Da hatte ich mich eben noch gefreut, dass das Magazin eigentümlich frei auf seiner Internetseite einen Beitrag von mir veröffentlicht da werde ich mit dem Vorwurf konfrontiert, es handele sich dabei um ein neurechtes Magazin, dass ein Recht des Stärkeren in der Gesellschaft propagiere. Ich bin dem Kommentator unter dem Pseudonym Katholik dankbar, dass er seine Sorgen zum Ausdruck bringt, kann aber seiner Argumentation trotzdem nicht folgen und werde versuchen, meine Ansichten deutlich zu machen.
Die Verknüpfung der eigentümlich frei mit der sogenannten Neuen Rechten ist ein Erfolg, dem man dem linken Denunziantenstadel Wikipedia zurechnen muss. Wer dort den Beitrag über das Magazin oder den Herausgeber André F. Lichtschlag liest, der muss den Eindruck bekommen, dass es sich um einen ganz perfiden Versuch handelt, rechtes Gedankengut in der Gesellschaft konsensfähig zu machen. Leider resultiert eine solche Einschätzung auf mangelnder Kenntnis bzw. dem Folgen der Antifa-Apologeten, für die alles rechts ist, was nicht ihrem Weltbild entspricht. Wer nachlesen möchte zugegeben ebenfalls nicht bei einer neutralen Quelle wie mit der eigentümlich frei (und nicht nur mit diesem feinen Magazin, deren Abonnent ich bin) umgegangen wird, der wird bei der eigens eingerichteten Seite eigentümlich frei: Rettet Wikipedia! fündig.
Einem Hinweis des Kommentators möchte ich aber nachgehen, da ich glaube, dass hier einige verbreitete Irrtümer vorliegen. Er schreibt:
Und Ihre schlussendliche Begründung für die Kompatibilität von christlichem Glauben und dieser Form von Libertarismus mag für Sie schlüssig sein. Mich würde da das eine oder andere Pauluswort über die Freiheit (Doch gebt acht, daß diese eure Freiheit nicht den Schwachen zum Anstoß wird. 1Kor8,9) und Jesusworte über die Reichen, Mächtigen und Eliten (Mt 19,23f; Lk 1,53 (Maria); Lk 16,19ff; etc.) etwas verunsichern.
Was ist mit dem ersten zitierten Abschnitt eigentlich gemeint? Es wird gut sein, diesen Satz im Zusammenhang zu lesen:
Was nun das Essen von Götzenopferfleisch angeht, so wissen wir, dass es keine Götzen gibt in der Welt und keinen Gott außer dem einen. Und selbst wenn es im Himmel oder auf der Erde sogenannte Götter gibt – und solche Götter und Herren gibt es viele -, so haben doch wir nur einen Gott, den Vater. Von ihm stammt alles und wir leben auf ihn hin. Und einer ist der Herr: Jesus Christus. Durch ihn ist alles, und wir sind durch ihn.
Aber nicht alle haben die Erkenntnis. Einige, die von ihren Götzen nicht loskommen, essen das Fleisch noch als Götzenopferfleisch und so wird ihr schwaches Gewissen befleckt. Zwar kann uns keine Speise vor Gottes Gericht bringen. Wenn wir nicht essen, verlieren wir nichts, und wenn wir essen, gewinnen wir nichts. Doch gebt Acht, dass diese eure Freiheit nicht den Schwachen zum Anstoß wird.
Wenn nämlich einer dich, der du Erkenntnis hast, im Götzentempel beim Mahl sieht, wird dann nicht sein Gewissen, da er schwach ist, verleitet, auch Götzenopferfleisch zu essen? Der Schwache geht an deiner «Erkenntnis» zugrunde, er, dein Bruder, für den Christus gestorben ist. Wenn ihr euch auf diese Weise gegen eure Brüder versündigt und ihr schwaches Gewissen verletzt, versündigt ihr euch gegen Christus.
Wenn darum eine Speise meinem Bruder zum Anstoß wird, will ich überhaupt kein Fleisch mehr essen, um meinem Bruder keinen Anstoß zu geben.
Es geht bei dieser Stelle also nicht, wie man meinen könnte, um die Frage, ob ich mit der Ausnutzung meiner Freiheit den Schwachen schade, also ein Recht des Stärkeren ausübe. Am konkreten Beispiel des Opferfleisches wird deutlich gemacht, dass meine Handlungen von denen, die im geistlichen Sinne noch schwach sind, missinterpretiert werden können. Man muss schon ein bisschen das Hirn verdrehen, um den Bezug zum Libertarismus herzustellen. Möglicherweise kann man argumentieren, dass es Menschen gibt, die mit ihrer Freiheit nicht umgehen können ihnen auf dem Weg zu helfen ist also unsere Aufgabe, aber die Konsequenz kann doch kaum sein, Freiheit vorzuenthalten in der Befürchtung, jemand könne sie missbrauchen?!
