Durch ein paar Beiträge auf dem empfehlenswerten Blog http://www.geistbraus.de/ und aufgrund eines kleinen Artikels von mir zu einem Beitrag von André F. Lichtschlag auf eigentümlich frei zum Thema Beschneidung und eines Leserkommentars hierzu dachte ich mir, es wäre gut, meine eigenen Positionen mal in Frage zu stellen und zu schauen, ob sie untereinander eigentlich überhaupt kompatibel sind: die Positionen eines Katholiken und die eines Libertären?
Den meisten Lesern wird aufgrund der Inhaltes dieses Blogs klar sein, was ich so im Allgemeinen unter katholisch sein verstehe, die Frage, was libertär sein bedeutet, kann da schon mehr Fragen aufwerfen. Starte ich also zunächst mal mit einem kleinen Exkurs, ohne zu sehr in die Theorie einzusteigen. Gerne lasse ich mich auch von libertären korrigieren, falls ich eine Position als solche bezeichne, die dem widerspricht (wobei es auch eine ziemliche Anzahl an Spielarten gibt, die diese Abgrenzung sicher nicht ganz leicht machen). Der Begriff des Libertarismus leitet sich aus dem lateinischen libertas, das heißt Freiheit ab. Ausgehend von der Idee des „Selbsteigentums“ führt diese Idee zu einer Zurückdrängung des Staates aus all denjenigen Belangen ab, in denen sein Einsatz nicht unbedingt notwendig ist. Als Spielart ist dadurch auch der sogenannte anarchistische Libertarismus entstanden, den ich hier aber nicht weiter erläutern will, erscheint er mir doch mit seiner Ablehnung aller fremdbestimmenden Reglementierungen als nicht geeignet für eine Gesellschaftsordnung. Damit ist auch schon ein Wesentliches gesagt: es handelt sich um eine Philosophie zur Gesellschaftsordnung, die auf dem Individuum basiert und den Menschen alle Freiheit geben will, begrenzt durch die individuelle Freiheit des anderen, die nicht eingeschränkt werden darf, weshalb es einen Staat braucht, der diese Freiheit der anderen garantiert (und nur dafür ist ein Staat oder eine Regierung überhaupt notwendig) und wiederum gesellschaftliche Gruppen, die diesen Staat und seinen notwendigen Einfluss kontrollieren.
Man sieht schon: Staatlicher Herrschaft und demokratischer Gesetzgebung stehen Libertaristen skeptisch bis ablehnend gegenüber. (hier und an weiteren Stellen zitiert aus Wikipedia und Internet Encyclopedia of Philosophy). Das eint wohl alle Libertären: der Zweifel daran, dass der Staat besser weiß, was für mich gut ist, als ich selbst! Dazu kommt ein paar weitere Gemeinsamkeiten: Ein von allen Gruppen des Libertarismus geteiltes grundsätzliches Postulat ist, dass jeder Mensch nur sich selbst gehört und nicht der Gemeinschaft (Selbsteigentum). Die meisten Libertären erkennen keine positiv definierten Rechte wie etwa das Recht auf Nahrung, Obdach oder Gesundheitsfürsorge an, sondern nur negativ definierte Freiheiten, wie die Freiheit, nicht angegriffen, missbraucht, beraubt oder zensiert zu werden. Soziales Handeln und Solidarität entstehen nach Einschätzung der libertären Philosophie nicht mit juristischem Druck, sondern durch ethische oder sachdienliche (wirtschaftliche, soziale etc.) Erwägungen. Libertäre halten staatlich geplante soziale Maßnahmen für kontraproduktiv und daher im Ergebnis auch für unsozial.“
Man sieht aufgrund dieser Beschreibungen zunächst mal keinen prinzipiellen Dissens zum Katholizismus: auch der christliche Glaube sieht den Menschen ja als frei an, jedenfalls in Bezug auf den Staat oder der Gesellschaft, der er nicht gehört. Fraglich ist hierbei die Rolle anderer Institutionen, wie es auch die Kirche in dieser Hinsicht ist. So argumentiert beispielsweise Lew Rockwell, dass eine libertäre Gesellschaft bestimmte gesellschaftliche Institutionen und moralische Standards bräuchte, um das Individuum vor dem Staat zu schützen. Solche (auch informellen) Institutionen seien unter anderem kulturelle Normen, Religion, bürgerliche Moral und gesellschaftliche (naturgegebene) Autorität. [ ]Wie ein Großteil des libertären Spektrums tritt der Paläolibertarismus für Dezentralisierung und eine nicht interventionistische Außenpolitik ein, also gegen eine militärische Einmischung in auswärtige Konflikte und Staaten […].
