Susanne Kablitz ist tot. Mit einem letzten Blogbeitrag hat sie ein Vermächtnis hinterlassen, das Mahnung sein sollte.

Foto: Eckhard Henkel / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 DE [CC BY-SA 3.0 de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)]
Susanne Kablitz hat sich das Leben genommen. Annahmen schießen wie immer in solchen Fällen ins Kraut, was der Grund gewesen sein mag. Die reichen von einer schweren Erkrankung über finanzielle Themen bis hin zu einer Depression. Ich mag mich an solchen Spekulationen nicht beteiligen, komme aber nicht umhin, einen Beitrag zur Kenntnis zu nehmen, den Susanne Kablitz noch am 10. Februar auf ihrem Blog veröffentlichte: „Dieses Land ist unrettbar verloren“. Wenn jemand freiwillig aus dem Leben scheidet, und vorher noch einen solchen Text publiziert, dann kann man wohl mit Fug und Recht von einem Vermächtnis sprechen. Dann kommt man nicht daran vorbei, mit einem besonderen Blick auf eine solche Veröffentlichung zu schauen.
Der Beitrag ist geprägt von einem hohen Maß an Pessimismus hinsichtlich der Freiheit in diesem Land. Susanne Kablitz macht das beispielhaft fest am Umgang der Medien und selbst freiheitlich gesinnter Menschen – ich nehme mich aus ihrer Kritik nicht aus – an Björn Höckes kürzlich skandalisierter Rede in Dresden. Sie weist dabei durchaus darauf hin, dass sie in vielem ganz anderer Meinung sei als Höcke, die Kritik an der Rede aber letztlich getrieben ist von einem Unwillen, sich mit den Positionen eines anderen auseinanderzusetzen: Das „Denkmal der Schande“ ist eben nicht das gleiche wie eine „Schande eines Denkmals“, und es ist nicht zu bestreiten, dass es in Deutschland so etwas wie „Meinungsverbrechen“ gibt, die – je nach Ausprägung – härter bestraft werden als „tatsächliche Rechtsverletzungen“.
Aber der Fall Höcke ist für Kablitz nur ein Symptom eines viel tiefer gehenden Problems: Die Unfähigkeit der Deutschen, Einschränkungen ihrer Freiheit noch wahrzunehmen, sich dagegen zu wehren, überhaupt eine Liebe zur Freiheit zu entwickeln. Rechtsbrüche der deutschen Regierung in der Migrations- genau so wie in der Euro-Politik, eine enteignende Steuerlast, gratismutiger angeblicher „Antifaschismus“, der sich an Donald Trump abarbeitet, bis hin zu einem Michael Müller, Oberbürgermeister Berlins, der nicht in der Lage ist zwischen einer Mauer, die Menschen einsperrt und einer solchen, die zum Schutz vor anderen Menschen errichtet wird, zu unterscheiden …
Und was gibt es noch festzustellen?
Nun, Banken- und Euro-Rettung, Bürokratieirrsinn, explodierende Kriminalität, Kriegstreiberei, Staatsfernsehen, Rekordsteuersätze, Glühbirnenverbot, Energiewende, Überwachungsstaat, Terror, Drangsalierung von Rauchern, Autofahrern, Selbstständigen und Unternehmern, Genderwahn – kein Tag vergeht, wo wir nicht mit dem vollständigen Scheitern der Regierungen konfrontiert werden. Und dabei miterleben müssen, dass das Krebsgeschwür namens Staat sich immer weiter ausbreitet.
Und warum geschieht das so?
Tja, das liegt wohl daran, wie auf diese niedlichen, kleinen „Begebenheiten“ der Großteil der Menschen reagiert. Lethargisch, schuldvoll, demütig, unterdrückt. Das perfekte Volk der Herrscher. Man könnte meinen, dass dieser Teil der Bevölkerung es verdient, was man ihm antut. Weil es die Parallelen nicht sehen will, die sich zur Vergangenheit zeigen.
Kablitz schließt ihren Beitrag mit folgenden Absätzen:
Es ist wahrlich ein Panoptikum der Erbärmlichkeit.
