Der Oktober ist, wie der Mai, der klassische Rosenkranzmonat. Nach wie vor gilt der Rosenkranz aber als die Domäne älterer Damen. Wie schade!

(C) Cordbands.com
„O Gott, komm mir zu Hilfe. Herr, eile mir zu helfen.“ – so startet das tägliche Stundengebet. Wer es sich bequem macht und die Stundenbuch-App benutzt, für den ist das tägliche Stundengebet kein Problem. Wer sich aber als Laie entschließt, das Stundengebet zu beten und sich das Stundenbuch zulegt, der kann schon verzweifeln an der Komplexität, wann welche Gebete zu beten sind. Es ist keine Raketentechnik, aber selbsterklärend geht auch anders. Meine Frau meinte darum vor einiger Zeit, das Stundengebet, mit seinem in sich stringenten aber in gewisser Weise analytisch zu durchdringenden Aufbau, sei wohl eher ein „Männerding“.
Das männliche Gebet
Nun kann ich als Mann schlecht beurteilen, wie eine Frau das sieht, aber in der Tat habe ich durchaus auch Vergnügen daran, in dem dicken, in einen Lederumschlag eingeschlagenen Buch zu blättern, die alten Psalmen und Gebete zu beten, zu wissen, dass ich dieses Gebet mit Millionen Priestern und Ordensleuten weltweit gemeinsam bete. Und das sich dabei der Jahreskreis von der Advents- und Weihnachtszeit und diese wiederum von der Fasten- und Osterzeit unterscheidet – das ist auch in sich sinnvoll. Aber ich gebe zu: Das Stundengebet, wenn es nicht wie in der App aufbereitet ist, braucht ein wenig Einarbeitung.
Dagegen der Rosenkranz. mit seinen immer gleichen Wiederholungen, fünfzig bzw. dreinundfünfzig „Gegrüßet seist Du Maria“ mit den jeweiligen Geheimnissen, eingerahmt von „Vater unser“ und dem „Ehre sei dem Vater …“, begonnen mit dem Glaubensbekenntnis? Klar, als Glaubenseinsteiger muss man das erst mal alles kennen. Aber dann ist es leicht. Und das soll es ja auch sein: Der Schwerpunkt liegt hier ja nicht so sehr darauf, dass man sich um das Sprechen des Gebetes bemühen muss, sondern auf der Betrachtung der Geheimnisse (ein paar Betrachtungen dazu, leider noch immer nicht vollständig, zusammen mit ein paar Verweise auf Zusatzinformationen findet man hier). Das ganze Gebet ist sogar so leicht, dass man sich besser eine Rosenkranzkette dazu nimmt, um sich nicht hinsichtlich der Anzahl der Gebete zu verhaspeln.
Der Rosenkranz: Ein Frauending?
Kann es also sein, dass wenn das Stundengebet eher ein „Männerding“ ist, der Rosenkranz ein „Frauending“ darstellt? Das eine eher komplex, mit einer inneren, quasi mathematischen Logik versehen, das andere eher ein meditativer Text, der seinen Wert aus den immer gleichen Wiederholungen zieht? Man müsste das nicht mal als eine abwertende Kategorisierung betrachten, sondern nur als eine jeweils andere Art von Gebet. Das eine liegt eben mehr den Männern, das andere den Frauen.
Umgekehrt kenne ich aber eine Menge Männer, die den Rosenkranz beten, und denen ich nicht direkt weibliche Eigenschaften zuschreiben würde. Kernige Kerle, tief im Glauben verwurzelt, die täglich zu Gott sprechen, und oft, ganz oft, den Rosenkranz zur Hand nehmen. Und weil das so ist, erscheint mir die Schlussfolgerung nicht stichhaltig. Eher schon hat das Gebet generell keinen besonders guten Ruf unter Männern, vor allem dann nicht, wenn sie dem Glauben nicht allzu nahe stehen.
Der schlechte Ruf des Rosenkranzes
Da wäre dann, als Annäherung, das Stundengebet naheliegender, weil es dem männlichen Drang nach Logik entgegenkommt. Der Rosenkranz wäre dann aber keine weibliche Form des Gebets, sondern lediglich eine, die den Männern aufgrund des Rufes, der ihm vorauseilt, suspekt ist. Die Bilder im Kopf sind bekannt: Ältere Frauen, in der Kirche leise vor sich hin murmelnd, als Leiter die Älteste unter den Damen oder ein dabei vor sich hin dämmernder Priester. Weniger anziehend geht für einen Mann kaum.
Dabei ist das Gebet an sich ein Mittel des Kampfes: Einerseits sind die Geschichten über erfolgreiche Gebetsinitiativen, die den Rosenkranz nutzen, inzwischen Legion. Und andererseits hallt in meinem Kopf ein Spruch nach, der seine ganz eigene Wahrheit enthält: „Wenn Männer beten, dann wackelt die Hölle!“ – Eben, meine lieben Geschlechtsgenossen: Der Teufel will nicht, dass wir beten, weil er weiß, dass seine Wände einstürzen, wenn wir es tun. Und wenn wir es gemeinsam tun, mit einer gemeinsamen Intention und dann auch noch im Rosenkranz mit der Mutter Gottes vereint: Was sollte den Niedergang des Teufels da noch aufhalten?
