Gewaltexzesse wie die in Leipzig sind auch eine Frage der Kultur. Mit ungewissem Ausgang.
Wer ein Flüchtlingsheim anzündet, nimmt damit die Gefährdung von Leib und Leben, nicht nur der Anwohner, sondern auch von Menschen in der Umgebung oder von Rettungskräften, in Kauf. Es mag schon sein, dass derjenige, der so etwas aus politischen Gründen tut, niemanden wirklich umbringen will. Wer aber auch nur ein Fünkchen Verstand im Kopf hat, der weiß, dass er andere Menschen in Gefahr bringt. – Wer Steine und Böller auf andere Menschen wirft, nimmt damit die Gefährdung von Leib und Leben, dieser Menschen in Kauf. Es mag schon sein, dass derjenige, der so etwas aus politischen Gründen tut, niemanden wirklich umbringen will. Wer aber auch nur ein Fünkchen Verstand im Kopf hat, der weiß, dass er andere Menschen in Gefahr bringt, selbst dann, wenn diese Menschen durch Helme und Schutzkleidung geschützt sind.Sicher, die einen wenden ihre Gewalt gegen Schwache, die anderen gegen bewaffnete Staatsdiener, wer will, mag da graduelle Unterschiede erkennen in der Ausprägung der Vertierung der jeweiligen Täter. Wenig Zweifel muss man aber wohl haben, dass diese Menschen sich bewusst außerhalb des Rechtsstaates, bewusst außerhalb der Anerkennung der Würde eines anderen Menschen setzen, und das nur aus dem Grund, dass derjenige eine andere Meinung hat oder auch nur eine vom Täter angenommene Gefahr darstellt. Freiheit jedenfalls können beide Tätergruppen nicht auf ihren Lippen führen, jedenfalls dann nicht, wenn man nicht einer pervertierten Auffassung von Freiheit anhängt, bei der man der Meinung ist, man dürfe auch auf Kosten anderer alles tun, was den eigenen Zielen zum Durchbruch hilft.
Bei der moralischen Bewertung kann man also zwischen den linksextremen Krawallen vom Wochenende in Leipzig und tätlichen Angriffen auf Flüchtlingsheime kaum wesentliche Unterschiede machen. Es ist schlicht der Würde der angegriffenen Menschen nicht würdig, sich so zu verhalten. Dass derartiges Verhalten auch der eigenen Würde als Mensch nicht entspricht, kommt noch erschwerend hinzu, mag aber eine eher christliche Sicht sein, die den Schaden nicht nur beim Opfer sondern auch beim Sünder sieht.
Gefährlich ist allerdings an der einen Gruppe, dass sie in der Politik weitgehend Rückhalt hat: Die erste Frage, die Linken-Politiker nach den Krawallen von Leipzig gestellt haben, war, ob die Polizei angemessen reagiert habe. Die Familienministerin verstärkt die Mittel für den „Kampf gegen Rechts“ und bezeichnet linksextreme Gewalt als „aufgebauschtes Problem“. Die Medien titelten am Wochenende – bei ansonsten allerdings meist richtigen Darstellung – zunächst von Krawallen und Ausschreitungen bei einem Aufmarsch der Rechten; eine Verunklarung der Sachlage, die die meisten glücklicherweise nicht lange aufrechterhalten haben.
Wenn Gewalttäter mal mitbekommen, dass sie keine besonderen Repressionen zu befürchten haben, dann sind sie natürlich doppelt motiviert, weiter zu machen. Die Frage ist letztlich immer die des Unrechtsbewusstseins aber auch der Risiken, erwischt und bestraft zu werden. Und zumindest bei letzterem haben linke Gewalttäter gute Chancen, mit Milde rechnen zu dürfen: Schließlich kämpfen sie ja für „die gute Sache“, nämlich gegen Rechts. Kein Wunder also auch, dass die Gewalt vom Wochenende in den Medien heute schon kaum noch stattfindet – dem CDU-Parteitag sei Dank! Dieses Konglomerat macht keine Richtung der Gewalt besser als die andere, aber die Gefahr scheint doch eher von der Seite auszugehen, die politisch oder medial klein geredet wird.
