Vor manchen Nachrichten hockt man und fragt sich Was treibt diesen Mann? Man hat Zweifel, ob es der Geist der Kirche sein kann, der den Freiburger apostolischen Administrator, Erzbischof Robert Zollitsch umtreibt, wenn er sich gegen die Anforderungen des Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Müller, stellt, der gefordert hat, die unselige Handreichung zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen des Freiburger Seelsorgeamtes, zurück zu nehmen. Nur noch mal zur Erinnerung: Der Präfekt der Glaubenskongregation, hat darauf hingewiesen, dass die Inhalte des Dokuments dahingehend der katholischen Lehre widersprechen, dass der Empfang der Eucharistie in die Gewissensentscheidung des wiederverheirateten Gläubigen gestellt wird und Gebetsfeiern für Wiederverheiratete eingerichtet werden können. Müller weist auch darauf hin, dass das Dokument wertvolle pastorale Hinweise enthalte, in den genannten Punkten aber lehramtlichen Aussagen widersprechen (siehe auch hier)
Nun mag man sich ja überlegen, ob die Aussage, wiederverheiratete Geschiedene sollten zwar pastoral intensiv begleitetet werden, sie seien aber nicht zur Eucharistie zugelassen, christlich sei. Dazu hatte Bischof Müller in gleichem Zusammenhang eine Zusammenfassung lehramtlicher Äußerungen im Osservatore Romano eingestellt, die die Legitimität der kirchlichen Lehre untermauert. Betrachtet man das aber mal ganz neutral fällt mir zugegeben schwer dann kann innerhalb der Kirche grundsätzlich jede Aussage, die nicht dogmatisch formuliert ist, diskutiert werden. Über eine kirchliche Lehre zu diskutieren ist aber etwas anderes, als sie einfach zu ignorieren.
Im Konradsblatt, der Freiburger Kirchenzeitung, wird nun nach einem Bericht von kath.net der Erzbischof mit folgenden Worten zitiert:
Dass sich der Diözesanrat nicht allzu lange mit diesem Vorgang beschäftigte, so berichtete das Konradsblatt weiter, lag vielleicht auch an der klaren Botschaft von Erzbischof Zollitsch, der persönlich dazu Stellung nahm und deutlich machte, dass es in Sachen Handreichung nichts zurückzunehmen gibt. Die Freiburger Initiative verstehe sich als Beitrag zur derzeit laufenden Diskussion über dieses Thema. Das Erzbistum wolle konstruktive Impulse geben im Blick auf eine eigens zu diesem Thema eingerichtete Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz wie auch im Blick auf die für den Herbst 2014 geplante Bischofssynode in Rom, betonte der Erzbischof und unterstrich die Notwendigkeit, zum Wohl der betroffenen Menschen theologisch und pastoral verantwortbare Wege zu entwickeln.
Denn neben einer Verstärkung der Ehepastoral sei es eine wichtige und zentrale Aufgabe der Kirche, Geschiedene, die zivil wieder heiraten, mit ihren Fragen und Sorgen nicht sich selbst zu überlassen, sondern ihnen zu helfen und in die kirchlichen Gemeinden zu integrieren, so Robert Zollitsch. Ausdrücklich unterstütze der Erzbischof die kürzlich vom Münchner Kardinal Reinhard Marx geäußerte Überzeugung, dass der Präfekt der Glaubenskongregation die Diskussion nicht beenden kann und die Diskussion über dieses Thema in der ganzen Breite weitergehen werde.
Man staunt über soviel zur Schau gestellte Renitenz gegen katholische Lehren bei einem Bischof, noch dazu, jedenfalls bis zur im kommenden Jahr anstehenden Wahl eines Nachfolgers, des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz.
Aber eins nach dem anderen: Wer das Dokument des Seelsorgeamtes liest, der stößt in der Tat auf gute und wichtige Hinweise, wie geschiedene und zivil wiederverheiratete Katholiken in die Kirche eingebunden sein können, wie eine entsprechende Begleitung erfolgen kann. Streicht man die strittigen Punkte heraus, dann handelt es sich um ein gutes Dokument, in dem die Betroffenen wertgeschätzt werden und bei dessen Anwendung eine Glaubensstärkung erfolgen kann. Das hat Erzbischof Müller auch nicht bestritten sondern darauf sogar, in anderen Worten aber doch deutlich, hingewiesen. Und – deshalb reite ich darauf so rum – das ist ein Verdienst der Autoren dieses Dokuments!
