Wenn ich ehrlich bin, möchte ich in Deutschland auch nicht Bischof sein, vor allem dann nicht, wenn ich meinen Glauben in rechter Weise vorleben möchte das Minenfeld ist einigermaßen unüberschaubar und es lauern überall Gläubige, die immer besser wissen, was wirklich katholisch und was häretisch ist. Und für den Fall, dass die dann auch noch einen Blog betreiben oder Journalisten sind, machen sie auch keinen Hehl aus ihrer Erkenntnis. Und auf der anderen Seite lauert eine Weltlichkeit, die auch nur darauf wartet, einen bei einem Fehler, einem Widerspruch oder einer auch noch so kleinen Diskriminierung zu ertappen.
Beispiel gefällig: der Bund katholischer Ärzte ist beim diesjährigen Katholikentag in Regensburg nicht zugelassen. Schon beim letzten Katholikentag stand diese Vereinigung in der Kritik, weil sie in ihren Flyern behauptete, Homosexualität sei in bestimmten Fällen therapier- und heilbar, mithin eine Störung oder Krankheit. Dieses Jahr dann als Konsequenz dieser scheinbar homophoben Position: Rausschmiss! Nun hätte man den Stand dieser Vereinigung auch zulassen und sie zu einer kritischen Auseinandersetzung mit anderen Positionen verpflichten können. Man hätte dann das Thema aus Sicht der Bibel und des katholischen Lehramtes betrachten und möglicherweise zu einem gemeinsamen Verständnis zurück finden können Brücken bauen, was man laut Motto des Katholikentages doch mit Christus tun will. Hier hat man sich entschieden, Brücken abzureißen!
Dass es auch anders geht, haben Katholikentagsleitung und der veranstaltende Bischof Vorderholzer, der nicht als besonders progressiv bekannt ist, sich aber wohl dem Faktischen beugen musste, bewiesen, als es um die Zulassung der Schwangerenberatungsorganisation Donum Vitae ging, die seit der kirchlichen Untersagung durch Johannes Paul II. noch immer pseudokatholische Konfliktberatung unter Ausstellung des zu einer Abtreibung berechtigenden Beratungsscheins anbietet. Eine solche Vereinigung, die sich seit Jahren gegen Kirchenrecht stemmt und trotzdem von sich behauptet, katholisch zu sein, müsste mit gleichem Recht auch vom Katholikentag ausgeschlossen werden. Aber oh Wunder hier hat man eine andere Regelung gefunden:
Wir schlagen der Katholikentagsleitung vor, die Beteiligung von Donum Vitae am Katholikentag zuzulassen. Zu dieser Duldung durch Bischof Dr. Rudolf Voderholzer gehört, dass auf dem Katholikentag in Regensburg eine große Veranstaltung stattfindet, in der rund 15 Jahre nach den Entscheidungen von 1999 unter Beteiligung namhafter Vertreterinnen und Vertreter beider Positionen das Für und Wider des Engagements innerhalb der gesetzlichen Schwangerschaftskonfliktberatung diskutiert wird.
(aus der Erklärung von Bischof Voderholzer und ZdK-Präsident Glück)
Ob hier mit zweierlei Maß gemessen wird? Angesichts der Tatsache, dass es beim Bund katholischer Ärzte um Bestrebungen geht, Menschen zu helfen, die unter ihrer Homosexualität leiden und einen Ausweg suchen, während man bei Donum Vitae Tötungsscheine für ungeborene Kinder ausstellt, wird man wohl nicht umhin können, das so zu sehen.
Dann flatterten in den letzten Wochen noch die Informationen durch die katholischen Medien, nach denen der christliche aber nichtkirchliche Beratungsverein Pro Femina in den Bistümern Augsburg, Freiburg und Speyer nicht mehr in kirchlichen Einrichtungen für seine Aktion 1000plus werben darf, ein de-facto-Verbot, das offenbar auf Betreiben des katholischen Caritasverbandes ausgesprochen wurde (glücklicherweise gibt es auch Bistümer, die diesem Vorgehen deutlich wiedersprechen). Insbesondere, darauf weist das Bistum Freiburg hin, dürften hierfür keine Kollektengelder verwendet werden. Und siehe da, was erreicht die katholischen Kirchen in Deutschland am vergangenen Wochenende: Ein Aufruf zu einer Sonderkollekte für den Kirchentag 2014!
