Ist Homosexualität eine Abirrung oder normal? Und was bedeutet eine Diskussion über das „Verbot“ praktizierter Homosexualität für den „synodalen Weg“?

Muss man eigentlich noch viel über den synodalen Weg sagen? Es mehren sich die Stimmen, die einen Abbruch fordern, aber ich bin nicht optimistisch genug, dass die Betreiber dieses jedenfalls im Ansatz unseligen Prozesses auch nur im Entferntesten daran denken, diesen Irrweg zu verlassen (ich bin aber immer noch hoffnungsvoll, dass Gott auch daraus etwas Wunderbares wird machen können). Aber es hilft nichts: Der Prozess läuft und es wird uns als Gläubigen nichts übrig bleiben, als sich damit auseinanderzusetzen und sich zu bemühen, den größten Schaden zu verhindern. Wie ich kürzlich den als Youtuber bekannten Priester Mike Schmitz mit Blick auf den Missbrauchsskandal auch in den USA gehört habe: „Don’t leave – Lead!“ Das passt auch hier.
„Synodaler Weg“ zur Aufarbeitung von Missbrauch?
Eigentlich (!) ist der „synodale Weg“ angegangen worden, um die Ursachen des Missbrauchs von Kindern durch Priester und vor allem dessen institutionalisierte Vertuschung durch höchste Kirchenkreise aufzuarbeiten. Wie konnte es dazu kommen, und wie kann man das in Zukunft verhindern? Das wäre ein Prozess gewesen, den ich gerne aktiv begleitet hätte: Ich habe selbst zwei Kinder, die ich in der Obhut von Priestern gerne sicher wüsste. Bei den mir bekannten Priestern würde ich das auch so sehen, aber es wird wohl keine Eltern von durch Klerikern missbrauchten Kindern geben, die in dieser Hinsicht vorher Zweifel gehabt hätten. Das ist das – neben den schrecklichen Fällen – zusätzlich diabolische an den Missbrauchsfällen: Sie erzeugen Misstrauen zwischen Gläubigen und Klerikern.
Hier wieder Vertrauen aufzubauen, Hintergründe aufzudecken und Hintermänner zu sanktionieren, und Maßnahmen zu ergreifen, so etwas soweit als möglich in der Zukunft zu verhindern, das wäre ein wirklich wichtiger und lohnender Prozess. Schließlich hat der Missbrauchsskandal und dessen Vertuschung auch in Deutschland eine Dimension, die Zweifel (!) aufkommen lassen am reinen Gewissen auch der heute Verantwortlichen.
Alte Kamellen
Doch jetzt werden im „synodalen Weg“ die alten Kamellen wieder ausgepackt: die Machtfrage wird gestellt, die Rolle der Frau in der Kirche wird beleuchtet, der Zölibat diskutiert und die Sexualmoral der Kirche in Frage gestellt. Als wenn die tiefere Ursache des Missbrauchs hier zu suchen wäre. Natürlich gibt es ganz offenbar Strukturen, die Missbrauch befördern, doch diese werden dann genutzt, wenn vorher schon etwas im Argen liegt: Das ein Täter sich sicher fühlen konnte, bei einem aufgedeckten Missbrauchsfall keine größeren Konsequenzen fürchten zu müssen, ist schlimm. Aber hat ihn dieser Umstand zu einem – wie es die Amerikaner nennen – „predator priest“ gemacht? Sorgt Zölibat und kirchliche Sexualmoral dafür, dass etwaige Neigungen gefördert werden? Das wäre ein interessantes Thema, wenn es nicht wissenschaftlich schon wiederlegt wäre.
Darum hält man sich mit der Frage auch gar nicht erst auf, sondern behandelt direkt die Forderungen des sogenannten „Zentralkomitees der deutschen Katholiken“ (das ist NICHT die Laienvertretung gegenüber den Bischöfen, eine solche offizielle Vertretung gibt es nicht) nach anderer Machtverteilung, Aufhebung des Pflichtzölibats, Frauen in Leitungsfunktionen bis hin zum Weiheamt und vor allem der Lockerung der Sexualmoral.
Fachkonsultation „Die Sexualität des Menschen“ für den „synodalen Weg“
Vor letzterem Hintergrund muss man auch die Berichte der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) über die „Fachkonsultation „Die Sexualität des Menschen““ lesen. In der Pressemitteilung des DBK heißt es dazu: „Die Kommission [für Ehe und Familie der DBK; Anm. des Verfassers] wollte mit der Konsultation einen Beitrag leisten, um das Thema aus sexualmedizinischer, theologisch-anthropologischer und moraltheologischer Sicht und den Stand des kirchlichen Lehramts zu Fragen der Sexualmoral zu erörtern sowie die Historie und Hintergründe der katholischen Sexuallehre zu beleuchten.“ Teilnehmer waren unter anderem Erzbischof Dr. Heiner Koch (Berlin), Bischof Dr. Franz-Josef Bode (Osnabrück), Bischof Wolfgang Ipolt (Görlitz), Bischof Dr. Peter Kohlgraf (Mainz) sowie mehrere Weihbischöfe aus der Glaubens- und der Familienkommission.
