Wenn es um die deutschen Bischöfe geht, das ist sicher für die Leser dieses Blogs kein Geheimnis, ist meine Einstellung eher durchwachsen: es gibt dort gute Hirten, treu zu Christus, seiner Kirche, und dem Papst. Es gibt Bischöfe die, menschlich verständlich, in ihren Äußerungen eher vorsichtig sind, in dem Bemühen, keine Türen zuzuschlagen zu einer Welt, die auf katholische Positionen zunehmend allergisch reagiert. Und es gibt Bischöfe, bei denen man den Unterschied zur evangelischen Kirche mit ihrer in den Landeskirchen vorherrschende Appeasement-Politik kaum noch bemerkt. In Summe also eine ganze Bandbreite von Einstellungen und Verhaltensweisen, die sicher auch ein bisschen das Menschliche zutage treten lassen, dass unseren Bischöfen nicht fremd ist.
Es gibt aber andererseits auch katholische Positionen, die dulden keine Aufweichungen, die dulden keine Zurückhaltung, die verlangen, klar Position zu beziehen, auch wenn man dadurch dem Zeitgeist oder einem gesellschaftlichen Konsens widerspricht. Zu diesen Positionen gehört das Lebensrecht jedes Menschen. Jesus, Bibel, Katechismus, kirchliche Lehrschreiben sind hier deutlich: das Lebensrecht jedes Menschen von seiner Zeugung bis zu seinem natürlich Tod darf durch nichts eingeschränkt werden! Erfreulicherweise positioniert sich die katholische Kirche und ihre Hirten bislang in der Frage der Euthanasie, das heißt der Tötung eines Menschen, und sei es auf sein Verlangen hin, dessen Lebensqualität als nicht mehr lebenswert erscheinen mag, recht deutlich. Alte und kranke Menschen sollten die Möglichkeit haben, an der Hand eines anderen Menschen zu sterben und nicht durch dessen Hand in vielleicht auch falsch verstandenen Mitleid zu sterben. Vielleicht, und das ist die positive Deutung dieser von mir wahrgenommenen deutlichen Position der deutschen Bischöfe, hat man aus den Erfahrungen mit einem anderen Thema gelernt, dass einem aus den Händen geglitten ist und wo nun Priester und Bischöfe für Handlungen Verständnis zeigen, die der kirchlichen Lehre fundamental widersprechen: der Abtreibung.
Beredtes Beispiel gibt die sogenannte Woche für das Leben, die ursprünglich mal zur Verdeutlichung des Lebensrechtes aller Menschen ins Leben gerufen wurde, jetzt in Zusammenarbeit zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche fortgesetzt wird und sich an das Thema nicht mehr heranzutrauen scheint. Es wäre ja nicht so, als ob man solche thematische Veranstaltungen nicht mit anderen Schwerpunkten fortsetzen könnte, wenn das ursprüngliche Thema erledigt ist davon kann aber bei mehr als 100.000 registrierten Abtreibungen und der wiederaufgeflammten Diskussion um die aktive Sterbehilfe kaum die Rede sein. Umso unverständlicher ist es, wenn diese Woche in den vergangenen drei Jahren (dem letzten Themenzyklus) das Thema vollständig gemieden hat. Ich will nicht behaupten, dass die dort behandelten Themen wie Caritas, Ehrenamt, Generationengerechtigkeit etc. nicht auch wichtig wären, wenn man aber beispielsweise in dem Themenheft für das Jahr 2013, das unter dem Leitwort Zusammenhalt gestalten stand, vergeblich nach den Worten Lebensrecht, Abtreibung, Euthanasie etc. sucht, weil man diese eigentlichen Kernthemen der Woche für das Leben offenbar zugunsten der Ökumene, in der man sich dazu auf keine einheitliche Position einigen kann, aufgegeben hat, dann bekommt man einen Eindruck vom Zaudern der deutschen Hirten in diesem Thema. Mehr als 100.000 im Mutterleib getötete Kinder sind ein zum Himmel schreiendes Unrecht, ein laufend stattfindender Holocaust, und dieses Thema findet in einer Woche für das Leben nicht mehr statt?
Wie es auch anders gehen kann beweist der amerikanische Kardinal Raymond Burke, Präfekt der Apostolischen Signatur und damit des Obersten Gerichtshofs des Vatikan. In einem Gespräch mit der amerikanischen Lebensrechtsseite LifeSiteNews, das auch auf der deutschen Internetseite katholisches.info wiedergeben wird fordert er seine Bischofskollegen zu einem deutlichen Eintreten für das Lebensrecht Ungeborener und gegen die Abreibung auf. Eine Absage erteilt er Bestrebungen, beispielsweise zunächst auf Positionierungen der jeweiligen nationalen Bischofskonferenzen zu warten:
It should be emphasized that the individual bishop has a responsibility in this matter. Sometimes what happens is the individual bishops are unwilling to do anything because they wait for the national bishops conference to take the lead.
