Der eine oder andere Leser dieses Blogs, besonders die Abonnenten der Aktualisierungen und Freunde der Blogoezese, wird es bemerkt haben: ein Beitrag ist verschwunden! Und das auch noch einer, der sich gemessen an den Zugriffszahlen gestern hoher Beliebtheit erfreut hat. Es handelte sich dabei um einen offenen Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch. Inhaltlich ging es im Wesentlichen um die Ergebnisse des Dialog-Treffens vom verganngenen Wochenende in Hannover, im Zusammenhang gesehen mit dem Papstbesuch im Libanon und der Konferenz des Forums Deutscher Katholiken in Aschaffenburg. Ich habe versucht, Kritikpunkte an der Dialogveranstaltung deutlich zu machen, auch meinen Unmut über die vorgestrige Themenauswahl, die man in den vergangenen Tagen der Mainstreampresse wie auch der kna entnehmen konnte.
An meiner dort geäußerten Position hat sich eigentlich nichts geändert, so stellt sich die Frage, und die Leser dieses Blogs haben wie ich finde Anspruch auf eine Antwort, warum ich den Beitrag aus dem Netz genommen habe (wie gut man eben etwas aus dem Netz nehmen kann, das bekanntlich nichts wirklich vergisst)?
Ich habe einige wohlwollende Freunde unter den Lesern dieses Blogs, die mir auch als konstruktive Kritiker dienen. Und so hat mich gestern jemand auf einen Umstand aufmerksam gemacht, den ich mir auch selber hätte denken können, der mir aber zu der Zeit nicht bewusst war: so ein Offener Brief wird in aller Regel wahrgenommen als Frontalangriff, eigentlich als Ende eines Dialogs, den man gemeinsam nicht mehr führen möchte. Als solcher sollte diese Brief von gestern natürlich genau nicht verstanden werden, und so glaube ich, dass ich diesem Blog, der Blogoezese insgesamt und den formulierten Anliegen noch viel weniger einen Gefallen mit diesem Brief tue bzw. getan habe. Die guten alten Philosophen von Pink Floyd haben schon darauf hingewiesen: All we need to do, is make sure that we keep talking.
Reden für sich genommen, Dialog ist kein Wert an sich, aber um Werte zu vermitteln, Einigkeit zu erzielen, ist ein Dialog (für die wortgleiche Bezeichnung der Veranstaltung in Hannover kann ich leider nichts) unentbehrlich. Erst wenn man wirklich davon überzeugt ist, dass eine Einigkeit nicht mehr erzielt werden kann, wenn klar ist, dass eine Annäherung ausgeschlossen ist, dann ist das Zuschlagen einer Tür eine Option. Soweit sind wir zum Glück noch lange nicht, und ich möchte auch nicht diesen Eindruck vermitteln, dieser Ansicht zu sein. Der Brief war insofern ein falsch genutztes Stilmittel, bei dem ein persönlicher Brief, den ich in Kürze ebenfalls formulieren werde, sinnvoller und nicht so missverständlich gewesen wäre.
Ich bitte die Leser um Verständnis für mein Vorgehen es geht nicht um ein Einknicken, an meinen Positionen hat sich nichts geändert, aber die Art der Vermittlung ist hier die entscheidende Frage!
Aber was ist nun die Position? Ein paar Teile aus dem gelöschten Beitrag kann ich sicher wiederverwenden, stellen sie doch Fixpunkte dar für einen Dialog, der die zwar immer wieder aufgebrachten Streitpunkte thematisiert, die man aber auch unter anderem Gesichtspunkt sehen kann:
Nach einem Bericht der katholischen Nachrichtenagentur kna, veröffentlicht auf domradio.de haben sich die Bischöfe ein Programm schreiben lassen mit den Inhalten Kirchliches Arbeitsrecht, Wiederverheiratete Geschiedene, Frauenförderung und politisches Engagement für den Lebensschutz.
Jetzt kann man diese Aufträge auf unterschiedliche Arten und Weisen lesen. Folgt man den Presseberichten, dann sind es die Bischöfe, die sich jetzt in Richtung sogenannter progressiver, eigentlich aber nur Betonkopf-68er-Positionen bewegen sollen. Dort übersetzt man: kirchliches Arbeitsrecht muss weltlicher werden, wiederverheiratete Geschiedene müssen Zugang zu allen Ämtern und Sakramenten der Kirche bekommen, Frauen sollen in Führungspositionen der Kirche kommen und auch Diakoninnen werden können, der Lebensschutz muss sich an die Verhältnisse der Welt angleichen, die steinharte Position der Kirche in Fragen von Abtreibung, Verhütung und Euthanasie aufgegeben werden. Wenn man versucht, die Presse wie in anderen Themen auch zu hinterfragen, kommt man zu drei möglichen Stoßrichtungen:
1. Aus progressiver Sicht soll den alten kirchenfeindlichen Positionen Gehör verschafft werden.
2. Aus konservativer Sicht wird versucht den Dialogprozess als modernistische Fehlentwicklung zu disqualifizieren
3. Es ist tatsächlich so, dass sich die Bischöfe haben übers Ohr hauen lassen.
Der letzte Aspekt ist also nur eine neben zwei anderen, mir viel plausibler erscheinenden Interpretationen. Denn wer wollte bestreiten, dass es sich bei den benannten Aufträgen tatsächlich um Handlungsfelder der Kirche handelt, nur dass es eben unterschiedliche Möglichkeiten gibt, mit ihnen umzugehen.
