Auf der Suche nach geeigneten Medien für Präsentationsschulungen bin ich bei einer Unterlage aus dem Hause Apple fündig geworden, in der sehr schön beschrieben wird, wie man Aufmerksamkeit für sein Produkt erregt, wie man insbesondere von langweilenden, abgelesenen Präsentationen wegkommt, bei denen die eine Hälfte der Zuhörer wegdämmert und sich die andere Hälfte an Details festhält, die eigentlich für das Große und Ganze nur bedingt relevant sind. Mit der falschen Art der Darstellung kann man so aus einem innovativen und guten Produkt einen Ladenhüter machen oder auch aus einem einfachen Produkt einen Abräumer.
Ein Tipp für erfolgreiche Produktvorstellungen war dabei: Reveal a Holy Shit Moment frei übesetzt vielleicht Schaffe einen Oh-mein-Gott Effekt angelehnt an eine englische Redewendung bei überraschenden, insbesondere auch bei positiv überraschenden Effekten: Holy sh ! ist der Ausruf, der dann in den Sinn kommt, wobei man sich fragen darf, was denn die Wortkombination holy = heilig und sh,,, = lasse ich unübersetzt zusammengeführt hat. Aber wenn wir den letzten Begriff einmal neutral betrachten als Ausruf der Überraschung, dann sollte doch die Kombination mit holy eigentlich ein Effekt sein, den wir als Gläubige, den unser Glaube hervorrufen sollte.
Die Welt ist in einem schlechten Zustand, das verlautbaren Menschen unabhängig von ihrem Glauben: Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch entbehren weithin jeder langfristigen Verantwortbarkeit, Geld regiert (zumindest dem Anschein nach) die Welt, Katastrophen, aus Naturgewalten oder von Menschen gemacht, raffen regelmäßige Tausende hin, Politiker verfolgen im Wesentlichen eigene Ziele und man würde ihnen nicht mal einen Gebrauchtwagen abkaufen, geschweige denn ihnen die Zukunft unserer Kinder oder der ganzen Erde in die Hand legen wollen. Das Bewusstsein allgemeinverbindlicher Werte nimmt immer weiter ab und irgendwie scheint es niemanden zu geben, der einen Ausweg aus dieser Situation wüsste.
Und da kommen die Christen und sagen: Kehrt um und glaubt an das Evangelium! Der heutige Zustand in der Welt ist eine Folge der Sünden dieser Welt und Jesus Christus hat diese Sünden auf sich genommen, uns von ihrer Last erlöst! Und selbst, wenn wir den Zustand der Erde nicht verbessern können, so ist doch die Aussicht auf die unfassbare Liebe und Größe Gottes, deren ewige Erfahrung wir anstreben können und von der er möchte, dass wir sie erreichen, ein Ziel, dass sich zu verfolgen lohnt (und mit dem man gleich nebenbei auch noch die Welt verbessert)!
Holy sh…! sollte man da doch ausrufen! Das muss man den Leuten doch erzählen! Das ist doch DIE Botschaft, auf die die Welt gewartet hat! Kein Herumdoktorn an Symptomen, keine neue Managementtechnik, keine umweltschonende Technologie über deren Nebenwirkungen man zuwenig weiß, kein neuer Politiktrend mit einer Halbwertszeit von maximal einer Legislaturperiode Nein, was wir hier haben ist die erlösende Botschaft, die jeden vom Stuhl reißen muss, der sie auch nur annähernd in seinen Kopf und sein Herz bekommt. Die Leute müssten Schlange stehen vor unseren Kirchen, um den Herrn im Allerheiligsten Altarsakrament anzubeten, die Leute müssten sich um Beichtstühle versammeln und die den Dienst versehenden Priester nötigen, sieben Tage die Woche und vierundzwanzig Stunden am Tag Beichte zu hören. Die Menschen müssten mit der Bibel unter dem Arm Priester, Theologen, jeden von dem man Kenntnis in diesen Dingen erwartet, belagern, um ihnen besser verstehen zu helfen, wie sie die Botschaft der Bibel in das eigene Tun übersetzen können.