Es muss betont warden, dass jeder einzelne Bischof eine Verantwortung in der Sache hat. Manchmal zögern die einzelnen Bischöfe jedoch etwas zu tun, weil sie auf die Initiative der jeweiligen Bischofskonferenz warten.
Er weist dabei darauf hin, dass die Art der Arbeit der Bischofskonferenzen dazu führe, dass es teilweise Jahre dauern kann, bis man sich auf eine gemeinsame Position verständigt habe, die man dann auch veröffentlichen kann. Kardinal Burke betonte, dass es bei dem Thema auch nicht ausreiche, einmalig eine Verlautbarung herauszugeben:
Were not writing term papers here where you make reference to an earlier document and thats sufficient.
Wir schreiben keine Hausarbeiten für die Universität, in denen es reicht, auf ein vorheriges Dokument zu verweisen und fertig.
Konkret wird Burke bei der Frage der in vielen Großstädten jährlich stattfindenden Märsche für das Leben, an denen er selbst teilnimmt.
I think in some places theres a great hesitation among prelates to be involved in public manifestations. Many see it as some kind of political activity that isnt proper for a cleric.
In manchen Ländern herrscht ein großes Zögern unter den Prälaten, an öffentlichen Kundgebungen teilzunehmen. Viele sehen darin eine Verwicklung in eine Art von politischem Aktivismus, der für die Rolle eines Kirchenoberen nicht geeignet sei.
LifeSiteNews zitiert weiter:
But Burke said he does not hesitate to participate, because to me, its a question of the common good. Giving witness for the common good. Its not a political rally in the sense that theyre rallying for this or that candidate, its not partisan, its a good across the board. [ ] It seems to me its the first issue of social justice, the right to life.
Er, so Burke, habe nie gezögert, weil es um ein allgemeines Problem geht, es geht darum Zeugnis für das Allgemeinwohl abzulegen. Es geht nicht um eine politische Parteinahme für diesen oder jenen Kandidaten bei einer Wahl, es geht um das Allgemeinwohl, das alle betrifft und eint [ ] Das Recht auf Leben stellt die erste und höchste Instanz sozialer Gerechtigkeit dar.
So wie ich das sehe, sind das alles keine Worte eine Fundamentalisten, die den Gläubigen nicht verständlich gemacht werden können, es sind Worte eines Priesters, der sich um das Leben sorgt und Zeugnis gibt, durch Worte und eben auch Taten wie die Anwesenheit bei solchen Kundgebungen, und damit auch die Laien in ihrem Kampf für das Lebensrecht stärken. Die Aufforderung von Kardinal Burke an die Bischöfe, an den Märschen für das Leben teilzunehmen, sind für diese natürlich nicht bindend der Druck wird sich dadurch aber hoffentlich erhöhen, dass es die deutschen Bischöfe bei den deutschen Märschen nicht nur bei Grußworten belassen sondern auch Gesicht zeigen.
Ich bin schon sehr gespannt auf den Marsch für das Leben in Berlin am 21. September diesen Jahres und freue mich, Optimist der ich in dieser Hinsicht bin, in einer Gemeinschaft mit Erzbischof Zollitsch und Kardinal Woelki vom Kanzeleramt (es ist dann ein Tag vor der Bundestagswahl) zur Hedwigskathedrale durch die Berliner Innenstadt zu ziehen und natürlich mit einer ganzen Reihe mehr deutscher Bischöfe, bei denen ich nur bei einigen altersbedingtes Verständnis für ein Fernbleiben hätte.
Oder, um es noch mal prägnanter zu sagen: wer Zeit hat für Dialogprozesse mit Kirchenkritikern und für eine Woche für das Leben, der braucht wirklich gute Argumente, am Marsch für das Leben nicht teilzunehmen! Die Gläubigen vertrauen auf Sie, liebe Bischöfe, und ich scheue mich nicht, eine Formulierung von Kardinal Burke umsetzend, eine Teilnahme eines Großteils der Bischofskonferenz nicht nur zu erbitten sondern auch zu fordern:
I think the lay faithful in the parishes and in the dioceses need to go to their bishops and priests and urge them to give that pastoral leadership that theyre called to give on this very critical issue. Yes the laity have their part, a very significant part in all the various areas of public life to give witness to the Gospel but they depend upon their priests and bishops to give that teaching and example, how to confront the situation. [ ]They need leadership. Thats what its all about.
Ich meine, dass die Gläubigen in den Pfarreien und Diözesen zu ihren Priestern und Bischöfen gehen und diese drängen sollen, die geistliche Führung im Kampf für dieses wesentliche Thema zu übernehmen, denn dazu sind sie auch berufen. Sicher kommt den Laien die Hauptaufgabe zu in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, vor allem im Zeugnisgeben für das Evangelium, aber sie sind in dieser Situation angewiesen auf die geistlichen Grundlagen und das Zeugnis der Priester und Bischöfe. Es geht um die geistliche Führerschaft, das ist der Punkt.