Das erste Jesus-Zitat, dass angeführt wird, ist wiederum eines, dass dem Libertarismus nicht widerspricht: Da sagte Jesus zu seinen Jüngern: Amen, das sage ich euch: Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen. Auch hier ist der Zusammenhang wichtig (Matthäus 19, 16-26):
Es kam ein Mann zu Jesus und fragte: Meister, was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Er antwortete: Was fragst du mich nach dem Guten? Nur einer ist «der Gute». Wenn du aber das Leben erlangen willst, halte die Gebote! Darauf fragte er ihn: Welche? Jesus antwortete: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen; ehre Vater und Mutter! Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!
Der junge Mann erwiderte ihm: Alle diese Gebote habe ich befolgt. Was fehlt mir jetzt noch?
Jesus antwortete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach. Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.Da sagte Jesus zu seinen Jüngern: Amen, das sage ich euch: Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen. Nochmals sage ich euch: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.
In der Tat liest sich das erschreckend: Das Streben nach weltlichem Reichtum steht dem Seelenheil im Weg! Aber auch hier muss man deutlich machen, dass es nicht einfach um die Ablehnung des Reichtums geht, sondern darum, einem Reichtum den rechten Platz zuzuweisen. Der Reichtum kann zur Anbetung des Wohlstands führen, er wird zu einem Götzen. Das macht es für einen Reichen so schwer, das Paradies zu erreichen wenn es nicht die Gnade Gottes gäbe. Stellt jemand seinen Profit vor die Liebe Gottes, betet er den Wohlstand, das Geld an, dann betet er da er nicht mehr Gott anbetet den Teufel an (so erläutert es immer wieder Papst Franziskus). Stellt sich also die Frage, ob Reichtum etwas schlechtes ist, dann muss die Antwort lauten: Kommt drauf an! Kommt drauf an, was man damit macht! Und es kommt darauf an, was Gott aus dem mach, was man daraus macht!
Das ist auch die Problematik des Gleichnisses vom Reichen und Lazarus, dass der Kommentator erwähnt (Lukas 16, 19-31):
Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren.
Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus zu mir; er soll wenigstens die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer.
Abraham erwiderte: Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte. Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.
Warum landet der Reiche in der Unterwelt? Einfach nur, weil er reich war? Wenn dieses Beispiel etwas deutlich macht, dann das der Reiche den Lazarus einfach hat liegen lassen, er hat ihm nicht geholfen, stattdessen nur seinen Reichtum genossen, ihn angebetet. Der Blick auf seinen Reichtum hat seinen Blick gleichzeitig nur auf sich selbst verengt da war keine Liebe zu Lazarus, es war keine Liebe zu Gott da. Die Warnung, die Jesus damit ausspricht, ist überdeutlich es ist aber wiederum keine Warnung vor dem Reichtum an sich, sondern vor der Anbetung des Wohlstands, die keine Liebe für den Nächsten und für Gott übrig lässt.
In gleicher Weise kann man auch den vom Kommentator zitierten Satz auf dem Magnificat Mariens lesen (Lukas 1, 53):
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.
Eine wörtliche Auslegung dieser wie vieler anderer Stellen kann nur zu einer vollständigen Ablehnung des Reichtums führen Reichtum wird dann in sich als böse, als Sünde definiert. Nehmen wir aber an, der von Maria gemeinte Reiche sorgt dafür, dass die Hungernden nicht mehr hungern müssen sind sie dann auch reich und gehen leer aus (oder leiden in der Unterwelt wie der Reiche aus dem Gleichnis von Jesus)? Die Gefahr, die vom Reichtum ausgeht, unser Hang, den Wohlstand zum Götzen zu machen, darf nicht unterschätzt werden. Aber auch hier sehe ich keinen Automatismus von Reichtum und Sünde, Reichtum und Höllenqualen.
Was hat das alles mit Libertarismus zu tun? Eigentlich recht wenig der Libertarismus gründet zwar in wesentlichen Teilen auf der Ökonomie, zur Philosophie erhoben geht es aber um die Freiheit des Menschen, die Freiheit auch des Zugriffs auf sein Eigentum. Dazu sind einige Absätze des Katechismus interessant zu lesen, die sich mit dem Begriff der Freiheit beschäftigen. Die Freiheit des Menschen wird darin wie folgt grundgelegt:
1730 Gott hat den Menschen als vernunftbegabtes Wesen erschaffen und ihm die Würde einer Person verliehen, die aus eigenem Antrieb handelt und über ihre Handlungen Herr ist. Gott wollte nämlich den Menschen der Macht der eigenen Entscheidung überlassen (Sir 15,14), so daß er von sich aus seinen Schöpfer suche und frei zur vollen und seligen Vollendung gelange, indem er ihm anhängt“ (GS 17).
Der Mensch ist vernünftig und dadurch das Ebenbild Gottes, geschaffen in Freiheit und Herr seines Tuns“ (Irenäus, hær. 4,4,3).