Leider kommt man nicht umhin festzustellen, dass dieses hochnotpeinliche Land sich seinen unausweichlichen nächsten Untergang mehr als redlich verdient. Deutschland ist verloren. Endgültig. Umkehrbar wäre das alles – vielleicht – nur noch mit äußerst drastischen Maßnahmen. Die sich aber KEINE Partei traut. Weil sie alle immer nur auf die Mehrheit starren. Auf die Futtertröge. Weil sie da gut versorgt sind. Und weil sie kein Rückgrat haben, auch einmal einer vorübergehenden Empörung standzuhalten und zu den eigenen Überzeugungen fest zu stehen. Immer kommt einer daher und mahnt die nächsten Wahlen an. Dass man gewinnen will und muss. Und dass man die angeblich erreichten Ziele nicht gefährden darf, indem man die „Volksseele“ verletzt. Und genau in dem Moment sind sie alle mit Haut und Haaren an den Teufel verkauft. Und das noch nicht einmal zu einem guten Preis.
Es ist einfach nur noch widerwärtig. Möge er bald kommen und möge er endgültig sein, denn wer aus dem letzten Untergang nichts gelernt hat, hat keine dritte Chance verdient.
Vielleicht kann es auf diese Weise irgendwann wieder gut werden. Mit Menschen, die aufrecht gehen, selbstbewusst sind und sich von ihrer Staatsbesoffenheit erholt haben. Die, die auf diesem Weg auf der Strecke geblieben sind, sind eben die Opfer.
Aber – so hoffe ich – wenigstens für einen guten Zweck.
Ich gebe zu, ich bin nicht mit allem, was Susanne Kablitz in diesem Beitrag schreibt, einer Meinung; ich war es auch in manchen anderen drastischen Einschätzungen nicht. Aber dem Pessimismus, dass wir es mit einem Land zu tun haben, dessen Bürger ihre Freiheit nicht mal für Sicherheit sondern schon für Bequemlichkeit aufzugeben bereit sind, kann ich durchaus folgen. Da wird ein Bundespräsident parteiübergreifend ausgekungelt und Kritik daran mit den Worten quittiert, dass diese repräsentative Demokratie schon ihre guten Gründe habe (als ob es nicht gerade diese Form repräsentativer Demokratie gewesen wäre, die einen Adolf Hitler an die Macht gebracht hätte, direkt gewählt wurde der von den Deutschen nie mit Mehrheit). Europäisches und deutsches Recht wird im Zuge einer fälschlich so bezeichneten Flüchtlingspolitik gebrochen und Kritik daran wird gekontert mit dem Hinweis auf eine humanitäre Verantwortung. Den Deutschen wird versprochen, dass niemals eine europäische Nation für die Schulden einer anderen wird einstehen müssen – und diese Klausel wird über Nacht gekippt wegen einer angeblichen Alternativlosigkeit. Kritiker einer solchen Politik: Alles Nationalisten, Rassisten, was weiß ich.
Und der deutsche Michel mümmelt weiter am trockener werdenden Gras, das ihm vorgesetzt wird. Geht uns doch eigentlich noch ganz gut. Ja sicher: Man könnte auch in Syrien im Bombenhagel sitzen, bekämpft von einem früher vom Westen hochgepäppelten Diktator oder von einer jetzt vom Westen politisch unterstützten Terrormiliz. Mancher meint offenbar, man müsse sich bei der Regierung bedanken, dass sie sich nicht noch unverschämter einen Dreck um das Wohl des Volkes schert, auf das sie vereidigt wurde. Mancher meint offenbar, die enger werdende Freiheit sei ein huldvolles Geschenk der Regierenden an das für diese Freiheit eigentlich unmündige Volk.
Politisch ist der Zustand Deutschlands für jeden Freiheitsliebenden in der Tat zum Verzweifeln. Nein, es gibt hier keinen Polizeistaat, Menschen verschwinden nicht einfach wie anderswo in dunklen Verliesen. Niemand muss in Deutschland fürchten zu verhungern oder auch nur nicht ein Mindestmaß an Lebensstandard gesichert zu bekommen. Aber ich bin geneigt, den meisten Einschränkungen meiner pessimistischen Sicht ein „noch nicht“ anzuhängen. Denn so wie es aussieht, bewegen wir uns auf immer weniger Meinungsfreiheit, immer weniger Möglichkeiten der politischen Alternativen und immer mehr als wieder mal „alternativlos“ erachteter Machtpolitik jenseits von Gesetzen oder wenigstens Vernunft zu. Wenn Deutschland und Europa hinsichtlich politischer und wirtschaftlicher Standards nicht auf Dritte-Welt-Niveau absinkt, dann nicht wegen sondern trotz der Politik seiner sogenannten Eliten. Und die „Geführten“ machen es mit, wählen weiterhin die Parteien, die dafür verantwortlich sind oder laufen über zu „Alternativen“, die auch nichts anderes als Machtpolitik im Sinn haben.
