Derzeit betreue ich in unserer Gemeinde zusammen mit meiner Frau wieder eine Gruppe jugendlicher Firmkandidaten. Ich versuche denen klar zu machen, dass ein Firmkurs nicht zu vergleichen ist mit dem Religionsunterricht in der Schule, wo man mit Faktenwissen punkten kann, der Glaube aber eher zweitrangig ist. Faktenwissen zu vermitteln ist in einer Zeit mangelnder Glaubenskenntnisse zwar auch Aufgabe des Kurses, aber in erster Linie geht es doch um die Klärung des eigenen Glaubens. Wir hangeln uns in unterschiedlicher Intensität die geprägten Formeln des Glaubensbekenntnisses entlang und am Ende wird immer die Frage stehen: Kann ich das alles glauben?
Und so wird sich dem einen oder anderen auch die Frage stellen: kann ich denn an Gott glauben? Kann ich an einen Gott glauben, mit dem ich in Beziehung stehe, mit dem ich kommuniziere? Das Bild der Firmkandidaten, ob sie glauben, dass Beten hilft war jedenfalls sehr uneinheitlich: vom klaren Ja, über ein es wird schon nicht ganz wirkungslos sein bis hin zum Nein alles dabei. Und natürlich tut man sich selbst als Katholik schwer, die Wirkung des Gebets zu beweisen. Ich habe mal in einem anderen Zusammenhang geschrieben, dass Gott auf unsere Gebete drei Antworten parat hat: Ja, Noch nicht oder Ich weiß etwas besseres das mag für einen Gläubigen plausibel sein, wer aber generell nicht an Gott und entsprechend an die Wirkung von Gebeten glaubt, für den ist das nur eine Ausrede, um die fehlende richtige Antwort Gottes wegzuinterpretieren. Umso schöner aber doch, wenn von Gott mal ein deutliches Ja kommt, vor allem auf eine für alle Augen sichtbare Frage, die noch dazu in der Öffentlichkeit vor Gott getragen wurde!
Man erinnere sich: vor einem Monat standen wir, das heißt nicht nur ein Land in Afrika, sondern die westliche Welt, vor einem Kriegseinsatz in Syrien. Problematisch daran war nicht nur die Tatsache des Krieges an sich (was schon schwerwiegend genug gewesen wäre) sondern auch die Uneinigkeit unter den Weltmächten, die den Konflikt noch hätte ausweiten können. Die USA schienen wild entschlossen, in den Krieg zu ziehen mit dem Argument eines Giftgaseinsatzes des Regierungschefs Assad gegen sein eigenes Volk. Von nicht wenigen Seiten kamen Zweifel an dieser Version, nicht zuletzt auch Zweifel an der Ehrenhaftigkeit der Opposition, bei der man befürchten muss, nicht Freiheitskämpfer sondern Islamisten mit einer Kriegsbeteiligung zu unterstützen.
In dieser Situation hatte der Papst zum Gebet für den Frieden in Syrien aufgerufen, als eine dem Weltengeist entgegenstehende Antwort auf einen möglichen Giftgaseinsatz in Syrien. Der Papst wies auf die Bedeutung von Vergebung, Dialog und Versöhnung als die wesentlichen Worte des Friedens hin. Tausende auf dem Petersplatz, hoffentlich Millionen Menschen, nicht nur Katholiken und Christen, auch Gläubige anderer Religionen schlossen sich diesem Gebet weltweit an, sei es in extra eingesetzten Anbetungen in Kirchen, sei es im privaten Umfeld des Gebets. Vielen Nichtglaubenden wird dieser Einsatz naiv vorgekommen sein, selbst aus Teilen des katholischen Umfelds kamen kritische Äußerungen aber heute?!
Syrien ist kein Land, das den Frieden schon erreicht hätte, aber wer wollte bestreiten, dass der Zustand heute besser ist als vor einem Monat? Der Kriegseintritt der USA und deren Alliierten ist nicht erfolgt, es gibt eine UN-Resolution, die von allen Seiten akzeptiert wird, Syrien hat dem Plan zur Zerstörung der chemischen Waffen zugestimmt, die Welt sieht optimistischer in die Zukunft dieses geschundenen Landes. Man hört es schon: die finanziellen Schwierigkeiten der USA mögen zu der Entscheidung, den Kampfeinsatz nicht zu forcieren, beigetragen haben. Auch die politische Situation zwischen den Weltmächten zwingt den einen oder anderen Führer der Welt, auf einen bewaffneten Kampf zu verzichten, Assad habe doch sowieso zustimmen müssen, um seine Haut zu retten.
Trotzdem: vor einem Monat standen wir vor einem neuerlichen Kriegseintritt der USA, der durchaus, so die Ansicht vieler Nahostexperten, das Potenzial zu einem noch größeren Flächenbrand gehabt hätte. Heute und der Wandel setzte in der Tat direkt nach dem weltweiten Gebet ein ist davon nicht mehr die Rede, es ist nicht so, als ob in Syrien nur noch weiße Tauben fliegen würden, aber die Gefahr eines so explosiven Konflikts scheint zunächst mal gebannt. Der Tod der Zivilisten, die durch den Giftgaseinsatz, mutmaßlich von der syrischen Regierung, getötet wurden, wurde nicht gerächt, die Antwort der Welt war eben Dialog, und wird hoffentlich zukünftig Vergebung und Versöhnung sein. Der erste Schritt zu einem Frieden in Syrien ist getan, die Falken haben zumindest diesen Teil der Auseinandersetzung nicht für sich entscheiden können. Was sollte denn uns hindern, weiter für Syrien zu beten, oder für andere Länder mit ähnlichen Konflikten? Für Situationen der großen oder kleinen Politik, für persönliche Notsituationen oder Hilferufe?
Im Evangelium vom vergangenen Sonntag (Lukas 17, 5-10) heißt es mit den Worten von Jesus:
Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.
Nehmen wir ihn doch beim Wort! Lassen wir uns nicht entmutigen, wenn Gottes Antwort anders ausfällt, als wir es wollen, aber freuen wir uns und sehen es als Bestätigung, wenn Gebete erhört werden. Syrien ist nur ein Beispiel!
Heinzilein
Das bedeutet also, dass der Irakkrieg und andere kriegerischen Auseinandersetzungen aufgrund zu schwacher oder ausgebliebener Gebete stattgefunden haben?? Und Gott lässt sich über Gebete dazu bewegen unsere menschliche Freiheit zu ignorieren und uns nach seinem und der Beter Willen wie Marionetten zu manövrieren? Hm…
Papsttreuer
Danke für den Kommentar, bzw. die Frage.
Aber nein, das heißt es nicht; Gott lässt uns Menschen alle Freiheiten, auch die, anderen zu schaden, sogar, sie zu töten. Die große Frage, der Spagat zwischen der Allmacht Gottes und dem Leiden in dieser Welt (und Krieg würde ich dazu zählen) ist nicht ohne weiteres zu lösen. Und doch stelle ich als Gläubiger immer wieder fest, dass Gott Gebete erhört, zu kleinen wie zu großen Themen. Und manchmal erhört er sie nicht (oder nicht so, wie ich mir das gedacht habe), und man fragt sich, warum nicht. Die Masse an Gebeten wird es nicht sein … wer den Ratschluss Gottes erkennen kann? – Ich wohl nicht?