Das Sakrament der Beichte zu erläutern, davor bin ich bislang immer ein bisschen zurückgeschreckt. Sakramente zu erklären fällt mir als Laien schon per se nicht ganz leicht, und wenn man dann noch den Anspruch hat, es auch so zu erklären, dass auch nicht-katholisch sozialisierte Leser es verstehen, wird es noch anspruchsvoller. Trotzdem scheint mir, dieses wichtige Sakrament sollte in der Erkärbär-Reihe nicht fehlen. Es wird daher wahrscheinlich kein Artikel werden, der die Beichte nach Art von Wikipedia erklärt, sondern einer, der die Bedeutung (für den Autor) verdeutlicht.
Apropos Anspruch: gehen wir doch mal direkt in die Vollen und lesen im Katechismus nach, was dort einleitend zum Sakrament der Buße und der Versöhnung steht:
1422 Die zum Sakrament der Buße hinzutreten, erlangen für die Gott zugefügte Beleidigung von seiner Barmherzigkeit Verzeihung und werden zugleich mit der Kirche wieder versöhnt, die sie durch ihr Sündigen verwundet haben und die zu ihrer Bekehrung durch Liebe, Beispiel und Gebete mitwirkt“ (LG 11).
Weshalb ich diesen Abschnitt gewählt habe: weil er direkt die Kerninhalte wiedergibt, die man verstehen muss, um die Beichte zu verstehen und man muss sie im richtigen Zusammenhang sehen. Wird ein Aspekt zu sehr in den Vordergrund gestellt, wird der Eindruck, den man als vielleicht Kirchenferner von der katholischen Beichte hat, leicht schief.
Die drei Kernbegriffe sind dabei (1) Sünde bzw. die Gott zugefügte Beleidigung, (2) Barmherzigkeit und (3) Verzeihung bzw. Versöhnung. Zur Beichte gehören alle drei Aspekte wer zum Beispiel den Aspekt der Sünde zu sehr in den Vordergrund stellt, kommt schnell zu dem Schluss, dass das Sakrament der Beichte nur eines ist, dass den Menschen vorgaukelt schlecht zu sein und sich nur vor Gott in den Staub werfen kann. Wer umgekehrt den Aspekt der Barmherzigkeit zu sehr in den Vordergrund stellt, für den entsteht im Kopf das Bild des alles tolerierenden Gottes, der einen am Ende doch in den Himmel aufnehmen wird, egal, wie man sich zu ihm stellt. Wer schließlich allein das Thema Verzeihung bzw. Versöhnung in den Vordergrund stellt, läuft Gefahr eine Anspruchshaltung zu entwickeln, die in der Formulierung ich entschuldige mich ihren Ausdruck findet, ohne Klarheit darüber zu haben, dass Verzeihung und Versöhnung etwas ist, was man quasi passiv erfährt.
Bringt man alle drei Aspekte aber in ein Gleichgewicht, dann erhält man einen richtigen Eindruck von dem, was Beichte bedeutet und warum dieses Sakrament im Leben der Katholiken so eine hohe Bedeutung haben (sollte).
Sünde
In den erläuternden Texten zur Beichte beschreibt der Katechismus die Sünde kurz und knapp:
1440 Die Sünde ist vor allem Beleidigung Gottes und Bruch der Gemeinschaft mit ihm.
Viel mehr muss man eigentlich, wie ich finde, gar nicht wissen. Gott ist die Liebe und schenkt uns seine Liebe, die unendlich groß ist. Um uns den Weg zu einem gelingenden Leben aufzuzeigen gibt es Gebote und Verbote, die (eigentlich) nur einen Vorschlag Gottes darstellen. Er lässt uns unsere Freiheit, wir können gegen seine Gebote, die er uns aus Liebe offenbart hat, verstoßen (und verstoßen sicher alle laufend dagegen). Und diesem liebenden Gott werfen wir unsere Beleidigungen an den Kopf indem wir auf seinen Rat pfeifen und uns bewusst von ihm abwenden. Es ist vergleichbar mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15, 11-32): wir verlangen vom Vater unseren Erbteil und sagen ihm damit indirekt, dass wir ihn gar nicht wollen (die verdeckte Botschaft des Sohnes im Gleichnis ist: es wäre besser für mich, Du würdest nicht mehr leben!). Wer ein einigermaßen gesundes Verhältnis zu seinem Vater (oder seinem Sohn) hat, kann ermessen, wie schwer diese Beleidigung ist letztlich wie traurig diese Beleidigung den Vater, und jetzt wieder im Verhältnis zu Gott unseren Vater, macht.
