In der katholischen Kirche in Deutschland geht es rund – und jeder Gläubige ist aufgefordert, sich dazu zu positionieren. Aber vielleicht anders als man glaubt.

Priester fordern die Segnung homosexueller Paare, ein Kardinal tritt zurück und meint dabei, eigentlich solle das ein anderer tun, Gemeinden lehnen die Firmung durch einen Erzbischof ab, Bischöfe bezichtigen sich gegenseitig, nicht die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit zu haben, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz räumt in einem Interview die katholischen Positionen zu Zölibat und die kirchlichen Feststellungen zum Frauenpriestertum ab … und kein Wort darüber im PAPSTTREUENBLOG? Ich habe eine ganze Weile überlegt, ob ich dazu etwas schreiben will, und wenn ja was? Aber bis gestern bin ich nicht richtig schlüssig geworden.
Kirchenpolitik wird keine Seele retten
Denn eigentlich wollte ich mich zu politischen Themen nicht mehr äußern, und wer wollte bestreiten, dass er in den oben genannten Themen um Politik geht – jedenfalls nicht um Evangelisierung oder den Weg zum ewigen Leben in Christus. Und Kirchenpolitik – so lernen wir in diesen Tagen – ist ganz offensichtlich ein noch dreckigeres Geschäft als Bundes- oder Landespolitik. Zur „klassischen“ Politik habe ich mir ein geflügeltes Wort zu eigen gemacht: „Politik wird uns nicht retten!“ Und passend wird es wohl heißen müssen: „Kirchenpolitik wird keine Seele retten“. Insofern beschleicht mich das Gefühl, dass die in Kirchenpolitik investierte Zeit für die wichtigen Themen – eigene Heiligung und Evangelisation – verloren ist.
Bislang hatte ich also noch keine Idee, was ich zu den Themen schreiben sollte. Aber da kommt mir das Evangelium vom gestrigen Sonntag (Markus 3,20-35) und das von heute (Matthäus 5,1-12) entgegen. Gestern hat uns Jesus belehrt, dass ein Reich, das in sich gespalten ist, keinen Bestand haben kann. Da schaut man in diesen Tagen selbstverständlich auf die Kirche – wenn es hier (zumindest in Deutschland) keine Spaltung gibt, dann wüsste ich nicht, wie die aussehen sollte. Und insofern muss uns das Diktum Jesu beunruhigen: Diese Kirche, gespalten wie sie ist, kann keinen Bestand haben! Jesus fordert uns zur Einheit auf, im hohepriesterlichen Gebet bittet er sogar seinen Vater um Einheit – wenn die selbstverständlich wäre, hätte er das kaum bitten müssen.
Spalter sind immer die anderen
Also ist die dahinter stehende Forderung an uns doch wohl: Kümmert Euch um die Einheit, lasst keine Spaltung zu. Das Problem dabei: Spalter sind immer die anderen! Es wäre ein Leichtes, einfach Bibel und Katechismus auf den Tisch zu legen und zu sagen: Das sind die Dokumente der Einheit, jetzt versammeln sich alle dahinter und die kirchliche Einheit ist wieder hergestellt. Das sehen andere aber ganz anders, ich würde sogar befürchten, dass sich Mehrheiten von katholischen Kirchensteuerzahlern finden, die exakt meine Position als spalterisch bewerten. Und wie immer: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Fragt sich nur, wer der böse Nachbar eigentlich ist, wenn sich beide für fromm halten?!
Im Gespräch mit meiner Frau sind wir übereingekommen, dass die Worte Jesu zur Spaltung (natürlich) richtig sind, hier aber nur zeigen sollten, dass Jesus nicht wie vorgeworfen mit Dämonen im Bunde ist, sich aber wenig als Handlungsanweisung eignen. Wir können in dieser Hinsicht nur feststellen, dass es eine Spaltung gibt, und dass diese Spaltung den Bestand der Kirche bedroht (auch wenn wir vertrauen, dass die Mächte der Finsternis sie nicht überwinden werden) – aber so ohne weiteres lässt sich keine Einheit herstellen, jedenfalls dann nicht, wenn man nicht einfach sagt: Alle Abweichler (wer immer das dann ist) raus! Das kann man vielleicht in einer Familie mit dem Querulanten-Onkel machen, der immer wieder Familienfeiern sprengt und den man deshalb irgendwann nicht mehr einlädt. Aber in der Kirche? Jemandem den Stuhl vor die Tür setzen klingt nicht nach einer Option.
Heiligkeit
Zum Glück gibt es aber auch das heutige Evangelium mit den Seligpreisungen: Selig, die keine Gewalt anwenden (auch nicht verbal), selig die Barmherzigen, selig, die ein reines Herz haben, selig, die Frieden stiften … Das klingt schon eher nach einem Lebenskonzept. Und mich überzeugt der Gedanke, dass die Einheit in der Kirche nicht menschengemacht ist, dass es auch gar nicht die Aufgabe eines normalen Gläubigen ist (bei Bischöfen sieht das noch mal anders aus), die Einheit der Kirche herzustellen. Was ist mein Auftrag in dem Zusammenhang? Doch wohl meine Beziehung zu Jesus zu vertiefen, mit seiner Hilfe heil und heiliger zu werden … und dann zu evangelisieren, einfacher gesagt, Menschen durch meine Worte und vor allem mein Zeugnis zu Christus zu führen.
