Einen Segen kann man nicht einfach einfordern. Und eine ernstgemeinte Bitte um einen Segen kann man nicht einfach ablehnen. Aber das ist offenbar zu viel der Differenzierung.

Die katholische Kirche in Deutschland zerfleischt sich mal wieder mit Hingabe selbst. Ohne Not werden alte Themen aufgerissen. Mit „alt“ meine ich dabei nicht, dass sie nicht mehr relevant wären, sondern dass sie immer wieder auf die alte Art und Weise in die Diskussion gebracht werden, wo doch die damit einhergehenden Fragen bereits beantwortet sind. Zu gerne scheint man aber über jedes Zeitgeiststöckchen zu springen, dass hingehalten wird.
Würde „die Welt“ jubeln …
Sei es der Zölibat, das Frauenpriestertum, der Sakramentenempfang für wiederverheiratete Geschiedene – diese Themen sind theologisch längst beantwortet, durchanalysiert und in der Öffentlichkeit so lange durchgekaut, dass sie außerhalb der katholischen oder kirchlichen Blase schon niemanden mehr hinter den Ofen vor locken. Viele sehen sich bei den Antworten in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die Kirche aus der Zeit gefallen, hoffnungslos veraltet sei. Das muss einen Katholiken aber nicht stören, liefert es doch eher einen Hinweis, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Etwas verkürzt gesagt: Wenn „die Welt“ nicht zustimmt, dann ist das noch kein Beweis aber doch ein guter Hinweis, dass man richtig liegen könnte. Würde die Welt jubeln, kann man fast sicher sein, sich nicht mehr im rechten Glauben zu bewegen.
Aktuell ist es der Umgang mit Homosexuellen, der die Gemüter erhitzt. Darf man homosexuelle Paare segnen? Die katholische Kirche hat dazu eine recht explizite, durchdachte, theologisch belegte Einschätzung, die sich recht eindeutig aus der Bibel ableitet und im Katechismus beschrieben ist. Und die kurze Antwort auf die Frage lautet: „Nein, das kann sie nicht, das kann ein katholischer Priester nicht tun!“
Segen – Gutes zusagen
Diese knappe Antwort gibt allerdings, so richtig sie sein mag, nicht in Gänze wieder, wie die katholische Kirche mit dem Thema umgeht. Denn natürlich kann jeder einzelne Mensch gesegnet werden. Segnen bedeute in dem Zusammenhang eigentlich nur, jemandem Gutes zu wünschen und dazu die Gnade Gottes für diese Person zu erbitten. So kann ich ein noch so schwerer Sünder sein, vielleicht ein Mörder oder anderer Verbrecher, dennoch kann ein Priester mich segnen, indem er die Gnade Gottes für meinen weiteren Lebensweg, meine Reue, meine Umkehr auf mich herab ruft. Das gilt in ähnlicher Weise auch für mehrere Menschen, sagen wir eine kirchliche Gruppe oder einen Verein. Der Segen beinhaltet dann vielleicht die Bitte um Schutz, um das Einschlagen des richtigen Weges. Ich selbst erbitte jeden Tag Gottes Segen auf meine Firma, wohlwissend, dass dort auch Menschen arbeiten, die gar nicht an Gott glauben, vielleicht sogar auf einem sehr anderen Weg unterwegs sind.
Der segnende Priester (aber auch der Laie, zum Beispiel bei einem elterlichen Segen) erbittet durch den Segen also göttlichen Schutz oder Hilfe für die gesegnete Person (oder auch Sache). Das lässt sich auch aus dem Begriff herleiten: Segnung bedeutet auch Benediktion, angelehnt aus dem Lateinischen bene dicere also „Gutes sagen“ oder „Gutes zusagen. Das ist ein Gebet, dass ich – im Bewusstsein der Kraft des Gebetes, mit dem Berge versetzt werden können – auch von jemand anderem erbitten kann. Ich kann selbst um Gottes Segen bitten, ich kann aber auch einen anderen Menschen, gerne einen Priester, bitten, dass er meinen Lebensweg segnet, meine bevorstehende Entscheidung, meine Reise etc.
