Viele von denen, die ein nennen wir es mal so aktives christliches Leben führen, sehen ihre Aufgabe auch im Apostolat, in der Evangelisierung. Zu denen möchte ich mich auch gerne zählen, auch wenn ich mir dabei sehr bewusst bin, dass ich trotz all meiner Bemühungen niemanden glauben machen kann. Das Geschenk des Glaubens ist keines, dass ich zu vergeben hätte, auch kein Priester, kein Bischof, auch nicht der Papst selbst. Es ist Gott, der dieses Geschenk macht, und wir sind lediglich aufgerufen, dabei zu helfen, dass dieses Geschenk auch gesehen wird und angenommen werden kann.
Aber was sind dann die Erfolgsfaktoren der Evangelisierung, womit kann ich sicherstellen, dass meine Evangelisierungstätigkeit, persönlich oder in Gemeinschaft mit anderen, erfolgreich sein kann? Das persönliche Zeugnis, so meine Einschätzung, ist dabei ein wesentlicher Faktor: Wenn ich ein Leben der Umkehr propagiere, dann sollte ich auch ein solches führen. Aber wenn ich ehrlich bin, bin ich sicher keine Blaupause christlichen Lebens.
Überzeugen und nicht überreden ist auch so eine Prämisse: Wer ein geistliches Leben führt, regelmäßig die Bibel liest, vielleicht auch geistliche, theologische Texte, der gerät irgendwann in Gefahr, den Gegenüber nieder zu bibeln, statt ihn dort abzuholen wo er steht (und mutmaßlich abgeholt werden will). Aber wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht sagen, dass ich in meinem Reden und Schreiben immer so adressatengerecht bin, wie ich es sein sollte.
Aufmerksamkeit muss das, was ich tue auch erregen: Mein Gegenüber soll den Glauben ja als anziehend und wertvoll erleben. Aber wenn ich ehrlich bin fällt es mir, gerade weil ich mich viel in einem Umfeld bewege, in denen Christen leben, die bereits glauben, oft nicht leicht zu sehen, was die positive Aufmerksamkeit von jemandem erregt, der damit bisher gar nichts anfangen kann.
Liebe zu dem anderen muss mich umtreiben: Derjenige, der nicht glaubt, ist nicht mein Feind, er ist schon gar nicht mein Opfer, er ist mein Nächster, dem das entgeht, was ich für das wichtigste auf der Welt halte. Aber wenn ich ehrlich bin, neige ich bei Kritik an meinem Glauben dazu, dem anderen (bewusste oder teilweise auch unbewusst) unlautere Absichten oder gezielt beibehaltenes Unverständnis zu unterstellen, und so ist zumindest mein Tonfall oft nicht liebevoll.
Liebe zu Gott muss meine Basis sein: Es muss mir in der Evangelisierung bewusst sein, dass ich nicht ein Regelwerk propagiere, nicht eine Morallehre, sondern die Liebe zu Gott, die eine Antwort ist auf die Liebe Gottes zu uns. Aber wenn ich ehrlich bin, neige ich auch dazu, die Morallehre, gerade weil sie aus Unkenntnis der ihr zugrunde liegenden Liebe Gottes so oft mit Füßen getreten wird, in den Vordergrund zu rücken, sodass meine Liebe zu Gott und Gottes Liebe zu mir uns meinem Gegenüber kaum noch durchdringen kann.
Man könnte verzweifeln, wenn man sich vor Augen hält, wie wenig erfolgreich Evangelisierung vor diesem Hintergrund sein kann. Aber, und das muss ich mir immer vor Augen halten: Gott bemisst mich nicht am Erfolg meiner Evangelisierung! Und er bemisst vor allem auch diejenigen, um deren Glauben ich mich bemühe, nicht nach meinen untauglichen Versuchen, sie zu Gott zu führen.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern : Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.
So heißt es unter anderem im heutigen Tagesevangelium (Matthäus 7, 7-12) von dem ich mich immer wieder ertappt fühle, wenn ich mal wieder zu sehr auf meine eigenen Fähigkeiten vertraue. Ich kann und soll mich um ein heiliges Leben bemühen. Ich kann und soll mich auch um den Glauben der anderen, um Evangelisierung bemühen. Aber einen Erfolgsfaktor dabei übersehe ich nur zu leicht, ohne den ein Erfolg dabei gar nicht möglich ist: Gott darum zu bitten!