Man kann wirklich schöne und anregende sechs katholische Stunden verbringen … mit Schmerzen aber auch mit viel Erkenntnis.
Stellen Sie sich mal vor, Sie gehen zu einem Friseur. Sie erläutern ihm, wie Sie sich Ihre Frisur nach getaner Arbeit vorstellen, er geht ans Werk, sie plauschen ein bisschen über dies und das, das Wetter, die Trockenheit, der Verfall der Innenstädte … wie war der Urlaub? Nach einer halben Stunde gehen Sie wieder raus, sind hoffentlich zufrieden und hatten vielleicht eine gute, wenn’s gut lief jedenfalls keine allzu anstrengende Zeit.
Kurzurlaub beim Barbier …
Es geht noch eine Stufe besser, vor allem für uns Bartträger, für die in den Städten an allen Ecken und Kanten Barber Shops aus dem Boden schießen. Wenn man das Glück hat und einen wirklich guten findet (so wie ich – ein schon etwas älterer Bericht hier), dann kann man aus der Not (die Haare sollen ordentlich liegen und der Bart nicht einfach sprießen) eine Tugend und aus einem Friseurbesuch einen Kurzurlaub machen. Das hat – diejenigen, die den Barbierbesuch schätzen werden das bestätigen – ein hohes Entspannungspotenzial. Ich genieße das auf jeden Fall alle paar Wochen.
… oder theologischer Tiefgang?
Es geht aber noch mehr, wie ich in der vergangenen Woche erleben durfte … allerdings sollte man nicht allzu schmerzempfindlich sein. Das Etablissement, das ich besucht habe, war von außen eher unauffällig, der Service aber ausnehmend freundlich … und nachdem ich meinen Wunsch vorgetragen habe, konnte ich kaum so schnell gucken, wie wir in theologische Gespräche vertieft waren: Die Historie der Kirche, der Kampf gegen das Böse, die Bedeutung des spirituellen Kampfes, dessen historische Fußabdrücke in der Kunst der letzten Jahrhunderte.
Im Zentrum dabei einer meiner Lieblingsprotagonisten aus dem Himmelreich: Der Erzengel Michael. Wie wird er historisch dargestellt, was kann man den Darstellungsformen entnehmen, welche Bedeutung haben weiche Gesichtszüge, welchen Unterschied machen Schwert oder Lanze, wie ist der Gegenspieler dargestellt…? Und was bedeutet das für heute, oder besser, was sollte es für uns bedeuten?
Das Ergebnis
Insgesamt sechs Stunden hat der Termin gedauert, in dessen Verlauf ich mich so angeregt wie selten – vor allem angesichts der Tatsache, dass ich meinen Gesprächspartner vorher gar nicht kannte – unterhalten habe.

Und das Ergebnis? Ich glaube, es kann sich sehen lassen, und wenn jemand eine ähnliche Verzierung an sich und seinem Oberarm plant, kann ich ihm nur All Greys und Adrian, den Inhaber, Tätowierer und unter anderem Restaurateur im Vatikan empfehlen. Ich wusste, dass ich mit einer katholischen „Prägung“ wieder gehen würde, ich wusste aber vorher nicht, dass ich einen so tollen Tag verbringen würde – trotz der mit der Prozedur verbundenen – geringen – Schmerzen.
Stefan Schmidt
Verstehe ich das richtig? Sie haben sich eine Tätowierung zugelegt?
Aber…..aber….aber was ist denn mit Le…Leviticus?
Spaß bei Seite. ;-)
Das Bild sieht wirklich gut aus. Ich mag den Heiligen Erzengel Michael auch sehr, und das als Protestant! Er ist auch immerhin der Schutzpatron unseres Volkes. (Darf man hier Volk noch sagen? Ich denke schon)
An Orten wo man es nicht vermutet wartet manchmal großer Tiefgang und das ist dann immer sehr schön. So unterhielt ich mich mit meinem Friseur schon häufig über Politik und auch wo wir gegenteiliger Meinung waren, blieb es ein vernünftiger Austausch und ich gehe immer noch gerne hin.
So muss das doch sein.
Ich, für meinen Teil, schätze gute Gespräche zutiefst, gerne mit viel Tiefgang, gerne auch anstrengend.
Bei den Schmerzen, die Sie im Titel erwähnt haben, dachte ich zunächst an psychische Schmerzen.