Als Beispiel sei nur das Thema wiederverheirateter Geschiedener genannt. Man kann sich dabei auf den Standpunkt stellen, dass sich die Kirche der Entwicklung in der Welt insofern anpassen müsste, dass man die Interpretation des Ehebruchs aus biblischer Sicht liberaler interpretiert, als es Jesus gesagt hat. Über diese Hürde kann die Kirche nicht springen, will sie weiterhin als Kirche Jesu Christi gelten. Aber: unbestreitbar ist die hohe Zahl von Scheidungen, die man in der Pastoral zur Kenntnis nehmen muss und für die man Antworten pastoraler Art bereit halten muss. Geschiedenen Wiederverheirateten (oder in einer neuen Beziehung lebenden) einfach nur mitzuteilen, dass sie die Sakramente nicht mehr empfangen dürfen, das ist keine Pastoral, das ist Wagenburgkatholizismus. Deutlich machen muss man den Betroffenen einerseits, warum diese Folge so ist, andererseits aber auch Perspektiven eröffnen für ein geistliches Leben immer mit dem Ziel, die Sünde hinter sich zu lassen. Vergessen darf man dabei auch nicht, dass wie ich immer sage Geschiedenenpastoral mit der Ehevorbereitung beginnt! Schon vor der Sakramentenspendung müssen Priester und Seelsorger deutlich machen, was das denn ist, das Sakrament, die Ehe, die dadurch gespendete Gnade, die Konsequenzen und Verantwortungen. Nur auf diese Art lässt sich verhindern, dass sich Verliebte in Unkenntnis was sie eigentlich tun, das Sakrament der Ehe spenden.
Ich weiß nicht, wie es den Lesern dieses Blogs geht: mir ist keine Gemeinde bekannt (ich bin aber sicher, dass es auch diese geben wird) in denen eine Ehevorbereitungs-, eine Ehebegleitungs, und eine Geschiedenenpastoral auf einem gemeinsamen Fundament aufgebaut ist, die diesen Namen verdient. Das ist aber notwendig, so kann die Kirche in der Tat auf Entwicklungen in der Welt reagieren, ohne die Lehren Jesu zu verfälschen, so kann sie Kirche in der Welt sein ohne von der Welt zu sein.
Gleiches gilt im Übrigen für die anderen Themen auch, wobei man sicher sein kann, dass man von Seiten vieler nicht verstanden werden will: Wer sich seit Jahren auf den Standpunkt stellt, dass die Kirche nicht ihre Pastoral sondern ihre Lehre ändern muss, wer sich wie der aus der Dialogveranstaltung zitierte Pfarrer sich auf den Standpunkt stellt, nicht der Wahrheit sondern den Forderungen der Gemeinde vor Ort verpflichtet zu sein, der wird sich durch solche Art der Maßnahmen nicht besänftigen lassen. Vielleicht kommt man an dieser Stelle dann tatsächlich zu einem Ende des Dialogs: wer sich mit Gewalt außerhalb der Kirche stellt, der darf nicht erwarten, dass er zum Dialog in der Kirche gehört wird.
Vor dem Hintergrund, solche Positionen auch differenziert zu betrachten, war der zeitgleiche Besuch des Papstes im Libanon vielleicht auch ein Mittel der Vorsehung: Einerseits macht der Papst deutlich, was die wirklich wichtigen Themen der Welt und der Kirche sind, nämlich der echte Friede, den nur Christus geben kann, und nicht die Frage, ob eine geschiedene wiederverheiratete Frau Pfarrgemeinderätin werden kann. Andererseits hat der Besuch des Heiligen Vaters im Libanon auch den Dialogprozess in den Schatten gestellt, dass er in der Presse kaum in der Intensität vorgekommen ist, wie er es ansonsten gewesen wäre. Für einen echten Dialog, der einen Austausch darstellt ohne den Erfolg davon abhängig zu machen, eigene Positionen durchzusetzen, sind das sicher bessere Voraussetzungen als unter dem antikirchlichen Trommelfeuer von SZ, Spiegel und Co. zu versuchen, Einigkeit erzielen zu wollen.
Hart in der Sache, offen im Dialog das sollte, so verstehe ich das, das Motto der Kirche bei dem Dialogprozess sein, und das sollte auch das Motto der diesbezüglichen Beiträge dieses Blogs sein (wenn ich auch weiß, dass ich dem oft genug nicht gerecht werde). So hoffe ich, dass die Leser verstehen, warum ich den Offenen Brief gelöscht und aus dem Netz genommen habe, ohne in der Sache meine Position zu ändern.
Beten wir also weiter dafür, dass wir als Kirche in der Welt für die Welt zusammen mit Christus Heil bringen können. Beten wir auch für die Bischöfe, dass sie den Dialog verantwortlich führen, beten wir auch für die kirchentreuen Kräfte, die es auch in den Dialogveranstaltungen, oft vertreten durch die neuen kirchlichen Gemeinschaften und Bewegungen gibt, dass sie sich auf die rechte Weise Gehör verschaffen und dieser Prozess so für die Kirche ein Segen wird. Zweifel sind sicher angebracht, aber der Herr wird es regeln, wenn es hart auf hart kommt!
Anonymous
Vieleicht müssten die katholischen Bischòfe einen
Dialog mit den KATHOLISCHEN Katholiken führen???