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  1. Christian Mönnich

    Sehr geehrter Herr Honekamp,

    an der christlichen Ehe und am christlichen Familienbild finde ich einige Aspekte wichtig, die wir heute nicht stark im Blickfeld haben:

    I. Ehe

    Gemeinsames Merkmal der christlichen und der anderen Ehemodelle ist, dass ein Mann und eine Frau von der sozialen Umwelt als zusammengehörig angesehen werden und damit den Regeln unterworfen werden, die in der jeweiligen Gesellschaft als maßgeblich angesehen werden. Die Gesellschaft kontrolliert die Einhaltung dieser Regeln.

    Besonders an der christliche Ehe ist, dass sie nur bei freiwilliger, eigenverantwortlicher Entscheidung der beiden Eheleute zustande kommt.
    Das unterscheidet sie von so gut wie allen anderen Ehekonzepten:

    Modelle, die Ehe als „Sippenvertrag“ wie z.B. im alten germanischen Recht auffassen, Modelle, die dem Vater ein Bestimmungsrecht zusprechen und Modelle die die Eheschließungsfreiheit beeinträchtigen (z.B. zum Zweck der Erbkontrolle oder der Bevökerungspolitik) finden im christlichen Eherecht keinen Raum. Wird aus dem gesellschaftlichen Umfeld durch Druck die Abgabe des Eheversprechens herbeigeführt, dann ist die Ehe nach dem christlich-katholischem Konzept nichtig.

    Das christliche Eheverständnis gehorcht also dem Prinzip, dass die Macht der Gesellschaft für die Betroffenen Vorschriften zu durchzusetzen begrenzt wird. Solche Normen dürfen nur dann gelten und von der Gesellschaft kontrolliert und durchgesetzt werden, wenn sich die Eheleute durch freiwiligen Eheentschluß selbst gebunden haben.

    Dass die Ehe in katholischer Sicht ein Sakrament ist, welches sich die Eheleute freiwillig gegenseitig spenden, bewirkt, dass der Einfluß der Familie und der Gesellschaft theologisch nicht anerkannt wird. So wird die Eheschließung zu einer individuellen Angelegenheit.

    Das heutige Eheverständnis in Deutschland ist anders. Ihm liegt offensichtlich die Vorstellung zugrunde, dass die Ehe ein von einer menschlichen Obrigkeit verliehenes Institut ist.

    Auf Grundlage dieser Vorstellung ergibt sich mir der Vorstellung, dass der Gleichheitsgrundsatz gebiete, allen gleichen Zugang zu einem Institut zu geben, dass dann auch

    Homosexuelle die Ehe eingehen können müssen. „Gleichheit“ wird dabei daran gemessen, ob einem Personenkreis von staatlicher Seite gesetzliche Vorschriften für das das Privatleben gemacht werden.

    Prinzipiell sind alle Homosexuellen frei ihr Leben zu gestalten, wie sie wollen. Die geringe Aufnahme von Lebenspartnerschaften (bei grob 2 Millionen Homosexuellen in der dt. Bevölkerung unter 100.000 Lebenspartnerschaften, also ungefähr 10% gegenüber 80 % der Heterosexuellen, die in ihrem Leben einmal eine Ehe eingehen) läßt darauf schließen, dass auch in weiten Kreisen der Homosexuellen es nicht als erforderlich angesehen wird, sich Normen zu unterwerfen, aus denen man später schlecht wieder herauskommt.

    II. Familie

    Das Christentum kam in einem Umfeld auf, in dem die Gesellschaft unter „familia“ ein soziales Konstrukt verstand.

    Im Römischen Recht gehörten zur „familia“ alle Personen, die dem „pater familias“ unterstanden: Ehefrau, Kinder, Ehegatten der Kinder und deren Kinder und Sklaven.

    Der „pater familias“ hatte das Recht nach der Geburt eines Kindes zu entschieden, ob er es annimmt oder ob das Kind ausgesetzt wird. Erst dadurch, dass der Familienvater durch Hochnehmen des Kindes dieses angenommen hatte wurde es zum Mensch, der nicht getötet werden durfte. Die Mutter, die das Kind vor diesem Akt tötete wurde nicht etwa wegen Tötung bestraft, sondern wurde bestraft, weil sie das Selbstbestimmungssrecht des Familienvaters verletzt hat.

    Der „pater familias“ hatte das Recht, Angehörige in die Sklaverei verkaufen und zwar sowohl seine Sklaven als auch seine Kinder. Mündigkeit in unserem Sinne kannte das römische Recht nicht. Alle unterstanden dem letzten Wort des Vaters.

    Das ging bei den Christen nicht mehr, weil Gott der Vater war und der Mensch sein Ebenbild.

    Es gab immer wieder heidnische Anläufe das Christentum ausdrücklich zu verbieten, weil den Christen vorgeworfen wurde, das sie die „familia“ zerstören. Der Vorwurf stimmt sogar. Die Unterwerfung unter Gottvater ließ kein Entscheidungsrecht darüber zu, ob ein Neugeborenes leben darf und die Ablehnung der Sklaverei entzog dem „pater familias“ ebenso Macht.

