Ich muss zugeben, es gibt unter den deutschen Bischöfen solche mit denen ich mehr oder weniger anfangen kann. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass mir eher die liegen, die in der Presse eher als Hardliner gelten: Kardinal Meisner ist Mein Kardinal! Das mag mit meiner Vergangenheit außerhalb des Glaubens zu tun haben: ich mag in Glaubensfragen klare Kante! Wie man die in einer Welt vermittelt, die auf Konsens gebürstet ist, ist wieder eine andere Frage, aber wenn mich der Verdacht der Beliebigkeit beschleicht, werde ich misstrauisch.
Ich muss zugeben, ich bin kein besonderer Fan des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch. Seine Art der Ansprachen bis hin zu seinem Akzent liegen mir nicht besonders, und bis heute warte ich auf ein auch mal klares Wort zu in der Öffentlichkeit kritisierten Glaubensaussagen der Kirche. Er hat um ein prägnantes Beispiel zu nennen nie gesagt, man müsse wiederverheiratete Geschiedene zur Eucharistie zulassen. Er spricht von der Suche nach einem neuen Umgang, von der Notwendigkeit, auf diese Menschen zuzugehen etc.pp. Und er vermeidet klarzustellen, dass eine solche Wiederverheiratung einen Ehebruch darstellt, dass eine sakramental geschlossene Ehe unauflöslich ist und es insofern nicht eine Frage der Barmherzigkeit der Kirche ist, ob die Betroffenen zur Eucharistie zugelassen sind oder nicht. Als Wiedereinsteiger in den Glauben fehlt mir bei solchem Geschwurbel eben genau die klare Kante, die Jesus selbst letzten Endes auch vertreten hat: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr! beide Sätze gehören zusammen, aber nur der erste wird in Fragen der Barmherzigkeit zitiert, wo doch der zweite dieses Prädikat ebenso verdient.
Ich muss zugeben, wenn ich also eine Predigt oder eine Ansprache von Erzbischof Zollitsch lese oder höre, balle ich unbewusst schon die Faust in der Tasche. Ich hoffe, nein, ich fordere innerlich klare Worte, wohl wissend, dass ich sie nicht hören oder lesen werde. Ich suche nach Ansatzpunkten für Widerspruch gegen den Bischof und diese innere Einstellung führt dazu, dass ich natürlich auch etwas finde. So ist seine Aussage Nun ist es wieder interessant, katholisch zu sein. Das haben wir Papst Franziskus zu verdanken. bei mir wie bei vielen anderen konservativen Katholiken auf wenig Gegenliebe gestoßen: War es bislang für unseren Herrn Erzbischof uninteressant, katholisch zu sein? Hatte er über Jahrzehnte seinen Beruf verfehlt, wenn er das katholisch sein erst jetzt als interessant empfindet? Und versucht er dort den emeritierten deutschen Papst gegen den neuen auszuspielen? Hört man in der Formulierung Das haben wir Papst Franziskus zu verdanken nicht ein implizites im Gegensatz zu Papst Benedikt mit?
Ich muss zugeben, entgegen meiner Forderung, doch die Schreiben, Ansprachen, Predigten und sonstigen Äußerungen unseres Papstes doch bitte in Gänze zu lesen und nicht aus dem Zusammenhang gerissene Zitate gegen ihn zu verwenden, dieser Forderung an einigen Stellen nicht nachzukommen wenn es mir in den Kram passt oder mein Weltbild bestätigt. Leider habe ich keine Stelle gefunden, in der die Predigt, in der oben genanntes Zitat gefallen ist, in Gänze abgedruckt wäre. Liest man jedoch die Wiedergabe auf der Seite des Erzbistums Freiburg, sieht man einen ganz anderen Kontext:
In einer Predigt in der Autobahnkirche Baden-Baden sagte der Erzbischof von Freiburg am Sonntagmorgen wörtlich: Die Glaubwürdigkeit einer Religion hängt oft noch weitaus mehr von ihrer Glaubenspraxis ab und von der Glaubwürdigkeit ihrer Glaubenszeugen. Und in unserem medialen Zeitalter richtet sich die Aufmerksamkeit dabei primär auf die religiösen Führer, die im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen.
Deshalb ist es nach den Worten des Erzbischofs nicht verwunderlich, dass unsere Kirche und ihr Glauben seit einigen Wochen von Vielen auch von zahlreichen Medien in einem anderen Licht gesehen werden. Zollitsch sagte wörtlich: Nun ist es wieder interessant, katholisch zu sein. Das haben wir Papst Franziskus zu verdanken. Seit seinem ersten Auftreten auf der Loggia des Petersdomes nach seiner Wahl setzt er Zeichen, die von den Medien und den Menschen verstanden werden. Er predigt nicht nur Einfachheit und Nähe zu den Menschen, sondern er lebt sie auch. Sei es, dass er sich verhält wie ein ganz normaler Mensch und seine Rechnungen selbst bezahlt. Sei es, dass er die Gottesdienstbesucher wie ein Gemeindepfarrer in Amerika nach der Messe am Portal persönlich verabschiedet. Oder, dass er die Liturgie vom letzten Abendmahl Jesu am Gründonnerstag in einem Jugendgefängnis feiert.