Das macht zwei Dinge deutlich: Der Mensch ist von Gott geschaffen und ihm ist von Gott Freiheit gegeben worden. Wir alle wissen, dass diese Freiheit von Menschen auch missbraucht werden kann; doch selbst Gott hat daraus nicht die Konsequenz gezogen, uns diese Freiheit zu nehmen. Gott hat ein unerschütterliches Vertrauen in den Menschen und ist zur Gnade bereit, wenn der sich in seiner Freiheit gegen ihn entscheidet.
Dem Menschen wird mit der Freiheit auch eine Verantwortung übertragen, die in den Abschnitten 1731 bis 1738 beschrieben sind. Diese Verantwortung schränkt die Freiheit aber nicht ein Verantwortung bedeutet nur, dass die Konsequenzen des eigenen Handelns zu tragen sind. Triviales Beispiel außerhalb des Glaubens: Kaufe ich ein Auto, bin ich verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen. Das Verlangen des Verkäufers, einen Preis an ihn zu zahlen, schränkt die Freiheit über die Verfügung über mein Geld nicht ein. Und so hat jede meiner Handlungen, die ich in Freiheit tue, Auswirkungen, die ich durchdenken muss, um die Verantwortung auch übernehmen zu können. Im Katechismus ist das wie folgt beschrieben:
1738 Freiheit wird in zwischenmenschlichen Beziehungen ausgeübt. Jeder Mensch hat das natürliche Recht, als ein freies, verantwortliches Wesen anerkannt zu werden, weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist. Alle Menschen sind einander diese Achtung schuldig. Das Recht, die Freiheit auszuüben, ist untrennbar mit der Würde des Menschen verbunden, besonders in sittlichen und religiösen Belangen [Vgl. DH 2]. Dieses Recht muß durch die staatliche Gesetzgebung anerkannt und innerhalb der Grenzen des Gemeinwohls und der öffentlichen Ordnung geschützt werden [Vgl. DH 7].
Hier wird es jetzt spannend, den die Formulierung innerhalb der Grenzen des Gemeinwohls und der öffentlichen Ordnung lässt Interpretationsspielraum. Für den libertären Katholiken gilt aber in erster Linie der Primat der Freiheit, die nur dort ihre Grenze findet, wo deren Ausübung die Freiheit und/oder die Würde des anderen schädigt. Diese Beschneidung der Freiheit des anderen zu verhindern, ist Aufgabe des Staates oder einer anders organisierten übergeordneten Stelle der Eingriff in das Eigentum der Menschen gehört (über die Kosten, die für diese Sicherung anfallen) zunächst mal nicht dazu.
Auch die oben beschriebene Einschränkung, inwieweit die Freiheit (oder das Eigentum) eigentlich gut genutzt wird, findet sich im Katechismus wieder:
1740 Bedrohungen der Freiheit. Die Freiheit gibt uns nicht das Recht, alles zu sagen und alles zu tun. Es ist falsch zu behaupten, daß der Mensch, das Subjekt der Freiheit ist, das sich selbst genügt und als Ziel die Befriedigung seines eigenen Interesses im Genuß der irdischen Güter hat“ (CDF, Instr. Libertatis conscientia“ 13). Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Voraussetzungen zu einer gerechten Ausübung der Freiheit werden allzu oft verkannt oder verletzt. Solche Verblendung und Ungerechtigkeit belasten das sittliche Leben und bringen Starke und Schwache in Versuchung, gegen die Liebe zu sündigen. Wenn sich der Mensch vom sittlichen Gesetz entfernt, beeinträchtigt er seine Freiheit, kettet sich an sich selbst, zerreißt die Bande der Brüderlichkeit und lehnt sich gegen die göttliche Wahrheit auf.
Wenn hier im ersten Satz von Recht gesprochen wird, dann meint das eine Berechtigung im Verhältnis zu Gott wie es im letzten Satz des Abschnitts zum Ausdruck kommt. Es ist daher die Aufgabe der Kirche und jedes ihrer Mitglieder, auf diese Wirkung der Freiheit hinzuweisen. Wir sind damit wieder beim ersten Zitat meines Kommentators angelangt: Wer reich ist, kann ein Leben führen, dass den geistlich Schwachen dazu verführt, sich selbst dem Götzen Mammon an den Hals zu werfen das ist eine Verantwortung des reichen Menschen, der sich mit seinem Handeln (und dessen Folgen) von Gott abwendet. Diese Verantwortung übernimmt er aber im Verhältnis zu Gott, nicht in seinem Verhältnis zum Staat.
Die hiermit angedeutete Alternative wäre allerdings eine Staatsform, analog der muslimischen Scharia, die den Menschen die christlichen Gebote über das Maß der Sicherung des Gemeinwohls und der öffentlichen Ordnung hinaus von Staats wegen aufzwingt. Nicht wenige tendieren in diese Richtung, wenn sie beispielsweise die Verantwortung der Reichen (des Eigentums) für die Armen (die Gesellschaft) umdeuten in eine staatlich verordnete Zahlungsleistung, wie wir sie heute in unserem Steuer- und Sozialsystem vorfinden. Hier wird der Mensch unfrei in seinen Handlungsmöglichkeiten, in gewisser Weise wird ihm sogar der Weg zum ethisch verantwortlichen Handeln abgeschnitten, weil er gar nicht mehr die Wahl hat, gut zu handeln (ganz abgesehen davon, dass man durchaus in Frage stellen muss, ob das, was der Staat mit Steuern und Sozialabgaben anfängt, wirklich gut ist).
