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MISERICORDIAE VULTUS – Jubiläum der Barmherzigkeit

15. April 2015 by Papsttreuer
Lesezeit 5 Minuten
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„Barmherzigkeit“ ist das Thema des anstehenden Heiligen Jahres, das Papst Franziskus am vergangenen Samstag offiziell angekündigt hat. Ein Hammerthema!

Mit der Verkündigungsbulle „Misericordia Vultus“ hat Papst Franziskus am 11. April offiziell das Jubiläumsjahr zur Barmherzigkeit angekündigt. Den vollständigen Text findet man auf der Seite des Vatikans oder auch hier. Wie bereits früher angekündigt soll das Heilige Jahr vom 08. Dezember diesen Jahres bis zum 20. November 2016 dauern. Wenn ich ehrlich bin, war (und bin) ich ein bisschen skeptisch hinsichtlich des Themas: Wird da nicht möglicherweise wieder der alles vergebende Gott beschworen, der uns schon am Ende alle in den Himmel bringen wird? Und wenn das so ist, wäre ein solches Jahr dann – zumindest in unseren Breiten, in denen man die Barmherzigkeit Gottes in der Verkündigung mitunter überstrapaziert – wirklich sinnvoll und notwendig? Wäre es nicht eher an der Zeit, ein Jahr der Gerechtigkeit Gottes auszurufen?

Aber wie immer: Der Papst wäre nicht der Papst hätte er sich nicht mehr bei diesem Jahr gedacht als das Verkünden eines weichgezeichneten Gottes, der für alles und jedes Verständnis hat; ganz im Sinne liberaler Kirchenreformer, die die Kirche stromlinienförmig an den Zeitgeist anzupassen gedenken. Wer diese Befürchtungen hat, wird mit dem Verkündigungsschreiben beruhigt. Denn in Wahrheit ist ein Jahr der Barmherzigkeit gerade aus diesem Grund notwendig: Zum besseren Verständnis des Wortes Barmherzigkeit, davon was Jesus gemeint hat, als er von „Barmherzigkeit statt Opfern“ gesprochen hat (vgl. Matthäus 9,13). So kommt das Wort „Gerechtigkeit“ auch – wenn ich mich nicht verzählt habe – 27 mal in dem Text vor – ein Wort das, wie ich eben, von den meisten als Gegensatzpaar mit der Barmherzigkeit verbunden wird.

Dagegen stellt der Papst klar:

20. Es ist nicht sinnlos, in diesem Zusammenhang auf die Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit hinzuweisen. Es handelt sich dabei nicht um zwei gegensätzliche Aspekte, sondern um zwei Dimensionen einer einzigen Wirklichkeit, die sich fortschreitend entwickelt, bis sie ihren Höhepunkt in der Fülle der Liebe erreicht hat. Die Gerechtigkeit ist ein grundlegendes Konzept der Zivilgesellschaft, in der man sich normalerweise auf eine Rechtsordnung bezieht, in deren Rahmen das Gesetz angewendet wird. Unter Gerechtigkeit versteht man auch, dass einem jeden das gegeben werden muss, was ihm zusteht. In der Bibel spricht man vielfach von der Gerechtigkeit Gottes und von Gott als Richter. Dabei wird sie gemeinhin verstanden als die Beachtung des gesamten Gesetzes und das Verhalten eines jeden guten Israeliten gemäß dem göttlichen Gebot. Diese Sichtweise hat aber nicht selten zu einem Legalismus geführt, indem man den ursprünglichen Sinn verfälscht und den tiefen Sinn der Gerechtigkeit verdunkelt hat. Um eine legalistische Sichtweise zu überwinden, ist es notwendig sich daran zu erinnern, dass in der Heiligen Schrift die Gerechtigkeit hauptsächlich als ein sich völliges und vertrauensvolles Überlassen in den Willen Gottes verstanden wird. […]

21. Die Barmherzigkeit steht also nicht im Gegensatz zur Gerechtigkeit. Sie drückt vielmehr die Haltung Gottes gegenüber dem Sünder aus, dem Er eine weitere Möglichkeit zur Reue, zur Umkehr und zum Glauben anbietet. […]

Wenn Gott bei der Gerechtigkeit stehen bliebe, dann wäre er nicht mehr Gott, sondern vielmehr wie die Menschen, die die Beachtung des Gesetzes einfordern. Die Gerechtigkeit alleine genügt nicht und die Erfahrung lehrt uns, dass wer nur an sie appelliert, Gefahr läuft, sie sogar zu zerstören. Darum überbietet Gott die Gerechtigkeit mit der Barmherzigkeit und der Vergebung. Das bedeutet keinesfalls, die Gerechtigkeit unterzubewerten oder sie überflüssig zu machen. Ganz im Gegenteil. Wer einen Fehler begeht, muss die Strafe verbüßen. Aber dies ist nicht der Endpunkt, sondern der Anfang der Bekehrung, in der man dann die Zärtlichkeit der Vergebung erfährt. Gott lehnt die Gerechtigkeit nicht ab. Er stellt sie aber in einen größeren Zusammenhang und geht über sie hinaus, so dass man die Liebe erfährt, die die Grundlage der wahren Gerechtigkeit ist. Wir müssen sehr genau hinschauen auf das, was Paulus schreibt, damit wir nicht genau in den Fehler verfallen, den der Apostel bei seinen jüdischen Zeitgenossen kritisiert: „Da sie die Gerechtigkeit Gottes verkannten und ihre eigene aufrichten wollten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen. Denn Christus ist das Ende des Gesetzes, und jeder, der an ihn glaubt, wird gerecht“ (Röm 10,3-4). Diese Gerechtigkeit Gottes ist die Barmherzigkeit, die allen als Gnade geschenkt wird kraft des Todes und der Auferstehung Jesu Christi. Das Kreuz ist also das Urteil Gottes über uns alle und die Welt, denn es schenkt uns die Gewissheit der Liebe und des neuen Lebens.

