Bis jetzt war es noch leicht, aber „die Fremden aufnehmen“ ist eine besondere Herausforderung. Wie kann man der entsprechen?
![von DAVID HOLT from London, England [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons](https://usercontent.one/wp/papsttreuerblog.de/wp-content/uploads/2016/02/Refugees_Welcome_Demo_-_London_England_-_12_Sep._2015_-_1-300x225.jpg)
von DAVID HOLT from London, England [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)]
Und dennoch sollten wir diese Worte Jesu natürlich ernst nehmen: Was erwartet Gott von mir, wie sieht ein gottgemäßes Leben aus? Wie zeige ich Jesus meine Liebe – und wie kommt es, dass ich seine Liebe mir gegenüber ablehne? Insofern ist es gut, dass viele der von Jesus angeführten Beispiele Eingang in die leiblichen Werke der Barmherzigkeit gefunden haben. Und zu denen gehört eben auch, die Fremden aufzunehmen. Und ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber auch ohne Flüchtlingskrise ist das schon herausfordernd: Fremde aufzunehmen – interpretieren wir uns das mal nicht zu beqem! – kann bedeuten, unsere Wohnungs- und Haustüren für sie zu öffnen. Es kann auch bedeuten, denen ohne Wohnung zu einem Dach über dem Kopf zu verhelfen. Es kann im Mindesten bedeuten, dafür zu sorgen, dass sich die Fremden nicht mehr fremd fühlen, keine Fremden mehr sind.
Nun kann sich jeder selbst fragen: Werde ich dem gerecht? Und – nicht zu vergessen – schaffe ich es, nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen? Denn gerade bei dieser christlichen Forderung, und gerade im Hinblick auf die Flüchtlingssituation in Europa, geht es auch darum, sich vor Augen zu halten, dass das „Weltgericht“ ganz sicher keine Massenurteile beinhaltet. Ob man am Ende zur Linken oder zur Rechten Gottes zu stehen kommt, ist eine persönliche Angelegenheit zwischen Christus und mir. Und genau das macht es so schwierig: Kann man als Einzelner einen Fremden, einen Flüchtling aufnehmen? Möglicherweise. Kann man als Einzelner eine Menge von Flüchtlingen aufnehmen oder ihnen zumindest Schutz gewähren? Schon schwieriger. Kann man als Einzelner die Flüchtlinge an den Grenzen Europas aufnehmen oder ihre Integration sicherstellen? Sicher nicht!
Interessanterweise hat sich bei solchen nationalen oder globalen Krisensituationen eingebürgert, nach dem Staat zu rufen: Der soll es richten, die Politiker sollen eine gute Lösung finden und umsetzen. Und sie machen es am Ende doch nie richtig, jedenfalls nie so, wie man sich das selbst vorgestellt hat. Der „Staat“ nimmt zu viele auf, zu wenige oder die Falschen, wahlweise fühlt man sich überrannt oder die Notlage der Flüchtlinge nicht ausreichend gewürdigt. Diejenigen, die die Grenzen schließen wollen werden wahlweise als Unmenschen oder als Retter des Abendlandes verstanden (mit ein paar, aber sehr wenigen Grautönen).
Nein, dies wird – meinem Fastenvorsatz entsprechend – kein politischer Blogbeitrag. Er soll nur eines deutlich machen: Der Ruf nach dem Staat zur Rettung anderer Menschen macht noch keine gute Tat, noch kein Werk der Barmherzigkeit aus! Vor allem dann nicht, wenn mit dem Ruf nach dem Staat einhergeht, andere dazu zu zwingen, Menschen aufzunehmen. Es soll hier also nicht darum gehen, welche Flüchtlingspolitik die Richtige ist (eher schon darum, dass eine nationale Flüchtlingspolitik immer mit Zwangsmaßnahmen einhergeht) sondern um unsere Einstellung gegenüber Flüchtlingen generell – und persönlich! Es ist also nicht in erster Linie die Frage, ob man Grenzen öffen (lassen) oder schließen will – für beides gibt es Argumente, die nicht zuletzt auch mit der Kultur eines Landes zu tun haben, mit dem Umgang mit den Sorgen der Menschen im Land. Die Frage ist, wie ich mich selbst gegenüber der Situation verhalten will, und da reicht es eben nicht, Papa Staat mal machen zu lassen und nach Steuergeldern für Integrationsmaßnahmen zu rufen.