Kann einen das verzweifeln lassen? Das kann es, wenn man seinen Blick auf diese Welt beschränkt. Mancher tendiert zur Gewalt, andere geben auf. Ob der Zustand dieses Landes einen Beitrag zur Entscheidung Susanne Kablitzs geleistet hat, nicht mehr leben zu wollen? Der zitierte Beitrag deutet darauf hin. Ich nehme gleichzeitig an, dass es nicht der einzige Grund gewesen sein wird.
Aber wie groß muss die Verzweiflung sein, das Geschenk des Lebens abzulehnen? Wie groß muss die Verzweiflung sein, um zu entscheiden, es sei besser, nicht mehr zu leben? Wo kann in einer solchen Situation die Hoffnung herkommen? Als Katholik habe ich auf diese Fragen nur eine Antwort: „Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“ (Psalm 124,8). Ich kann über das Glaubensleben Susanne Kablitzs keine intelligente Einschätzung treffen, ich kannte sie viel zu wenig. Ich kann aber anderen Menschen, die an ihrer persönlichen Lebenssituation oder an den gesellschaftlichen Umständen zu verzweifeln drohen, nur diese Hilfe in Aussicht stellen.
Aber was heißt „nur“: Für mich ist die Hoffnung auf Gott die treibende Kraft meines Lebens. Die christliche Hoffnung, die mit einem eingeschränkten Blick nur auf die irdische Welt nicht zu verstehen ist, ist es, die seit zwei Jahrtausenden Menschen auch in scheinbar ausweglosen Situationen weiter machen lässt. Diese Hoffnung, die durch den Schöpfer letztlich jedem Menschen in die Seele gelegt ist, sie ist es, die mich hoffen lässt, dass auch in weltlichen Themen noch nicht alles verloren sein kann. Mein Glaube daran, dass Gott uns alle in Freiheit erschaffen hat, lässt mich hoffen, dass er uns nicht in Unfreiheit zugrunde gehen lassen wird. Und er gibt Kraft, mich erstens für Christus aber zweitens auch für die Freiheit aller Menschen in die Schlacht zu stürzen, auch wenn die den Wert der Freiheit vielleicht nicht, nicht mehr und noch nicht, zu schätzen wissen.
Aus welchen Gründen auch immer: Susanne Kablitz hat diese Hoffnung aufgegeben. Mir bleibt nur, für sie zu beten und diese Verzweiflung als Mahnung anzunehmen, nicht nachzulassen und jedem Gläubigen und Freiheitsliebenden bei Bedarf ein Beistand und Mitstreiter zu sein. Und als Mahnung, den Ruf, nein den Schrei nach Freiheit nicht leiser werden zu lassen. Ich hoffe, daran nicht zu scheitern … aber auch diese Hoffnung baut auf den Herrn und damit auf Fels.
FDominicus
Ich habe dem widersprochen:
http://www.q-software-solutions.de/blog/2017/02/nein-susanne/
Lehrer Lämpel
Vielleicht doch ein Anlass, innehalten und kritisch zu hinterfragen, ob man wirklich [politisch] auf dem richtigen Weg ist…
Vielleicht hat die „uckermärkische Pfarrerstochter“ doch nicht so unrecht?
Lehrer Lämpel
Mein Kommentar richtete sich eigentlich an Herrn Honekamp und nicht an FDominicus.
Heiner Müller
Mich stört diese erbärmliche Einseitigkeit, die im Schafspelz der Freiheitsliebe einherstolziert. Eine Mauer, die andere aussperrt, sperrt diese anderen in den verbleibenden Bereich ein. PUNKT!
Eugen Karl
Jede Gartenumfriedung und auch jede Hausmauer ist damit abzulehnen. Tore auf, Türen auf, alles für alle! AUSRUFEZEICHEN.
Kreuzweis
„Mich stört diese erbärmliche Einseitigkeit, die im Schafspelz der Freiheitsliebe einherstolziert. Eine Mauer, die andere aussperrt, sperrt diese anderen in den verbleibenden Bereich ein. PUNKT!“
Selten habe ich einen dümmeren Satz gelesen!
Aha, dann waren alle jene, die es sich füher hinter Stadtmauern gemütlich gemacht hatten und von der „Stadtluft, die frei machte“ sprachen, also „Eingesperrte“.
Und die Gefangegenmauer sperrt nicht Kriminelle ein, nein, auch jene, die nicht rein dürfen! Und der „antikapitalistische Schutzwall“ sperrte nicht nur die sozialistischen Untertanen ein, sondern auch die Feinde im Rest der Welt. Wieviele Eindringlinge worden erschossen?
Im Hirn mancher Leute ist wohl ständig Fasching?
