Ein Manifest zur Unterstützung von Papst Franziskus? Klingt nach Papsttreue. Dennoch habe ich nicht unterschrieben. Die Gründe.
Als ich Mitte der Woche die Anfrage erhielt, ob ich ein Manifest zur Unterstützung von Papst Franziskus unterzeichnen würde, hatten die Initiatoren natürlich erst mal mein Ohr. Ihnen geht es in dem mit dem Titel „#SineDubia – Wir gehen mit Papst Franziskus! – Ein Weckruf für 2017.“ (zwischenzeitlich hier veröffentlicht) überschriebenen Dokument um den fairen Umgang mit Papst Franziskus – aus dem konservativen Lager. Das ist mir seit Monaten ein Anliegen und wenn ich ehrlich bin, werde ich es langsam müde, immer wieder auf Missverständnisse hinzuweisen, die aus diesem Umfeld dem Papst entgegen gebracht werden. Noch dazu kommt, dass mich Zweifel beschleichen, ob es sich nicht zwischenzeitlich um eine persönliche Agenda der Angreifer handelt, aus deren Sicht der Papst nichts mehr richtig machen kann.
Was ich unterschreiben kann
Gleichzeitig gehöre ich nicht zu denen, die gar keine Kritik am Papst hätten. Insbesondere seine Einlassungen zur Wirtschaft sind von einer beinahe bemerkenswerten Unkenntnis der Zusammenhänge gekennzeichnet. Sie sind es aber auch, die nicht Teil der Lehre der Kirche oder des Papstes sind. Über Widersprüche kann ich darum, auch wenn es mein persönliches Steckenpferd ist, leichter hinwegsehen. Die sich aus konservativen Kreisen am Papst entzündende Kritik halte ich dagegen in sich für nicht stimmig und in ihrer Form überzogen. Glücklicherweise gibt es ausreichend kompetente Theologen, die deutlich machen, dass beispielsweise Amoris Laetitia keinen Wandel in der Ehe- oder Sakramentenlehre darstellt (siehe hier oder hier) sondern Hinweise auf eine barmherzige Ehe- und Familienpastoral liefert.
Insofern stehe ich bei den den Papst unterstützenden Inhalten hinter dem aktuellen Aufruf. Papst Franziskus Thema in diesen Jahren ist die Barmherzigkeit, und das ist es, was das Papier deutlich zu machen versucht. Soweit sich das Manifest also als Verteidigungsrede versteht, kann ich jeden Satz unterschreiben.
Und was nicht
Warum habe ich das Manifest dennoch nicht unterzeichnet? Es sind die Angriffe gegen den vermeintlich kirchenpolitischen Gegner, die mich dann aber an dem Manifest haben zweifeln lassen. In dem mir vorliegenden Entwurf heißt es zum Beispiel:
Als letztlich pathologisches Phänomen bedauern wir aufrichtig eine argwöhnische und pessimistische Mentalität, die sich im katholisch-konservativen Lager in den letzten Jahren eingeschlichen hat, und die nur allzu gut ins Zeitalter von Fake News und Populismus zu passen scheint. […]
Wir erinnern die genannten populistischen Einheizer im Hintergrund daran, dass sie sich für ihren geschürten Argwohn eines Tages verantworten werden müssen. […]
Wir bekräftigen, dass Papst Franziskus vollumfänglich das Recht hat, unbequeme Worte zu denjenigen zu sagen, die bisher vielleicht unbequeme Worte nicht gewohnt waren: Die Kurie, manche neue Orden oder manche vermeintlich „patentierte Fromme“ eingeschlossen.
(Hervorhebungen durch mich)
Das Dokument bleibt bei der Nennung von Ross und Reiter im Vagen, wird dafür in der Ausdrucksweise umso deutlicher. Ist es aber tatsächlich sachgerecht, die in weiten Teilen der konservativen Katholiken anzutreffende Kritik am Papst als pathologisch zu bezeichnen, also so zu tun, als seien die Kritiker in irgendeiner Form krank? Helfen Begriffe wie der des „Einheizers“ oder des „patentierten Frommen“ oder die kaum verhohlene Drohung mit dem Fegefeuer für Papstkritiker in der Diskussion?
