Man konnte in den vergangenen Wochen und Tagen schon an der offiziellen Kirche in Deutschland und auch weltweit verzweifeln, die sich in großen Teilen entschieden zu haben schien, das Leid der verfolgten Christen und Jesiden im Irak und in Syrien, zu ignorieren oder zumindest nur auf kleiner Flamme zu thematisieren. Es erschien kurzzeitig so, als sei man dankbar, dass endlich neben den Christen auch eine andere religiöse Minderheit, die Jesiden, von den Greueltaten der IS betroffen waren, für die man sich nun endlich einsetzen konnte, ohne in den Verdacht zu geraten, sich zu sehr für die eigenen Glaubensbrüder einzusetzen.
Der erste, der sich immer wieder aus der Deckung wagte (auch wenn ihm seitens konservativer papstkritischer Kräfte vorgeworfen wird, nicht deutlich genug geworden zu sein) war der Papst, der das Unrecht an religiösen Minderheiten immer wieder angeprangert und die Betroffenen seines Gebetes versichert hat. Von der deutschen Bischofskonferenz gab es dazu bis gestern nur ein paar halbgare Äußerungen, bei denen mir vor allem aufgefallen ist, dass die (in der Mehrheit betroffenen) Christen eben nur als eine Gruppe unter vielen aufgeführt waren.
Seis drum vielleicht ist es auch gut, dass sich unsere Hirten mit den Fragen von Verurteilung von Gewalttätern und der Forderung nach militärischem Eingreifen nicht allzu leicht tun. Hurra, wir ziehen in den Krieg! ist eine Formulierung, die man zum ersten (mehr) und zweiten Weltkrieg (weniger) von Teilen der Kirche gehört hat, und die ihnen so nicht mehr über die Lippen kommen soll!
Ein Beitrag der presse.com verdeutlicht jetzt aber die Position der europäischen Bischöfe und auch des Papstes, die deutlich machen, dass natürlich eine friedliche Lösung gesucht und angestrebt werden soll, dies aber militärische Lösungen nicht ausschließen kann, wenn diplomatische und friedensvermittelnde Maßnahmen nicht fruchten. Dann sollten, so die Vorsitzenden der Europäischen Bischofskonferenzen und der Vorsitzende des EU-Bischofsrates, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Entscheidungen [getroffen werden], die jetzt notwendig sind, um diese Akte der Brutalität zu stoppen“. Dabei wird auch Papst Franziskus aus einem Appell an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon wie folgt wiedergegeben:
Er wende sich an den UN-Generalsekretär, um ihm Ängste, Leiden und von Herzen kommende Schreie der Verzweiflung von Christen und Angehörigen anderer religiöser Minderheiten des geliebten Irak vorzutragen, heißt es in dem vom Vatikan veröffentlichten Brief an Ban.
Die internationale Gemeinschaft müsse ein Ende der humanitären Tragödie herbeiführen, schrieb der Papst.
Angesichts der tragischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts müsse sie alles ihr Mögliche zu tun, um weitere systematische Gewalt gegen ethnische und religiöse Minderheiten zu verhindern. Dies müsse insbesondere durch die Vorschriften und Mechanismen des Völkerrechts erfolgen: Ich ermutige alle zuständigen Organe der Vereinten Nationen, insbesondere jene, die für Sicherheit, Frieden, humanitäres Recht und Flüchtlingshilfe verantwortlich sind, ihre Bemühungen im Einklang mit der Präambel und den einschlägigen Artikeln der UN-Charta fortzusetzen.“
Neben dem Gebet für den Frieden und die Opfer der Gewalttaten sowie die Entsendung eines Sonderbotschafters kann die Kirche kaum mehr ausrichten. Auch bei vielen derjenigen, die nicht Mitglied der Kirche sind, stellt sie als Institution doch eine Art moralische Instanz dar, deren Äußerungen man zumindest Beachtung schenkt. Insofern sind die Bitten der Kirche auch um militärischen Beistand in ihrer Signalwirkung nicht zu unterschätzen. Und diese Botschaften beantworten zumindest für die Gläubigen der katholischen Kirche hoffentlich auch die Frage, ob ein militärischer Einsatz in Situationen wie diesen (und in einem sicher noch zu definierendem Umfang) gerechtfertigt ist.
Meine Meinung habe ich dazu (hier) schon geschrieben und nun bin ich froh, mich damit auch offiziell an der Seite von Kirche und Papst wiederzufinden.