Wenn ich ehrlich bin: Das klingt schön – ist aber schwer umzusetzen: Von der Gerechtigkeit – inklusive Reue, Strafen etc. – nicht abzusehen, und trotzdem barmherzig zu sein. Vor meinen Augen tauchen Bilder aus C.S. Lewis „Die große Scheidung“ auf, bei der manche den Zugang zum Himmel nicht annehmen wollen, weil sie dort auf Menschen treffen, denen sie nicht verzeihen können. Das ist für mich immer wieder ein gutes Beispiel dafür, wie unsere Barmherzigkeit hinter unserer Gerechtigkeit zurück bleibt. Gott ist anders, seine Barmherzigkeit übertrifft die Gerechtigkeit, ohne sie zu übergehen.

Das besser zu lernen wird sicher im Jubiläumsjahr eine Herausforderung werden. Und man muss es üben – Gott kann das alles schon, er hat es entgültig im Leben, Leiden, Sterben und der Auferstehung Jesu gezeigt. Aber wie üben wir uns in göttliche Barmherzigkeit ein? Dazu braucht es kein modernes Instrumentarium, dazu braucht es eigentlich nur einen kleinen „Übungsschatz“:

15. […] Es ist mein aufrichtiger Wunsch, dass die Christen während des Jubiläums über die leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit nachdenken. Das wird eine Form sein, unser Gewissen, das gegenüber dem Drama der Armut oft eingeschlafen ist, wachzurütteln und immer mehr in die Herzmitte des Evangeliums vorzustoßen, in dem die Armen die Bevorzugten der göttlichen Barmherzigkeit sind. Die Verkündigung Jesu nennt uns diese Werke der Barmherzigkeit, damit wir prüfen können, ob wir als seine Jünger leben oder eben nicht. Entdecken wir erneut die leiblichen Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und die Toten begraben. Und vergessen wir auch nicht die geistigen Werke der Barmherzigkeit: den Zweifelnden recht raten, die Unwissenden lehren, die Sünder zurechtweisen, die Betrübten trösten, Beleidigungen verzeihen, die Lästigen geduldig ertragen und für die Lebenden und Verstorbenen zu Gott beten.

Betrachtet man die leiblichen und geistlichen Werke der Barmherzigkeit, dann haben sie auch viel mit Gerechtigkeit zu tun: Das Besuchen der Gefangenen bedeutet eben nicht, sie zu befreien – wenn sie denn „zu Recht“ gefangen sind – es bedeutet, bei Ihnen zu sein; das Zurechtweisen der Sünder bleibt umgekehrt nicht bei der „gerechten“ Strafe stehen sondern bietet die Option zur Besserung.

Die Werke der Barmherzigkeit zeigen aber auch – sollen sie nicht erneut zu einer „legalistischen“ Gerechtigkeit führen -, dass – wie der Papst bereits bei seiner ersten Ankündigung des Heiligen Jahres klargestellt hat – am Anfang der Überlegungen eine „spirituelle Umkehr“ stehen muss. In diesem Sinne kann man auch die Worte des Papstes gegen Ende des Schreibens verstehen:

25. Ein außerordentliches Heiliges Jahr also, um im Alltag die Barmherzigkeit zu leben, die der Vater uns von Anbeginn entgegenbringt. Lassen wir uns in diesem Jubiläum von Gott überraschen. Er wird nicht müde, die Tür seines Herzens offen zu halten und zu wiederholen, dass er uns liebt und sein Leben mit uns teilen will. Die Kirche spürt die dringende Notwendigkeit, Gottes Barmherzigkeit zu verkünden. Ihr Leben ist authentisch und glaubwürdig, wenn sie die Barmherzigkeit überzeugend verkündet. Sie weiß, dass besonders in einer Zeit wie der unsrigen, die voller großer Hoffnungen ist, aber auch voller starker Widersprüche, ihr vorrangiger Auftrag darin besteht, alle durch die Betrachtung des Antlitzes Christi in das große Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes einzuführen. Die Kirche ist berufen, als Erste glaubhafte Zeugin der Barmherzigkeit zu sein, indem sie diese als die Mitte der Offenbarung Jesu Christi bekennt und lebt. Aus dem Herzen der Dreifaltigkeit, aus dem tiefsten Inneren des göttlichen Geheimnisses entspringt und quillt ununterbrochen der große Strom der Barmherzigkeit. Diese Quelle kann niemals versiegen, seien es auch noch so viele, die zu ihr kommen. Wann immer jemand das Bedürfnis verspürt, kann er sich ihr nähern, denn die Barmherzigkeit Gottes ist ohne Ende. So groß und so unergründlich ist die Tiefe des Geheimnisses, das sie umfängt, so groß und so unergründlich der Reichtum, der aus ihr hervorquillt.

Ich glaube, das wird ein spannendes Jahr, herausfordernd für jeden Gläubigen, für die ganze Kirche – denn auch wenn wir meinen, die Barmherzigkeit Gottes schon so gut verstanden zu haben, dass es uns an den Ohren heraus kommt: Vermutlich haben wir nicht den kleinsten Bruchteil davon verstanden und es tut not, Gott in dieser Hinsicht deutlich besser zu verstehen, um ihn verkündigen und ihm nachfolgen zu können. Den Text der Verkündigungsbulle kann ich daher nur jedem empfehlen, und ich selbst werde sicher noch öfter darauf zurückkommen.

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Posted in: Betrachtung, Heiliges Jahr, Papst Franziskus Tagged: Barmherzigkeit, Geistliche Werke der Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Leibliche Werke der Barmherzigkeit

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