Erzbischof Koch wies dabei noch mal darauf hin, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Konsultation und dem „synodalen Weg“ besteht, in dem er erläuterte, dass „der Synodale Weg zwar unvoreingenommen und ohne schon festliegende Positionen begonnen werden soll, aber keineswegs ohne Kenntnis des Standes der Wissenschaften.“
Wo Bischöfe Konsens zeigen …
Wie unvoreingenommen, kann dann im nächsten Satz der Pressemitteilung besichtigt werden:
Konsens herrschte in der Frage, dass die menschliche Sexualität eine Lust-, Fortpflanzungs- und Beziehungsdimension umfasst. Ebenso herrschte Einverständnis darüber, dass die sexuelle Präferenz des Menschen sich in der Pubertät ausprägt und eine hetero- oder homosexuelle Ausrichtung annimmt. Beide gehören zu den normalen Formen einer sexuellen Prädisposition, die durch keine spezifische Sozialisation veränderbar ist oder verändert werden müsste.
In den Überlegungen der Kirche bedeutet dies in der Folge, dass jedwede Form einer Diskriminierung von homosexuell veranlagten Menschen zurückgewiesen werden muss, wie es schon länger lehramtlich gefordert ist und auch von Papst Franziskus im Nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia ausdrücklich betont wird.
(Hervorhebung durch den Verfasser)
… und was der Katechismus sagt
Richtig daran ist, dass tatsächlich auch der Katechismus der Katholischen Kirche unter Nr. 2358 fordert, dass homosexuellen Menschen „mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen [ist]. Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen.“ Soweit so christlich, soweit so normal.
Aber ist Homosexualität aus katholischer Sicht „normal“. Was steht im Katechismus?
2357 Homosexuell sind Beziehungen von Männern oder Frauen, die sich in geschlechtlicher Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend zu Menschen gleichen Geschlechtes hingezogen fühlen. Homosexualität tritt in verschiedenen Zeiten und Kulturen in sehr wechselhaften Formen auf. Ihre psychische Entstehung ist noch weitgehend ungeklärt. Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet [Vgl. Gen 19, 1-29; Röm 1,24-27; 1 Kor 6,10; 1 Tim 1,10.], hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind“ (CDF, Erkl. „Persona humana“ 8). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.
Bischöfe im Widerspruch zur Lehre
Ich habe keinen Zweifel, dass sich viele Menschen an den Formulierungen reiben, dass die Darstellung manchem als überholt oder gar unmenschlich erscheint. Die Verfasser des Katechismus bemühen sich daher auch immer um entsprechende Begründungen, die auf der Heiligen Schrift, der Überlieferung durch den Heiligen Geist oder dem Naturrecht fußen. Reiben kann man sich also durchaus daran, aber wenn Kirchenleute wie die benannten Bischöfe „einverstanden“ sind, dass Homosexualität zu den „normalen Formen einer sexuellen Prädisposition“ gehört, dann müssen sie irgendwas in der kirchlichen Lehre übersehen haben.
Um es deutlich zu sagen: Die Pressemitteilung der DBK dokumentiert einen fundamentalen Widerspruch der Bischöfe zur geltenden katholischen Lehre. Wie unvoreingenommen gehen diese Bischöfe also in den „synodalen Prozess“, wenn sie eine Antwort schon gegeben haben, die im Widerspruch zu dem steht, was sie eigentlich verkünden sollten?
Trennung von Glaube und Vernunft
Aber die Pressemitteilung stoppt da nicht:
Kontrovers diskutiert wurde jedoch die Frage, ob das lehramtliche Verbot praktizierter Homosexualität noch zeitgemäß ist, wie auch die Frage der Erlaubtheit der Anwendung künstlicher Empfängnisverhütungsmittel in der Ehe und bei nichtverheirateten Paaren.
Das allerdings ist ein schönes Beispiel dafür, was passiert, wenn man die Verbindung von Glauben und Vernunft einfach aufzuheben können glaubt. Sehen wir mal vom lehramtlichen generellen Verbot künstlicher Verhütung ab, die für jede Beziehung gilt, so erstaunt doch die Fragestellung der „praktizierten Homosexualität“ und der Verhütung bei „nichtverheirateten Paaren“. Darüber kann nur „kontrovers diskutieren“, wer bereits annimmt, dass Sexualität außerhalb der Ehe ebenso normal ist wie Homosexualität. Letztere kann – wenn es um das intime Zusammenkommen und nicht nur um die gegenseitige Zuneigung geht – naturgemäß nur außerhalb der Ehe „praktiziert“ werden.
