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Strafe oder Rache?

17. Januar 2012 by Papsttreuer
Lesezeit 5 Minuten
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todesstrafe

Der arabische Frühling geht langsam in den Spätsommer und so kommen nun auch die Fragen auf, die lange Zeit im auch hierzulande zelebrierten Jubel über die neugewonnene Freiheit untergegangen ist – schon bei der Ermordung des ehemaligen libyschen Diktators Gaddhafi stand die Frage im Raum, ob man auf die Art und Weise mit einem Menschen umgehen kann. Die Umstände seines Todes sind nach wie vor nicht ganz geklärt, es scheint aber offensichtlich, dass er ohne ein rechtstaatliches Verfahren und brutal getötet wurde. Nun werden aus Ägypten Stimmen laut, die die Todesstrafe für den früheren Machthaber Mubarak fordern.

Kein Zweifel, Freiheit bedingt auch Verantwortung und hier sind nun also ganze Staaten in die Freiheit entlassen worden und müssen sich ihrer Verantwortung erst noch gewachsen zeigen. Das man in den ehemals diktatorisch unterdrückten Staaten nicht unbedingt auf rechtstaatliche Ordnung zählen kann ist wohl kein Geheimnis und das man sich bei der „neuen Rechtsprechung“ dort wohl nicht auf ein christliches Weltbild stützen wird, kann auch nur sehr naive Gemüter überraschen. Deshalb möchte ich auch gar keinen Kommentar oder eine Einschätzung zu den Geschehnissen in der arabischen Welt in dieser Hinsicht abgeben (etwas anderes ist das Thema Christenverfolgung, zu dem ich bereits hier geschrieben habe). Worum es mir geht ist die Frage nach der grundsätzlichen Ordnung von Sünde und Sühne, Verbrechen und Strafe, gerade dann, wenn es um das Leben sowohl von Opfern als auch von Tätern geht.

Wir alle kennen wohl Beispiele von Menschen, bei denen es uns schwerfallen würde, für sie Liebe zu empfinden und der eine oder andere ist sicher auch Rachegefühlen bei manchen Verbrechen nicht abgeneigt. So ist es nachvollziehbar, wenn Eltern ermordeter Kinder zur Waffe greifen, um sich am Mörder zu rächen … nachvollziehbar, aber gerechtfertigt? Und so ist auch nachvollziehbar, dass einige Staaten, unter ihnen so honorige Freiheitsverteidiger wie die USA bis heute an der Todesstrafe festhalten … nachvollziehbar, aber gerechtfertigt?

Beziehen kann man sich dabei natürlich nicht auf die Evangelien – die Legitimierung der Tötung eines anderen Menschen aus den Aussagen Jesu abzuleiten, der für seine Mörder noch am Kreuz gebetet hat, hat wohl noch niemand geschafft. Also bezieht man sich in christlichen Ländern eben lieber auf das Alte Testament, aus dem man eine Legitimierung der Tötung nach dem Grundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ herauszulesen meint. Dazu kommt noch ein Abschnitt aus dem Römerbrief (Römer 13, 1 ff), der staatliche Ordnung als gottgegeben klassifiziert und ihm Urteilsgewalt zugesteht („Sie [die staatliche Gewalt] steht im Dienst Gottes und verlangt, dass du das Gute tust. Wenn du aber Böses tust, fürchte dich! Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Sie steht im Dienst Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der Böses tut.“). Nicht zuletzt auch im evangelikalen Umfeld der USA scheint diese Sichtweise verbreitet, was ich aber mangels Kenntnis nicht verallgemeinern möchte.

Stellt sich hier im Blog also die Frage, wie denn die katholische Kirche zur Todesstrafe steht. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich mich mit dem Thema bislang nie besonders beschäftigt, hatte ich mich doch auch einfach auf das Gebot „Du sollst nicht töten“ zurückgezogen – Punkt. Unsere Kirche sieht das aber differenzierter und wenn also in entsprechenden Diskussionen kirchenkritisch angemerkt wird, die katholische Kirche spreche sich nicht eindeutig gegen die Todesstrafe aus, ist da sogar was dran. Nach den Erfahrungen im zweiten Weltkrieg, mit der offensichtlich nicht von Gott legitimierten Gewalt des Staates, hat man sich neu orientiert und die Einschätzung zur Todesstrafe deutlich differenziert. Was sagt also der Katechismus zu diesem Thema?

Auszug aus dem Katechismus der Katholischen Kirche (2263 ff)

Notwehr

2263 Die Notwehr von Personen und Gesellschaften ist keine Ausnahme vom Verbot, einen Unschuldigen zu töten, also einen willentlichen Mord zu begehen. „Aus der Handlung dessen, der sich selbst verteidigt, kann eine doppelte Wirkung folgen: die eine ist die Rettung des eigenen Lebens, die andere ist die Tötung des Angreifers“ (Thomas v. A., s. th. 2-2, 64, 7). Nur die eine Wirkung ist gewollt, die andere nicht.