Marco F. Gallina
Ich war länger nicht mehr hier im Kommentariat, aber ganz ehrlich: mich verstören hier einige Reaktionen. Da schreibt der Papsttreue einen sehr warmherzigen und zugleich klugen Beitrag, der versucht, „zu verstehen“, nämlich das Geheimnis, wieso eine Frau, welche die Freiheit so liebte, aus dem Leben schied; man mag die Krankheit anführen, aber ich denke, es ist wohl kein Geheimnis, dass, wenn man so einen Blogpost einen Tag vor dem eigenen Ableben schreibt, dieser einem Abschiedsbrief gleichkommt.
Statt Anteilnahme der Vorwurf der Fahnenflucht, ein merkwürdiger Ansatz, dass Merkel mit ihrer Politik richtig liege (weil Kablitz sich deswegen das Leben nahm? Bitte?) und dann die ebenso merkwürdige Feststellung, dass Freiheitsliebe Mauerbau nicht legitimiere. Nochmals: bitte?
Papsttreuer
Liebe Kommentatoren,
wie bereits Marco Gallina schreibt, kann man über die Kommentare verwirrt sein. Ich habe erstens aus Zeitgründen bislang nicht auf die Kommentare geantwortet, wollte aber auch ein bisschen Raum lassen, gerade bei einem solchen Thema.
Es scheint allerdings – so meine Wahrnehmung – ein Zusammenhang zu bestehen zwischen der Empathie in solchen Fragen und der philosophischen Herangehensweise an den Libertarismus. Da würde ich – man möge mir das schablonenhafte verzeihen – unterscheiden zwischen einem warmherzigen Roland Baader, der seinen Libertarismus auch auf seinem christlichen Glauben fußen lässt, und einer Ayn Rand, die mit ihrem Objektivismus und ihrem Lob des Egoismus gerade zu einer solchen Warmherzigkeit kaum in der Lage sein dürfte.
Nachdem, was ich über Susanne Kablitz gehört und gelesen habe, befand sie sich zwischen diesen beiden Positionen: Eine Faszination für Ayn Rand und Roland Baader als geistige Vaterfigur.
Ob das etwas mit ihrem Selbstmord zu tun hat, weiß ich nicht; aber es mag die sehr unterschiedliche Weisen des Umgangs mit ihrem Tod zu tun haben. In jedem Fall bleibt sie und ihre Familie in meinen Gebeten!
Lehrer Lämpel
Zu Verstörtheit oder Verwirrung besteht nach meinem Kommentar kein Grund – jedoch vielleicht ein Anlass zum Nachdenken und zu kritischer Reflektion
der eigenen Positionen.
Ich kenne Frau Kablitz gar nicht und ihr Schicksal macht auch mich betroffen, aber den hier aus ihrer letzten Mitteilung wiedergegebene Pessimismus und die daraus sprechende Hoffnungslosigkeit zur Zukunft unseres Landes teile ich ganz und gar nicht – auch wenn die Weltlage verworren erscheint.
Das muss man doch hier sagen dürfen – auch und gerade, wenn es vielleicht nicht in eine bestimmte Meinungsfilterblase passt.
Jan-Philipp
Soweit darf ein Kampf auf Erden nie gehen, dass man dafür sein oder eines anderen Leben nimmt (kann im Krieg trotzdem passieren, ist aber eine unsagbare Tragödie jedes Mal). Man kann die Freiheit lieben. Man kann Deutschland lieben. Ich liebe beides sehr. Aber tausendmal mehr liebe ich Gott, der mir das Leben und die innere Freiheit gab, Christus, der beides für mich zurückgewann, nachdem ich es weggeworfen hatte, und das Ewige Leben, in dem Freiheit und Deutschland keine Begriffe mehr sein werden!
Ron
„Wenn jemand freiwillig aus dem Leben scheidet,“
Auch wenn andere, wahrheitsgetreuere Formulierungen hier verwendet werden: Ich hätte von Ihnen nicht so einen Satz erwartet, der einem krassen Fehlverständnis von Freiheit Nahrung gibt und Selbsttötung euphemistisch beschönigt. Wie frei fühlte sich Frau Kablitz bei ihrer Entscheidung?
Papsttreuer
Danke für den Kommentar, zu dem ich nur sagen kann: Sie haben Recht! Auch ich habe erhebliche Zweifel an der „Freiwilligkeit“ eines Selbstmordes, auch wenn das von Unterstützern bspw. der aktiven Sterbehilffe immer wieder vorgetragen wird. Meine Formulierung ist insofern irreführend und eher der Vermeidung von Wiederholungen geschuldet.
Gottes Segen für Sie!