Stand. Das liegt nicht daran, dass Verbände, die sich um die Interessen der Mitglieder oder bestimmter Gesellschaftsgruppen per se schlecht wären im Gegenteil, manchmal braucht es eben eine Interessenvertretung wenn gesammelte Einzelmeldungen unterzugehen drohen. Damit stellt sich aber die Frage, für wen sich katholische Verbände einsetzen und wie sie das tun sollten. Mir scheint nachvollziehbar, dass sich diese Verbände für benachteiligte Personenkreise einsetzen, im Wesentlichen und biblischen Sinn Arme und Kranke. Diesen zu helfen ist Resultat christlicher Nächstenliebe (wobei es eben nicht nur der physische Hunger ist, den es zu stillen gilt).
Aktuell hat sich die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) am überparteilichen Bündnis Umfairteilen Reichtum besteuern beteiligt. In einem Interview mit der Tagespost (geschützter Bereich, für Online-Abonnenten hier einsehbar) hat der Vorsitzende der KAB, Georg Hupfauer, diese Beteiligung erläutert. Und dabei können einem dann schon Zweifel kommen, ob man wirklich noch auf dem Boden des Christentums steht, wenn man wie das Bündnis Gerechtigkeit durch Steuern und Umverteilung (und das, wie die Wortschöpfung suggeriert, auf faire Weise) erreichen will.
Hupfauer sagt dazu:
Schließlich wird doch mit der gerechten Verteilung eines der Urthemen der Kirche berührt. Hier wird die katholische Soziallehre konkret. [ ]
Wir fordern die Wiedereinführung der Vermögenssteuer sowie eine einmalige Vermögensabgabe. Bei den Einnahmen würde in jedem Fall eine Größenordnung erreicht, mit der wirklich etwas bewegt werden könnte. Ich gehe von 20 bis 30 Milliarden Euro aus, die umverteilt werden könnten. In Deutschland werden nach wie vor Vermögen erwirtschaftet. Es macht keinen Sinn, sie auf dem Kapitalmarkt nur hin und her zu schieben. Derzeit stehen den zwei Billionen Euro Schulden von Kommunen, Land und Bund nach unserer Schätzung bis zu zehn Billionen Euro an Privatvermögen gegenüber. Diese Schieflage muss korrigiert werden.
Ich gebe zu, ich muss sehr schwer atmen, wenn ich so einen hanebüchenen Unsinn lese. Unsinn, nicht weil die Zahlen möglicherweise falsch wären faktisch liegen die Schulden der öffentlichen Hand sicher bei einem Vielfachen der genannten Größenordnung, sondern weil mit dem Gesagten suggeriert wird, die Vermögen in Privathand seien ungerecht. Die Gerechtigkeitsfrage und die nach der Herstellung und Sicherstellung von Gerechtigkeit wird hier elementar berührt, und wenn propagiert wird, manchen Menschen ihr Eigentum durch Zwangsmaßnahmen wie Steuern zu nehmen (dass man in seiner Größenordnung als ungerecht empfindet) um es bedürftigen Menschen (deren Situation als ungerecht empfunden wird), muss man sich schon die Frage gefallen lassen, ob das wirklich Teil der katholischen Soziallehre sein kann.
So stellt sich also zunächst mal die Frage, was die Kirche heute zu Gerechtigkeit, und im engeren Sinne muss man hier wohl von sozialer Gerechtigkeit sprechen, versteht. Wie immer tusch der Katechismus hilft weiter:
1928 Die Gesellschaft gewährleistet die soziale Gerechtigkeit, wenn sie dafür sorgt, daß die Verbände und die einzelnen Menschen das erhalten können, was ihnen ihrer Natur und Berufung nach zusteht. Die soziale Gerechtigkeit hängt mit dem Gemeinwohl und der Ausübung der Autorität zusammen.
