Ostern in den Kirchen fällt aus. Das ist eine pastorale Katastrophe und ein Armutszeugnis.

Erst kürzlich hörte ich im YouTube-Kanal eines amerikanischen Priesters den Hinweis, dass wir Gläubigen und auch die einfachen Priester in der Corona-Krise den Luxus genössen, kritisieren zu können, ohne Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen zu müssen. Er ging damit auf die Entscheidung der allermeisten Bischöfe ein, Messen und Gottesdienste in ihren Gemeinden analog zur geltenden Rechtslage auszusetzen. Ich bin durchaus geneigt, diesen Hinweis mit ins Kalkül zu ziehen bei der Bewertung der aktuellen Lage … entschuldigen tut dieser Umstand im Grunde aber nichts.
Ostern auf der Couch
Seit der weitgehenden Einstellung pastoraler Arbeit von Person zu Person gibt es durchaus positive Ansätze wie eine Flut von YouTube-Messen oder auch Newsletter der Gemeinden. Sakramental betrachtet ist das alles natürlich kein Ersatz, aber der Gläubige selbst, der eben keine Messe besuchen kann, hat damit immerhin einen gewissen spirituellen Ausgleich. Schon damals aber, als man den Kalender der Restriktionen vorgelegt hatte und immer wieder der 20. April als Bewertungsfrist für neue Entscheidungen genannt wurde, haben viele, wie auch ich, bemerkt: Das ist nach Ostern!
Was ist zu Ostern? Was ist mit der Feier des Triduums? Kein Gründonnerstag? Kein Wachen beim Herrn? Keine Karfreitagsliturgie zur Todesstunde? Die Grabesruhe haben wir quasi inklusive zu den Restriktionen, aber dann: Keine Osternacht? Kein Entzünden der Kerzen? Keine Lesungen, kein Gloria … keine Eucharistie? Wem wollen wir erzählen „Er ist auferstanden! Er ist wahrhaft auferstanden!“? Feiern wir die Auferstehung des Herrn über Leben und Tod aus Angst in unseren Häusern auf der Couch vor einem Bildschirm? Ostern nur noch für Hasen und bunte Eier?
Vernunft und Ideen
Ich kann mir nicht helfen, es scheint mir nicht richtig, es scheint mir kleingläubig, es atmet den Geist der Angst statt des Vertrauens. Ich möchte damit nicht einer Sorglosigkeit das Wort reden, die dem Ernst der Situation, wie sie sich derzeit noch darstellt, nicht gerecht wird. Aber fällt uns als Gläubigen wirklich gar nichts anderes ein als die Antwort der Welt? Wir bleiben zu Hause und ziehen die Decke über den Kopf bis der Sturm vorüber ist?
Natürlich ist Vernunft und Vorsicht angesagt. Ich mag aber nicht glauben, dass in den bischöflichen Verwaltungen niemand eine Idee zwischen „alles normal zu Ostern“ und „Ostern fällt faktisch aus“ hat.
Ostern anders statt gar nicht
Wie wäre es denn zum Beispiel in der Osternacht mit etwas verkürzten Liturgien (man muss ja nicht immer alle alttestamentarischen Lesungen in voller Länge lesen), die dann mehrfach (bei einbrechender Dunkelheit, zwei in der Nacht, eine im Morgengrauen) gefeiert werden? Das würde die Zahl der Messbesucher entzerren, womit man einen ausreichenden Sicherheitsabstand gewährleisten kann. Mit ins Kalkül ziehen darf man dabei auch, dass es sich bei den Messbersuchern dann auch vielfach um Familien handelt, die durchaus zusammen sitzen dürfen, also braucht man für 100 Gläubige keine 150 Meter Sitzbreite (Sie verstehen, was ich meine …)
Ähnliches kann man sich auch für die anderen Feiern vorstellen (und tun wir mal nicht so, als ob die Karfreitagsliturgie in unseren Kirchen immer überlaufen gewesen wäre), sodass man tatsächlich zu einer würdigen Feier der Heiligen Drei Tage kommen könnte, ohne alle Vorsicht und hygienische Rücksicht über Bord zu werfen. Das wären andere Feiern, vielleicht nicht so bombastisch, aber angesichts der Weltlage doch auch adäquat und ein Zeichen von Hoffnung, die uns doch als Christen auch auszeichnen sollte.