2264 Die Liebe zu sich selbst bleibt ein Grundprinzip der Sittenlehre. Somit darf man sein eigenes Recht auf das Leben geltend machen. Wer sein Leben verteidigt, macht sich keines Mordes schuldig, selbst wenn er gezwungen ist, seinem Angreifer einen tödlichen Schlag zu versetzen:

„Wenn jemand zur Verteidigung des eigenen Lebens größere Gewalt anwendet als nötig, ist das unerlaubt. Wenn er die Gewalt aber mit Maß zurückstößt, ist die Verteidigung erlaubt … Es ist zum Heil nicht notwendig, auf den Akt des maßvollen Schutzes zu verzichten, um die Tötung des anderen zu vermeiden; denn der Mensch ist mehr gehalten, für das eigene Leben als für das fremde Leben zu sorgen“ (Thomas v. A., s. th. 2-2, 64, 7).

2265 Die Notwehr kann für den, der für das Leben anderer oder für das Wohl seiner Familie oder des Gemeinwesens verantwortlich ist, nicht nur ein Recht, sondern eine schwerwiegende Verpflichtung sein.

2266 Der Schutz des Gemeinwohls der Gesellschaft erfordert, dass der Angreifer außerstande gesetzt wird zu schaden. Aus diesem Grund hat die überlieferte Lehre der Kirche die Rechtmäßigkeit des Rechtes und der Pflicht der gesetzmäßigen öffentlichen Gewalt anerkannt, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen. Aus analogen Gründen haben die Verantwortungsträger das Recht, diejenigen, die das Gemeinwesen, für das sie verantwortlich sind, angreifen, mit Waffengewalt abzuwehren.

Die Straft soll in erster Linie die durch das Vergehen herbeigeführte Unordnung wiedergutmachen. Wird sie vom Schuldigen willig angenommen, gilt sie als Sühne. Zudem hat die Strafe die Wirkung, die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Personen zu schützen. Schließlich hat die Strafe auch eine heilende Wirkung: sie soll möglichst dazu beitragen, dass sich der Schuldige bessert [Vgl. Lk 23,40-43.].

2267 Soweit unblutige Mittel hinreichen, um das Leben der Menschen gegen Angreifer zu verteidigen und die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Menschen zu schützen, hat sich die Autorität an diese Mittel zu halten, denn sie entsprechen besser den konkreten Bedingungen des Gemeinwohls und sind der Menschenwürde angemessener.

Aus dem Zusammenhang gerissen könnte man also zitieren: „Aus diesem Grund hat die überlieferte Lehre der Kirche die Rechtmäßigkeit des Rechtes und der Pflicht der gesetzmäßigen öffentlichen Gewalt anerkannt, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen.“ – Die katholische Kirche schließt also die Todesstrafe nicht kategorisch aus. Andererseits ist dieser eine Satz nicht ausreichend, um deutlich zu machen, in welchen Fällen die Kirche die Todesstrafe für angemessen hält: nämlich nur in den Fällen, in denen der Schutz der Gemeinschaft auf anderem Wege nicht herzustellen ist. Soweit ich weiß hat Papst Johannes Paul II. bereits darauf hingewiesen, dass das in der heutigen westlichen Welt eine eher theoretische Ausnahme ist. Der Staat ist durch seinen Auftrag zum Schutz der Gemeinschaft verpflichtet und daher berechtigt, auch staatliche Gewalt anzuwenden. Darum stehen die Hinweise auch unter dem Oberbegriff „Notwehr“ – wenn diese Notwehr nicht gegeben ist, ist auch eine Tötung eines Menschen nicht gerechtfertigt!

Die Fragestellung, wie jemand zur Todesstrafe steht, ist in den anstehenden Wahlen in den USA auch wieder von Bedeutung – sowohl in die eine wie in die andere Richtung machen Menschen ihre Entscheidung davon abhängig. Und katholische potenzielle Kandidaten sollten sich an der Lehrmeinung der Kirche orientieren. Für uns hier – Laien und in Deutschland – stellt sich die Frage zum Glück in den meisten Fällen eher abstrakt, was sie aber nicht weniger emotional macht vor dem Hintergrund grausamer Verbrechen. Und ohne den Respekt und das Verständnis für die Gefühlslage von Opfern aus den Augen verlieren hat die Welt doch ein Anrecht auf eine Antwort, auch wenn die – wie in vielen anderen Fällen auch – nicht so einfach in einem schwarz/weiß-Muster ausfällt, wie man sich das in der Welt vieleicht wünschen würde!

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Posted in: Allgemein Tagged: Katechismus, Notwehr, Rache, Strafe, Todesstrafe

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