(Hervorhebungen durch mich)
Klingt hinsichtlich des eben Gesagten gar nicht schlecht: Die Gesellschaft muss dafür sorgen, dass die Menschen das erhalten, was ihnen ihrer Natur und Berufung nach zusteht! Was hier offen bleibt ist die Frage, welche Mittel die Gesellschaft dafür anwenden darf oder muss und was unter zustehen eigentlich zu verstehen ist. Bei der Beantwortung der Frage hilft ein späterer Abschnitt weiter:
1931 Um die menschliche Person zu achten, muß man sich an den Grundsatz halten, daß alle ihren Nächsten ohne Ausnahme als ein anderes Ich ansehen müssen, indem sie vor allem auf sein Leben und die notwendigen Mittel, um es würdig zu führen, bedacht sind“ (GS 27, 1). Keiner Gesetzgebung wird es von sich aus gelingen, die Ängste und Vorurteile, die überheblichen und egoistischen Haltungen zu beseitigen, die das Entstehen wahrhaft brüderlicher Gesellschaften behindern. Solche Verhaltensweisen werden nur durch die christliche Liebe überwunden, die in jedem Menschen einen Nächsten“, einen Bruder oder eine Schwester erblickt.
Ein würdiges Leben zu führen ist also eine nicht konkrete, aber für unsere Zwecke vielleicht ausreichende – Beschreibung, was einem Menschen zusteht. Es geht also nicht einfach darum, einen Menschen warm und satt zu halten, Menschenwürde bedingt die Achtung der menschlichen Person, wie dieser Punkt im Katechismus auch überschrieben ist. Soziale Kontakte zu gewährleisten, den Bedarf eines Menschen an sozialer Interaktion zu gewährleisten, auch und vor allem spirituelle Bedürfnisse zu befriedigen, das alles sind Dinge, die einem Menschen nach seiner Würde zustehen. Man merkt aber direkt: viele dieser Dinge lassen sich nicht mit Geld kaufen, sind dadurch aber natürlich möglicherweise begünstigt. Hierzu auch an späterer Stelle im Katechismus:
1938 Es gibt auch ungerechte Unterschiede, die Millionen von Männern und Frauen betreffen. Sie stehen in offenem Widerspruch zum Evangelium.
Die gleiche Würde der Personen fordert, daß man zu humaneren und gerechten Lebensbedingungen gelangt. Allzu große wirtschaftliche und gesellschaftliche Ungleichheiten zwischen den Gliedern oder Völkern der einen menschlichen Familie erregen nämlich Ärgernis und widersprechen der sozialen Gerechtigkeit, der Billigkeit, der Würde der menschlichen Person sowie dem gesellschaftlichen und internationalen Frieden“ (GS 29,3).
Ziel ist also schon, allzu große wirtschaftliche Ungleichheiten zu verhindern, soweit sie insbesondere der Würde der menschlichen Person widersprechen.
Wesentliche ist aber, was über den Einsatz staatlichen Zwangs in # 1931 gesagt wird. Frei übertragen: Durch staatliche Gesetzgebung lässt sich christliche Liebe nicht erzwingen! Ganz konkret: möglicherweise ebnet eine Umverteilung von Vermögen von oben nach unten wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Menschen teilweise ein, dieser staatliche Zwang hat aber mit der von uns geforderten christlichen Nächstenliebe nichts zu tun. Was hier gefordert wird und nicht verordnet werden kann, ist Solidarität, wie sie im folgenden Abschnitt des Katechismus beschrieben ist:
1939 Das Prinzip der Solidarität, die man auch als Freundschaft“ oder soziale Liebe“ bezeichnen kann, ist eine Forderung, die sich aus der menschlichen und christlichen Brüderlichkeit direkt ergibt.
[ ]
1941 Die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Probleme lassen sich nur mit Hilfe aller Formen von Solidarität lösen: Solidarität der Armen untereinander, der Reichen mit den Armen, der Arbeiter untereinander, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer im Unternehmen und Solidarität unter den Nationen und Völkern. Die internationale Solidarität ist eine Forderung der sittlichen Ordnung. Der Weltfriede hängt teilweise von ihr ab.1942 Bei der Tugend der Solidarität geht es nicht nur um materielle Güter. Durch die Verbreitung der geistigen Güter des Glaubens begünstigte die Kirche auch die Entwicklung zeitlicher Güter, der sie oft neue Wege bahnte. So erfüllte sich im Verlauf der Jahrhunderte das Wort des Herrn: Euch aber muß es zuerst um [Gottes] Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben“ (Mt 6,33).