Segen erbitten
Insofern, dass nur am Rande, obwohl es mir auch wirklich wichtig erscheint, ist die Bitte um einen Segen, in Demut vorgetragen, im Bewusstsein der eigenen Schwäche, der Hilfe Gottes zu bedürfen, ein gutes Signal für den Glauben an Gott. Wer in dieser Absicht einen Segen nicht verlangt, sondern erbittet, der weiß um seine Abhängigkeit von Gott, der wünscht sich, dass Gott auf seinem Weg mit ihm geht.
Wenn also, so könnte man polemisch fragen, jeder Mensch gesegnet werden kann, wenn Paare oder Gruppen gesegnet werden können, wenn sogar Tiere oder Sachen gesegnet werden können, wieso dann nicht homosexuelle Paare? Und auf diese Frage könnte man auch polemisch antworten: Können sie, aber nicht in der Weise wie sie sich das vorstellen. Denn wenn der Priester etwas Gutes zusprechen soll, die gelebte Homosexualität – also nicht eine reine Freundschaft, sondern das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare wie in einer Ehe – aber in sich nicht gut ist, weil sie eben nicht der Schöpfungsordnung Gottes entspricht, dann könnte der Segen nur so aussehen, dass der Priester die Gnade Gottes wegen (!) der offenbarten Sündhaftigkeit des Handelns erbittet.
Legitimation durch Segnung?
Die Segensformel würde wohl einigermaßen kompliziert werden und nicht um den Hinweis herumkommen, dass es sich bei der Beziehung um eine handelt, die zu einem Spannungsfeld zwischen Gott und dem Paar führt. Die Bitte muss nun nicht zwingend darin bestehen, dass man dem Paar wünscht, in einer heterosexuellen Beziehung, in einer Ehe mit einem andersgeschlechtlichen Partner glücklich zu werden, aber doch darin, dass die beiden trotz dieses Spannungsverhältnisses zu einer segensreichen Beziehung zu Gott finden.
Das allerdings ist erkennbar jedenfalls durch die betreibenden Lobbygruppen nicht der Wunsch. Hier wird eine Anspruchshaltung formuliert, die gleich machen soll (Ehe einerseits und homosexuelle Beziehung andererseits), was nicht gleich ist. Und selbst wenn dabei formuliert werden sollte, dass man doch gar keine Ehe wolle, sondern „nur“ einen Segen, dann macht das oben gesagte hoffentlich deutlich, dass das eben nicht so einfach ist. Denn der Segen der hier verlangt wird, ist eben nicht nur ein „den Beteiligten Gutes zusagen“ sondern soll zum Ausdruck bringen, dass das Gesegnete „gut ist“. Es wird eine Legitimation erwartet: Was die Kirche segnet, kann sie nicht andererseits als Sünde bezeichnen. Was umgekehrt als Beziehung keine Ehe ist, kann sie nicht als Ehe behandeln.
Kein pauschales „Nein“
Es verbietet sich dennoch, aus den gleichen Gründen wie oben beschrieben, ein pauschales „Nein“ zu einer generellen Segensbitte ohne den jeweiligen Einzelfall gesehen zu haben. Denn die These, dass man hier eine Legitimation der eigenen Beziehung sucht, ist genau das: eine These. Und ich kann nicht einfach sagen, dass jedes homosexuelle Paar, das einen Priester um einen Segen bittet, genau das erwartet. Vielleicht ist man sich als katholisches gleichgeschlechtliches Paar der Situation wohl bewusst, sieht sich aber nicht zu einer Lösung in der Lage.
Kann ein Priester – zum Beispiel im Rahmen einer längeren geistlichen Begleitung – dann nicht auch die Gnade Gottes für dieses Paar erbitten, dass sie – etwas kurz gefasst – in der Lage sein sollen, ihren eigenen Weg zu Gott zu finden? Wer könnte eine solche ernst gemeinte Bitte abschlagen? Dieses Vorgehen hat aber nichts mehr zu tun mit einer konzertierten kirchenpolitischen Aktion, bei der sich Priester öffentlich gegen die katholische Lehre stellen und mit Forderungen auftreten, die nicht erfüllt werden können.
