In diesen Tagen können interessierte Leser wieder die Botschaft unseres Papstes zur Fastenzeit 2012 lesen, veröffentlicht zum Beispiel bei kath.net. Wie immer merkt man, dass der Papst an bestimmten Themen offenbar Spaß hat und man liest fast atemlos mit, was er schreibt und ein immer wieder bei seinen Veröffentlichungen auftauchendes Thema ist sicher das des Umgangs mit der Wahrheit, insbesondere dann, wenn gegen sie verstoßen wird. So weist er auch in dieser Botschaft darauf hin, dass wir nicht nur selbst zur Heiligkeit berufen sind sondern auch mitverantwortlich für die Heiligkeit anderer Menschen. Es kann uns also aus falsch verstandener Toleranz nicht egal sein, ob andere Menschen sich von Gott entfernen:
Vor dem Bösen darf man nicht schweigen. Ich denke hier an die Haltung jener Christen, die sich aus menschlichem Respekt oder einfach aus Bequemlichkeit lieber der vorherrschenden Mentalität anpassen, als ihre Brüder und Schwestern vor jenen Denk- und Handlungsweisen zu warnen, die der Wahrheit widersprechen und nicht dem Weg des Guten folgen.
Fast möchte man oder bin das nur ich? laut aufrufen: Genau, schenkt ihnen kräftig ein, all diesen protestantisch veranlagten Katholiken, diesen Reform- und Memorandentheologen, Pfarrinitiativlern, WsK-KvU-lern und wie sie alle heißen, all jenen, die sich an den Zeitgeist anbiedern und damit nicht nur ihren eigenen Unglauben zum Ausdruck bringen sondern auch bei denen, die glauben wollen, Verwirrung stiften, letztlich eine Kirchenspaltung riskieren über die man dann am Ende nicht mal reden darf wo sie doch in Teilen der katholischen Landschaft so offensichtlich ist.
Man oder wieder nur ich? liest mit einer gewissen Genugtuung eine Antwort von Bischof Gerhard Ludwig Müller an die Adresse des Bundestagspräsidenten Lammert, der sich als Nachfolger unseres geliebten Papstes Benedikt XVI. einen nichteuropäischen Papst wünscht, der mit den Zuständen in der deutschen Kirche nicht so vertraut ist sodass man einfacher die eigenen Anliegen umsetzen kann ohne befürchten zu müssen, dass bemerkt wird, dass man ein Schisma vorantreibt (man könnte meine, er könne es gar nicht abwarten, dass ein Nachfolger kommt). In dieser Antwort wird die ganze Schönheit des katholischen Glaubens, das Zusammengehören (und nicht etwa neben- oder gegeneinander spielen) von biblischer Überlieferung, Tradition und Lehramt, und letztlich auch das Verbindende mit den evangelischen Glaubensgemeinschaften hervorgehoben und jeder Demokratisierung von Glaubenslehren wie sie Lammert und andere fordern eine Absage erteilt.
Man liest vom gleichen Bischof (fast hat man das Gefühl, ihm ist in den vergangenen Wochen der Kragen geplatzt) eine Predigt, in der er der österreichischen Pfarrerinitiative mit dem offenen Aufruf zum Ungehorsam gegenüber Papst und Bischöfen (und damit zum Bruch der priesterlichen Gelübde), bescheinigt im Kern unchristlich zu sein und eine Kirchenspaltung zu befördern.
Endlich, möchte man sagen, reagieren die Bischöfe auf die innerkirchlichen Spalter und lesen ihnen ordentlich die Leviten!
Aber in der Botschaft des Papstes steht hinsichtlich der Zurechtweisung Sünder, als Werk der christlichen Barmherzigkeit noch mehr:
Die christliche Zurechtweisung hat ihren Beweggrund jedoch niemals in einem Geist der Verurteilung oder der gegenseitigen Beschuldigung; sie geschieht stets aus Liebe und Barmherzigkeit und entspringt einer aufrichtigen Sorge um das Wohl der Brüder und Schwestern.
