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Demokratiefreier Raum!

20. September 2013 by Papsttreuer
Lesezeit 5 Minuten
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Ich glaube, es war die Grünen-Politikerin Claudia Roth, die mal in einer ihrer Betroffenheitsklatschen gegen die katholische Kirche stänkerte, in unserer Gesellschaft dürfe es keine „demokratiefreien Räume“ geben. Gemünzt war dies auf die institutionelle Verfasstheit der Kirche, die in der Tat nicht demokratisch ist aus dem einfachen Grund, dass Glaubensfragen nicht über wechselnde Mehrheiten beantwortet werden können. Ein Pfarrgemeinderat wird demokratisch gewählt und kann dann mitbestimmen, in welcher Farbe der Pfarrsaal gestrichen werden soll oder ob es beim nächsten Pfarrfest ein oder zwei Grillstände geben wird. Ansonsten sollte er an der Evangelisierung der Gemeinde mitwirken – bei deren Botschaft aber spätestens seine Einflussnahme aufhört oder aufhören sollte. Bibel, Tradition und (hierarchisches und nicht demokratisch gewähltes) Lehramt der Kirche sind die Eckpfeiler auf die sich die Kirche seit 2000 Jahren stützt, insofern sind manche Aussagen auch einem Wandel unterworfen, aber niemals demokratisch hinterfragbar. Dass das für einen Politiker, der nicht an Gott und an die Existenz einer beständigen Wahrheit glaubt, ein rotes Tuch sein kann, ist durchaus vorstellbar, aber eher das Problem der Politiker und nicht der Kirche.

Andererseits ist aber im außerkirchlichen Raum die Demokratie heute das Mittel der Wahl, mehrheitlich befürwortet und bis auf ein paar „Schurkenstaaten“ wird das auch von keinem ernstzunehmenden Politiker in Frage gestellt. „Die beste aller schlechten Staatsformen“ wird häufig geunkt, wenn man darauf hinweisen möchte, dass die Demokratie zwar ihre Schwächen haben mag, aber doch auch niemand ernsthaft wünschen kann, unter Despoten wie Hitler, Stalin, Pol Pot etc. zu leben. Man würde also erwarten, dass das Ende der Geschichte der Staatsformen mit der Demokratie erreicht wäre und auch die katholische Kirche ihren Segen dazu gebe, zum Beispiel im Katechismus, in dem auch das Thema der Autorität und der Staatsformen aufgegriffen wird. Bei der Suche reibt sich der aufrechte Demokrat dann aber verwundert die Augen, findet er doch das Wort Demokratie im Katechismus genau … kein mal! Ich habe mich auf die Suche gemacht, im Stichwortverzeichnis, gegoogled, ein veröffentlichtes pdf-Dokument durchforstet: kein Wort von der Demokratie, im ganzen umfangreichen Text des Katechismus nicht!

In den Nummern 1987 ff. wird das Verhältnis des Menschen und dessen Beteiligung am gesellschaftlichen Leben beschrieben. Dort wird zunächst mal neutral auf eine Autorität verwiesen, die auch staatlich sein kann (im entsprechenden Abschnitt taucht das Wort „Staat“ aber auch nur einmal auf als „staatliche Gewalt“). Es geht bei der Beschreibung der Autorität an dieser Stelle zunächst mal nur um die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Gesellschaft:

1897 „Die, menschliche Gesellschaft kann weder gut geordnet noch fruchtbar sein, wenn es in ihr niemanden gibt, der mit rechtmäßiger Autorität die Ordnung aufrecht erhält und mit der notwendigen Sorgfalt auf das allgemeine Wohl bedacht ist“.

Als Libertärer liest man hier sehr aufmerksam, steht man doch jedem staatlichen Eingriff eher skeptisch gegenüber. Es wird aber auch ein Libertärer nicht bestreiten, dass die Aufrechterhaltung der Ordnung zur Sicherung der Freiheit gegen den freiheitswidrigen Zugriff Anderer gewährleistet werden muss.

Abgeleitet daraus ergibt sich gegenüber den Trägern dieser Autorität (noch mal zur Abgrenzung: hier ist nicht direkt beschrieben, wer das ist und wie er an diese Autorität gelangt ist) eine Pflicht zum Gehorsam. Kann die Autorität zur Aufrechterhaltung der Ordnung nicht durchgesetzt werden ist eben diese Ordnung und damit auch die Freiheit in Gefahr! So beschreibt es, zitiert in Nr. 1899, schon der Apostel Paulus:

„Jeder leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen“ (Röm 13, 1-2)

Was sich in all dem nicht findet ist der Hinweis auf die rechte Art, (staatliche) Autorität zu erlangen. Im Gegenteil, mit den Nrn. 1901 ff wird es richtig spannend für „Demokratiegläubige“:

1901 Während die Autorität als solche auf eine von Gott vorgebildete Ordnung verweist, muß „die Bestimmung der Regierungsform und die Auswahl der Regierenden dem freien Willen der Staatsbürger überlassen“ bleiben.