Kann aber gut sein, dass das vielen Männern dennoch nicht an Motivation reicht: Gebet ja, Rosenkranz eher nein!? Für die gibt es vielleicht noch einen kleinen Anreiz, den die Art der Rosenkranzkette darstellt. Die meisten Exemplare, die man in Devotionalienläden zu kaufen bekommt, sind eher – sagen wir es mal positiv – filigran. Kleine Süßwasserperlen aneinander gereiht. Ab und zu gibt es auch solche aus Olivenholz, die wenigstens nicht ganz so „weiblich“ wirken. Die äußere Form der Rosenkranzkette ist für das Gebet eigentlich nicht wesentlich, aber seien wir ehrlich: solche Rosenkränze nehmen wir Männer nur deshalb in die Hand, weil es keine anderen gibt (von feinen Erbstücken mal abgesehen).
Ein männlicher Rosenkranz
Zum Glück gibt es aber Abhilfe – zurzeit allerdings nur in den USA. Dort hat es sich ein kleines Unternehmen zur Aufgabe gemacht, Rosenkränze herzustellen, die das Attribut männlich wirklich verdienen: Eine breite Auswahl an Perlen, darunter auch „Full-Metal“-Versionen, die verknüpft sind mit Fallschirmleinen. Dazu eine große Auswahl an aus meist aus Europa importierten Kruzifixen und Medaillen – natürlich auch wundertätige Medaillen, aber auch andere, wie solche vom Erzengel Michael oder dem Heiligen Josef, um mal die „männlichsten“ zu nennen. Das Unternehmen heißt Cordbands, läuft aber auch unter dem – wie ich finde – treffenderen Namen „Rugged Rosaries“.
Ich selbst bin zwischenzeitlich stolzer Besitzer dreier solcher Rosenkränze (der, der und zuletzt, und besonders schön, der hier:
Versand und Bezahlung verliefen bislang bei jeder Bestellung reibungslos – ein paar Tage kann aber der Versand aus Californien natürlich dauern.
Der Rosenkranz als männliches Glaubenszeugnis
Und, betet man nun mit einem solchen Rosenkranz besser? Besser würde ich es nicht nennen, aber es ist einer, den man als Mann auf dem Büroschreibtisch liegen lassen kann, ohne dass es einem – der Optik wegen – unangenehm sein muss. Vielleicht hilft das Design auch, über den Rosenkranz zu reden: Der eine oder andere, der dem Glauben eher fernsteht, wird sich wundern, wie so ein Rosenkranz aussehen kann. Und wenn er sieht, dass und wie der Freund oder Kollege, fest im Leben stehend, betet, kann das auch neugierig machen. Ein solcher Rosenkranz ist ein Zeugnis – und ein andere Männer ansprechendes noch dazu.
Nein, mit Rugged Rosaries ist der Rosenkranz nicht neu erfunden worden, aber er hat eine Komponente erhalten, die bislang fehlte und den einen oder anderen Mann vielleicht davon abgehalten hat, ihn zu beten. Oder anders: Wenn es auch nur einen Mann gibt, der den Rosenkranz wegen dieses Designs öfters zur Hand nimmt, als er es sonst getan hätte, wird der Herr selbst schon für den Rest Sorge tragen. Wer sich also als Mann selbst etwas Gutes tun möchte oder als Frau noch ein Geschenk für den Partner sucht – das wäre eine gute Gelegenheit!
Einen weiteren schönen Beitrag zu Rugged Rosaries gibt es auch bei TheCathwalk.
Jan-Philipp
Danke, Felix. Lese gerade mit grossem Gewinn: „Der dreifache Kranz“ von H.U. v Balthasar. Kann ich sehr empfehlen. Und – im mE besten kath US-Magazin: http://www.crisismagazine.com/2016/the-rosary-for-converts . Sehr lesenswert.
LePenseur
Cher „Papsttreuer“,
Wer auch in der Religion statt Trance und Autosuggestion doch eher Klarheit und Bewußtheit will, der wird dem Rosenkrankz nichts abgewinnen können! 50 mal „Gegrüßet …“ hintereinander, das hat für mich fatale Ähnlichkeit mit tibetanischer Gebetsmühle.
Das Stundengebet (auch in vereinfachten Formen, die nicht gerade ein Liturgie-Studium ;-) voraussetzen) ist da einfach „ergiebiger“ …
Lehrer Lämpel
Der Rosenkranz ist weder Trance noch Autosuggestion, wie der @Penseur glauben machen will.
Ich möchte ihn auch nicht gegen andere Gebete ausspielen.
Mit Faust sage ich jedoch:
„Wenn ihr es nicht erfühlt, ihr werdet’s nicht erjagen.“
Meine Großmutter hat mir den Rosenkranz nahezu spielerisch im Alter von etwa 6 Jahren vermittelt; wir haben damals quasi „um die Wette gebetet“. Ich bin ihr dafür bis heute dankbar.
Später gab es lange Jahre, in denen ich ihn kaum oder gar nicht betete.
Ich habe ihn dann später wiederentdeckt und habe persönlich die Erfahrung gemacht, dass es ein Gebet ist, dass sich gerade auch in extremen Krisensituationen bewährt und Kraft, Ruhe und Zuversicht gibt.
Gerade in solchen Situationen braucht man ganz einfache Gebete, die man auswendig kann ohne schriftliche Vorlagen.
Wem als Mann die Rosenkranz-Gebetsschnur zu „weibisch“ erscheint und er sich dafür schämt, so etwas zu benutzen, kann auch stattdessen seine 10 Finger zum Zählen verwenden.
Das Äußere ist hier aber eher marginal.