Ehe spielt keine Rolle in der Sexualität?
Wer also meint, praktizierte Homosexualität können aus kirchlicher Sicht toleriert werden, der gibt den Gedanken an den Sinn der Sexualität – die einleitend genannte „Fortpflanzungsdimension“ (verräterisch nach der „Lustdimension“ aufgeführt) – bereits auf. Und er gibt den Grundsatz auf, dass Sexualität in den geschützten Rahmen einer Ehe gehört. Wer das allerdings tut, der kann dann auch über Verhütung bei nichtverheirateten Paaren diskutieren. Die Ehe spielt dann in der Frage der Sexualität sowieso keine Rolle mehr.
Okay, die Pressemitteilung spricht von einer kontroversen Diskussion. Wäre es aber – wenn es denn so gewesen wäre – nicht besser, darauf hinzuweisen, dass die beteiligten Kirchenvertreter in dieser Frage eine eindeutige Position vertreten haben, die eine solche Veränderung der kirchlichen Lehre rundheraus ablehnt? Noch einmal: Wer das kirchliche „Verbot“ praktizierte Homosexualität und das der künstlichen Verhütung bei nichtverheirateten Paaren in Frage stellt, der stellt sich direkt außerhalb der kirchlichen Lehre. Die mag durchaus über den Zeitverlauf Änderungen unterliegen, die aber können von keinem „synodalen Weg“ (scherzhaft wird bereits von einer „Jodelsynode“ gesprochen, von der man – wie bei Loriots Jodeldiplom – nicht so recht weiß, was man eigentlich davon hat und nicht einzuordnen ist in den Widerspruch von Verbindlichkeit und Unverbindlichkeit) entschieden werden.
Die Drohung der DBK
Abschließend heißt es in der Pressemitteilung:
Die Ergebnisse der Fachkonsultation werden in das Forum des Synodalen Weges „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ einfließen, das im Februar 2020 seine Arbeit aufnimmt.
Als gläubiger Katholik muss man das als Drohung auffassen. Und als Aufruf, fest hinter der kirchlichen Lehre zu stehen, wenn es schon die Bischöfe selbst nicht tun. Verlassen einer solchen Kirche ist dabei keine Option, denn das würde bedeuten, die Menschen allein zu lassen mit diesen Irrlehren. Besser ist es, einzutreten für die Schönheit der Sexualität, wie sie der Heilige Johannes Paul II. in der „Theologie des Leibes“ so wunderbar dargelegt hat. Besser also: „Don’t leave – Lead!“
gerd
Dieser ganze synodale Jodelsprech ist Abfall vom Glauben, gedruckt auf Hochglanzpapier, finanziert von unseren sauer verdienten Kirchensteuern. Das synodale Geschwurbel wird dem, der es lesen will oder auch nicht, in einer Endlosschleife immer wieder ins weich gekochte Frühstücksei gebröselt.
Es herrscht Einverständnis darüber, dass es Heteros und Homos gibt? Welchen Tee haben die Herrschaften den da verkostet oder was für ein Kraut wird da geraucht? Und in der Pubertät wird sich das alles heraus prägen? Aha! Jetzt wissen wir das auch noch!
Ich, geb.1960, hatte in meiner Pubertätszeit nie das Vergnügen einen homosexuellen Frischling zu bewundern. Kein einziger meiner Bekannten, Freunde und Familienmitglieder leben heute in einer homosexuellen Beziehung. Sie betonen zwar alle, dass Homosexualität heutzutage etwas vollkommen „normales“ ist, finden es allerdings immer noch merkwürdig abstossend, wenn zwei Männer Hand in Hand und sich leidenschaftlich küssend, durch die sommerlich aufgeheizten Fußgängerzonen unserer Innenstädte lustwandeln.
Warum abstossend? Weil es das ist! Diskriminierende Ansichten? Nö, würde ich sagen, das ist einfach eine Sache des Stils und des Anstandes. Ein Mann küsst keinen Mann, es sei den wir bewundern Altstalinisten beim Bruderkuss.
Mann oh Mann, das alles ist keine Drohung. Das sind letzte Zuckungen einer sog. Volkskirche, die entvölkert ist.
Wir beten in jeder Messe für unseren Ortsbischof und nennen ihn sogar beim Vornamen dabei. Das tue ich schon seid gefühlten 50 Jahren. Was Gott mit meinem Gebet anfängt überlasse ich ihm gerne. Es sieht wohl so aus, dass er sie gründlich an die Wand fahren wird. Wissen Sie was? Das ist auch gut so! Denn so eine Kirche braucht keiner, Gott schon gar nicht.