Unterschiedliche Regierungsformen sind sittlich zulässig, sofern sie zum rechtmäßigen Wohl der Gemeinschaft, die sie annimmt, beitragen. Regierungen, deren Wesen dem natürlichen Sittengesetz, der öffentlichen Ordnung und den Grundrechten der Personen widerspricht, können das Gemeinwohl der Nationen, denen sie aufgezwungen wurden, nicht verwirklichen.

Hier wird deutlich: es kommt nicht auf die Regierungsform an sondern darauf, dass die so geformte Regierung zum Wohl der Gemeinschaft beiträgt. Wenn man mit in Betracht zieht, dass dies Regierungsformen ausschließt, die dem „natürlichen Sittengesetz, der öffentlichen Ordnung und den Grundrechten der Personen“ widersprechen, mag man durchaus zu dem Schluss kommen, dass eine Demokratie eben nicht in jedem Fall das Mittel der Wahl der Regierung und der Regierungspolitik sein muss. Im Gegenteil ergibt sich in bestimmten Konstellationen auch für Demokratien die Gefahr, dass die Autorität zerstören:

1903 Die Autorität wird nur dann rechtmäßig ausgeübt, wenn sie das Gemeinwohl der betreffenden Gemeinschaft anstrebt und sittlich erlaubte Mittel anwendet, um es zu erreichen. Falls Behörden ungerechte Gesetze erlassen oder der sittlichen Ordnung widersprechende Maßnahmen ergreifen, können solche Anordnungen das Gewissen nicht verpflichten; „in diesem Falle hört die Autorität ganz auf; an ihre Stelle tritt gräßliches Unrecht“.

„Der sittlichen Ordnung widersprechende Maßnahmen“? Da muss der Gedanke erlaubt sein, ob es richtig ist, dass unser Staat die Finanzierung von Abtreibungen übernimmt? Entspricht es der sittlichen Ordnung, wenn ein Staat viel daran setzt, die Familie als Kern der Gesellschaft und die Ehe als deren Nukleus auszuhöhlen? Oder ob eine ausgabenorientierte Geld- und Finanzpolitik sittlich gerechtfertigt ist, die zukünftige Generationen unerträglich belastet? Schon dieses letzte Beispiel macht aber auch deutlich, dass man unter „der sittlichen Ordnung widersprechend“ durchaus unterschiedliche Dinge verstehen kann, und man sich vermutlich bei der Entscheidung, einer behördlichen Maßnahme aus Gewissensgrünen zu folgen oder nicht, auf Extremfälle beschränken muss.

Festhalten kann man aber in jedem Fall: es gibt keine „katholische Staatsform“! Jede Regierungsform, die dem Gemeinwohl (und auch hier muss offen bleiben, wo das beginnt und endet) dient und nicht der natürlichen Ordnung widerspricht, ist aus katholischer Sicht legitim. Bei den Libertären (z.B. in Hans-Hermann Hoppes „Demokratie – Der Gott der keiner ist“) lässt sich dazu nachvollziehen, dass eine Monarchie, deren Regierungsträger sich über die eigene Generation hinaus ihrem Land und Volk verantwortlich fühlen, ein persönliches und generationenübergreifendes Interesse am Erfolg ihrer lebenslangen Amtszeit haben (wie es selbständige Unternehmer für ihre Firma tun), die bessere Staatsform sein kann als eine Demokratie, in der die „Volksvertreter“ nur auf eine Legislaturperiode von vier Jahren ohne wirkliche persönliche Verantwortung für ihr Regierungstun gewählt werden (analog einem Geschäftsführer ohne innere Beziehung zu dem von ihm geleiteten Unternehmen).

Das libertäre Fass, ob es zur Aufrechterhaltung der Ordnung überhaupt eines Staates bedarf oder sich diese nicht wesentlich besser im Rahmen einer sogenannten Zivilrechtsgesellschaft realisieren ließe, möchte ich an dieser Stelle nicht zusätzlich aufmachen (zum „Hirn durchpusten“ empfehle ich obengenanntes Werk von Hoppe), aber auch dieser Gedankengang widerspricht nicht der katholischen Lehre. Sicher, dem einen oder anderen in einem demokratischen Staat sozialisierten Bürger, Laien wie Priestern wie Bischöfen, fehlt es vielleicht schlicht an der Phantasie, dass es eine christlich legitime Regierungsform außerhalb der Demokratie geben könnte (so muss man wohl auch den Aufruf der Deutschen Bischofskonferenz zur Bundestagswahl in Frage stellen), die Phantasie und ein kritischer Blick auf die Realität sollten aber reichen um festzustellen, dass auch eine Demokratie zu Ergebnissen führen kann, die der natürlichen Sittenlehre widersprechen und keinen Anspruch auf Autorität erheben können.

Vielleicht ist es gut, diese Gedankengänge bei der Entscheidung zur Bundestagswahl mit in die Wahlkabine zu nehmen, relativieren sie doch den Absolutheitsanspruch, denen heutige Regierungs- und Oppositionsvertreter in gleicher Weise an das Wahlergebnis anlegen.

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Posted in: Allgemein Tagged: Bundestagswahl, Demokratie, Hans-Hermann Hoppe

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