Ich weiß wohl, dass es viele Libertäre gibt, die dem christlichen Glauben, dem Glauben überhaupt, fernstehen, und ich vermag nicht zu sagen, ob sie alle den oben beschriebenen Implikationen religionsunabhängig folgen. Diejenigen jedoch, die ich kenne und deren Bücher oder Schriften ich gelesen habe, sind sehr wohl bereit, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen; sie reagieren nur allergisch, wenn ihnen diese Verantwortung vom Staat aufgezwungen werden soll, der das nur als Schlusswort dieses Beitrags sich bei der Beantwortung der Frage, welches Handeln sittlich gut und/oder wirtschaftlich sinnvoll ist, nicht eben mit Ruhm bekleckert.
Mamon
Man könnte Ihnen noch eine ganz Flut von Bibelzitaten um die Ohren hauen, die Sie dann auch wieder zugunsten Ihres Libertarismus zurechtbiegen könnten. Nur! Nichts davon ist mit dem Evangelium vereinbar. „Tu was du willst“ ist nicht von ungefähr das erste Gebot der Santansbibel!
Papsttreuer
Liebe(r) Mamon,
leider scheinen Sie meinen Beitrag überhaupt nicht vollständig gelesen zu haben: an keiner Stelle deute ich auch nur an, dass „Tu was du willst“ eine Option wäre! Gott hat uns in der Geschichte sehr deutlich gezeigt, was ihm gefällt und was nicht, und wenn Jesus immer auch wieder von der Konsequenz der Hölle spricht, dann sollten wir das ernst nehmen. Wenn Sie mal durch diesen Blog sehen, werden Sie immer wieder auf diese und andere Themen stoßen.
Aber die Entscheidung für Gott treffen wir in Freiheit! Etwas ganz anderes ist ein Staat, der gesetzlich ein bestimmtes Verhalten erzwingt, durch Steuern enteignet und mit den Steuermitteln z.B. die jährlich hunderttausendfache Tötung von Kindern im Mutterleib finanziert. Ich versuche, Christus zu folgen, wenn aber der Staat sich an dessen Stelle setzen will, was jede Ideologie, von den Faschisten über die braunen bis zu den roten Sozialisten, propagiert, verliert er den Anspruch auf Gehorsam!
Mamon
Starke Worte, die man sich in einer Demokratie leicht erlauben kann! Gebt dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gott zusteht! Wie wollen Sie in denn mit Ihrem elitären Libertarismus dafür Sorge tragen, dass ALLE Bedürftigen in einem Staat Hilfe bekommen. Aber klar, zuerst einmal ist ja jeder für sich selbst verantwortlich… Ich mache mir die Welt wiedewiedewie sie mir gefällt… Ob das eine so gottgefällige Haltung ist? Und töten wir Europäer nicht mit unserer Wirtschaftsmacht und unserem immensen Reichtum, die auf der Ausbeutung der Welt über viele Jhd beruhen, nicht viel mehr Kinder?! Sie machen es sich ja so leicht!
LePenseur
@Mamon:
Starke Worte, die man sich in einer Demokratie leicht erlauben kann!
Nein, leider nicht mehr wirklich. Wäre der Blogbetreiber »Papsttreuer« bspw. Politiker, würde er bereits medial zur Sau gemacht werden wie seinerzeit Sarrazin. Man kann heute leider längst nicht mehr sagen, was man denkt außer man tut’s anonym und ist unwichtig genug, daß einen der Geheimdienst deshalb nicht fertigmacht.
Gebt dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gott zusteht!
Gutes Zitat aber was wollen Sie damit sagen? Daß das Füttern des ineffizienten Nanny-Staates durch konfiskatorische steuern deshalb gerechtfertigt ist? Darf ich Ihre geneigte Aufmerksamkeit darauf lenken, daß maßgebliche katholische Moraltheologen, wie z.B. der Hl. Alphons von Liquori, Steuern, die mehr als 10% des Einkommens ausmachen, als moralisch nicht rechtfertigbar bezeichneten und dem davon Belasteten faktisch das Recht auf Hinterziehung solch exzessiver Steuern einräumte. Heute beträgt die offizielle Abgabenquote in den meisten EU-Staaten zwischen 40% und 50% der Einkommen. Und wenn man die indirekten Steuern dazurechnet, noch deutlich mehr. Und das wollen Sie rechtfertigen?