Hardliner und fehlende Hirten
Das Problem: Mit einer solchen differenzierten Betrachtung zieht man sich einerseits den Unmut der „Hardliner“ auf beiden Seiten des Schlachtfeldes zu. Andererseits beansprucht man in der Öffentlichkeit eine Aufmerksamkeitsspanne und Differenzierungsfähigkeit, die man nicht einfach voraussetzen kann. „Parolen“ sind eben einfacher an den Mann zu bringen als eine Auseinandersetzung mit konkreten Personen und ihren geistlichen Nöten. Und das Wissen um die Hintergründe kirchlicher Lehre zur Sexualität, zur Ehe, ganz allgemein zu den Sakramenten, ist selbst innerkirchlich nicht eben gut fundiert.
Traurig stimmt einen da zusätzlich, dass man sich als katholischer Laie nicht auf die Rückendeckung der eigenen Hirten verlassen kann. Ein Großteil der Vertreter der „Institution“ der katholischen Kirche in Deutschland, diejenigen, die die Hirtenrolle übernehmen sollten, begeben sich erkennbar auf eine schiefe Ebene, machen sich mit den Wölfen der Welt gemein und bringen die Herde in Gefahr. Das ist allerdings ein Thema für einen anderen Beitrag.
gerd
Ich kann mir gut vorstellen, ein homosexuelles Paar im Namen der Kirche zu segnen, die sich vor Gott und dem Priester bereit erklären auf geschlechtlichen Verkehr zu verzichten. Das wäre dann ein sehr seltener Einzelfall und kein Grund einen öffentliche Debatte zu führen.
Dieter+Schrader
Ich danke Ihnen, daß Sie sich die Mühe gemacht haben, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Allerdings bin ich der Ansicht, daß man für eine „Zielverfehlung“
d.i. ein anderes Wort für „Sünde“, eigentlich keinen Segen erbitten kann. Was GOTT
ein Gräuel ist ( nachzulesen im AT ) kann und darf der Mensch- egal ob Priester oder Laie n i c h t segnen. Ich meine nicht die Bitte um eine seelsorgerliche Beratung oder
auch Begleitung von Menschen, die nicht wissen, wie sie mit diesen homosexuellen Gefühlen umgehen sollen. Die Ablehnung einer Segnung, oder einer Trauung- das wäre dann der nächste Schritt- hat nichts mit einer Diskriminierung dieses Personenkreises zu tun, auch wenn das besonders gern in den Medien so dargestellt wird, wie zum Beispiel am heutigen „Antihomophobietag“geschieht. In einem Choral heißt es: Wenn Dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn,
Mir ist nicht um tausend Welten, aber um Dein Wort zu tun.
Mich bekümmert dennoch, daß eine kleine Zahl Priester sich so demonstrativ gegen
die Lehre der Kirche stellt. Nimmt man sich etwa die Entwicklung in der Evangelischen Kirche zum Vorbild? Es ist keins! Jedenfalls nicht, was in der Bibel gegründet wäre.
akinom
Dem Beitrag kann ich voll zustimmen. Mein Lieblings-Stoßgebet lautet: „Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde!“ Satan, der große Verwirrer, weiß dass seine Zeit kurz ist und nutzt seine Chance mit allen Tricks.
Vor vielen Jahren hatte ich beim Pastor der evangelischen Nachbargemeinde an einem „Segnungsseminar“ teilgenommen und mir daraufhin angewöhnt, möglichst alle Menschen zu segnen, die mir begegnen, ob sympathisch oder unsympathisch, oder deren Tätowierungen mich schaudern ließen. Müssten wir uns nicht neu auf unsere Berufung zum „allgemeinen Priestertum“ dankbar neu besinnen, um ein Segen für die Mitmenschen zu sein?
Mich schaudert angesichts der neuen „Genderreligion“ in Kirche und Politik und dem Missbrauch der bunten Farben, die dem biblischen Regenbogen Hohn sprechen.