Nun, dass das nicht passiert ist offenkundig jeder, der versucht, in einem weithin säkularen Umfeld über das Thema Glauben zu sprechen kennt das Gefühl, dass die Menschen ihm nicht zuhören, ihm vielleicht sogar ablehnend gegenüberstehen. Ich jedenfalls (vielleicht liegt es auch an mir) hatte bislang noch nicht den Effekt, dass jemand sich über das Evangelium gar nicht mehr eingekriegt hat. Beobachten kann man eher einen um in der Diktion zu bleiben So-what-Effect: Anscheinend prallt das Gesagte als eine Philosophie unter vielen an den Adressaten ab, wird als für das eigene Leben nicht relevant eingestuft. Eine der beliebten Formulierungen dabei: Schön, wenn Dir Dein Glaube hilft, aber für mich ist das nichts. Und so stellt sich die Frage: Woran liegt das?
Es verbietet sich, einfach auf einen singulären Grund hinzuweisen, der es erlaubt, diesen negativen Effekt in Gänze zu erklären. Natürlich stehen wir heute im Wettbewerb mit anderen und vermeintlichen Heilslehren ob sie sich selbst als solche sehen, wie diverse andere Religionen und Sekten, oder ob sie einfach nur als solche angenommen werden, wie die Suche nach Wohlstand, Ablenkung, Ekstase etc. Natürlich sind weite Teile der Welt heute über Jahrzehnte durch Medien und Schulen etc. geprägt religiös unmusikalisch (wie sich Jürgen Habermas mal selbst beschrieben hat), sodass die Relevanz der Botschaft, die wir verbreiten, gar nicht mehr als solche gesehen wird: Transzendenz ist was für Leute, die sonst keine Probleme haben, meine Schwierigkeiten in der Welt sind schon genug, da muss ich mir nicht auch noch Sorgen um das Leben nach dem Tod machen . Natürlich stehen auch weltliche Probleme der Organisation Kirche von Vatileaks bis zum Missbrauchsskandal einer positiven Annahme der Botschaft im Wege: Was geht die Kirche mein Leben an, sollen die doch erstmal selbst ihren Laden in Ordnung bringen Zölibat … Frauenpriestertum blabla etc.pp.
Das alles sind vielleicht Gründe, warum unsere Botschaft, eigentlich warum Gottes Botschaft an die Welt, heute nicht mehr gehört wird, und das Schöne an diesen Gründen ist: Sie liegen weitgehend außerhalb unseres persönlichen Einflussbereichs! Also kann man sich auch bequem zurücklegen: Kann man nichts machen, die Welt ist eben schlecht, muss ja auch jeder selbst wissen, wie er sein Leben gestaltet, ich kann ja niemanden zwingen So werden wir Christen nicht gezwungen, unseren Glauben auf unser Privatleben zu beschränken, wie es einige Atheistenverbände verlangen. Nein, wir tragen selbst unseren Teil dazu bei, dass der Glaube in der Welt keine Rolle mehr spielt, unser Glaube entweltlicht wird, in dem Sinne, dass die Welt von ihm befreit wird. Das ist wohl kaum das, was der Papst bei seinem Deutschlandbesuch mit Entweltlichung gemeint hat, wenn ihm das auch viele gerne so in den Mund legen wollen.
Was es also bräuchte ohne das Thema Glauben auf ein reines Marketingproblem zu reduzieren ist eben der „Holy-Sh -Moment“, der Menschen aus ihrer nur scheinbaren Zufriedenheit aufweckt Du glaubst, es geht Dir jetzt gut? Dann schau mal, was Jesus eigentlich für Dich vorgesehen hat, wirkliches Glück, echte Erfüllung, unendliche Liebe, bedingungslos und immer wieder und auf ewig geschenkt!