Wie wollen Sie in denn mit Ihrem elitären Libertarismus dafür Sorge tragen, dass ALLE Bedürftigen in einem Staat Hilfe bekommen. Aber klar, zuerst einmal ist ja jeder für sich selbst verantwortlich…
Mit dem Satz haben Sie’s erfaßt. Jeder ist für sich verantwortlich, dann die Angehörigen, dann die Gemeinde, und zuletzt erst der Staat. SO sähe die Solidaritätshierarchie aus. Nicht bürokratisch nieselnder Geldregen über »Anspruchsberechtigte«.
töten wir Europäer nicht mit unserer Wirtschaftsmacht und unserem immensen Reichtum, die auf der Ausbeutung der Welt über viele Jhd beruhen, nicht viel mehr Kinder?!
»In der Marktwirtschaft ist niemand arm, weil einige Leute reich sind. Der Reichtum der Reichen ist nicht die Ursache der Armut anderer Leute. Der Vorgang, der einige Leute reich macht, ist im Gegenteil die Begleiterscheinung des Vorgangs, der vieler Leute Bedürfnisse befriedigt.« (Ludwig von Mises)
Sie machen es sich ja so leicht!
SIE machen es sich leicht! Libertäre hingegen machen es SICH keineswegs leicht. Denn sie drängen auf Selbstverantwortung und die fängt eben bei sich selbst an.
Wäre nicht schlecht, wenn auch SIE bei SICH anfangen würden …
Anonymous
Die „Satansbibel“ steht nicht in meinem Regal.Aber eine „Flut von Bibelzitaten“ wird sie enthalten. Auch Jesus hat sie sich bei seinem 40-tägegen Fasten in der Wüste „um die Ohren hauen“ lassen müssen. „Tu was Du willst“ ist ein verfälschtes
Plagiat aus den Schriften des hl. Augustinus, wo es heißt: „Liebe – und tu was Du willst!“ Dieser „kleine Unterschied“ macht aus Selbstvergötzung grenzenlose Freiheit. Und diese Freiheit und Weite ist katholisches Markenzeichen. A propos: „Neurechts“ ist auch etwas, was bisher nicht zu meinem Wortschatz gehört hat.Es steht offenbar für für Schubladendenken, das ganz und gar nicht katholisch ist. Dazu gehört auch – wie ich beobachtet habe – eine „Ökumene gegen Rechts“. Die Anleitung hierzu ist gewiss auch in der „Satansbibel“ enthalten. Was durch sie erreicht wird ist Spaltung und Fanatismus.
LePenseur
@Papsttreuer:
Nun bin ich zwar weder so religiös (wobei das »so« sich sowohl auf den vermuteten Intensitätsgrad, wie auch die »Richtung« bezieht), und schon gar nicht so papsttreu ;-) wie Sie dennoch: Ihrem Artikel kann ich manches (nicht: »alles«) abgewinnen!
Die Tiraden religionsferner Libertärer in Kauf nehmend, verlinke ich deshalb Ihren Artikel. Auch der eine oder andere meiner Leser soll sich ein paar Gedanken machen. Das schadet nie …
Papsttreuer
@ LePenseur:
Ich danke für die Verlinkung und werde den Kommentierungen gerne folgen – bestimmt kann ich auch was davon lernen :-)
http://lepenseur-lepenseur.blogspot.de/2013/11/libertarismus-die-liebe-zu-gott-und-die.html
Jorge
Eine lustige Diskussion. „Freiheit die ich meine…“
Aus befreiungstheologischer Sicht ist das natürlich ziemlicher Käse.
1. Die Verknüpfung von Freiheit und Privateigentum ist schonmal ein Grundfehler. Eigentum wird vom Christentum natürlich nicht abgelehnt. Aber es ist nicht Ausdruck von Freiheit, sondern Beschränkung der Freiheit.
Und zwar in zweifacher Hinsicht:
1.1 Erstens verpflichtet das Eigentum den Eigentümer zum Teilen. Siehe Sankt Martin. Eigentum an sich ist kein Wert, wer aber welches hat, muss verantwortlich damit umgehen, und das heißt im Wesentlichen, sein Eigentum den anderen (also der Gemeinschaft und vor allem den Bedürftigen) zur Verfügung stellen. Nennt sich Kommunitarismus und ist sehr christlich. Es läuft darauf hinaus, dass es am Ende nur noch wenig Privateigentum und ganz viel Gemeineigentum gibt. Also das Gegenteil von Privatisierung.
1.2 Ein zweiter Aspekt, unter dem das Eigentum als Beschränkung der Freiheit aufzufassen ist, ist der geistliche. Wer Eigentum hat, hängt daran sein Herz. Je mehr er sein Herz an sein Eigentum hängt, umso stärker ist er versucht, es zu vermehren, häufig sogar weit über den persönlichen Bedarf hinaus. Umso mehr Waffen schafft er sich folgerichtig an, um seinen Besitz gegen neidische Nachbarn zu verteidigen. Und das führt dann alles in allem zu Unterdrückung, Ausbeutung, Kriegen usw.
Je weniger der Christ sein Herz an Besitztümer hängt, desto freier ist er. Am Ende führt das dazu, dass ihm sein persönliches Eigentum ziemlich gleichgültig wird. Dadurch wird er dann frei und fähig, sein Eigentum zu verschenken (siehe Punkt 1.1).
