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  1. akinom

    Mich hat es immer gedrängt, zu kondolieren mit stillem Händedruck und/oder mit einem Brief. So hatte ich z.B. den Eltern des Attentäters Robert Steinhäuser geschrieben, die 17. Kerze, entzündet für ihren Sohn im Erfurter Dom, möge in den Herzen nie verlöschen. Antwort hatte ich nicht erhalten. Aber darum war es mir auch nicht gegangen. Im Gemeindebrief der evangelischen Gemeinde Essen-Rellinghausesn fand ich etwas später einen berührenden „Segen der Trauernden“. Ihn kopierte ich und habe ihn schon öfter meinen Beileidsschreiben beigefügt. Immer mehr gewachsen ist meine Überzeugung, dass ungeweinte Tränen nicht getrocknet werden können.

    Der Segen der Trauernden

    Gesegnet seien alle,
    die mir jetzt nicht ausweichen.
    Dankbar bin ich für jeden,
    der mir einmal zulächelt
    und mir seine Hand reicht,
    wenn ich mich verlassen fühle.

    Gesegnet seien die,
    die mich immer noch besuchen,
    obwohl sie Angst haben,
    etwas Falsches zu sagen.

    Gesegnet seien alle,
    die mir erlauben
    von dem Verstorbenen zu sprechen.
    Ich möchte meine Erinnerungen
    nicht totschweigen.
    Ich suche Menschen,
    denen ich mitteilen kann,
    was mich bewegt.

    Gesegnet seien alle,
    die mir zuhören,
    auch wenn das,
    was ich zu sagen habe,
    sehr schwer zu ertragen ist.

    Gesegnet seien alle,
    die mich nicht ändern wollen.
    sondern geduldig so annehmen,
    wie ich jetzt bin.

    Gesegnet seien alle,
    die mich trösten
    und mir zusichern,
    daß Gott mich nicht verlassen hat.

    Oh Herr, birg Du uns alle
    in Deiner Hand;
    nimm Du Dich unserer an.
    Bei Dir bleiben wir –
    ganz gleich, ob wir noch leben
    oder gestorben sind.

    (Kleve im Dezember 1986, Marie – Luise Wölfing)

    [Aus urheberrechtlichen Gründen Gedicht und Quelle geändert]

  2. akinom

    HEUTE hat sich ein 2jähriges Mädchen auf dem Arm des Vaters am Grab mit den Händchen winkend von der Mutter verabschiedet. Die Krebskranke hatte vor knapp 2 Wochen noch die Taufe des Kindes miterlebt. Dies erfuhr ich von einem Freund, dem ich meinen Leserbrief gemailt hatte. Er will den „Segen der Trauernden“ seinem Neffen, dem jungen Witwer, zukommen lassen.
    Ob dieser wirklich in der Lage ist, andere zu segnen, frage ich mich erschüttert und bitte die Leser dieser Zeilen um ein Gebet.

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