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Storming!

24. April 2013 by Papsttreuer
Lesezeit 4 Minuten
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Ab und zu tut ein bisschen populärwissenschaftliche Psychologie ganz gut: sie beschreibt nicht in aller Tiefe psychologische Zusammenhänge, liefert aber plausible Erklärungsmodelle, die man auch durch tiefere Untersuchungen nicht anders ermitteln würde. Populärwissenschaftlich tut sich dabei oft die Managementlehre hervor (was die Vertreter dieser „Wissenschaft“ ein bisschen ärgern dürfte), die eben genau auf der Suche nach einfachen aber plausiblen Erklärungsmodellen ist, die in jedem Fall aber gute Handlungsoptionen eröffnen.

Nehmen wir das Beispiel Teambildung: jeder, der schon mal in Projekten oder in wechselnden Teams gearbeitet hat, weiß um die Schwierigkeiten, die sich aus diesen organisatorischen Konstrukten ergeben. Das einfachste Erklärungsmuster für Spannungen im Team ist das reichlich pauschale „es menschelt eben“. Darüber hinaus gibt es aber noch andere Erklärungsmuster, eines der bekannteren ist das Teamentwicklungsmodell von Tuckman, oft unter den Stichworten „Forming, Storming, Norming und Performing (ergänzt um Adjourning)“ bekannt. Was bedeuten diese Stichworte? Tuckman geht – einfach gesagt – davon aus, dass bei neu zusammengesetzten Teams ein typischer Teambildungsverlauf zu beobachten sein wird: zunächst einmal wird ein Team zusammengesetzt, viele kennen sich nicht, andere kennen sich bereits sehr gut, die Aufgabenstellung und die Aufgabenverteilung ist noch nicht ganz klar. Diese Phase des „Forming“ ist für die Beteiligten mit einem recht hohen Maß an Unsicherheit verbunden und man beginnt, sich zu orientieren, seinen Platz in dem Team zu suchen. Da es dabei zu unterschiedlichen Einschätzungen hinsichtlich der Rollen, der Aufgaben, der Kompetenzen, der Ziele und ganz allgemein des Miteinander kommt, mündet diese erste Phase in ein „Storming“: Unstimmigkeiten, Konflikte, teilweise sogar offene Feindeseligkeiten prägen diese Phase. Das Team beschäftigt sich im Wesentlichen mit sich selbst und ist wenig in der Lage, wirkliche Leistungen zu erbringen. Aus diesem Storming entwickeln sich aber – stillschweigend oder offen ausgesprochen, durch Vereinbarung oder Sieg & Niederlage – im Rahmen eines „Norming“ Regeln und Übereinkommen hinsichtlich der Zusammenarbeit, die Rollen werden verteilt und übernommen, zumindest akzeptiert und die Zusammenarbeit mündet in eine produktivere Leistungsfähigkeit. Ist diese Phase (mehr oder weniger) abgeschlossen, ist das Team in der Lage, seine für diese Aufgabenstellung und Teamzusammensetzung höchste Produktivität zu entfalten, es ist die Phase des „Performing“ (Tuckman ergänzte dieses Teambildungsmodell noch um die Phase des „Adjourning“, also der Auflösung des Teams, die eigene Herausforderungen für die Teammitglieder bereit halten aber nur zum Tragen kommen, wenn ein Team tatsächlich aufgelöst wird). In meiner Zeit als Unternehmensberater, tätig in wechselnden Projekten mit wechselnden Teams, teilweise in Verantwortlicher teilweise als Teammitglied, hat sich dieses Modell bewährt – es erklärt recht gut Spannungsphasen und ihre Entstehung: man wird einfach nicht mehr von einer „Storming“-Phase überrascht, kann mit ihr rechnen und sie „einkalkulieren“.

Das – wie ich finde – interessante bei dem Modell von Tuckman: die Phasen beginnen bei wesentlichen Änderungen im Team jeweils von vorne! Befindet sich ein Team nach einer hart durchgearbeiteten Storming- und Normingphase in der Phase des Performing und ändert man dann einen wesentlichen Teamparameter, geht das ganze Spiel von vorne los. Tuckman hat bewusst auf einen Zeithorizont verzichtet, der angibt, wie lange die jeweiligen Phasen dauern; dies hängt sowohl von der Aufgabenstellung als auch den organisatorischen Rahmenbedingungen, vor allem aber auch von den handelnden Personen ab. So kann es also sein, dass ein erneuter Teambildungsbeginn recht zügig die ersten Phasen bis zum erneuten Performing durchläuft – je nach Art der Änderung.

Zu den Teamparametern gehört natürlich die Aufgabenstellung, auch die Zusammensetzung des Teams, sodass also eine kleine Teamentwicklung schon in dem Zeitpunkt einsetzt, wenn ein neues Teammitglied zugeordnet wird. Eine wesentliche Änderung allerdings – um wieder ein Beispiel zu nennen – ist der Wechsel der Teamleitung. Die neue Leitung kann noch so sehr die Ziele und Strategien des Vorgängers fortsetzen, dem Vorgänger noch so ähnlich sein: es wird unter dem Team erneut Positionierungsversuche geben, einhergehend mit Konflikten die hoffentlich in einer neuen stabilen Organisationsform münden, bevor man wieder so produktiv wird wie vorher. Insofern sollte ein Wechsel in der Teamleitung immer wohl überlegt sein: er kann sinnvoll, vielleicht auch notwendig sein, langfristig Erfolg versprechen, immer aber wird er mit einer zunächst reduzierten „Performance“ einhergehen – das sollte man einfach wissen und sich nicht davon überraschen lassen.

Und jetzt: das größte (soweit ich weiß) Team der Welt: über eine Milliarde Teammitglieder, eingefügt in eine strikt und – von den meisten – notwendig erachteten Hierarchie. Ziel des Teams ist die Übermittlung einer Botschaft, der „frohen Botschaft“ an die anderen Milliarden Nicht-Teammitglieder, die mit dem, was das Team vertritt manchmal nichts anfangen kann, manchmal sogar gegen diese Botschaft kämpft. Und wird jetzt die Spitze dieses hierarchischen Teams ausgetauscht – was mag wohl passieren?

Vielleicht erklärt dieses Modell von Tuckman auch die aktuellen Entwicklungen und Befindlichkeiten in der katholischen Kirche, in den katholischen Milieus, von Traditionalisten bis zu den Progessisten, in der Presse, in der Blogoezese, in katholischen Foren. Dieser Sturm wird vorübergehen, niemand (naja, fast niemand) aus dem Team wird behaupten wollen, dass die Wahl des neuen „Teamoberhaupts“ (des Papstes, falls das noch nicht klar geworden sein sollte) gegen den Willen des „Aufsichtsratsvorsitzenden“ (Heiliger Geist) erfolgt sei, liest man die Stellungnahmen des Teamvorsitzenden selbst wird man die fortgeführte Line seines Vorgängers erkennen können, muss aber auch ein anderes Temperament zur Kenntnis nehmen (pauschalierend gesagt: der Vorgänger ein deutscher Professor, der Nachfolger ein lateinamerikanischer Seelsorger, es müsste einen wundern, wenn die beiden völlig gleich tickten). Der Aufruhr geht vorbei – und dann sind wir (ich schreibe das schließlich aus einer Innensicht des Teams) hoffentlich bald wieder in der Lage, uns nicht nur mit uns selbst zu beschäftigen sondern mit unserem Auftrag!

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Posted in: Allgemein Tagged: Forming, Franziskus, Norming, Papst, Performing, Storming, Team, Tuckman

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