Aber gibt es denn Alternativen zum Staat? Gerade was die Unterstützung der Menschen angeht, gibt es die natürlich. In den meisten Krisenregionen dieser Welt sind Hilfsorganisationen unterwegs, die dazu beitragen, Menschen zu versorgen und ihnen ein Bleiben in der Heimat ermöglichen. Und Hilfen für Flüchtlinge, die bereits in Europa angekommen sind, lassen sich auch privat unterstützen oder selbst organisieren – ohne diejenigen zur Hilfe zu zwingen, die eher die Risiken der großen Zahl an Flüchtlingen sehen als die Notwendigkeit der humanitären Hilfe – und ich lege Wert darauf, diese Sorge nicht einfach abzutun und pauschal in die „rechtsextreme Ecke“ zu stellen!
Barmherzigkeit und Klugheit scheinen gerade bei der Aufnahme von Fremden im Widerspruch zu stehen. Es ist eben nicht klug, jeden aufzunehmen, genau so wenig wie es barmherzig ist, jeden abzuweisen und seinem Schicksal zu überlassen für dessen Situation ich nicht unmittelbar verantwortlich bin. Und doch scheint mir, dass es dazwischen, zwischen dem undifferenzierten „Refugees Welcome“ und einer undifferenzierten Obergrenze, einen klugen und gleichzeitig barmherzigen Weg gibt, der in der Hilfe von Menschen für Menschen bestehen muss und nicht in regierungsseitig verordneter Willkommenskultur und staatlich erzwungener Aufnahme von Flüchtlingen bestehen kann. Hier ist unsere Aufgebe als Christen, hier liegt auch eine Aufgabe für die Kirche als Ganzer – und um es auch selbstkritisch zu sagen: Da machen wir derzeit keine gute Figur!
Paul
So kann auch nur ein Libertärer den Glauben auf den Kopf stellen. Hauptsache meine Freiheit, mein Erfolg und meine Kohle sind gewahrt. Das Gewissen kaufe ich mir über eine Spende an eine Hilfsorganisation frei (das setze ich dann von der Steuer ab und krieg die Hälfte gleich zurück, genial) und bring auch noch drei Dosen Erbsensuppe zur Tafel. Hauptsache niemand greift in mein Recht auf Luxus und Freiheit ein. Beide sind allerdings als Fründe der radikalen (freien!) Marktwirtschaft genau von denen erkauft, die gerade an unseren Außengrenzen verrecken. Christentum zum Abgewöhnen! Christliches Abendland, dass ich nicht lache. Nur wenn es um Abtreibung oder Homoehe geht, dann auf einmal muss sich der Staat seiner christlichen Wurzeln erinnern und alle in diese Vorstellungswelt zwingen. Diese Forderungen kosten den treuen Christen ja nichts, da ist man gerne großmütig und großmäulig. Nein, wenn das christliche Abendland mit seinen großen Werten von solchen Christen verteidigt werden, ist es wirklich schlecht um uns bestellt.
akinom
Wie leben Sie, Paul, das Werk der Barmherzigkeit „Die Fremden aufnehmen“? So wie Sie es in diesem durch und durch unbarmherzigen Kommentar schildern? Mich schaudert!
akinom
Sind die „Kinder dieser Welt klüger als die Kinder des Lichts“?
In Bezug auf die Flüchtlingssituation habe ich nicht den Eindruck. Aber ebenso wenig glaube ich, dass die „Kinder des Lichts“ klüger sind, obwohl wahrscheinlich von den Letzteren mehr handfeste Barmherzigkeit gelebt wird.
Doch, was kann und soll ich tun? Aufgrund dieses Beitrags erinnerte ich mich an ein Segnungsseminar in einer evangelischen Gemeinde. Ich habe nun einen Vorsatz gefasst: Ich will alle Fremden, die mir begegnen, anschauen und segnen in der Überzeugung, dass dies den Blickwinkel weitet. Ich werde es nicht demonstrativ tun. Aber manchmal wird ein Segenszeichen vielleicht mit einem dankbaren Lächeln beantwortet.