Ich habe viele Jahre der therapie hinter mir und die kann auch sehr schmrzhaft sein. Sie ist sogar dann am effektivsten, wenn sie schmerzhaft ist.
Auch eine umfassende Erkenntnis der Sünden ist schmerzhaft, das habe ich kürzlich erst wieder erfahren.
Wie heilsam da die Gnade des lebendigen Gottes.
…und wie heilsam wenn der Künstler die Nadel beiseite legt und fertig ist. ;-) :D
FDominicus
Nadel Haut – keine Verbindung die ich schätze
akinom
Meine Gedanken spielten Purzelbaum als ich den Blogbeitrag las. Nun versuche ich sie in Worte zu fassen, immer auch auf der Suche nach einem Korrektiv.
Wir Menschen sind nach Gottes Ebenbild geschaffen und ich glaube, daran dürfen wir nichts ändern.
Allerdings ließen und lassen sich Menschen aus Gehorsam „beschneiden“. Und viele haben dieses sichtbare Zeugnis mit der Ermordung in Konzentrationslagern bezahlt…
Anders ist das bei Menschen. Die sich einer teuren Schönheitsoperation unterziehen und so ihre Gottesebenbildlichkeit verändern. Anders sehe ich das bei einer Operation in Folge einer schweren Verletzung.
Kalt über den Rücken lief es mir, wenn ich sah, dass es Frauen gibt, die ihren Babybauch als Werbefläche verkaufen…
Der Anblick von Tattoos haben mich immer schaudern lassen. Haben sich diese Menschen von dem von St. Michael bekämpften Feind einritzen, zeichnen und so ihren von Gott geschaffenen und gewollten Leib in Besitz nehmen lassen? Ich habe mir angewöhnt, alle Tätowierten zu segnen und rufe Pater Amorth im Himmel dazu auf, nicht aufzuhören, seines so wichtigen Amtes als Exorzist zu walten.
Kann das St-Michael-Tattoo vom Papsttreuen missverstanden werden? Fragezeichen über Fragezeichen….
Papsttreuer
Danke für den Kommentar und die damit zum Ausdruck gebrachte Sorge um mein Seelenheil!
Ich sehe das aber naturgemäß ein wenig anders: Der Mensch ist mit seinem Körper von Gott geschaffen und schon immer versucht er, den zu optimieren oder zu schmücken. Dabei haben Tätowierungen auch schon in der Antike (auch unter Christen, da allerdings mit anderem Hintergrund) eine Rolle gespielt. Insofern ist es wie so oft eher eine Frage der Motivation: Mache ich meinen Körper zu einem Gott (übertriebender Fitnesswahn kann das zum Ausdruck bringen, aber auch Tätowierungen) oder akzentuiere ich oder versuche gar, Gott mit meinem Handeln zu ehren?
Für mich ist das Bild des Erzengels Michael, der über den Teufel siegt, als christliches Bild einerseits Zeugnis andererseiits Mahnung an mich selbst. Insofern sehe ich in einer solchen Tätowierung keinen Widerspruch zur Gottebenbildlichkeit des Körpers.
Was ist dann mit anderen Tätowierungen, Schmetterlingen im Nacken, Namen der Kinder o.ä.? Ich würde auch für diesen Fall sagen: Manchmal ist eine Zigarre auch nur eine Zigarre. Der Übergang dazu, Gott nicht mehr zu loben sondern seinen Körper zu einer eigenen Schöpfung zu machen, mag aber fließend sein. Insofern nehme ich die Kritik ernst, sehe es aber in dem Fall anders.
Ich hoffe, ich konnte Sie beruhigen?
Gottes Segen für Sie!
akinom
Ich bin ein Fan von Ihnen, Herr Honekamp und sorge mich nicht um Ihr Seelenheil.
Ich habe nur meine Befürchtung ausgedrückt, dass Ihre Tätowierung falsch verstanden werden kann. Im übrigen habe ich betont, dass ich immer auf der Suche nach einem Korrektiv bin.
Papsttreuer
Danke für die Klarstellung. Um aber nicht missverstanden zu werden: Mein Dank für Ihre Sorge war durchaus ernst gemeint.
Gottes Segen für Sie!
gerd
Ich hoffe nur, Sie bleiben zeitlebens katholisch. Eine Entfernung dürfte noch mal einige Stunden Schmerz bereiten. :-) Nebenbei bemerkt hat mich Gott mit zahlreichen Tatoos versehen, Muttermale so weit das Auge reicht.