    Das Christentum hat so aus dem gesellschaftlichen Konstrukt „familia“ wieder den Naturzustand gemacht: Kind mit Vater und Mutter.

    Für die Christen war Gott der Vater und der Mensch sein Ebenbild.

    III. Die Macht der Gemeinde

    Die Christen, die in ihren Familien anders lebten erhielten Zulauf. Das geschah aus der machtlosen Position einer noch nicht einmal erlaubten Religion heraus durch freiwillige Entscheidung zur Taufe.

    Nur weil sich immer mehr Menschen entschlossen, das gesellschaftliche Konstrukt der Römischen Ehe und der römischen familia nicht mehr zu leben, hörte die familia nach und nach auf.

    Der Naturzustand kehrte wieder zurück:

    Von den Christengemeinden breitete sich die Norm aus, dass man alle Kinder aufzog und dass der Familienvater nicht die
    Gestaltungsmacht über das Familienleben hatte, wie bei den Heiden, und dass Sklavenhaltung mißbilligt wurde.

    Obwohl das nicht konsequent immer und überall so praktiziert wurde, und obwohl das angenehme Selbstbestimmungsrecht
    des Familienvaters mit den Umgestaltungsmöglichkeiten der Familienkonstellation in den Christengemeinden nicht akzeptiert war, kamen immer mehr Menschenin die Gemeinden und blieben.

    Es trafen sich Leute ohne Geld , Einfluß und
    Ansehen. Und wenige Jahrhunderte später endet ohne Revolution und ohne Gewalt
    das soziale Konstrukt der römischen familia und auch die Sklaverei, weil der Kaiser Konstantin sich auf das Christentum statt auf das Heidentum stützte. Das tat er gewiß auch weil er seine Macht erhalten wollte und sich auf die zahlenstärkste Gruppe stützen wollte. Und das waren die aus freier Entscheidung vieler einzelner wachsenden
    Christengemeinden.

    Findet man in der Menschheitsgeschichte noch irgendwo eine solche Kraftentwicklung aus einer machtlosen Position heraus? Nur weil sich einflußlose Menschen im Verborgenen treffen und ihr eigenes Verhalten nach den Kriterien einer noch nicht mal erlaubten Religion ausrichten, wird in wenigen Jahrhunderten eine ganze Gesellschaft gewaltfrei umgeformt.

    An die Stelle eines sozialen Konstrukts tritt mit der christlichen Familie wieder Gottes Natur: Kind mit Mutter und Vater.

    Mit freundlichen Grüßen

    Christian Mönnich
    Kastellweg 21
    69120 Heidelberg

  2. Pirkl

    Ich glaube, die Aussage, alles Chaos komme von der Verwirrung der Begriffe, stammt von Konfuzius. Bei der Ehe hat damit Bismarck angefangen (1815-1898). Im Rahmen des sog. Kulturkampfes gegen die katholische Kirche nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 , schuf er als Konkurrenz zur kirchlichen Ehe die Zivilehe und den Zwang auch für Katholiken, eine solche zusätzlich zur kirchlichen zu schließen. Vielleicht haben Sie recht, und man sollte Bismarcks Ehe wieder abschaffen. Möge er sich doch im Grab umdrehen! ;-)

  3. Turin Turambar

    Frisch auf,

    Artikel 6 des GG hält am besonderen Schutz von Ehe und Familie fest. Die ersten Artikel des GG sind nur ergänzbar, nicht änderbar.
    Ihr Vorschlag in allen Ehren, aber das haben sie wohl übersehen.
    Ob dieser Schutz sich auch in der Unveränderlichkeit der Ehe äußert, liegt, meiner Einschätzung nach, nur in der Willkür des Verfassungsgerichtes (bzw. ich weiß nicht, wie sehr sie gebunden sind den Wortlaut des Gesetzes zu seiner Entstehungszeit zu interpretieren; wenn aber ja, dann wären die Homo-Ehe Geschichte).

    Grüßle

  4. Pirkl

    Schlechte Nachricht für Turin und Bismarck: gemäß Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz sind nur Art. 1 und 20 unabänderlich. Dem Bundesverfassungsgericht verdanken wir zudem die Einsicht, dass auch bei der Auslegung dieser Normen u. a. die heutige Verfassungswirklichkeit eine Rolle spielt. Das GG von 1949 schützt wohl genauso wenig vor grundstürzenden Veränderungen wie die Weimarer Reichsverfassung von 1919. Aber das war in der Rechtsgeschichte noch nie anders: „ewige“ Rechtsgestaltungen, die kurz darauf Makulatur waren, dürften mehr als ein Buch füllen. Also ist auch für Herrn Honekamp und mich durchaus ein mulmiges Gefühl angebracht.

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