Oha, da fühle ich mich ertappt manchmal ist es wie bei einem der alten Bud-Spencer-Filme, in denen die Helden immer lange eins meist auf unfaire Art und Weise auf die Mütze bekommen bis dann endlich Mücke zurückschlägt. Man fühlt sich irgendwie gut, wenn es den Bösewichtern endlich an den Kragen geht. Und so auch in den eben angesprochenen Themen: da schlagen Theologen, Laien, teilweise Priester und sogar Bischöfe auf Papst und Kirche ein, immer mit den gleichen alten Kamellen, immer schön auf der Welle des Zeitgeists und mit medialer Unterstützung, und es beschleicht einen als papsttreuen Katholiken das Gefühl der Genugtuung, wenn endliche eine klare Ansage erfolgt. Nun ist es aus Sicht der möglichen Verwirrung der Gläubigen bzw. im Sinne der Aufklärung von scheinbar offenen Fragestellungen sicher notwendig, dass Bischöfe wie hier Bischof Müller oder der Papst ab und an ein Machtwort sprechen. Aber wenn einem diese Machtworte zu freundlich formuliert erscheinen oder wenn man sich über notwendige härtere Formulierungen freut, dann ist bei einem selbst Vorsicht geboten: vielleicht ist die freundliche Formulierung eher eine Art der brüderlichen Zurechtweisung der Aufruf, sich zu besinnen und auf den richtigen Weg zurückzukehren. Und selbst klare Ansagen sind doch auch immer seitens des Papstes von einer Liebe durchdrungen, die uns Laien in der Bewertung anderer Meinungen, auch wenn sie nicht in der Wahrheit sind, ebenfalls gut anstehen würde.
Religion ist immer auch eine Art von Suche nach der Wahrheit und uns eint hoffentlich das Bewusstsein, dass es diese Wahrheit überhaupt gibt. Aber selbst wenn dieser Grundkonsens vom einigen Seiten aufgegeben wurde, so ist es doch immer noch eine Abirrung vom von uns als wahr erkannten Glaubens an Christus und seine Kirche. Triumphgeheul sollten wir also bei solchen Dingen tunlichst anderen überlassen, sondern für die verirrten Schafe um Erkenntnis beten (bestimmt auch verbunden mit der Bitte um eigene Weisheit wer wollte von sich sagen, immer den Durchblick auf die Wahrheit zu haben?), Zeugnis für die Wahrheit geben und uns über diejenigen freuen, die in die geöffneten Arme des liebenden Vaters zurückkehren. Es hilft dabei wohl immer die Frage: Will ich selbst Recht haben oder treibt mich die Sorge um den verirrten Menschen? Suche ich das Wohl des anderen oder die Genugtuung auf der richtigen Seite zu stehen? Am Ende und globaler formuliert: Suche ich in den Beziehungen zu anderen Menschen mich selbst oder den anderen und in ihm Christus?
Wer die Beiträge meines Blogs durchgeht wird sicher an der einen oder anderen Stelle auf Verstöße gegen meine eigenen Vorgaben stoßen (das sind die Stellen bei denen mich meine Frau nach dem Lesen ab und zu fragt: Na, hast Du nen Hals gehabt?) und sogar in diesem Beitrag hier sind bei näherem Durchsehen solche Schwächen enthalten, was aber nur beweist, wie wenig man oder bin das doch nur ich? die Liebe Christi in sich hat und wie sehr man doch von Stolz und Eitelkeit geprägt ist. Zum Glück sieht uns aber Gott selbst wie auch die, über die man sich echauffiert mit ausreichend Liebe und Barmherzigkeit, dass uns über diese schlechte Angewohnheit nicht Angst und Bange werden muss: Gott ist die Liebe und so tut er im Gegensatz zu mir alles aus Liebe!
P.S. Im Übrigen ist die ganze Fastenbotschaft des Papstes eine Fundgrube zur Meditation in der Fastenzeit – also nicht nur unters Kopfkissen legen oder hinter die Ohren schreiben!
Bettina Klix
Danke für diese sehr ehrlichen Überlegungen.
Während des Lesens musste ich an ein Buch denken, das in katholischen Kreisen vielleicht nicht bekannt ist, aber auch im evangelischen „Mainstream“ nicht gerade euphorisch aufgenommen wurde: „Der verschwenderische Gott. Von zwei verlorenen Söhnen und einem liebenden Vater“ von Timothy Keller,in meiner Besprechung schrieb ich: „Der amerikanische Pastor sieht darin zwei, die verloren gegangen sind, aber nur einer von beiden weiß es…der ältere Bruder ahnt nichts von seiner Getrenntheit, in seiner Selbstgerechtigkeit…“ Keller hat auf gleichzeitig liebevolle und herausfordernde Weise das Thema behandelt und das kleine Buch eignet sich sehr gut zur Selbstüberprüfung.
Bei aller Begeisterung, andere herein zuholen „zum Fest“, vergessen wir manchmal, dass wir auch nur „auf dem Weg“ sind.
Der letzte Satz Ihres Eintrags fasst sehr schön zusammen, was unser Prüfstein ist!