Solidarität der Begünstigten mit den weniger Begünstigten ist also das Mittel der Wahl, um soziale Ungerechtigkeiten (wie immer man die scharf definieren kann) auszugleichen. Das christliche Menschenbild ist eines, das diese Solidarität fördert, wenn nicht gar Bedingung hierfür ist. Den anderen Menschen nicht nur als Produktionsfaktor zu sehen und ihn anhand deren Funktionsfähigkeit zu bewerten, sondern sein Ich, seine persönliche Würde als Geschöpf Gottes, das führt zu Solidarität, die nicht zulässt, dass es einem anderen unverschuldet so schlecht geht, dass er dieser Würde beraubt wird. Es ist für einen Christen, der dies nicht nur qua Taufe ist, schlicht unerträglich einen anderen Menschen zu sehen, der unwürdig zu leben verdammt ist!
Etwas ganz anderes ist es, wenn der Staat selbst eingreift, Gelder als angeblich ungerecht zwangsweise den Begünstigten wegzunehmen und den weniger Begünstigten nach staatlichen Kriterien (wie ich denen traue muss ich wohl nicht extra betonen?) zuzuteilen. Das ist nicht nur keine Solidarität, das untergräbt Solidarität: Wer heute aus christlicher Nächstenliebe Teile seines Vermögens spendet, weil er die Notlage anderer Menschen erkennt, wird nach einer Besteuerung, die in Notlage geratenen Menschen zugute kommen soll, auf den Staat verweisen, der sich dann gefälligst kümmern soll. Wenn heute ein mittelständischer Unternehmer seiner sozialen Verantwortung für seine Mitarbeiter auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gerecht zu werden versucht, wird zukünftig auf staatliche Leistungen verweisen, auf die entlassene Mitarbeiter Anspruch haben, und für die man via Steuern bereits bezahlt hat.
Das perfide daran: Dieser Effekt verstärkt sich! Je stärker eine Besteuerung greift, umso weniger sind die Geber bereit, zusätzliche, freiwillige Solidaritätsleistungen zu geben. Zusätzlich lässt die Leistungswille der Menschen natürlich nach, wenn ein Mehrertrag zu großen Teilen durch Steuern aufgefressen wird, selbst dann, wenn das erzielte Einkommen mehr als ausreichend sein sollte. Kurz: Staatlicher Zwang führt zu geringerer Solidarität!
Ist es vor diesem Hintergrund eine gute Idee, wenn die KAB als katholischer Verband sich einem Bündnis anschließt, dass auf genau diesen staatlichen Zwang setzt? Wenn dieses Zusammengehen mit dem Bündnis faktisch damit begründet wird, dass bestimmte Vermögen ungerecht seien, man kann auch sagen, dass die Eigentümer pauschal als ungerecht reich verunglimpft werden, denen ihr Reichtum nicht zusteht? Und das es nun Aufgabe des Staates sei, für Gerechtigkeit zu sorgen?
Die Beteiligung am Bündnis Umfairteilen ist letztlich eine Bankrotterklärung im Glauben an das Gute im Menschen. Natürlich, es wird immer Menschen geben, die auch bei völliger Steuer- und Sozialabgabenfreiheit egoistisch bleiben das ist der im christlichen Sinne alte Mensch, der selbst Gott, umso mehr der Gesellschaft misstraut. Aber den Menschen diesen Egoismus pauschal zu unterstellen und als self-fulfilling prophecy die Liebe und Solidarität abzuerziehen führt sicher nicht zum besseren Menschen, den wir selbst, mit Gottes Gnade anziehen müssen! Niemand wird behaupten, dass es heute in unserer westlichen Gesellschaft überall gerecht zuginge, staatliche Eingriffe sind aber dabei Teil des Problems und nicht Teil der Lösung!