Sorge oder Krankheit?
Ich sehe viele katholische Publizisten, die in der Tat dem Papst und den heute noch Papsttreuen den rechten Glauben abzusprechen versuchen. Mich nerven kolossal einzelne Blogger, die in der Vergangenheit auf Seiten eines Papstes Benedikt standen, nun aber behaupten, der Antichrist sei in den Vatikan eingezogen – und sich dabei nicht zu schade sind, sich allerlei fast schon esoterischer Anhaltspunkte wie des Blitzeinschlags in die Vatikankuppel als „Zeichen“ zu bedienen. Das alles halte ich für falsch und ich werde auch weiterhin als Verteidiger des Papstes in dieser Sache auftreten. Aber ich bin auch überzeugt, dass die allermeisten Papstkritiker die ehrliche Sorge um die una sancta umtreibt. Ihnen eine Krankheit zu unterstellen und ihrerseits den rechten Glauben abzusprechen halte ich für ungerechtfertigt und in gleicher Weise spalterisch.
In einem Blogbeitrag oder einem Posting in sozialen Netzwerken kann man sich gerne auch mal polemisch und in der Sache einen Tacken zu hart äußern. Ich bin auch nicht immer ein Freund des Floretts und nutze – wenn es mir zu viel wird- auch mal den Säbel. Ein Manifest, also eine – wie Wikipedia definiert – „öffentliche Erklärung von Zielen und Absichten“, muss anderen Ansprüchen an Stil und Dauerhaftigkeit genügen. Ich möchte mich für ein Manifest, das ich unterzeichne, nicht entschuldigen müssen. Den Kampf um die Kirche haben wir zu führen, die Sorgen aller „Parteien“ ernstzunehmen, die uns letztlich alle, wenn auch in unterschiedlicher Weise umtreiben.
Dennoch: Eine Empfehlung zur Lektüre
Darum kann ich jedem nur empfehlen, den Weckruf zu lesen und die Inhalte zur Verteidigung des Papstes zu verinnerlichen. Diese unterschreibe ich gerne im Geiste. Die Angriffe gegen die Kritiker des Papstes halte ich jedoch in mancherlei Inhalten, insbesondere aber der Form nach für falsch. Darum habe ich – bei aller Sympathie für das Anliegen – das Manifest „#SineDubia – Wir gehen mit Papst Franziskus! Ein Weckruf für 2017“ nicht unterzeichnet. Und trotzdem: Lesen und ein eigenes Bild machen!
Jan-Philipp
Bene! Sehr gut getan und geschrieben. Es kommt eben auch auf den Ton an. Und es sind genau diese unklugen persönlichen Drohungen, Attacken und Unterstellungen, die der Kirche am meisten schaden. Barmherzigkeit verlangt viel Schweigen und Zuhören, Beten und dann mildes Sprechen. Salve und Gottes Segen!
Gerd
Zitat aus dem Weckruf:
„Diese radikale Barmherzigkeit zieht notwendig auch den Neid des vermeintlich „gerechten Sohnes“ auf sich, weil der barmherzige Vater bis in die Selbstdemütigung hinein nichts unversucht lässt, um den „verlorenen Sohn“ zu finden.“
Das ist schlichtweg falsch. Der Vater hält Ausschau und tut eigentlich nichts um den verlorenen Sohn zu finden außer ihm entgegen zu gehen. Zumindest wird im Gleichnis nichts darüber gesagt. Aber das nur am Rande. Ich halte den Weckruf für überflüssig, weil er unterschwellig bis offensichtlich alles was auch nur den Geruch von Konservatismus (von welcher Art auch immer) zeigt, verteufelt. Dabei genügt es zumindest in meiner Gemeinde schon den Rosenkranz zu beten, um als konservativer Lagerkatholik abgestempelt zu werden. Natürlich bin ich jetzt in den Augen der Verfasser pathologisch verdächtig, weil ich ja rigoros an dieser „überholten Gebetsform“ (OT unseres Pfarrers) hartnäckig und krankhaft festhalte.