Die Kirche unterscheidet zwischen unterschiedlichen Graden der Sünde, und sicher hat das auch eine gewisse praktische Bewandnis, wenn ich nicht jede lässliche Sünde, die ich mir vielleicht (in einem Anfall von Übergewichtung des Themas Sünde) minutiös notiert habe, in der Beichte vortrage. Andererseits stehe ich auf dem Standpunkt, lieber einen Punkt zuviel zu beichten als zu wenig wie ich ja auch meinen liebenden Vater für eine kleine Unverschämtheit um Entschuldigung bitten würde und nicht nur für große Beleidigungen.
Wesentlicher als diese Unterscheidungen ist es da, ein Bewusstsein für die Sünde in unserem Leben zu entwickeln, letztlich, unser Gewissen auszubilden. Nur das Wissen darum, dass wir gesündigt haben, führt uns zur Beichte die hochmütige Annahme, ohne Sünde zu sein, dagegen, führt uns von Gott und seiner Barmherzigkeit weg!
Barmherzigkeit
In den Abschnitten des Katechismus zur Beichte ist immer wieder von der Barmherzigkeit Gottes die Rede, die dort nicht weiter erläutert wird. Letztlich wird aber klar, dass es die Bereitschaft Gottes beschreibt, demjenigen der gesündigt hat, ihn beleidigt hat, zu verzeihen. Gott möchte uns bei sich haben, uns, wenn wir auf Abwege geraten, wieder zu sich führen. Er ist kein rächender Gott, das hat er uns mit Jesus, seiner Menschwerdung bewiesen, der unsere Sünden mit auf sein Kreuz getragen hat. Schon im alten Testament, von dem viele meinen, es würde ein Bild dieses rachsüchtigen Gottes zeigen heißt es:
So wahr ich lebe – Spruch Gottes, des Herrn -, ich habe kein Gefallen am Tod des Schuldigen, sondern daran, dass er auf seinem Weg umkehrt und am Leben bleibt.
(Ezechiel 33, 11)
So trifft Gottes Barmherzigkeit auf unsere Sünde und führt gemeinsam damit, dass wir die Sünde bereuen und bekennen zur Verzeihung bzw. Versöhnung.
Mir ist wichtig, diesen Punkt quasi als Zwischenschritt zwischen Sünde und Verzeihung zu beachten, denn die Barmherzigkeit Gottes ist in der Welt alles andere als Gemeingut. Verschiedene Religionen sehen das in Teilen auch ganz anders, während der christliche Glaube die Barmherzigkeit (neben der Heiligkeit und Gerechtigkeit) als ein hervorstechendes Merkmal Gottes begreift. Ohne die Kenntnis von Gottes Barmherzigkeit macht der Gang in den Beichtstuhl keinen Sinn, müssten wir doch damit rechnen, unversöhnt wieder herauszugehen.
Damit ist nebenbei auch der Rahmen für uns gesteckt, die wir als Gottes Ebenbilder geschaffen sind und genau so barmherzig sein sollen wie Gott selbst: So ist auch Gottes Anspruch an uns Barmherzigkeit (Liebe) will ich, nicht Schlachtopfer (Hosea 6, 6a)!
