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  1. Eine kleine Korrektur: Es sind nicht 56 % der Befragten, die in einer Rückständigkeit der Kirche einen Austrittsgrund sehen, sondern nur 56 % der „Austrittsgefährdeten“, denn nur diese wurden befragt; das kann man in der Präsentation allerdings nur anhand der angegebenen Größe der Stichprobe erahnen. Es sind also insgesamt „nur“ 12 % der Befragten, die die Kirche für rückständig genug für einen Austritt halten; diese Zahl hätte ich in der Größenordnung auch so erwartet.

    „Rückständigkeit“ ist nach meiner Erfahrung ein typischer Scheingrund für den Austritt, der gerne angegeben wird, wenn man sich nicht weiter erklären möchte oder kann, denn die Rückständigkeit der Kirche spielt im öffentlichen Diskurs eine große Rolle, ist also am präsentesten und naheliegendsten für eine solche Angabe. Da müßte man eigentlich in jedem individuellen Fall nachfragen. Das würde natürlich die Grenzen einer Befragung überschreiten — allerdings zeigen sich die Grenzen der Befragung schon daran, daß sie darauf zurückgeworfen ist, oberflächliche Antworten gelten zu lassen und zu präsentieren, die sie nicht weiter analysieren kann.

    • PS: Ich persönlich habe den Eindruck, daß dieses Bild von der rückständigen Kirche hauptsächlich daher rührt, daß die Kirche in der kommunistischen oder überhaupt progressiven Propaganda durchgängig als reaktionärer Player dargestellt wird. Daß bei einer nunmehr 100jährigen Dauerbeschallung, während welcher Zeit der Progressismus einige Jahrzehnte lang die Diskurshoheit hatte (und immer noch hat), etwas von diesem Bild hängen bleibt, wundert mich überhaupt nicht.

      Diese Darstellung, ich möchte bald sagen, diese Karikatur ist aber hauptsächlich eine Sache der Rhetorik. Daß sie an der Oberfläche bleibt und nicht besonders tief zu dringen vermag, meine ich daran erkennen zu können, daß als Antwort auf meine Frage, was denn an der Kirche reaktionär bzw. rückständig sei, gern wie aus der Pistole geschossen „Die Gewänder!“ kommt (das gilt natürlich nicht so sehr für ideologisch anders Gebundene wie Kommunisten oder Aktive in der Homosexuellenszene).

      Hier sehe ich eine große Chance, dem Problem rhetorisch zu begegnen, und das kann jeder Einzelne sehr leicht tun, denn in Wahrheit ist die Überzeitlichkeit und von der Mode unabhängige Verläßlichkeit der Kirche ja eine ihrer größten Stärken — das sehen die allermeisten Leute auch ein, sobald man sie nur darauf anspricht. Und gerade auf das Gewänderargument kann man natürlich sehr leicht antworten, indem man deren Bedeutung und Genese erklärt. Die meisten Leute freuen sich dann, darüber etwas zu lernen, und gewinnen sofort ein ganz anderes Verhältnis zu den eben noch verachteten Brokatklamotten und „Frauenkleidern“. Das ist zumindest meine Erfahrung.

      Auf diese Weise apologetisch zu wirken, sind aber nicht die Bischöfe aufgerufen, sondern jeder Einzelne. Den Bischöfen würde es obliegen, mit dafür zu sorgen, den Gläubigen das nötige Rüstzeug an Wissen an die Hand zu geben und sie ihres Beistandes zu versichern.

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