Zitat aus dem Weckruf:
„Allen, die sich mit den Dubia beschäftigen oder identifizieren, empfehlen wir, sich mit dem Gedankengang vertraut zu machen, dass auch die Fragen der Pharisäer an Christus scheinbar sehr klar und Jesu Reaktion darauf, z.B. das demonstrative Schweigen, von den Pharisäern als ungeheure Ehrabschneidung empfunden wurden.“
Kardinäle, die in ihrer Sorge um den katholischen Glauben mal beim Papst nachfragen und um Klärung bitten, in die Nähe der Pharisäerkaste zur Zeit Jesu zu rücken, ist schon ein starkes Stück Unverschämtheit. Wobei Jesus die Lehre der Pharisäer überhaupt nicht in Frage stellt, sondern „nur“ davor warnt, ihre Taten nachzuahmen. Verdächtig sind wohl schon die Gläubigen die sich mit der Dubia identifizieren. Wenn sie dann auch noch den Rosenkranz beten, sollte man wohl den Notarzt rufen.
Fazit: Ich bin dankbar, dass es auch Nichtunterzeichner gibt.
Pathologische Grüsse
Lehrer Lämpel
Gebe Ihnen, @Gerd, recht mit ihrer hier am „Weckruf“ geäußerten Kritik.
Die biblischen „Pharisäer“ zur Zeit Jesu werden leider nur selten in Predigten o.ä. den Menschen richtig erklärt.
Es sind die damaligen konservativ-gesetzestreuen Juden, die also die Thora – zumindest äußerlich – streng befolgten.
Der Herr verurteilt und brandmarkt sie nicht per se, sondern nur dann, wenn Vertreter dieser Glaubensrichtung sich ihres Heils allzu gewiss sind oder gar . einer Doppelmoral frönen.
Jesus Christus pflegt durchaus mit ihnen Umgang und ist sogar bei einem Pharisäer eingeladen, ( dem er dann eine Lehre erteilt). Auch ist der hl. Paulus ursprünglich ein Pharisäer gewesen und wird doch gerade direkt vom Herrn zum Jünger berufen – noch dazu zu einem der führenden Apostel!
Was Sie, @Gerd, in Ihrer Pfarrgemeinde erlebten, haben wir – allerdings in wesentlich abgeschwächter Form – auch erfahren:
Es wurde in der von uns besuchten Pfarrgemeinde (kein eigener Pfarrer aber ein nebenamtl. Diakon) seitens des Bistums zum ewigen Gebet aufgerufen und hinten in der Kirche eine Liste ausgelegt, in der Freiwillige sich eintragen sollten, die jeweils eine Gebetsstunde am Sonntagnachmittag leiten sollten. Außer meiner Frau und mir trug sich nur noch die damalige Pfarrsekretärin ein – niemand sonst.
Sie rief uns dann nach einigen Tagen an und teilte uns mit, dass das ewige Gebet wegen Mangels an Interessenten ersatzlos dort ausfalle.
Siegfried Simperl
Jünger sein ist kein Spaß. Petrus muss sich von Jesus als Satan beschimpfen lassen; alle zusammen werden sie aufgefordert, sich selbst zu verleugnen und ihr Kreuz auf sich zu nehmen; als ihnen eine Heilung misslingt, werden sie als Ungläubige bezeichnet; nun stehen sie verständnislos vor der Ankündigung Jesu, er werde sterben und auferstehen, und fürchten sich sogar nachzufragen.
Hat Jesus also (zwölf) Begriffsstutzige berufen? Von einer theologischen Elite kann jedenfalls keine Rede sein. Jesus wird seine Gründe gehabt haben, keine geistigen Überflieger und gelehrten Schlaumeier zu berufen, die für jedes Problem eine Lösung und auf alle Fragen eine Antwort parat haben. Und wir? Sind wir schlauer? Wissen wir, warum Jesus sterben musste und was »auferstehen« bedeutet?
Nein, auch wir sind in Glaubensdingen Unmündige – und im besten Fall Kinder, die sich zwar fürchten, sich aber auch bezaubern und beglücken lassen. Und warum soll es heute anders sein?
Gerd
In den Kommentaren auf Cathwalk werden die Verfasser und Unterzeichner des Weckrufes u.a. als „wahre Katholiken“ gepriesen. Der Schuss ging wohl nach hinten los.