Andreas
Schreibt die Barmherzigkeit vor, die eigenen Kinder zu opfern? Ist das christlich?
Ich frage, weil ich in einem Nachbarblock bis auf die Tatsache, dass arrogante Bezichtigungen zwar christlich sind, konkrete Fragen aber nicht beantwortet werden, darüber nichts zu lernen war.
Muss man als Christ so tun, als gäbe es die Erfahrungen der orientalischen Christen mit den Menschen, die jetzt hierhin „flüchten“ nicht ? Glaubt ihr die Einstellung würde sich schon ändern?
Macht man sich als Christ eigentlich Gedanken, was die hunterttausende junger Männer, größtenteils ungebildet, gar Analphabeten sich für Vorstellungen über das Leben hier machen und wie sie reagieren werden, wenn diese sich nicht erfüllen?
Was werde ich einst meiner kleinen Tochter sagen, wenn sie mich fragt, warum ich nicht früher etwas gegen die Umstände unter denen sie nun leben muss getan habe?
Tut mir leid Schatz, aber hier wollten sich einige als gute Christen fühlen, das hatte Vorrang?
akinom
Ich glaube nicht, dass es gute Christen gibt, die sich als „gute Christen“ fühlen,
Lehrer Lämpel
Das Wort des Herrn Jesus gilt für ALLE weltweit und zu JEDER ZEIT!
Daran wird auf jeden Fall jeder Christ – und vielleicht sogar jeder Mensch – von Ihm gemessen und beurteilt werden!
Zumindest wir Christen sollten diesem sehr ernsten und auch unbequemen Wort des Herrn glauben und es keinesfalls leichtfertig verdrängen und unter den Tisch fallen lassen!
Bequem ist es keinesfalls – es fordert von uns viel, auch das Eingehen von Risiken für die ferne Zukunft.
In unserer modernen Gesellschaft haben wir viel persönliche Verantwortung an die Politik, die gewählten Volksvertreter, abgegeben.
Wir äußern uns nur ab und zu in dem Kontrollinstrument der Wahl.
Zwischendurch können wir allerdings hier frei unsere Meinung kundtun, auch gegenüber unseren Politikern.
Wir haben hier hohe Verantwortung.
Ich staune, wie leichtfertig damit von Einzelnen umgegangen wird.
Auch manchmal in christlichen Blogs und Foren.
Nicht vergessen:
Jeder von uns katholischen Christen hat bei persönlichen Fehleistungen das unschätzbar wertvolle Gnadengeschenk (Sakrament) des Herrn Jesus der hl. Beichte offenstehen.
Nutzen wir es bei Bedarf – wir können da im wahrsten Sinne wahre Wunder an uns erleben.
Ich spreche aus eigener Erfahrung.
Gottes Segen für alle.
Andreas
Entweder hat Herr Honekamp Recht und Rettung ist ein Akt der Barmherzigkeit, oder er hat nicht Recht und niemand wird gerettet, der heute in zentralbeheizter Wohnung, Fernsehen, Smartphone und mit Urlaubsanspruch wohnt, solange Kinder in Slums im Dreck sterben.
Wer wūrde dann Rettung fūr sich fūr möglich halten?
akinom
Ich erinnere mich an Kommentare von „Andreas, der Zweifler“. Gibt es ihn noch? Oder hat er Dank Felix Honekamp seine Hand in die Wunden des Auferstandenen legen können, wie Thomas und glaubt nun an die Barmherzigkeit?
Ich gehe davon aus und freue mich mit den beiden riesig!
Glückwunsch und Gottes Segen auf allen Wegen!
Papsttreuer
Mit einzelnen Zitaten aus der Bibel auf derartige Fragen zu antworten, ist immer ein wenig kurz gegriffen, aber Matthäus 19,25-26 sollte man trotzdem nicht vergessen:
Darin liegt die eigentliche Herausforderung, auf die auch Papst Franziskus immer hinweist: Die Anerkennung, dass wir Gottes Barmherzigkeit bedürfen – alle!
Gottes Segen!