Dann gibt es aber die entsprechenden Abschnitte, in denen den Betroffenen der Empfang der Eucharistie als persönliche Gewissensentscheidung zugestanden wird. Bischof Müller weist darauf hin, dass es sich dabei um eine Gewissensdefinition handele, die nicht eine christliche ist. Insofern kann es auch bei den Betroffenen keine richtige, gute Entscheidung gegen die Lehre der Kirche geben es sei denn, sie wäre ihnen nicht bekannt, was aber an dieser Stelle nicht thematisiert ist. Die kirchliche Lehre, nach der die Ehe ein nicht auflösbares Sakrament ist, bedeutet im Fall des Ehebruchs, und der liegt folgerichtig bei einer zivilen Wiederverheiratung vor (eine Josefsehe mal außen vor gelassen), dass sich die Betroffenen im Zustand der schweren Sünde befinden. Das betrifft nur nebenbei bemerkt nicht nur wiederverheiratete Geschiedene, sondern jeden, der eine schwere Sünde auf sich geladen hat, bei einer Eheschließung wird dies nur quasi offiziell und für jeden nachvollziehbar. Und in diesem Zustand ist der Empfang der Eucharistie, der Empfang des Leibes Christi, der für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist, ausgeschlossen.
Wollte man dies ändern, müsste man sich also über Änderungen am Gewissensbegriff oder in der sakramentalen Bedeutung der Ehe oder der Eucharistie verständigen. Ausgeschlossen ist das vielleicht nicht, aber auch als katholischer Laie kann man erkennen, dass solche Änderungen nicht mal eben durchgeboxt werden im Rahmen der Glaubenslehre der Kirche werden solche Fragestellungen im Verlauf von Jahrzehnten oder Jahrhunderten geklärt. Wenn Erzbischof Zollitsch nun also das Papier seines Seelsorgeamtes als Beitrag zur derzeit laufenden Diskussion über dieses Thema verniedlicht, mit der man konstruktive Impulse geben [wolle] im Blick auf eine eigens zu diesem Thema eingerichtete Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz wie auch im Blick auf die für den Herbst 2014 geplante Bischofssynode in Rom, dann muss man, mir fällt keine Alternative ein, davon ausgehen, dass er bewusst gegen die katholische Lehre argumentiert. Ein veröffentlichter Leitfaden, der nun auch zur Anwendung kommt, ist eben kein Diskussionsbeitrag sondern schafft Fakten: Er schafft Verwirrung unter Gläubigen, die nicht mehr wissen, ob denn nun die katholische Lehre gelten soll oder eine Handreichung des Seelsorgeamtes Freiburg. Er schafft Gewissensnöte bei denen, die sich ihrer Handlungen nicht mehr sicher sind, auch und vor allem bei Seelsorgern, die sich der katholischen Lehre verpflichtet fühlen und nun nicht mehr sicher sind, ob sie den Betroffenen mit der Verweigerung der Eucharistie nicht unrecht tun. Und er sorgt (oder kann das tun) für eine Vielzahl von Gläubigen die hinsichtlich ihres Gewissens und ihres Glaubens an die Sakramente der Ehe und der Eucharistie in die Irre geführt werden.
Das zu verhindern ist übrigens eine Aufgabe der Glaubenskongregation. Deren Aufgabe ist es nicht, Hardliner gegen jede Neuentwicklung zu sein, sondern sich um die Reinheit der Lehre zu mühen, die sich aus der Bibel, der Überlieferung und den Aussagen des Lehramtes ergibt. Jede Abweichung davon schafft Verwirrung und bietet dem Teufel einen Türspalt, unsere Beziehung zu Gott, mal im Großen mal im Kleinen, zu stören. Darum geht es einem Erzbischof Müller, nicht darum, Kirchenmitglieder zu gängeln, und darum verlangt er die Rücknahme des Dokumentes. Dagegen zu verstoßen ist die Verantwortung, die der scheidende Erzbischof Zollitsch sich aufgeladen hat. Ich spreche ihm wie auch Bischof Müller nicht den guten Willen ab, konstruktiv auf die Betroffenen zugehen zu wollen. Es bleibt aber die Frage: Was treibt ihn, so zu handeln wie er es gerade tut?
Johannes Kubon
„Wollte man dies ändern, müsste man sich also über Änderungen am Gewissensbegriff oder in der sakramentalen Bedeutung der Ehe oder der Eucharistie verständigen. Ausgeschlossen ist das vielleicht nicht,…“ Diesen Satz finde ich ein wenig problematisch, vermittelt er doch den Eindruck, dass letztlich alle Glaubenswahrheiten veränderbar sind. Auch müsste man die Handlungsweise von EB Zollitsch dann evtl. milde als vorauseilenden Gehorsam werten.