Verzeihung
Die Erkenntnis der Sünde (und die Reue mit dem Willen zur Umkehr) führt uns in der Beichte zur Barmherzigkeit Gottes, der uns Verzeihung gewährt. Und diese Verzeihung ist unbegrenzt so schreibt der Katechismus:
1468 Die ganze Wirkung der Buße besteht darin, daß sie uns Gottes Gnade wieder verleiht und uns mit ihm in inniger Freundschaft vereint“ (Catech. R. 2,5, 18). Ziel und Wirkung dieses Sakramentes ist somit die Versöhnung mit Gott Bei denen, die das Bußsakrament reuevoll und fromm empfangen, können Friede und Heiterkeit des Gewissens, verbunden mit starker Tröstung des Geistes“ folgen (K. v. Trient: DS 1674). Das Sakrament der Versöhnung mit Gott bewirkt eine wirkliche geistige Auferstehung“, eine Wiedereinsetzung in die Würde und in die Güter des Lebens der Kinder Gottes, deren kostbarstes die Freundschaft mit Gott ist [Vgl. Lk 15,32].
Zu Beginn hatte ich schon mal von dem Gleichnis vom verlorenen Sohn gesprochen hier flammt der Gedanke wieder auf: wir haben uns durch die Sünde gegen unseren Vater gewandt (Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. [ ] Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land.[ ]), haben ihm klargemacht, dass wir ihn nicht wollen unser Gewissen hat uns zur Reue über die Sünde, über diese Beleidigung unseres Vaters geführt und zum Wunsch umzukehren (Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt.) und diese Reue und der Wunsch zur Umkehr wird durch den Vater und dessen Verzeihung komplettiert:
Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. [ ] Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.
Wir alle sind geboren als Kinder Gottes, aber mit der Freiheit, diese Kindschaft durch die Sünde abzulehnen aber unser barmherziger Vater ist bereit uns zu verzeihen, und uns wieder als seine Kinder anzunehmen, uns wieder mit allen Gnaden auszustatten, die wir brauchen, um in seiner Kindschaft zu verbleiben unverbesserlich im Glauben an uns, dass wir ihn diesmal nicht wieder beleidigen werden.
Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.
So ist eben unser Gott und er nimmt uns nicht nur zähneknirschend wieder auf, er ist voller Freude über uns, die wir den Weg wieder zu ihm gefunden haben, und es wird ein Fest gefeiert im Himmel, wie es im vorhergehenden Gleichnis von der verlorenen Drachme heißt:
Ich sage euch: Ebenso herrscht auch bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.
(Lukas 15, 10)
Wer weiß, dass im Himmel ein solches Fest gefeiert wird und wer in dem Bewusstsein den Beichtstuhl (oder von mir aus das Beichtgespräch) verlässt, dass der ganze Himmel gerade in Jubel ausgebrochen ist, für den ist die Beichte nicht mehr etwas, was man sich mal ab und zu, einmal im Jahr oder vor besonderen Feiertagen gönnt, oder gar was „die Kirche“ von uns verlangt, sondern ein Sakrament, dass uns Gott schenkt, mit dem er uns verlorenen Kindern entgegenläuft auf dem Weg aus unserer selbst gewählten Trennung von ihm.
Vielleicht ist das auch eine gute Übung: lauschen Sie nach der nächsten Beichte, ob Sie die Engel jubeln hören! Wenn nicht, heißt das nicht, dass sie es nicht tun, es kann aber sein, dass Ihnen noch nicht ganz klar ist, was gerade (an Ihnen) passiert ist?!
Anmerkung: wer in diesem Beitrag eine sachliche Beschreibung der Beichte und deren Ablauf erwartet hat, den muss ich leider enttäuschen, verweise aber gerne auf die entsprechenden Abschnitte im Katechismus oder im Gotteslob oder einen Beitrag eines anderen Bloggers zu dem Thema. Und wer lange nicht mehr beichten war: keine Sorge, man kann nichts falsch machen, ein guter Priester wird Sie geschickt durch die Beichte führen und eine nicht so vorgesehene Antwort von ihnen auf die Lossprechung des Priesters geht sowieso im Jubel des Himmels unter!
Anonymous
Das ist die Wahrheit. Habe nach 26 jahren gebeichtet. Bin jetzt wieder FREI!
Templarii
Und ich nach 19 Jahren.. Und das nächste Mal steht an.
Templarii – recognoscere.wordpress.com