Hirten
Dazu bräuchte es aber natürlich den gesellschaftlichen und politischen Widerspruch der Bischöfe, die sich dem politischen Diktum, Gottesdienste seien keine Grundversorgung, bislang gefügt haben. Seitens der deutschen Bischofskonferenz macht man sich im Vorfeld des Osterfestes den eigenen Pressemeldungen nach aber mehr Gedanken über die Formulierung einer passenden zusätzlichen Karfreitagsfürbitte (von wem auch immer die dann gebetet werden, und wer auch immer auf das „Beuget die Knie! – Erhebet Euch!“ reagieren soll) und den Umfang der „Palmsonntagskollekte“, die mangels Gottesdienst am kommenden Sonntag deutlich kleiner ausfallen wird.
Auch wenn ich die Formulierung einer speziellen Fürbitte und die Sorge um die Empfänger des Resultats einer solchen Kollekte durchaus verstehe: Ist das nicht eine völlig verweltlichte Sicht auf die Dinge?
Das Vertrauen bricht sich Bahn
Vielleicht werde ich ja noch eines besseren belehrt und die Bistümer haben noch tolle Ideen im Köcher. Da die aber sicher auch eine mindestens kurze Zeit der Vorbereitung benötigen, bin ich da eher skeptisch. Damit lassen die Hirten die Gläubigen (nebenbei auch die Gemeindepriester, die das alles an vorderster Front abfangen müssen) wieder mal alleine, die sich nun überlegen müssen, wie sie denn das Leiden, den Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus Christus zu Hause und in der Familie würdig feiern.
Das ist es auch, was mich positiv stimmt: Der Glaube, das Feiern der Auferstehung Jesu, das Vertrauen in den Herrn über Billiarden von Sternen, es wird sich Bahn brechen. Aber die Frage, wozu es in Deutschland eigentlich einen Organisationapparat der Deutschen Bischofskonferenz gibt, sollten wir anschließend nebenbei nicht vergessen.
Mehr als Corona
Tatsächlich, ich muss solche Entscheidungen nicht treffen und muss dafür auch keine Verantwortung trage. Ich kann den „Luxus genießen“, Kritik zu üben und Vorschläge zu machen, ohne dass ich mir die Konsequenzen am Ende zurechnen lassen müsste. Aber wenn diejenigen, die diesen Luxus nicht haben, wenigstens ein offenes Ohr hätten, dann würden sie vielleicht feststellen, dass die Gläubigen in diesem Land weit mehr umtreibt als nur die – zugegeben dramatische – Situation rund um die Corona-Pandemie.
gerd
Es ist im übrigen eine ziemlich dreiste Unterstellung, Kritik als Luxus zu bezeichnen, mit dem Hinweis, selber keine Entscheidungen zu treffen oder Verantwortung zu übernehmen. Woher weiß der Bischof das?
Papsttreuer
Das kam nicht von einem Bischof sondern von einem Priester, der das durchaus selbstkritisch so geäußert hat. Nicht missverstehen, bitte!
Gottes Segen!
gerd
Danke für den Hinweis, das habe ich im Eifer des Gefechtes zu schnell gelesen.
Volker
Es ist nicht die Angst, die ich im Vordergrund sehe, sondern der Zwang zur Konformität. Die Kirchen können sich nicht aus dem ausklinken, was staatlicherseits angeordnet wird. Neben „Untergrundmessen“ fällt mir da auch nicht viel ein, um Ostern anders zu feiern. Man könnte theoretisch eine Messe per Stream übertragen und im Anschluß die Kommunion vor der Kirche an einzelne Personen ausgeben – mit Abstand, Handschuhen und was auch immer. Aber es wird „anders“ bleiben.
Siegfried Simperl
Wir leben in einer Zeit, in der der Antisemitismus eine mächtige Kraft geworden ist. Sogar in unserem eigenen Land zeigt er sich von Zeit zu Zeit in verschiedenen Erscheinungsformen. Selbst unter denen, die sich als Christen bezeichnen, diese finden immer Gelegenheit, die einen großen Teil ihrer Zeit damit verbringen, und darüber die Augenvverschließen.