Was zeichnet also einen solchen Holy-Sh -Moment aus, wie können wir ihn als Gläubige erwecken? Sicher brauchen wir so etwas wie einen Überraschungseffekt Menschen, die von uns das sehen, hören, erfahren, was sie erwarten, bleiben in ihren bisherigen Urteilen verhaftet. Wie mir mal ein befreundeter Priester gesagt hat: Die wenigsten Menschen werden während der Messe bekehrt! auch wenn wir als Katholiken die Heilige Messe, die Eucharistie, auch die anderen Sakramente als das Dollste betrachten, dass sich Gott für diese Welt hat ausdenken können (und hey, ziemlich sicher ist, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist) für Außenstehende ist das ganze doch eher langweilig. Für Menschen, die noch nie vom katholischen Glauben gehört haben, ist eine Messe vielleicht von ästhetischem Reiz (der sich abnutzt), für Ex- oder Taufscheinkatholiken beweist eine Messe heute nur, dass sich in der Kirche seit ihrer Zeit nichts geändert hat.
Ein Überraschungseffekt kann also etwas sein, was von der Erwartungshaltung der Menschen abweicht es lohnt sich zum Beispiel, zu lesen (und zu zitieren) wie sich Papst Johannes Paul II dafür stark gemacht hat, dass die Männer beim Sex doch bitte die flachere Erregungskurve der Frauen berücksichtigen sollen, damit sie zusammen den Höhepunkt erreichen können! Und er schlägt natürlich den Bogen zur Spiritualität: So findet der Mann in der ersten beseligenden Begegnung die Frau, und sie findet ihn. Auf diese Weise nimmt er sie innerlich an; er nimmt sie an, wie sie vom Schöpfer um ihrer selbst willen gewollt wurde, wie sie im Geheimnis der Gottebenbildlichkeit durch ihre Weiblichkeit geformt worden ist; und umgekehrt nimmt sie ihn in gleicher Weise an, wie er vom Schöpfer um seiner selbst willen gewollt wurde und wie er von ihm in seiner Männlichkeit geformt worden ist Da macht aber der vermeintliche Kirchenkenner dicke Backen das hat der Papst gesagt? Ja, das sagt er, und zwar ohne auch nur einen Millimeter von der Sexualmoral der Kirche abzuweichen. Denn nur durch diese Sexualmoral erreicht man den hier beschriebenen Zustand. Über die Sexuallehre der Kirche, von der die Menschen vermeintlich doch alles wissen (was sie meinen wissen zu müssen) lohnt es sich also weiter schlau zu machen, und die Gegenüber zu überraschen.
Papst Benedikt XVI ist im Vergleich zu Johannes Paul II vielleicht der zurückhaltendere Charakter, aber in seinen Aussagen oft genau so überraschend kein Jota von der Kirchenlehre abweichend macht er sie aber auf eine Art und Weise transparent und nachvollziehbar, die so gar nichts mit dem Vorwurf eines abgehobenen, von der Realität entfernten Lehramtes zu tun hat. Allein schon der Wunsch des Papstes, über sein Buch Jesus von Nazareth zu diskutieren mit einem Vorschuss an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gbt (aus dem Vorwort des 1. Bandes) macht diese für die Welt überraschende Einstellung deutlich hier deklariert keiner ohne Duldung von Widerspruch, hier ist jemand, gemeinsam mit seiner, unserer, Gottes Kirche auf der Suche nach der Wahrheit. Der Unterschied zur Welt ist die Erkenntnis, dass es Wahrheit gibt von diesem Standpunkt aus kann man sich annähern, ohne diesen gemeinsamen Standpunkt ist Annäherung fast unmöglich.
So machen das also die Päpste und wie erzeugen wir den „Holy-Sh -Moment“? Vielleicht indem wir ihnen in ihrer Art folgen, klare Positionen in verständliche Worte zu fassen klare Kante, so meine Überzeugung, ist das, was die Menschen heute wollen und auch von uns erwarten dürfen. Und es sind vielleicht wieder mal die Kleinigkeiten, nicht die ganz großen Gesten, die überraschen können: Beten wir doch einfach wie selbstverständlich in der Mittagspause, stellen wir ein Kreuz an unserem Arbeitsplatz auf, gehen wir nicht in Verteidigungshaltung sondern zeigen Mitgefühl mit Menschen die (noch) nicht glauben. Sprechen wir offen über unsere spirituellen Erfahrungen, erzählen wir dort von ihnen wo man sie nicht erwartet, am Stammtisch, im Kollegenplausch das alles ohne Weltfremdheit sondern in dem Wunsch, die anderen profitieren zu lassen. So wie andere einen Handwerker empfehlen, so empfehlen wir unseren Glauben, empfehlen wir Christus!
