Was das Problem des in aller Munde geführten Mohammed-Videos und seiner Bewertung ausmacht, das scheinen mir die unterschiedlichen Gradualitäten zu sein. So geschwurbelt wie dieser Beitrag anfängt, so notwendig scheint mir eine Differenzierung zu sein, die in den Medien, egal von welcher Seite, derzeit oft missachtet wird. Vielfach wird das Thema verglichen mit der Frage nach dem Titanic-Titelbild, das unseren Papst verhöhnt hat. Ist das vergleichbar? In manchem ja, in manchem weniger.
Daher möchte ich an dieser Stelle auch gar kein abschließendes Urteil schreiben, schon gar keinen Super-Artikel der alle anderen zusammenfasst, sondern vielleicht zur Besonnenheit aufrufen, wie sie besonders von uns Christen auch erwartet wird:
Das Mohammed-Video ist offenbar (ich habe selbst nur Teile davon gesehen und beziehe mich auf andere Artikel, die ich dazu gelesen habe) nicht gedacht zur Aufklärung über theologische Betrachtungsweisen des Islam, die bspw. zu sehr unterschiedlichen Bewertungen von Gewalt auch innerhalb des Islam führen. Es ist dazu gedacht, den islamischen Propheten Mohammed zu beleidigen. Gegen ein solches Vorgehen kann sich als Katholik nur wenden, der wenigstens ansatzweise die Ansprachen und Predigten von Papst Benedikt im Libanon verstanden hat. Die Verunglimpfung einer anderen Religion muss jeder Katholik ablehnen. Kritik an anderen Religionen, ja sicher, das muss möglich sein, ist aber hier offenbar gar nicht gewollt. Wer heute des extremen Salafismus kritisiert und dafür von anderen islamischen Richtungen angegriffen wird, der hat das Recht auf seiner Seite wer den Islam als ganzes, das was den Muslimen heilig ist, verunglimpft, kann nicht mit der Unterstützung von christlicher Seite rechnen.
Ein Verbot des Videos gibt aber umgekehrt den Krawallmachern recht. Das Strafgesetzbuch verbietet Beleidigung von Religionen, wenn diese Beleidigung in der Lage ist, den öffentlichen Frieden zu stören (§166 StGB). Was für eine bescheuerte Formulierung, muss man schon sagen! Christen stören den öffentlichen Frieden nicht, sie kritisieren, sie arbeiten mit an Lösungen. Deshalb hat auch niemand (jedenfalls kein Christ) zur Bombardierung des Verlagsgebäudes der Titanic aufgefordert (auch wenn der eine oder andere vielleicht mal mit dem Gedanken gespielt haben mag). Das bedeutet aus Sicht des StGB, dass Beleidigungen gegen den christlichen Glauben niemals strafbewehrt werden. Anders bei den Muslimen, deren extreme Vertreter ganz offensiv zur Gewalt aufrufen dieser Aufruf stört den öffentlichen Frieden und darum soll die Veröffentlichung des Videos verboten werden? Wie sehr will man sich denn als Staat in Haftung nehmen lassen von Krawallmachern aller religiösen Richtungen? Was es ganz offenbar braucht, ist ein anständiges Blasphemiegesetz, dass die Gläubigen schützt, ohne deren Kritiker mundtot zu machen. So ein Gesetz mag dann sogar geeignet sein, ein Video wie Die Unschuld der Muslime zu verbieten, die Argumentation muss aber eine andere sein. Ich bin aber wenig optimistisch, dass die Politik in Deutschland dieses Fass aufmachen wird und die Gesetze an dieser Stelle optimiert.
Aufrufe zur Gewalt gehen gar nicht! Wer wegen der angekündigten Aufführung des Videos zu Gewalt aufruft, sollte hierfür verantwortlich gemacht werden können. Ob dieses Video verboten gehört, das entscheiden in Deutschland staatliche Stellen. Dass die in aller Regel religiös völlig unmusikalisch sind wissen wir nicht erst seit dem Beschneidungsurteil des Kölner Landgerichts. Das heißt aber nicht, dass sich irgendjemand einfachhin über die deutsche Gerichtsbarkeit hinwegsetzen kann. Wer mit einem Aufruf zur Gewalt Menschenleben gefährdet, egal in welchem Land, gehört in der Tat bestraft. Er beschneidet die Freiheit anderer Menschen, gefährdet Menschen, die noch dazu mit dem eigentlichen Protestgrund gar nicht in Zusammenhang stehen.
Provozieren zur Gewalt geht auch nicht! Stellen Sie sich als Christ vor, jemand läuft auf der Straße neben ihnen und brüllt ihnen ständig Blasphemien ins Ohr selbst wenn diese Äußerungen durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind sollte so etwas erlaubt sein? Zumal es dabei nicht darum ginge, sie zu überzeugen, sondern nur und schlicht darum, Sie zu provozieren? Ich kenne mich im Strafrecht nicht wirklich aus, aber mir scheint, die Provokation, die nur deshalb ausgesprochen wird, um den anderen zur Gewalttat quasi zu zwingen, sollte kein legitimes Mittel in der politischen oder religiösen Auseinandersetzung sein.
Provokationen sind aber keine Ausrede für Gewalt! Jeder reagiert auf Provokationen anders, und im einen oder anderen Fall, vielleicht im Fall des oben beschriebenen Szenarios, wird man vielleicht irgendwann handgreiflich, selbst dann, wenn man es anschließend bereut. Ein Video wie das jetzt in Rede stehende ist aber auch anders gelagert: es zu sehen macht einen vielleicht wütend, aber wütend zu werden einerseits, und sich zu bewaffnen und Menschenleben zu gefährden andererseits, das sind doch zwei verschiedene Paar Schuh!
Ich gebe zu, dass alles führt einen nicht zu einer abschließenden Bewertung: nicht über die Frage des Verbots des Videos, nicht in der Frage der Beurteilung der Gewaltaufrufe durch extremistische Muslime, und noch viel weniger in der Frage, wie es denn mit Blasphemien gegen die christliche Religion bestellt ist und wie sie rechtsstaatlich zu bewerten sind. Ganz und gar unchristlich ist dagegen eine Vorstellung, die mich trotzdem immer wieder im Kopf einholt: steckt doch die Pro-Deutschland-Aktivisten und die radikalen Muslime alle in einen Raum und bestraft am Ende den, der lebend rauskommt! Nein, das ist kein Vorschlag und erst Recht keine Lösung, aber auf beiden Seiten schert man sich einen Dreck um unsere christliche Kultur, unsere westliche Kultur des Dialogs, von mir aus auch neutraler ausgedrückt um unsere auf einem universalen Naturrecht basierende Ordnung, die über einen legalistischen Rahmen hinausgeht. Beide Seiten spucken uns ins Gesicht und sollten nicht mit unserer Unterstützung rechnen dürfen, und sich nicht auf uns berufen! Ein Aufstand der Anständigen, die in diesem Fall weder der einen noch der anderen Partei Recht geben können, wäre womöglich wirklich von Nöten!?