Das Verhältnis von Eigentum und Freiheit ist im Christentum also genau umgekehrt wie im Kapitalismus. Der Kapitalist ist (oder fühlt sich) umso freier, je mehr Eigentum er hat, möglichst in fungibler Form (also Geld). Das schafft Möglichkeiten. Je mehr Möglichkeiten er hat, desto freier ist er, um sich seine Wünsche zu erfüllen.
Im Christentum ist diese Art von Freiheit eher nebensächlich. Man sucht nicht so sehr nach Möglichkeiten, sich seine Wünsche zu erfüllen, sondern nach Möglichkeiten, innerlich frei zu werden von diesen Wünschen und stattdessen Christus nachzufolgen. Dazu braucht man wohl manchmal auch Geld, aber im Prinzip verachtet man es, oder sagen wir: Man betrachtet es mit Indifferenz als Mittel zum Zweck und gleichzeitig mit einer gewissen Reserviertheit oder auch Abscheu, weil man ja weiß, dass viel zu viele Menschen ihr Herz ans Geld verlieren und damit auch ihre Freiheit zur Nachfolge einbüßen.
2. Ein zweiter Punkt, der aus befreiungstheologischer Sicht als falscher (nicht christlicher) Ansatz gelten muss, ist die liberale Definition, wonach die eigene Freiheit da endet, wo die Freiheit des anderen beginnt. Das ist bloße Ellenbogenfreiheit. Dieser Freiheitsbegriff setzt Rivalität voraus, Kampf jeder gegen jeden um möglichst viele Ressourcen und eigenen Lebensraum. Erfolgreich ist dann derjenige, der sich möglichst viel Freiraum verschafft, um seine eigenen Interessen zu verwirklichen und seinen Reichtum auszukosten. Mit Ellenbogen eben. Es gibt dann womöglich noch irgendwelche Regelungsinstanzen, um offensichtliche Benachteiligungen und allzu große Ungleichheit zu verhindern (Staat, Moral, Leviathan usw.), aber die Dynamik der Rivalität ist schon im Freiheitsbegriff vorgezeichnet und bedingt ein unaufhebbares Gegeneinander.
Der christliche Begriff von Freiheit ähnelt hier sehr viel stärker dem Freiheitsbegriff der anarchistischen Tradition. Der Anarchist sagt: Ich bin so lange unfrei, bis alle anderen auch frei sind. Er denkt also prinzipiell im Miteinander und nicht im Gegeneinander. So ähnlich ist das auch beim Christen. Er sieht im Nachbarn nicht den potentiellen Gegner, sondern den potentiellen Nächsten. Und den muss der Christ ja lieben wie sich selbst.
3. Als dritten Punkt könnte man noch die Frage der Gleichheit thematisieren. Ungleiche Verteilung des Reichtums ist ja eine Schlüsselfrage in der Diskussion um „soziale Gerechtigkeit“. Die Debatte um die Ungleichheit war ja auch einer der Auslöser der aufklärerisch-bürgerlichen Umwälzungen des 18. Jh. (Rousseau usw.), steht also am Anfang des Liberalismus.
Hier ist der Christ wesentlich gelassener als der Marxist. Für beide steht zwar die Solidarität im Mittelpunkt ihres Wertesystems, aber während der Marxist meint, Gleichheit auf Teufel komm ‚raus verwirklichen zu müssen (und dass diese Realisierungsversuche zu wahrlich teuflischen Zuständen führten, wissen wir ja alle), kann der Christ mit einer gewissen Ungleichheit durchaus leben, materiell wie ideell. Das könnte man noch weiter ausführen, es versteht sich aber denke ich von selbst. Es liegt vermutlich an dem unter Punkt 1.2 Ausgeführten Umstand, dass der Christ den Reichen nicht so sehr beneidet, sondern bemitleidet.
Papsttreuer
Lieber Jorge,
zunächst mal danke ich für die umfangreiche und durchdachte Antwort. Ganz offensichtlich, das macht nicht nur dieser sondern auch andere Kommentare, die mich erreichen, deutlich, habe ich aber einen Punkt nicht deutlich genug gemacht. Wenn darauf hingewiesen wird, dass Eigentum verpflichtet, dann ist das eine säkularisierte aber deshalb nicht falsche Umformulierung der christlichen Botschaft der Nächstenliebe. Wem viel gegeben ist, und das würde ich auch auf finanzielle Mittel beziehen, von dem wird viel verlang werden. Natürlich rufe ich auch nicht zu einer Anbetung des Wohlstands auf wer meine Blogbeiträge liest, wird das wissen, im obigen Beitrag mag dieser Aspekt zu kurz gekommen sein allerdings warne ich auch eindringlich vor einer Anbetung des Staates!