Und ist diese von mir zum Schluss vertretene Sichtweise nun auch katholisch, begründet sie sich doch nur als indirekter Schluss aus dem Katechismus? Ist der Papst katholisch? Dann lesen ich in seiner Enzyklika Deus caritas est folgenden Absatz und fühle mich bestätigt:
Liebe Caritas wird immer nötig sein, auch in der gerechtesten Gesellschaft. Es gibt keine gerechte Staatsordnung, die den Dienst der Liebe überflüssig machen könnte. Wer die Liebe abschaffen will, ist dabei, den Menschen als Menschen abzuschaffen. Immer wird es Leid geben, das Tröstung und Hilfe braucht. Immer wird es Einsamkeit geben. Immer wird es auch die Situationen materieller Not geben, in denen Hilfe im Sinn gelebter Nächstenliebe nötig ist. Der totale Versorgungsstaat, der alles an sich zieht, wird letztlich zu einer bürokratischen Instanz, die das Wesentliche nicht geben kann, das der leidende Mensch jeder Mensch braucht: die liebevolle persönliche Zuwendung. Nicht den alles regelnden und beherrschenden Staat brauchen wir, sondern den Staat, der entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip großzügig die Initiativen anerkennt und unterstützt, die aus den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften aufsteigen und Spontaneität mit Nähe zu den hilfsbedürftigen Menschen verbinden. Die Kirche ist eine solche lebendige Kraft: In ihr lebt die Dynamik der vom Geist Christi entfachten Liebe, die den Menschen nicht nur materielle Hilfe, sondern auch die seelische Stärkung und Heilung bringt, die oft noch nötiger ist als die materielle Unterstützung. Die Behauptung, gerechte Strukturen würden die Liebestätigkeit überflüssig machen, verbirgt tatsächlich ein materialistisches Menschenbild: den Aberglauben, der Mensch lebe ,,nur von Brot (Mt 4, 4; vgl. Dtn 8, 3) eine Überzeugung, die den Menschen erniedrigt und gerade das spezifisch Menschliche verkennt.
Anonymous
Im jahr 2000 bin ich zu spät aus der Csu
ausgetreten wei sie die Lehre C. verrät.Jetzt
bin ich am überlegen ob ich das nach langer
Zeit auch bei der Kab mache weil sie das K
verrät.
Anonymous
1. Kor 3,8
Wer pflanzt und wer begießt: Beide arbeiten am gleichen Werk, jeder aber erhält seinen besonderen Lohn, je nach der Mühe, die er aufgewendet hat.
Lohn steht dem Arbeiter zu – aber nach der Mühe, die er aufgewendet hat.
Gerechtigkeit darf ein Christenmensch nur mit den ihm gegebenen Mitteln bewirken – daher sol jeder Christenmensch sein Hab und Gut verschenken! Nicht aber darf man anderen etwas wegnehmen – Du sollst nicht stehlen!
Und schon garnicht darf man andere mit gestohlenem Gut zur Sünde verführen …
Sprüche 21, 25
Den Faulpelz bringen seine Wünsche um, weil seine Hände sie nicht erfüllen wollen.
templarii
Die Begriffe „Kranke und Arme“ sind vollkommen materialistisch behaftet.
Man kann auch krank sein, wenn man biologisch vollkommen gesund ist.
Man kann auch Arm sein, wenn man Wohlhabend ist.
Das Christentum ist kein Kommunismus sondern es dreht sich um die Liebe Gottes zu allen Menschen. Nicht nur Menschen die kein Geld auf dem Konto haben oder die Rheuma haben.
Gott ist mit uns in dieser Welt, er hat diese Welt erschaffen und fand das sie gut war – und er hat nichts dagegen wenn man auch wohlhabenden reichen gesunden Leuten hilft. Die verkürzte Meinung man müsse sich um „Arme und Kranke“ kümmern – die gleich analog gesetzt werden ist negativ und schlecht.
Templarii