Man merke sich: Pro Femina, mit einem konsequent am Lebensrecht des ungeborenen Kindes ausgerichteten Beratung darf nicht durch Kollektengelder unterstützt werden, die Teilnahme von Donum Vitae, die den Abtreibungsberechtigungsschein ausstellt, am Katholikentag der nebenbei bemerkt sowieso schon zu einem Drittel aus sogenannten Eigenmitteln, letztlich also Kirchensteuergeldern finanziert wird dagegen schon!
(Wohlgemerkt dabei: das Bistum Regensburg sieht nach Berichten von kath.net keinen Grund, Spendenaktionen für die Aktion 1000plus zu untersagen nur damit hier nicht der falsche Bischof ins Visier gerät!)
Ich gebe zu, ich möchte kein deutscher Bischof sein, der sich mit solchen Blogbeiträgen oder Berichterstattungen auseinanderzusetzen hat aber ich selbst kann das alles nur noch mit einer erheblichen Portion Sarkasmus ertragen und den Herrn bitten, unserer Kirche echte Hirten zu senden!
Burdi
Ihre einseitige Sichtweise qualifiziert Sie wahrlich nicht für das Amt eines Bischofs, der schließlich für die Einheit steht. Nicht die Ausstellung eines Scheines tötet, sondern die Entscheidung einer Frau. Ohne Schein, hätte man niemals die Möglichkeit, genau diese Frauen zu erreichen.
Und der Katechismus sagt eindeutig, dass die Ursachen für Homosexualität nicht geklärt sind, dass diese Menschen dies nicht gewählt haben. Hier von einer Krankheit zu sprechen, ist bei allem Leid, das einzelne Personen mit ihrer Homosexualität erleben, ungeheuerlich. Gibt es doch auch Menschen, die an ihrer Kirche leiden. Vermutlich entsteht dieses Leid doch gerade erst aufgrund der katholischen Lehre, die den Menschen vermittelt, dass sie ungeordnet fühlen oder wie die Ärzte sagen, krank sind.
Letztendlich will DV Leben retten, die Ärzte vertreten Positionen, die nach Meinung der meisten Experten das Leid dieser Menschen verstärken.
1000plus ist eine Organisation, die vorwiegend von Piusbrüdern und Evangelikalen getragen wird. Frauen, die sich gegen das Kind entscheiden werden fallen gelassen, wie eine heiße Kartoffel, obwohl gerade sie der weiteren Hilfe bedürften. Ist das christlich? nein, diese Organisation muss nicht in katholischen Kirchen auftreten.
biggi1811
@Burdi
Mir ist neu, dass der Katechismus beantsprucht, kompetent in medizinischen und psychologischen Fragen zu sein. Ganz unabhängig von der Frage, ob die Ursachen für Homosexualität geklärt sind oder nicht, gibt es unstreitig viele Menschen, die unter ihrer Homosexualität leiden und sie überwinden wollen. Und es gibt sowohl Therapeuten, die damit sehr erfolgreich sind, und es gibt Ex-Homosexuelle, die unter Beweis stellen, dass das möglich ist. Warum also dieser Eifer, genau diese Tatsachen zu leugnen?
Und zum zweiten ist es eine glatte und nachweisbare Lüge, dass 1000plus „vorwiegend von Piusbrüdern und Evangelikalen getragen wird“. Hast du für diese ungeheurliche Behauptung irgendeinen Beweis? Die Gegnerschaft gegen diese sehr einfühlsam und effektiv arbeitende Organisation speist sich gerade aus der Tatsache, dass sie die Behauptung von Donum Vitae (und Caritas!), nur mit Ausstellung von Beratungsscheinen könne man Frauen im Schwangerschaftskonflikt erreichen, Lügen strafen.
Ja, es stimmt, dass 1000plus sich auf die Beratung von Frauen im Schwangerschaftskonflikt spezialisiert hat. Für die Betreuung der Massen von Frauen mit Post Abortion Syndrome gibt es andere Organisationen, auch solche mit christlichen Wurzeln. Aber daraus einen Vorwurf zu konstruieren kommt mir vor, wie wenn du dem Maurer, der ein Haus baut, zum Vorwurf machst, dass er nicht auch die Installateurarbeiten gleich mit erledigt.