Dieser Kontext, die Wahrnehmung der Kirche durch die Medien, ist wichtig bei der Beurteilung der beiden eingangs zitierten Sätze. Der Erzbischof setzt sich hier die Medienbrille auf viele der Medienvertreter (Journalisten, Redakteure, Kommentatoren) waren ganz offenbar nicht willens und/oder nicht in der Lage, den theologisch oft dichten Ausführungen von Papst Benedikt zu folgen. Dies gelingt ihnen bei dem fast zeichenhaften Verhalten und den auch für den theologisch unbeleckten Laien leichter verständlichen Ansprachen von Papst Franziskus schon wesentlich besser. Das ist keine Wertung gegen die eine oder andere Art der Glaubensvermittlung: theologische Klarheit ist genau so wichtig wie die Vermittelbarkeit und Vermittlung der Wahrheit. Was Erzbischof Zollitsch hier beschreibt, ist lediglich eine Beobachtung: die Medien (und viele kirchenferne Menschen) können mit Papst Franziskus offenbar mehr anfangen als mit seinem im Vergleich zum temperamentvollen Nachfolger eher nüchternen Vorgänger.
Völlig klar wird dies auch, wenn man die auszugweise Wiedergabe der Predigt weiter liest:
Wie Erzbischof Zollitsch in seiner Predigt erklärte, wird auch der Glaubenszeuge Papst Franziskus seine mediale Bewährungsprobe erfahren: Er wird aus seiner religiösen Überzeugung heraus Dinge sagen und tun, die nicht allen gefallen werden. Auch Papst Franziskus ist voll und ganz dem Evangelium verpflichtet und will und kann die gewachsene Tradition unseres katholischen Glaubens nicht über Bord werfen und ganz von vorne anfangen. Bewusst stellt er sich in die Reihe seiner Vorgänger, insbesondere von Papst Benedikt XVI. Aber er könne diese Tradition weiterschreiben und ins Heute übersetzen, so wie dies immer Aufgabe der Glaubensweitergabe in einer jeden Zeit ist. Erzbischof Zollitsch erwartet deshalb mit Spannung die weiteren persönlichen Akzente von Papst Franziskus: Ganz sicher wird er sich den Fragen der Menschen von heute stellen und die öffentliche Debatte in der Kirche und in der Gesellschaft nicht scheuen. Darin ist Papst Franziskus unseren Glaubenszeugen aus der Apostelgeschichte, Paulus und Barnabas, sehr nahe.
Das ist beste nutzen wir die Worte Benedikts XVI. Hermeneutik der Reform, wie sie unser früherer Papst für die Rezeption des II: Vatikanischen Konzils angemahnt hat. Dessen Aufgabe war eben nicht die Formulierung neuer oder geänderter Glaubensüberzeugungen sondern als Pastoralkonzil die verständliche Neuformulierung dieser Wahrheiten: die Wahrheit nutzt den Menschen nicht, wenn sie sie nicht verstehen, nicht verstehen können, weil ihre Erfahrungswelt zu weit von der des katholischen Glaubens entfernt ist.
Ich muss zugeben, ich war zum Angriffsprung auf den Erzbischof bereit, und habe mich erst durch einen Bloggerkollegen, der auf Facebook eingestanden hat, sich verrannt zu haben, inspirieren lassen, mich weiter mit der Predigt zu beschäftigen.
Ich muss zugeben, ich kann mit der Art von Erzbischof Zollitsch immer noch nicht viel anfangen, mir fehlen immer noch die klaren Worte, mir fehlt die klare Kante, mir missfällt eine anscheinende Zögerlichkeit in Fragen, die für unsere Kirche und den Glauben essentiell sein sollten. Aber die Predigt des Erzbischofs vom vergangenen Sonntag bietet in dieser Hinsicht keinen Anlass zur Kritik. Ich werde wohl so schnell kein Fan von Erzbischof Zollitsch werden, aber ich muss mich bemühen, fairer mit ihm umzugehen!
Christa-Maria
Danke für diese klare Aussage, ganz meiner Meinung. Ich war im vergangenen November in Exerzitien von Schwester Margarita Valapilla, die dem Orden der Schwestern zum HL. Josef in St. Trudpert angehört.Sie ist eine wahrlich charismatische Schwester, darf aber in Freiburg keine Exerzitien halten, weil Erzbischof Zollitsch ihr jegliche Auftritte verboten hat, weil sie die Wahrheit sagt und dies die Spass- und Wohlfühlgesellschaft nicht hören will. In Freiburg gäbe es wohl 14 Gebetskreise eines sich selbst ernannten Messias aus Indien gegen die sie ankämpft. Vielleicht ist dies der Grund!?! Erzbischof Zollitsch ist eben opportun auch gegenüber der Ökumene macht er keine klaren Aussagen wie eben auch Präses Schneider nach dem Motto, wenns nur ruhig bleibt, tue ich Dir nichts ……. Deshalb weg mit der Kirchensteuer!!!!!
Marienzweig
Auch wenn Erzbischof Zollitsch diesen Satz nicht so gemeint haben sollte, wie er sich anhört und sich auf die teilweise oder überwiegend positive Resonanz der Journalisten bezog, bleibt dieser Ausspruch dennoch takt- und lieblos.
Wie hat EB Zollitsch Benedikt allein gelassen, als dieser mehr als unfein vom Satire-Magazin „Titanic“ abgelichtet wurde.
Soweit ich mich erinnere, wurde lediglich ein Sprecher vorgeschickt, um das Missfallen der DBK zum Ausdruck zu bringen.
Nun wird Erzbischof Zollitsch als Vorsitzender dieses Gremiums selbst bald seinem Nachfolger Platz machen müsssen.
Werden dann daraufhin sämtliche positiven Entwicklungen dem neuen Chef zugesprochen, wird er erkennnen können, wie sich das „anfühlt“.
Vielleicht wird er sich dann seines Ausspruches erinnern.
Papst Benedikt hat das Seinige getan und er hat es gut getan.
Wenn er mit seiner freundlichen, bescheidenen, doch eher feinen und vornehmen Art die Herzen der Menschen nicht so gewinnen konnte wie jetzt Papst Franziskus, so ist das nicht seine Schuld.
Er handelte seinem Wesen gemäß, wie es auch Franziskus tut.