Dabei darf ich darauf vertrauen, dass Gott meine Fehltritte auszugleichen in der Lage ist – wenn ich mich also in einer Aussage irre, dann wird Gott nicht eine Seele aufgrund meiner Unzulänglichkeit verloren gehen lassen. Das heißt nicht, dass ich mich nicht bemühen sollte, nimmt aber den größten Druck von den Schultern, persönlich für das Seelenheil eines Menschen verantwortlich zu sein, wenn ich mich wenigstens um Wahrheit und Einsicht und besonders um Liebe bemühe.
Der eigene Auftrag
Wenn ich ehrlich bin: Alles, was ich an Wertungen zu den eingangs erwähnten Themen sagen könnte, wäre geprägt durch Interpretation, eine ganze Menge „Meinung“ und wohl auch persönlichen Zu- und Abneigungen – es wäre politisch, und auf diesem Feld spielen wir nach den Regeln des Widersachers. Zudem würden sich diejenigen, die meiner Meinung sind, lediglich bestätigt fühlen, die „Gegner“ würden auf ihrer Position beharren, und die Unbeteiligten würden sich mit Grausen von solchen Scharmützeln abwenden. Mein Auftrag, das wird mir immer klarer, ist ein anderer. Jeder mag für sich selbst entscheiden, was sein Weg in diesem Umfeld sein kann oder muss, welchen Auftrag er von Jesus dazu hört. Meine Bitte an dieser Stelle wäre aber, die Frage, ob irgendjemand durch diesen Einsatz zu Christus geführt wird, mit in die Entscheidung einzubeziehen.
Lehrer Lämpel
Zu Kardinal Marx‘ Rücktrittsangebot habe ich als informierter kritischer Katholik eine klare Meinung:
Von ureigenen Fehlern und persönlichem Versagen findet sich in dem Marx’schen Rücktrittsangebot keine Spur – verantwortungsvolle Einsicht und gar Reue für begangene Fehler sieht m.M.n. anders aus.
Dabei hat er im Umgang mit sexuellem Missbrauch und den daraus für hiervon betroffene Opfer erwachsenen schädlichen Folgen in seiner Trierer Amtszeit als verantwortlicher Bischof eklatant versagt und gar schuldig gewordene Kleriker allzu schnell wieder in Amt und Würden versetzt, wie in dem kürzlich in der überregionalen katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ erschienen Artikel explizit dargelegt wird:
https://m.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/ehrung-abgelehnt;art4874,217793
Dass ein röm.-kath. Priester in einem Beichtgespräch(!) einer durch einen mit ihm befreundeten anderen Priester in Folge sexuellen Missbrauchs schwanger gewordenen kirchl. Mitarbeiterin nahelegt, das ungeborene Kind abzutreiben – nach römisch-katholischer Lehre eine der schwersten und zur automatischen Exkommunikation führenden Sünden überhaupt – ist zumindest für einen gläubigen Christen nicht nur etwa ein no go sondern ein geradezu unfassbarer Abgrund an Doppelmoral und Verwerflichkeit dieses Klerikers im Sinne der drohenden Mahnung Jesu Christi in Mt 18,6.
Dass der damalige zuständige Bischof Marx erst nach Intervention des Anwalts der Betroffenen überhaupt sich langsam und zeitverzögert bequemt, tätig zu werden und dann noch bei Meldung nach Rom sich offenbar für den betr. Priester schriftlich einsetzt, so dass dieser bereits nach nur einem halben Jahr Dispens wieder in Amt und Würden ist, ist in meinen Augen ein weiterer und diesmal unmittelbar Bischof Reinhard Marx direkt und persönlich anzulastender Skandal, der mich hier an der amtskirchlichen Gerechtigkeit zweifeln lässt.
Immerhin sind solche Machenschaften kürzlich im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Kardinal Marx publik geworden, und von Missbrauch im Bistum Trier Betroffene haben erfolgreich interveniert, so dass R. Marx schließlich selbst von sich aus auf die Ordensverleihung verzichtete.
Jakob Hasenmaile
Der Papst bitte die deutsche Kirche um Neuevangelisierung. Danke für diesen Beitrag zur Entpolitisierung unseres Christseins. Neuevangelisierung beginnt bei mir: Tägliches Gebet, Schriftlesung und Askese (auch kirchenpolitischer Askese).
Beten wir darum das die vom Papst ausgerufene Synode gerade diesbezüglich fruchtbarer wird der jetzt eskalierende deutsche synodale Sonderweg.
akinom
Beten und opfern wir gegen das “neue Babylon” an zur Stärkung der mutigen Minderheit der Bekenner und zur Umkehr der Verwirrer in Kirche und Politik.