Das Thema Abtreibung, vielfach euphemistisch Schwangerschaftsabbruch oder gar Schwangerschaftsunterbrechung (als ob man die Schwangerschaft fortsetzen könnte) ist das ist eine Binsenweisheit emotional belastet. Vielen Protagonisten eines Abtreibungsrechts sprechen von der Entscheidungsfreiheit einer Frau, selbst bestimmen zu können, ob ein Kind in der aktuellen Lebensphase gewünscht ist oder nicht. Es geht dabei nicht nur um medizinische Indikationen, die ohnehin nur einen Bruchteil der über 100.000 pro Jahr in Deutschland vorgenommener Abtreibungen betreffen, sondern das, was als Selbstbestimmungsrecht (das interessanterweise in dieser Form gar nicht in unserer Verfassung steht, schon gar nicht in Konkurrenz zum Lebensrecht eines anderen Menschen) der Frau betrachtet wird. Eine Einschränkung dieses postulierten Rechts wird gleichgesetzt mit der Unterdrückung der Frau ohne das Lebensrecht des Kindes auch nur ins Kalkül zu ziehen.
Andererseits machen wir uns als Lebensschützer nichts vor, auch unser Werben für das Lebensrecht ungeborener Kinder ist nicht immer wirklich rational nachvollziehbar und vor allem nicht immer, wenn es um Christen geht, von christlicher Nächstenliebe geprägt. Frauen die abgetrieben haben, den Mord an ihren Kindern vorzuwerfen, diejenigen, die sich nicht eindeutig gegen eine Abtreibung aussprechen als Paria der Gemeinschaft zu betrachten, sorgt für eine Emotionalität in der Diskussion, die dem gegenseitigen Verstehen nicht dienlich ist. Dabei ist den anderen zu verstehen doch eine der Grundlagen, sich mit ihm im Dialog zu nähern. Wenn es nur darum geht, Recht zu haben, dann sind die Argumente der Lebensschützer nicht eingängiger als die der Abtreibungsbefürworter – sie prallen aufeinander und prallen damit ab!
Heilsam ist es dann, auch mal die Seite einer Betroffenen zu hören, wie sie gestern in der Welt-online unter dem Titel Das Kind ist weg, die Gedanken bleiben. Verdammt. nachzulesen war. Beschrieben ist dort die Geschichte einer beruflich erfolgreichen jungen Frau, sie hat gerade die ersten Berufstage als Unternehmensberaterin begonnen, die ungewollt schwanger wird, und sich gegen das Kind entscheidet, es abtreiben lässt und seither mit seelischen Problemen zu kämpfen hat. Natürlich ist auch dieser Bericht, aus dem Blickwinkel einer Betroffenen geschrieben, emotional. Aber er macht die Entscheidungslage deutlich, in der ein Mensch jenseits besonderer medizinischer Indikationen oder sozialer Notlagen stehen kann, wie eine Frau zur Entscheidung für eine Abtreibung kommen kann auch wenn sie durchaus auch andere Argumente gehört hat, und wie eine solche Entscheidung das Leben prägt.
Es geht dabei nicht darum, gut zu heißen, dass diese Frau den neuen Job vor das Leben ihres Kindes stellt, es geht nicht um ein Urteil, es geht um das Verstehen, dass einer Frau in dieser Situation von den verschiedensten Seiten suggeriert wird, dass die Abtreibung die bessere Entscheidung wäre. In einer solchen Situation kann man nicht mir Mord argumentieren oder mit Bildern zerstückelter Föten damit werden wir als Lebensschützer betroffene Frauen nicht erreichen. Eine andere Sicht nahezubringen, auch Unterstützung anzubieten, nicht zuletzt mitzuhelfen, eine Gesellschaft zu formen, bei der ein frühes Kind nicht das Ende der Welt darstellt, das ist auch Aufgabe einer Pro-Life-Bewegung, die den Namen verdient.
Am 20. September findet in Berlin wieder der Marsch für das Leben statt, bei dem es im Schwerpunkt um das Lebensrecht ungeborener Kinder geht. Eine solche Demonstration ist einerseits kein Ort der differenzierten Betrachtung es darf aber auch nicht der Ort der Verurteilung von Frauen sein, die abgetrieben haben, oder die vor dieser Entscheidung stehen und sich nicht eindeutig für das Kind entscheiden. In den vergangenen Jahren haben auch immer Frauen ein Zeugnis gegeben, die abgetrieben haben und diese Entscheidung nun bereuen. In vielen Fällen kann ihnen geholfen werden, Vereine wie Rahel machen sich um diese Frauen verdient. Aber wer weiß außerhalb des engen Kreises der Lebensrechtsbewegung schon, dass man auch Frauen, die abgetrieben haben, nicht alleine lassen will.
Eine Kommentatorin des Beitrags schreibt unter anderem:
Ja, ich verstehe die Protagonistin. Bei mir war der Abbruch auch zwischen vielen Terminen. Vergessen gehört nicht dazu, es bleibt, die Gedanken. Und verdammt noch mal, war es gut was ich getan habe? Ja, es war gut! Und dennoch weine ich manchmal!
Ich vermute, sie weint alleine und das muss uns als Christen umtreiben, egal, wie unverständlich einem im Einzelfall die Entscheidung gegen das Leben erscheint.