Die Annahme der christlichen Botschaft, die Annahme der Berufungen, egal in welcher Form sie uns erreicht, erfolgt freiwillig. Sie weisen hinsichtlich der Notwendigkeit des Teilens auf Sankt Martin; der ist in der Tat ein gutes Beispiel: er wird nämlich nicht nur nicht zum Teilen gezwungen, sondern er setzt sich der Überlieferung nach mit dem Teilen auch dem Spott seiner Kameraden aus. Die Frage, die man sich hypothetisch stellen könnte wäre, wie Martin reagiert hätte, wenn es damals ein ausgeklügeltes Steuer- und Sozialsystem gegeben hätte, dass eigentlich für die Sorge um die Armen zuständig gewesen wäre? Als Heiliger hätte er wahrscheinlich trotzdem geholfen, aber ich nehme an, der Punkt wird klar: staatlicher Zwang zur Hilfe entspringt nicht einer christlichen Berufung sondern einem sozialistischen Gleichmacherei.
Wenn Sie weiterhin darauf hinweisen, dass eine Freiheit die da endet, wo die Freiheit des anderen beginnt eine Ellenbogenmentalität hervorbringt. Die Ansicht teile ich nur bedingt: diese Mentalität ist im alten Menschen sicher angelegt, sie wird aber auch nicht dadurch verringert, dass man mit gesetzlichen Maßnahmen eingreift: Gesetze, das ist meine Überzeugung, verursachen eher Umgehungslösungen statt ein Problem wirklich anzugehen. Man kann gerade den Markt aber auch anders bewerten, nicht als gegeneinander sondern als miteinander. Den größten Erfolg haben in aller Regel eben nicht die Unternehmen, die sich über moralische Bedenken hinwegsetzen sondern die, die sich ein moralisches Gewissen (personalisiert in der Geschäftsführung) bewahrt haben und innerhalb dieses moralischen Rahmens handeln. Ein gesetzlich definierter Rahmen, noch dazu mit zweifelhaften moralischen Vorgaben, betäubt dieses Gewissen eher als es dieses ausbildet. Die Mentalität eines strengen staatlichen Zwangsrahmens, die Mentalität eines Rechtspositivisten ist doch: Was nicht verboten ist, ist erlaubt! der Christ hingegen ist aufgefordert, sein Gewissen zu schulen um sich klar zu werden, was gut und was böse ist. Und diese Entscheidung trifft er in Freiheit was nicht bedeutet, dass die Entscheidungen konsequenzenfrei ist gerade dem Christen ist dies klar.
Mein Fazit aus den Überlegungen, die ich mir bislang zum Thema Libertarismus gemacht habe, ist, dass gerade die Verknüpfung von Libertarismus und christlichem Glauben erfolgversprechend ist. Aber auch ein atheistischer Libertarismus führt über die Langfristigkeit der Überlegungen (Zeitpräferenzen fehlen in Ihren Ausführungen leider) zu ethisch vertretbarem Handeln. Gibt es dazu Ausreißer, wird es Menschen geben, die sich über moralische Bedenken, die nicht in Gesetzesform gegossen sind, hinwegsetzen? Sicher gibt es die, aber wer will denn mit denen noch zu tun haben, mit denen Geschäfte machen? Auch aus rein weltlicher Sicht ist ein solches Vorgehen nicht erfolgversprechend.
Insofern ist die staatliche Gängelung, das engmaschige Gesetzeswerk, mit dem versucht wird, von der die Mülltrennung bis zur wirtschaftlichen Gleichstellung aller Menschen alles geregelt werden soll, der eigentlich größte Käse, um Ihre Wortwahl zu verwenden. Es ist die Abschaffung des Gewissens zu Gunsten eines Rechtspositivismus die hier betrieben wird einem gottlosen Staat bleibt allerdings auch nichts anderes übrig!
LePenseur
@Jorge:
Aus befreiungstheologischer Sicht ist das natürlich ziemlicher Käse.
Sie gestatten, daß ich meinerseits Befreiungstheologie aus libertärer Sicht natürlich als ziemlichen Käse empfinde. Wird Sie nicht überraschen, nehme ich an.
Erstens verpflichtet das Eigentum den Eigentümer zum Teilen.
Nö! Eigentum verpflichtet nicht, sondern berechtigt. (§ 354 ABGB: »Als ein Recht betrachtet, ist Eigentum das Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden andern davon auszuschließen.«). Es verpflichtet u.U. die Moral zu bestimmten Handlungen, die faktisch nur möglich sind, wenn hinreichendes Eigentum vorhanden ist aber das ist erst der zweite Schritt.
Eigentum an sich ist kein Wert, wer aber welches hat, muss verantwortlich damit umgehen, und das heißt im Wesentlichen, sein Eigentum den anderen (also der Gemeinschaft und vor allem den Bedürftigen) zur Verfügung stellen.
Damit wird das Eigentum zm »nudum jus«, zu einer Worthülse ohne Inhalt. Und widerspricht diametral der obigen Definition von Eigentum.
Nennt sich Kommunitarismus und ist sehr christlich.
Nein, so wie Sie das schreiben, nennt sich das eher Kommunismus und ist nicht sehr christlich.
Wer Eigentum hat, hängt daran sein Herz. Je mehr er sein Herz an sein Eigentum hängt, umso stärker ist er versucht, es zu vermehren, häufig sogar weit über den persönlichen Bedarf hinaus.