Dieter Schrader
Könnte es sein, daß Gott diese Situation zuläßt, um uns vor Augen zu führen, wohin die christlichen Kirchen gekommen sind? Selbstverständlich gibt es Priester und Pastoren, die auf den geistlichen Ernst der Situation durch ihre Verkündigung hinweisen. Aber werden sie gehört? Und wo sind die Bischöfe,die mutig auf diese Zusammenhänge hinweisen? Könnte es sein, daß Gott uns in dieser Passionszeit- oder Fastenzeit- etwas vor Augen führen möchte, das dem Leidensweg Jesu ähnlich ist? Gott ist stärker als das Coronavirus! Wäre das nicht ein Grund zu IHM zu beten und zu flehen, daß ER eingreift? Ich bin sicher , daß es schon geschieht! Ermutigen wir die Beter in unserem Land nicht nachzulassen in ihrer Fürbitte.
Klaus
Ja, leider verteidigt selbst ein eigentlich guter und auch einflussreicher Priester das Verbot; und das, obwohl er selbst dazu aufruft, „erfinderisch zu sein“ (in Bezug auf konkrete Nachbarschaftshilfe), warum dann nicht auch in Bezug auf liturgische Feiern?
Man kann’s den säkularen Machthabern -und auch den Politikern ;- ja gar nicht verübeln, wenn sie in Ostern bzw. überhaupt der Sonntagsmesse keine Grundversorgung, sondern allenfalls so viel sehen wie eine Fussball-EM, wo doch selbst der Papst Ostern verboten hat –und das sehr früh. Tja, die da oben zählen halt auch meist zur Risikogruppe: ein Risiko für die Kirche.
Ihr Leute, bitte protestiert bei den Priestern vor Ort (auch wenn die natürlich nix direkt dafür – und auch dagegen- können), bei Bischöfen, beim Nuntius und Politikern.
Merkler
Vielleicht ist an dieser Stelle der Hinweis auf entsprechende Petitionen für Gottesdienstfreiheit erlaubt:
Für Deutschland:
https://www.openpetition.de/petition/online/grosse-kirchen-keine-gottesdienste-rund-um-verbot-in-der-kirche-muss-aufgehoben-werden
Für Österreich:
https://citizengo.org/de/178185-milderung-des-totalen-verbots-von-gottesdiensten-und-sakramenten?tcid=68273687
Schnell unterzeichnen und weiterverbreiten!
Andreas
Hab es bereits an anderer Stelle angemerkt: Mich irritiert maßlos die Gechwindigkeit, mit der die Hirten sich beim allerersten räuspern in die Büsche geschlagen haben, vor Friseuren und sowieso vor den Angestellten des Einzelhandels die sich weiterhin mäßig geschützt auch einer möglichen Virenexposition aussetzen dürfen.
Gibtś schon den Begriff toxischer Kirchenbesuch?
„könnt ihr nicht eine Stunde mit mir wachen“ ? Nein, sowas käme uns nie in den Sinn.
Stefan Schmidt
Von unseren ostkirchlichen Geschwistern höre ich Widerstand gegen die staatliche Isolation.
Einige Patriarchen haben wohl angeordnet, dass Piester weiterhin die göttliche Liturgie zelebrieren sollen und im Anschluss sollen sie durch die Orte ziehen um den Segen der Herrn mit Weihrauch und Weihwasser zu den Menschen zu bringen.
Man muss ja nicht direkt alles beim Alten lassen, aber Rituale sind nicht nur Festivitäten, sondern haben auch seelsorgerlichen Charakter.
Dieses Ostern wollte ich einen Anfang in meiner Gottesbeziehung setzen, die seit viel zu langer Zeit immer mehr brach liegt.
Bei alldem sollten wir eines nicht vergessen: Gelobt sei Jesus Christus.
Lassen wir uns von einem Virus nicht nehmen seinen Tod und seine Auferstehung zu verkünden.
Grade in diesen Tagen ist Ostern mehr denn je eine Zeit, ja eine Botschaft der Hoffnung.