Die Anfahrt mit der Bahn ist gemütlich kein Lebensschützer zu entdecken im ICE von Köln nach Berlin. Es werden sicher welche im Zug sein, aber nicht als solche erkennbar warum sollten sie auch, sind wir doch alle ganz normale Menschen, deren Ziel es ist, ein vermeintlich unbestrittenes Menschenrecht das Recht auf Leben zu erstreiten.
Ankunft in Berlin um halb eins und Fußweg zum Bundeskanzleramt. Vor mir eine Gruppe der Partei bibeltreuer Christen. Man sieht sich, man grüßt sich, man ist sich auch ohne große Worte einig. Ich denke darüber nach, dass ich diese Partei bewusst nie gewählt habe, dass wir aber in diesem Thema einer Meinung sind. Wie kann man auch anderer Meinung sein?
Angekommen vor dem Bundeskanzleramt drückt mir jemand ein Plakat in die Hände, dass sich gegen Abtreibung bei festgestellter Trisomie 21, der Ursache für das Down-Syndrom wendet. Es sind schon einige Hundert Demonstranten da, der Platz füllt sich nach und nach. Unter den Menschen auch zwei Jugendlichen mit Taschen, auf denen What the f (ausgeschrieben) steht die Gegner des Lebens sind also auch schon vor Ort.
Jemand bittet mich, mein Transparent zu tauschen, er würde lieber eines dieser grünen Schilder tragen nagut, anschließend laufe ich mit einem Stoppschild herum auf dem Stoppt PID und Selektion steht. Kann ich auch sehr gut mit leben. Musik auf der Bühne, der Platz füllt sich.
13:00 Uhr Martin Lohmann eröffnet die Kundgebung dankt den Organisatoren und stellt einige Menschen vor, die auf der Bühne ein Zeugnis ihres Lebens geben. Natürlich sind es auch die Offiziellen von Alfa (Aktion Lebensrecht für alle) oder andere Unterstützer.
Beeindruckend: eine Vertreterin des Vereins Rahel e.V., die sich für Frauen (und deren Familien und Umfeld) einsetzen, die abgetrieben haben und nun unter den Folgen leiden. Sie hat selbst einmal abgetrieben und lange mit ihrer Schuld gehadert. Da ist das Wort, das hier notwendig ist: Schuld. So kann das Wort nur von jemandem bezeugt werden, der selbst betroffen ist. Wer abtreibt wird schuldig und kann Vergebung nur bei Gott erlangen. Ist das nur mein Eindruck oder werden gerade hier die Trillerpfeifen lauter. Rahel weinte um ihre Kinder, denn sie waren dahin (vgl. Matthäus 2, 18). Den Verein muss ich mir merken, er verdient Unterstützung: http://www.rahel-ev.de/
Eine Frau, deren Kind am Down-Syndrom erkrankt ist bezeugt: Ich habe kein krankes Kind, ich habe ein Kind mit Trismoie 21!
Eine Vertreterin von Kirche in Not greift das Thema Schuld wieder auf: Was hält Gott von Politikern, die Abtreibungen quasi legalisieren? Was hält Gott von Menschen, die abseits stehen und nichts gegen diesen millionenfachen Mord tun? Was hält Gott auch von Kirchenvertretern, die an dieser Stelle keine klare Position beziehen? Mir geht durch den Kopf, dass wir alle mitschuldig werden, wenn wir uns nicht genügend einsetzen. Vielleicht wird Gott mich an meinem Lebensende mal fragen: Zu deinen Lebzeiten wurden Zigmillionen meiner Kinder abgetrieben was hast du dagegen getan? Hoffentlich kann ich ihm Antwort geben. Die Trillerpfeifen werden lauter!
Der Marsch setzt sich in Bewegung, ab und an ein kleiner Dialog mit Menschen, die ich kenne oder gerade kennenlerne. Einig sind wir im Kampf gegen diesen Mord nicht aber die Gegendemonstranten am Straßenrand, die uns ein Verharren im Mittelalter, Mittelalter bescheinigen, sich eine Welt nach dem Muster Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat wünschen, die sich wünschten Maria hätte abgetrieben, dann wären wir ihnen erspart geblieben. Ein Jugendlicher, ich vermute nicht älter als 15 oder 16 hält eine Zeichnung eines gekreuzigten rosa Schweins hoch mit dem Text Jesus, du Opfer. Neben mir murmelt jemand Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Wissen sie das wirklich nicht oder wollen sie nicht wissen? Eine Gegendemonstrantin zeigt ein Schild: Mein Bauch, meine Frucht sie benutzt die Begriffe mein und Frucht nein, sie weiß wirklich nicht, was sie tut.