Was, solange es nicht durch Gewalt und/oder Betrug geschieht, sondern in konsensualen Geschäftsbeziehungen, moralisch völlig in Ordnung ist.
Umso mehr Waffen schafft er sich folgerichtig an, um seinen Besitz gegen neidische Nachbarn zu verteidigen. Und das führt dann alles in allem zu Unterdrückung, Ausbeutung, Kriegen usw.
Ach, ich darf das, was ich mir rechtmäßig erworben habe, nicht gegen neidische Nachbarn, die es mir unrechtmäßig wegnehmen (m.a.W.: rauben) wollen, verteidigen? Meinen Sie das ernst?
Je weniger der Christ sein Herz an Besitztümer hängt, desto freier ist er.
Völlig d’accord! Nur übersehen Sie völlig, daß es ganz was anderes ist, Eigentum zu haben, aber sein Herz nicht daran zu hängen, als Eigentum nicht zu haben, oder nur als leere Worthülse. Ersteres ist in der Tat befreiend letzteres macht mich zum Sklaven der Obrigkeit oder der Mildtätigkeit meiner Umgebung.
Papsttreuer
Ich freue mich, dass zwei Blogs (soweit ich weiß) diesen Beitrag verlinkt haben – ein katholischer und eine libertärer (Vorsicht, Schubladisierung):
http://blog.derherralipius.com/2013/11/ich-mache-mich-jetzt-mal-unbeliebt.html
http://lepenseur-lepenseur.blogspot.de/2013/11/libertarismus-die-liebe-zu-gott-und-die.html
Danke an Alipius Müller und Le Penseur!
LePenseur
@Jorge (Fortsetzung):
Der Kapitalist ist (oder fühlt sich) umso freier, je mehr Eigentum er hat, möglichst in fungibler Form (also Geld). Das schafft Möglichkeiten. Je mehr Möglichkeiten er hat, desto freier ist er, um sich seine Wünsche zu erfüllen.
Im Christentum ist diese Art von Freiheit eher nebensächlich. Man sucht nicht so sehr nach Möglichkeiten, sich seine Wünsche zu erfüllen, sondern nach Möglichkeiten, innerlich frei zu werden von diesen Wünschen und stattdessen Christus nachzufolgen.
Nur in einem sehr speziellen Fall von Christentum mag das so sein. Wenn Sie nämlich dem Ordensstand angehören. Das tun aber geschätzte 99,9% der Christen nicht, die leben nicht im »geschützten Bereich« eines Klosters, sondern die sind von Arbeitslosigkeit gefährdet, die brauchen für sich und ihre Familie eine Wohnung oder ein Häuschen (Sie wissen, was das kostet?), die ahnen, daß sie sich ihre staatliche Rente wegen der zusammenbrechenden Sozialsysteme vermutlich rektal applizieren können und brauchen dafür Rücklagen. Eigentum.
Oder sie sind pöhse Kapitalisten, dann brauchen sie noch weiteres Eigentum für wirtschaftliche Notfälle, weil sie ihren Betrieb ja nicht von heute auf morgen dichtmachen können (Abfertigungen, Kündigungs- und Haftungsfristen, Lieferverträge etc.), sondern irgendwie »durchtauchen« müssen. Das kostet Geld. Weil sie für Fehler (auch ihrer Mitarbeiter) haftbar sind. Noch mehr Geld. Weil sie durch bessere und/oder billigere Konkurrenz auf ihrem schlechteren/teureren Lager sitzenbleiben. Weil sie … just name it. Wer da kein Eigenkapital hat, ist beim leisesten Windhauch bankrott.
Er sieht im Nachbarn nicht den potentiellen Gegner, sondern den potentiellen Nächsten.
Und hätte das »im Kapitalismus« (nicht in den sozialstaatlich deformierten Bevormundungssystemen, die wir jetzt haben, und die irreführenderweise »Kapitalismus« genannt werden) jemals nicht gegolten? Glauben Sie ernstlich, ein Anwalt betrachtet seine Klienten als »Gegner«, oder ein Tapezierer seine Kunden? Versucht er nicht viel eher, diese möglichst zufriedenzustellen denn nur zufriedene Kunden bleiben auch welche?!
Ungleiche Verteilung des Reichtums ist ja eine Schlüsselfrage in der Diskussion um „soziale Gerechtigkeit“.
Nochmals: nein. Was da als »soziale Gerechtigkeit« verkauft wird, ist die Mogelpackung der Sozialklempner auf Steuerkosten, d.h. der Politiker und der Sozialverwaltung, die ihre Suche nach moralischer Befriedigung auf unsere Kosten auslebt.
… Umstand, dass der Christ den Reichen nicht so sehr beneidet, sondern bemitleidet.
Nun, das ist eine Erfahrung, die ich in meinem nicht ganz kurzen Leben von Seiten der »Herz-Jesu-Sozen« eher selten gemacht habe. Meist schwappte mir da eine ziemlich gallige Moralinsäure entgegen …