Wieder eine vermeintliche Selbstverständlichkeit der Mission – das Gebet gehört dazu, und nicht ans Ende.
Es ist eines meiner aktuellen Lieblingsthemen, neben der Mission selbst. Das Gespräch mit Jesus, mit Gott und dem Heiligen Geist; das Dankgespräch, das Lobgespräch, auch das Streitgespräch aber vor allem das Bittgespräch … oder besser gekannt unter Gebet. Ich selbst betrachte mich ja als „strunzkatholisch“ und trotzdem muss ich zugeben, dass ich das Gebet mehr als selten vernachlässige. Erst mal selbst probieren, erst mal auf das eigene Können setzen, auf die eigene Intelligenz, auf die eigenen Ideen … auf den eigenen Willen. „Triumph des Willens“ – ist jemals menschliche Hybris deutlicher geworden als in diesem Filmtitel?
So kraftvoll wie unser Gebet
Marie-Sophie Maasburg tritt im Beitrag zur fünften These direkt dem dahinterliegenden Trugschluss entgegen. „Wir glauben, dass unsere Mission so kraftvoll sein wird, wie es unsere Gebet sind.“ lautet die These und nach der Lektüre des Kapitels ist man sicher: So kraftvoll wie das Gebet, nicht weniger, aber auch nicht mehr! Denn entgegen der Vorstellung, dass das Gebet das letzte Aufgebot ist, ist es doch eigentlich die Grundlage unseres Tuns, insbesondere der Mission. „Da kann man nur noch beten“ ist eine der gängigsten und vielleicht schlimmsten Weisheiten, die die Welt parat hält. Wer kurz vor der Verzweiflung oder dem Aufgeben erst auf das Gebet kommt, muss sich zumindest als Christ schon noch fragen lassen, wieso er erst jetzt darauf kommt?
Ist es vielleicht so, dass doch viele meinen, man dürfe Gott mit seinen Kleinigkeiten nicht belästigen? Oder – noch schlimmer – die Überzeugung, dass Gott kein Interesse haben könnte für meine Sorgen und Aufgaben, für den Stress, den ich bewältigen muss, für die Unterstützung, die ich nötig habe, wenn die Kinder mal wieder quer schießen, wenn der Chef unausstehlich ist oder ich unter einer an sich harmlosen Grippe leide? Nichts könnte von der Wahrheit weiter entfernt sein – und es ist nebenbei auch nicht biblisch.
Das tägliche Brot … und andere Kleinigkeiten und Großartigkeiten
Maasburg macht das an einer kleiner Exegese des Vater-unser deutlich, in dessen ersten Teil überall zutage tritt, welche Rolle Gott in unserem Leben einnehmen will und sollte: die des liebenden Vaters, der nichts lieber möchte, als dass wir mit ihm dafür sorgen, dass sein Reich auch auf die Erde komme und von uns gestärkt werde – das katholische Bereits jetzt aber noch nicht kommt mir ein wenig zu kurz, aber das tut der Qualität der Aussagen keinen Abbruch. Und Jesus fordert uns auf, um das „tägliche Brot“ zu beten. Was anderes kann das denn auch bedeuten, als das wir ihn um alles bitten sollen und dürfen, was wir glauben, nötig zu haben?
Die Antwort wird schon entsprechend ausfallen, wenn wir meinen, im Gebet das Brot durch Kaviar ersetzen zu wollen, aber es ist jedenfalls nicht so, als ob Gott keinen Sinn für die notwendigen Kleinigkeiten hätte. Und welche Überheblichkeit treibt Christen um, die meinen, sowohl die Kleinigkeiten als auch die großen Herausforderungen, wie die Reevangelisierung Europas, erst mal aus eigener Kraft stemmen zu können … und erst dann, wenn es nicht funktioniert, auf Gottes Hilfe zurückgreifen möchte?
„Unser Wille geschehe“?
Was, wenn nicht der im Gebet zum Ausdruck gebrachte Glaube wird Berge versetzen? So kann man sicher viele ausgefeilte und durchdiskutierte, womöglich wohlfinanzierte Initiativen ergreifen, um die Kirchen wieder voll zu bekommen, schrankweise Dokumente an Pastoralplänen verfassen – alles, wie auch Maasburg schreibt, durchaus berechtigt und (mindestens in Teilen) notwendig. Aber wenn das Gebet fehlt, glauben wir wirklich, dass es dann wir sind, die diese Initiativen zum Erfolg führen? „Es ist zu wenig“, so Maasburg, „dass wir [Gott] am Ende des Tages unsere Strukturmodelle und Handlungsoptionen unter die Nase halten und beten ‚Herr, unser Wille geschehe!‘“
Zum Gebet gesellt sich auch das Fasten, dem Maasburg einen eigenen Abschnitt des Kapitels widmet, weil auch diese Übung – recht verstanden – einen großen Beitrag leisten kann. Gerade in der Fastenzeit nicht nur lesens- sondern auch bedenkenswert: „Indem ich etwas weglasse, IHM diesen Raum gebe und sage ‚dein Wille geschehe‘ kann ich mich auf besondere Weise mit seinem Willen eins machen. Das ist wunderbar und kraftvoll.“
Das Gebet als Ausgangspunkt und Fundament
Am Ende steht in jedem Fall die Erkenntnis, dass Gott uns auffordert, nicht alleine zu handeln, sondern mit ihm, dass er eine liebevolle Beziehung zu uns aufbauen möchte, der wir eigentlich nur zustimmen müssen (schon klar, dass das nicht immer leicht ist), und dass wir dann mit ihm Großartiges erreichen können, deutlich mehr jedenfalls als wie es alleine – wenn überhaupt etwas – erreichen könnten.
Wenn einen an diesem 5. Kapitel überhaupt etwas wundert, dann höchstens, warum es nicht eigentlich auch die erste These hätte werden können. Denn – so steht es am Ende dieses Abschnitts „Wir wollen Mission Manifest auf Gebet und Fasten aufbauen. Das Gebet soll an erster Stelle stehen und Ausgangspunkt und Fundament dieser Bewegung sein.“ Was also sonst als „Prayer first“?
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Bild: M.E. – www.pixelio.de