Burdi
Diese Lüge können sie ganz einfach auf der Seite von 1000plus als Wahrheit nachvollziehen. Der Gründer erklärt das auf einer Pressekonferenz, die da als Audiodatei hinterlegt ist selbst.
Natürlich erreicht 1000plus nicht die Frauen, die sich erst einmal ganz sicher in ihrer Entscheidung sind, abzutreiben. Die ließen sich doch gar nicht auf eine Diskussion mit denen ein. 1000plus erreicht nur die Frauen, die hadern und zweifeln. DV ist also dringend nötig, weil sie da arbeiten, wo andere niemals hin kommen. DV übernimmt christliche Verantwortung.
Wenn es stimmt, was Sie sagen, dann ist die Verlogenheit der Argumentation von 1000plus ja geradezu himmelschreiend. Dann geht es eben nicht um die Frauen!
biggi1811
1.) Verlinkst du bitte die Audiodatei, in der Aufiero davon spricht, dass 1000plus von Piusbrüdern getragen wird? Ich kann die nicht finden.
2.) Selbstverständlich geht es 1000plus um die Frauen (und die Kinder selbstverständlich). Gerade weil es um die Frauen geht, die in den seltensten Fällen die Abtreibung wirklich wollen, geht es darum, sie so zu stärken, so dass sie imstande ist, das, was sie wirklich will, auch zu tun: das Kind bekommen.
biggi1811
@Burdi
Wo bleibt denn der Beleg für die behauptete Beziehung zwischen 1000plus und der Piusbruderschaft? Ich warte noch immer darauf!
Charlene
1. Mit dem Beratungsschein lizensiert der Staat den Arzt, ein Kind im Mutterleib zu töten, ohne von der Justit verfolgt zu werden. Der Schein ist ein Zaubermittel. Er verwandelt eine Straftat in eine medizinische Krankenkassenleistung.
2. Die meisten Frauen treiben ab, weil sie dazu von ihrem sozialen Umfeld gedrängt werden. Die katholischen Beratungsstellen sind für zehntausende Frauen die Rettungsinsel. Denn die katholische Kirche stellt das Leben ihres Kindes nicht in Frage, sondern sie hilft ohne wenn und aber und mit aller Kraft der Mutter, dem Kind und bindet auch den Vater mit ein.
3. Nehmen wir mal an, das derzeitige Wissen ginge davon aus, dass homosexuelle Neigungen nicht verändert werden könnten. Dann gilt dennoch: Tausende gleichgeschlechtlich empfindende Menschen würden sehr viel lieber gegengeschlechtlich empfinden. Diesen Wunsch dürfen sie haben. Sie dürfen auch alles nutzen, um ihren Wunsch zu erfüllen. Man darf ihnen Möglichkeiten eines Changemanagements anbieten.
4. Die Aussagen über 100plus sind glatte Unwahrheiten.
Burdi
Die Aussagen entstammen alle dem Interview des Gründers. Wo sind die Belege für Ihre Behauptung?
http://de.indymedia.org/2013/04/343684.shtml
Bodo987
Vielleicht mal ein Beispiel, wie so etwas in der RKK läuft…
http://www.mittelbayerische.de/nachrichten/oberpfalz-bayern/artikel/homosexuell-und-katholisch/1063540/homosexuell-und-katholisch.html
JuergenPB
Es bleibt ja jedem selbst überlassen, ob er etwas in den Klingelbeutel für die Katholikentags-Kollekte tut
Das das ZdK mich nicht vertritt, interessiert mich relativ wenig, was die für ein Spektakel veranstalten. Traurig stimmt mich, daß die Bischöfe dabei überhaupt mitmachen.
IMST
Wäre ich noch auf meinem Weg zur Taufe, ich müsste mich in diesen Tagen ernsthaft fragen, ob es in Deutschland nicht inzwischen mindestens zwei, eher mehrere, „katholische Kirchen“ gibt… und welcher ich eigentlich angehören möchte.
JuergenPB
Ja, solche Fragen kann man sich stellen.
Das erinnert mich aber an einen Theologen der mal schwärmte: Die Ökumene schreitet weiter voran. Immer mehr Gemeinden feiern auch gemeinsame Gottesdienste von Katholiken und Protestanten.
Da wird er gefragt: Und wann werden sich die Kirchen zu einer vereinen?
Wieso zu einer?, entgegnet er erstaunt, es wird dann drei geben: die evangelische, die katholische und die vereinte Kirche.