Gloria Olivae
Es ist und bleibt aber Mord, wenn Frauen abtreiben. Da kann noch so viel emphatisches Gesülze nichts dran ändern. Wahrheit (=Lehre) geht immer vor „Pastoral“!
Papsttreuer
Tut mir sehr leid, aber das ist ein gutes Beispiel für das, was ich oben geschrieben habe. „Emphatisches Gesülze“ wie Sie es nennen, ist ein Mitfühlen mit dem Sünder, dem auf den rechten Weg zurück zu helfen ist und den man nicht erreicht, wenn man ihn als Mörder beschimpft – ich frage mich aber auch, ob bei einer solchen Bezeichnung überhaupt noch der Wunsch besteht, eine Seele zu retten …
Gottes Segen wünscht
Der Papsttreue
Richard
Danke für diesen Beitrag und für die Verlinkung des interessanten Artikels. Ich denke man sollte zur Situation der betroffenen Frau fairerweise doch einige Punkte festhalten.
1. Die Frau steht nach langer und offensichtlich erfolgreicher Ausbildung am Beginn ihres Berufswegs.
2. Ihre Beziehung – so viel ist dem Text zu entnehmen – würde der Belastung einer Schwangerschaft kaum standhalten – ihr Partner ist ja „zu 90 % für die Abtreibung“.
3. Sie ist 25 – wäre also zur Niederkunft 26. Frühestens nach 3 Jahren könnte sie wieder arbeiten (so sie das Kind nicht durch frühzeitiges Abgeben in Krippe schädigen will).
4. Auch dann – mit 29 – könnte sie als Alleinerzieherin nur eine Teilzeitstelle annehmen. Teilzeitstellen gibt es im Consulting so gut wie nicht – dafür aber 60 Stunden Wochen und viele Dienstreisen.
5. Teilzeitstellen gibt es auch sonst nur in untergeordneten Tätigkeiten (Kassa) oder für Frauen mit viel Berufserfahrung.
6. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Frau sehr wahrscheinlich längere Zeit lang auf die Unterstützung der Eltern bzw. Harz IV angewiesen wäre – ob sie dafür hätte studieren müssen, bleibt dahingestellt.
7. Depressionen beschränken sich nicht auf Frauen, die abgetrieben haben. Auch bis zu 25 % aller Frauen, die gebären erkranken danach an Depressionen bzw. depressiven Verstimmungen.
8. Natürlich kann man nun sagen, dass jeder die Konsequenzen seiner eigenen Handlungen tragen muss. Die Konsequenzen, die ein Mann, der betrunken Auto fährt und dabei einen Menschen verletzt, tragen muss sind aber sicher weniger gravierend. Das finde ich ehrlich gesagt paradox.
Papsttreuer
Leider kann ich auch diese Antwort, auch wenn sie grundsätzlich zustimmend formuliert ist. Sie macht aber den Spagat deutlich, den man als Christ aushalten muss.
Denn richtig bleibt, dass die ganzen Umstände in dem Licht zu sehen sind, ob sie rechtfertigen, einen Menschen zu töten. An dieser Stelle wird immer wieder als „Argument“ gebracht, der Embryo sei noch kein Mensch – wissenschaftlich ist diese Aussage aber nicht, macht sie sich doch eher an sozialen Eigenschaften fest. Auch als Befürwroter einer Abtreibung müsste man feststellen können, dass die Dreimonatsfrist der Regelug in Deutschland willkürlich ist.
Ich würde eine Frau in der oben beschriebenen Zwangslage eben nicht mit dem „Mord“-Argument kommen, eine Grundlage für die Tötung eines Menschen bieten die Umstänmde aber trotzdem nicht.
Und ich muss zugeben, dass ich den Vergleich unter Punkt 8 schon recht zynisch empfinde, zumal er auch nicht stringent ist: hier geht es nicht um die Konsequenzen einer unbedachten Handlung, hier geht es um die Konsequenzen einer bewussten Handlung, nämlich der Abtreibung. Das Bild wäre der Autofahrer, der betrunken ins Auto steigt und trotzdem noch nüchtern genug ist, zu wissen, dass er den Tod eines Menschen in Kauf nimmt. Ob der, wenn er jemanden mit dem Auto getötet hat wirklich weniger Konsequenzen zu tragen hat, kommt wohl auf seine Gewissensbildung an.
Gottes Segen
Der Papsttreue
Richard
Grüß Gott.
Entschuldigen Sie dass ich mich nochmals melde. Es geht mir aber darum zwei Dinge aufzuklären: 1. ich muss kein Befürworter einer Abtreibung sein wenn ich finde, dass das Strafrecht kein taugliches Mittel ist um diese einzuschränken. 2. den Vergleich unter Punkt 8 haben Sie wohl missverstanden. Es geht ganz einfach um die Frage von Handlung und Konsequenz, mit dem Thema Abtreibung hat das nichts zu tun. Also: Fall 1 – Man fährt betrunken Auto und verursacht Sachschaden – Konsequenz: bedingte Geldstrafe und Schadenersatz von sagen wir 5.000,- Euro. Fall 2 – Frau hat ungeschützten Verkehr und wird ungewollt schwanger – Konsequenz: Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz – ganz abgesehen von den vielfältigen gesundheitlichen Folgen (Übelkeit, Depressionen..) die Schwangerschaft und Geburt halt so mit sich bringen. So stellt sich das nun mal in dem Fall dar. Und das finde ich schon arg.