HolgerG
Tja, die Lehre der Kriche hängt nun einmal nicht nur an Rom, Küng bringt es in Anlehnung an Rahner auf den Punkt. Wenn das Gottesvolk eine Lehre nicht rezipiert, ist die Lehre ungültig. Humanae vitae ist das beste Beispiel dafür, wie eine Lehre von der überwiegenden Mehrheit des Gottesvolkes nicht angenommen wird. Und wenn man den Befund des NT zur Ehe heranzieht, dann sind die Aussagen gar nicht so eindeutig. Da gibt es die Unzuchtsklausel, die mögliche Scheidung von Ungläubigen etc. Zollitsch und Ackermann haben Recht. Natürlich muss Müller die bisherige Lehre darlegen, das ist seine Aufgabe, die Diskussion kann er aber nicht verbieten. Und dass diese nicht abreißt, zeigt deutlich, dass das Gottesvolk diese Lehre nicht akzeptiert. Und damit hat das Lehramt die Pflicht, diese Lehre entweder neu zu verdeutlichen oder ggf an die biblischen Vorgaben anzupassen.
Papsttreuer
Vielen Dank zunächst für die Kommentare!
@ Johannes Kubon: Was ich zum Ausdruck bringen wollte, war folgendes: selbst wenn die entsprechende Lehre der kaktholischen Kirche eines Tages angepasst würde (besser: man zu einer anderen Interpretation der Lehre käme), was ich mir nicht vorstellen kann, wäre das Vorgehen in Freiburg noch immer abzulehnen, denn mit diesem Papier stehen zwei widerstrebende Lehren im Raum. Das hat Zollitsch jetzt zu verantworten!
@HolgerG: Wieso rezipiert das „Gottesvolk“ die Lehre nicht? Ich zähle mich jedenfalls dazu und nehme sie an! Oder ist das in Ihren Augen eine Frage der Mehrheit? Und eine Diskussionsgrundlage ist das Papier deshalb nicht, weil es veröffentlicht und nicht zur Diskussion gestellt wurde. Wenn es tatsächlich mal als Diskussionspapier gedacht war, so wäre die Veröffentlichung entweder grob fahrlässig oder einfach nur dreist (wohin ich tendiere habe ich deutlich gemacht)
Herzliche Grüße und Gottes Segen!
Templarii
Warum wird er nicht entlassen? Jeder Kaninchenverein kann es schneller. Entlassen, wegen Betrugs anzeigen, Schadenersatz verlangen. Haus weg, Lohn weg, Auto weg, Arbeitslos.
Dann kann er sein Christentum leben. Aber nicht auf Kosten von Zwangsgeldern.
sophophilo
@ HolgerG »Tja, die Lehre der Kriche hängt nun einmal nicht nur an Rom, Küng bringt es in Anlehnung an Rahner auf den Punkt. Wenn das Gottesvolk eine Lehre nicht rezipiert, ist die Lehre ungültig.«
Ja, ne, is klar. Also ich gehöre kraft der Taufe auch dem „Volk Gottes“ an, und ich rezipiere (und akzeptiere und verteidige) die kirchliche Lehre. Ich kenne sogar einen ganzen Haufen Leute, die es mir gleichtun! Ergo ist die kirchliche Lehre gültig.
»Humanae vitae ist das beste Beispiel dafür, wie eine Lehre von der überwiegenden Mehrheit des Gottesvolkes nicht angenommen wird.«
Achso, die Mehrheit entscheidet… gut, dass das geklärt ist!
Wo war noch mal die Stelle, wo Gott über seine Gebote abstimmen ließ?
Natürlich ist diese Art vom „Gottesvolk“ zu reden Nonsens, denn sie hat in der Regel nur den selbstgerechten Haufen im eigenen Dunstkreis im Blick. Nicht gesehen werden diejenigen, die sich bemühen der kirchlichen Lehre treu zu sein, die Weltkirche im Ganzen und noch viel weniger die Kirche in ihrer Gesamtheit, zu der bekanntlich auch ihre verstorbenen Glieder aller Jahrhunderte gehören wie auch die, die, so Gott will, nach uns kommen.
Funfact: schätzungsweise 100% aller Heiligen die wir im Kirchenjahr verehren (ca. 99% davon sind übrigens „vorkonziliar!), haben die kirchliche Lehre akzeptiert… was sagt uns das?