Am Samstag war es so weit: Die „Erste Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz“ startete in Kleve – und die Teilnahme hat sich gelohnt!

Veranstalter und Moderator Klaus Kelle (Bild: Felix Honekamp)
Wenn zur „Ersten Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz“ gerufen wird, dann muss ich natürlich dabei sein. Nicht weil ich mich für besonders intelligent hielte, auch nicht, weil ich der Meinung wäre, dass Schwarmintelligenz überhaupt ein überzeugendes Konzept wäre. Aber wenn Klaus Kelle, konservativer Journalist, Publizist und – nebenbei – guter Freund, seine Kontakte in Kleve zusammen trommelt, dann geht es nicht anders, als das es interessant wird.
Konservative Herzensanliegen
Der Ablauf ist dabei schnell erklärt: Kurze Eingangsstatements der Referenten, einführendes Interview auf der Couch unter einem röhrenden Hirschen – wie zu erwarten: es ging im Wesentlichen konservativ zu – und dann Fragerunde mit den Teilnehmern. Und wer befürchtet hatte, die über 100 Gäste würden sich mit Fragen und eigenen Statements zurück halten, war schnell widerlegt. Schon nach dem ersten Teil, repräsentiert von Emitis Pohl, die als Dreizehnjährige aus dem Iran auf der Flucht vor den Revolutions- und Kriegswirren nach Deutschland kam, und ihre Einstellung zur Flüchtlings- und Migrationspolitik darstellte, war die Agenda geschmissen.
Die anderen Themen waren nicht weniger reizvoll und zur Diskussion reizend: Matthias Matussek – aus seinem Silberhochzeitsurlaub auf den Malediven über Skype zugeschaltet – sprach mit Klaus Kelle über das Christentum und Religion in der Gesellschaft, Birgit Kelle gab ein Update auf das, was unter „Gender Mainstreaming“ gehandelt wird, und Wilfried Albishausen, Ehrenvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, zeigte die Problematik von innerer Sicherheit und Polizeiarbeit in Zeiten von Extremismus, Migrantenströmen und Kuscheljustiz (ein Begriff, nur zur Klarstellung, den er selbst nicht verwendet hat) auf. Kein Wunder, dass es dabei keinen Mangel an Nachfragen gab. Wie kann man mit den Themen umgehen, was kann jeder Einzelne tun, um die Gesellschaft in eine Richtung zu bewegen, die gesünder erscheint als der Aufruf zum „Wir schaffen das“? Spannend vor allem: Auch Konservative sind sich nicht immer einig, aber man findet schnell eine Gesprächsbasis, ist bereit, dem anderen zuzuhören, das bessere Argument anzuerkennen.
Networking statt Einheitsmeinung
Insofern waren auch die Pausen wesentlicher Teil eines konservativen Networkings, gefolgt von einer Abendveranstaltung, dessen Rahmen mit der Konservativität (jedenfalls dem, was man sich so darunter vorstellt) ein bisschen weit ging – 70er-Jahre Charme eines Lokals, das für ein Zigeunerschnitzel mit Pommes frites über 16 € aufruft. Bis tief in die Nacht wurde diskutiert, zugehört, konstruktiv gestritten, über Politik, Konservativität, Liberalismus (jaha, mindestens ein Libertärer neben mir war auch anwesend) und Glauben.
Ein thematisches Fazit ist insofern auch nicht leicht zu ziehen. Auch wenn der Blick auf die Themen häufig aus der gleichen Richtung kam, kann man doch nicht unbedingt von Einigkeit sprechen. Vielleicht ist das Problem der Bürgerlich-konservativen in der Tat eines, was ich im Gespräch diskutiert habe: Wir mögen keine Parolen, keine einfachen Lösungen von denen wir wissen, dass sie nicht tragfähig sind. Das unterscheidet uns von Extremisten und Populisten, die Einfachheit vorgaukeln wo die Welt mehr und mehr systemisch geworden ist.
Ein konservatives Grundproblem
Das klingt sympathisch, ist aber in der Außenwirkung wenig plakativ und schwer zu vermitteln. Wenn der Konservative beklagt, konservative Politik werde von den Wählern nicht „verstanden“, dann ist das keine Arroganz sondern Erfahrung. Kein Wunder, dass sich so viele, die keine Generationenverantwortung übernehmen wollen, lieber auf leicht vermittelbare Positionen zurückziehen. Für einen Konservativen – für den generationenübergreifende Verantwortung ein Herzensanliegen ist – ist das keine Option.
Trotzdem: Kein Grund zur Verzweiflung! Veranstaltungen wie diese beweisen, dass man durchaus eine gesellschaftlich relevante Größe hat, die nur meist medial nicht in Erscheinung tritt. Oder wie Birgit Kelle im Thema „Gender Mainstreaming“ feststellte, und was sich auf die anderen Themen übertragen lässt: Wir schwimmen mit unseren Positionen gar nicht gegen den Strom. Wenn man Position bezieht wundert man sich, wie viel Zustimmung und Unterstützung man dafür erhält. Es ist halt nicht der mediale Mainstream, mit dem man schwimmen kann, man muss auch mit Problemen rechnen, wenn man sich gegen den stemmt.
Keine Geisterfahrer
Dabei gibt auch durchaus die Gefahr, dass man gerade in sozialen Netzwerken umgekehrt zu glauben anfängt, die eigene Meinung sei bereits gesellschaftlicher Konsens gegen Medien und etablierte Politik. Aber wahr ist auch: Wir sind nicht allein. Konservative nicht, gläubige Christen nicht … und auch Liberale nicht. Politmedial mag uns noch der Resonanzraum fehlen, aber gesellschaftlich darf man durchaus auf die schweigende Mehrheit zählen, die andere so gerne für sich beanspruchen wollen. Das ist kein Beweis für die bessere Lösung – wie gesagt: Schwarmintelligenz sehe ich eher kritisch – aber ab und zu ist es hilfreich, sich auch mal selbst zu vergewissern, dass man nicht selbst der Geisterfahrer ist, sondern deutliche Indizien darauf hindeuten, dass es die politischen Gegner sind.
Noch etwas persönliches
Am Sonntag nach dem Schwarmintelligenztreffen trafen sich um 8 Uhr in der Frühe noch einige christliche Teilnehmer zu einer Wallfahrt aus dem benachbarten Weeze ins sechs Kilometer entfernte Kevelaer. Organisiert wurde diese Wallfahrt auch von Klaus Kelle, in seiner Eigenschaft als Komtur des OMCT-Tempelritterordens. Diese Wallfahrt bildete den geistlichen Abschluss des Wochenendes und war gleichzeitig Gelegenheit, Christus und der Gottesmutter zu danken, dass die Versammlung überhaupt stattfinden konnte. Nach Klaus Kelles schweren Herzinfarkt zu Beginn des Jahres war es alles andere als selbstverständlich, dass das Treffen in dieser Form und dazu noch in diesem Jahr stattfinden konnte. Da ich weiß, dass auch viele meiner Leser zum Jahresanfang für ihn gebetet haben, möchte ich hier noch vermerken: Das war ein Klaus Kelle in alter Form!
Klaus, mein Freund, ich freue mich und danke dem Herrn, dass er noch Pläne mit Dir hat!