Ich gebe zu, das ist alles noch nicht wirklich konkret, aber eines ist wohl sicher: wenn wir als Katholiken in der Welt nicht wahrgenommen werden, wenn wir nicht zeigen wer wir sind, dann werden wir auch niemanden überraschen, werden wir keine Aufmerksamkeit erzeugen. Wir laufen Gefahr, dass die Menschen um uns herum nie in ansprechender Weise vom Glauben an Jesus erfahren nur weil wir nicht den Heiligen Geist bemühen um innovativ genug zu sein um einen echten „Holy-Sh -Moment“ zu erzeugen, auf den diese Menschen ein Anrecht haben! Vielleicht ist da auch ein kleiner „Holy-Sh…-Selbsttest“ hilfreich, um herauszufinden, ob wir selbst überhaupt das Feuer haben, das wir in anderen entzünden wollen: Ich habe eben geschrieben, dass wir mit der Liturgie, mit der Heiligen Messe, der Eucharistie, die nicht glaubenden Menschen nicht überraschen können – das sollte aber nicht für gläubige Katholiken gelten! Wer also vor dem Allerheiligsten knieen kann ohne zumindest etwas „Gleichwertiges“ wie den „Holy-Sh…-Moment“ zu erleben (man kann ja ruhig ein anderes Vokabular verwenden), der sollte sich vielleicht noch mal selbst auf die Suche nach diesen Momenten begeben. Für den, der glaubt, ist die Eucharistie eines der großartigsten und immer wieder überraschendsten Momente seines Glaubenslebens – und wenn das Jahr des Glaubens auch dazu dient, unseren eigenen Glauben zu prüfen, dann sind mit Evangelisierung eben nicht nur Nichtglaubende und „getaufte Heiden“ gemeint, sondern wir selbst, die wir jeden Tag Gefahr laufen, nicht mehr über Gott und seine Werke zu staunen!
Noch ein kurzes Wort zum Schluss (der Beitrag ist eh schon zu lang geworden, also was soll’s): der „Holy-Sh…-Moment“, der Überraschungseffekt, der erzeugt werden kann und soll, ist ein Mittel und darf nicht mit dem Ziel verwechselt werden. Für Christen muss es darum gehen, Menschen auf dem Weg zum Glauben zu begleiten, ihnen die Liebe Christi zu verdeutlichen, damit sie glauben können (wir selbst können sowieso – so eine meiner Einsichten – niemanden „glauben machen“). Der „Holy-Sh…-Moment“ verschafft uns Aufmerksamkeit, aber weder dürfen wir beim einfachen Staunen stehenbleiben noch auf unlautere Art ein Staunen erzeugen – Zaubertricks sind was für Sekten und Esoteriker, Christus selbst ist das wahre Wunder, zu dem wir führen müssen – dafür brauchen wir die Aufmerksamkeit der Menschen, dafür brauchen wir ab und an eben den „Holy-Sh…-Moment“, den uns der Heilige Geist schenkt!
Und hier The Presentation Secrets of Steve Jobs der Holy-Sh -Moment auf Seite 46 ff
templarii
Der beste Holy Shit Moment sind Menschen in der „normalen Welt“ die laut sagen dass sie Katholiken sind und Gott danken wie er in ihr Leben eingreift.
Und natürlich so etwas wie Tempelritter.. Ich persönlich erkenne eine Seelenstärkende und Seelentrainierende Kraft im Christentum.
Einige ordentliche BÄM’s wird es in Zukunft noch geben. Entweder leise oder Erdbebengleiche..