Und es macht deutlich, dass, wenn wir von einer Kultur in Deutschland sprechen, offenbar nicht mal bei den Minimalstandards sicher sein können. Gewalt wird – jedenfalls von links – relativiert, was weitere Gewalt – von beiden Seiten – provoziert. Eine tatsächliche und unmissverständliche Ächtung von Gewalt gegen Menschen, eine Ächtung der Einschränkung ihrer Freiheit und Unversehrtheit, findet nicht durchgehend statt sondern orientiert sich am politischen oder gesellschaftlichen Hintergrund der Gewalt. Zwei unterschiedliche Bewertungen eines ähnlichen Sachverhalts, die – nebenbei – auch zu zwei unterschiedlichen Arten von Opfern führen: Opfer erster und zweiter Klasse. Die 69 teils schwer verletzten Polizisten werden jedenfalls aus dem Gedächtnis schnell wieder entschwunden sein, obwohl ihnen ein linksfaschistischer Mob nach dem Leben trachtete während sie nicht mehr und nicht weniger getan haben, als die Freiheit Andersdenkender zu schützen, deren Position sie aufgrund ihrer Rolle nicht zu hinterfragen haben.
Mir scheint, sollten die notwendige Debatte über eine deutsche Leitkultur weiter vertieft werden, müsste man sich tatsächlich auch Gedanken über die Akzeptanz von Gewalttaten machen: Wer hätte das für Deutschland im 21. Jahrhundert erwartet?
Marco Gallina
Ein schöner, meinungsstarker Artikel. Mich graust es im Internet immer wieder zu lesen, wenn man versucht, zwischen beiden Gruppen zu differenzieren. Denn: die Linken wollten ja eigentlich keinen umbringen, die zündelten nur was herum und zerstörten Autos.
Sieht man dann auf Ihre Linkliste, dass die Seite des Bloggerkollegen Jobo wegen solcher Figuren auf Eis liegt, und denkt an die Polizisten, die anscheinend jedweden Anspruch auf Menschsein aufgrund ihres Berufes a priori aufgegeben haben, dann fragt man sich schon, wie ein angeblicher Rechtsstaat solche Verhältnisse so weit kommen lassen konnte.
akinom
„…müsste man sich tatsächlich auch Gedanken über die Akzeptanz von Gewalttaten machen: Wer hätte das für Deutschland im 21. Jahrhundert erwartet?“
Im „Dritten Reich“ des 20. Jahrhunderts waren die „Bösen“ die Kommunisten, deren Gewalttaten nicht akzeptiert wurden; aber natürlich auch Christen und Juden. Gefährlicher waren damals die rechtsextremen braunen Nazis.
Heute ist es offenbar eher umgekehrt. Hinzugekommen sind allerdings rechtsextreme Christen- Juden- und Israelfeindliche Moslems, die bislang von allen linken Gruppierungen als multikulturelle Bereicherung hofiert worden sind, als sie sich noch nicht IS-Islamisten nannten.
Der Preis, den wir dafür noch werden zahlen müssen und blinden Auges schon gezahlt haben, macht schaudern. Trotzdem gilt: „Wenn dies alles geschieht erhebt euer Haupt (und verkriecht euch nicht)!“
Ach, ich vergaß: Die Gedanken sind nicht mehr frei. Maßstab ist (wieder) nicht mehr wahr oder unwahr., sondern gutmenschlich-zeitgeistlich oder unsäglich.
Andreas
Im Grunde zeigt der Schluss, dass Menschen wie Felix Honekamp (und ich sicher auch), noch nicht vollends Willens sind, Realitäten zu erkennen.
Eine Debatte um eine „Leidkultur“ wird es niemals geben können, da es keine maßgeblichen Politiker und Medien gibt, die diese führen wollen.
Weiterhin muss ich mir bei Politikern, welche sich bei Demonstrationen hinter den Bannern des schwarzen Blocks versammeln, auf denen unmissverständlich zum Tod der Republik aufgefordert wird, keine Gedanken über mutmassliche Akzeptanz von Gewalt machen. Gewalt wird auch von Teilen der Politik gouitiert und mit „klammheimlicher Freude“ begleitet. Damals wie heute. Aus den Medien heißt es z. B. vom Tagesspiegel auch schon mal „danke Antifa“.
Unter Merkels Ägide wird nichts anderes vorbereitet, als die Zusammenarbeit mit diesen Politikern, deshalb bleiben die Gewalttäter auch unbehelligt, selbst von klar und deutlich formulierter Kritik.
Aber wenn man ehrlich ist: Wo fände sich den vernehmlicher Widerstand gegen diese Entwicklungen?