Das Pfeifen und Gröhlen der Gegendemonstranten wird lauter da beginnt der Schweigemarsch zu summen. Ich erkenne das Lied erst nicht, es scheint aber bekannt. Dann summe ich mit: Amazing Grace ich muss zugeben, meine Augen füllen sich mit Wasser. Eine Gegendemonstrantin fragt ihren Begleiter Was singen die denn da? erinnert an die Szene mit Kaiser Nero in Quo Vadis beim Anblick der sterbenden Christen Warum singen die denn? Nein, das ist nicht das gleiche, aber vielleicht doch vergleichbar.
Der Marsch endet irgendwann vor der Hedwigskathedrale. Martin Lohmann berichtet, dass die Polizei von 3.000 Teilnehmern spricht, soviel wie nie beim Berliner Marsch für das Leben. Es schließt sich ein ökumenischer Gottesdienst an mit einer Predigt zum Thema Segnet eure Verfolger; segnet sie, verflucht sie nicht! (aus dem Römerbrief). Ist das ernst gemeint? Was hätte Gott jemals nicht ernst gemeint? Liebt Eure Feinde das sagte Jesus selbst.
Und die Menschen, die Gott verhöhnen? Die auf ein Recht darauf pochen, Ungeborene Kinder umbringen zu dürfen, die das selbst tun? Die uns Christen als mittelalterlich und menschenverachtend betrachten? Segnet sie, verflucht sie nicht! Das ist schwer am Ende des Tages, aber alle die in der und um die Kirche herum der Predigt von Martin Lohmann folgen ist klar: Das ist ernst gemeint! Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!
Über die Rückfahrt werde ich nachdenklich … ein Rosenkranz zu beten für die Opfer der Abtreibungen, Kinder wie Familien, für die Teilnehmer des Marsches … und auch für die Gegendemonstranten!
Nachsatz: Die Medien haben sich entschlossen, den Marsch für das Leben mal wieder entweder zu verschweigen oder als eine Aktion fundamentalistischer Christen darzustellen, die Frauen ihr Selbstbestimmungsrecht streitig machen wollen. Herr, vergib ihnen!
Wir sehen uns im nächsten Jahr wieder in Berlin zum Marsch für das Leben, es wird auch noch die kommenden Jahre notwendig sein. Beten wir, dass der Marsch für das Leben unnötig wird. Wie Martin Lohmann dem Verein Rahel e.V. gewünscht hat: Hoffentlich werden sie überflüssig!
ferdilebu
ja segnet eure verfolger….denn Sie wissen nicht was sie tun…ich habe Ihnen immer gesagt…wir beten für euch und zum Schluss habe ich Ihnen Bretzel geschenkt!!!
Doris
Danke für diesen Bericht – insbesondere des summenden Marsches :-), der mich als Teilnehmerin auch sehr berührt hat.
Indem ich die Gegendemonstrantinnen und -demonstranten seit mehreren Tagen segne,erschließt sich mir Folgendes: wo Vertrauen fehlt, versuchen Menschen oft, Forderungen oder ( ihr vermeintliches) Recht durchzusetzen oder zu institutionalisieren. Deshalb bete ich um den Heiligen Geist für ALLE Beteiligten dieses Marsches sei es rechts oder links vom Polizeikordon. Mögen die Wunden heilen, die dazu führen, dass Frauen und Männer nicht mehr dazu in der Lage sind, einander zu vertrauen und das ihnen anvertraute Leben wertzuschätzen und anzunehmen. Möge der Geist Gottes das verletzte Vertrauen in den Menschen heilen, die „Selbstbestimmung“ fordern aus Angst jemals (wieder) ausgeliefert und im Stich gelassen zu sein. Herr, stärke die Liebe, die fähig macht, Verletzungen zu verzeihen und die neues Vertauen zwischen den Geschlechtern wachsen läßt. Segne die Menschen, die meinen, für ihre Souveränität kämpfen zu müssen indem sie andere verunglimpfen und dafür sogar Töten von Ungeborenen in Kauf nehmen oder gar gutheißen. Gib ihnen felsenfestes Gottvertrauen, sodass sie das nicht mehr notwendig haben! Amen