Was hierbei allerdings aus christlicher Sicht hervorsticht ist die Frage, ob denn bei einem streng libertären Weltbild Platz für einen Sozialstaat, Platz für Gerechtigkeit, Platz für Nächstenliebe bleibt? Dieser Frage liegt m.E. die irrige Annahme zugrunde, dass derartige Einstellungen und Prinzipien nur durch den Staat garantiert werden könnten oder anderweitig nur durch Zwang aufrechterhalten werden. Aufgrund des Imperativs des Individuums könnte ja die Gemeinschaft leiden Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht ist die ins Extrem formulierte Einstellung, die Libertären (in vereinfachter Zusammenfassung mit dem ebenfalls weithin missverstandenen Kapitalismus) angedichtet und ihnen und der freien Marktwirtschaft als generelle soziale Kälte zugeschrieben wird.
Wie sieht man das nun aus christlicher Sicht? Ich könnte auch in die entgegen gesetzte Richtung zugespitzt fragen: ist der Sozialstaat, sind Sozialabgaben, ist die erzwungene Solidargemeinschaft in der Bibel grundgelegt?
Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört
Zunächst mal ist jedem Christen sicher der Ausspruch Jesu geläufig, dem Kaiser zu geben, was des Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört (vgl. Markus 12, 17). So kann also niemand aufgrund anderer Erkenntnisse aus dem Glauben heraus argumentieren, beispielsweise keine Steuern an den Staat zu zahlen. Dazu passt auch meine persönliche, daraus abgeleitete Einschätzung: auch wenn ich die Steuerquote hierzulande für modernes Raubrittertum halte: ich lebe in diesem Staat, profitiere natürlich auch von den Leistungen des Staates und daher zahle ich auch die Steuern hier und in dem Umfang, wie es das Gesetz vorgibt. Ab und zu muss ich mich wie viele andere sicher auch zusammenreißen, um nicht kleinere Möglichkeiten der illegalen aber unauffälligen Steuerersparnis zu nutzen. Dieses Tun bleibt Steuerhinterziehung, auch wenn sich der Staat an dieser Stelle genau so geriert wie damals antike Kaiser in ihrer Selbstherrlichkeit. Fraglich ist dann umgekehrt natürlich: was, wenn der Staat von mir verlangt, was Gott gehört? Dann ist das Non possumus der Abitiner, denen das Sonntagsgebot seitens Kaiser Diokletian untersagt werden sollte (vollständig: Sine dominico non possumus. Ohne den Sonntag können wir nicht leben.) berechtigt. Für dieses non possumus sind die frühen Christen als Märtyrer in den Tod gegangen, und auch wenn es uns heute eigenartig erscheint: wenn uns der Staat zu Ungehorsam gegenüber Gott auffordert, sind wir gefordert, Zeugnis zu geben und zu widersprechen, auch um den Preis der staatlichen Sanktionen. Das ist aber nur ein Nebenschauplatz und passt eher zu der Frage der Religionsfreiheit, auf die ich später noch mal zu sprechen kommen muss.
Hinsichtlich dieses Aspektes widersprechen sich Libertarismus und Katholizismus also eigentlich nicht: der Liberatrismus widerspricht der Berechtigung des Staates, sich in das Eigentum der Menschen einzumischen, ist aber kein Aufruf zur Steuerhinterziehung genau so, wie es das auch der Katholizismus nicht ist.
Barmherzigkeit
Wenn der Staat also auf Umverteilung setzt, Gerechtigkeit durchsetzen will durch Steuern und Sozialabgaben, dann haben wir als Christen (abgesehen vom Prinzip des non possumus) kein Argument, dem zu widersprechen. Andererseits ist aber dieser staatliche Steuerungsdrang auch nicht aus christlichen Beweggründen zu verargumentieren. Christus fordert von uns den Nächsten zu lieben wie uns selbst, nicht aber, Steuern und Sozialabgaben an den Staat zu zahlen, damit der dafür sorgt, dass jeder in dem Maße versorgt wird, wie es die Regierung für sinnvoll hält, und sei sie noch so fest in dieser Position demokratisch legitimiert. So ist also der Sozialstaat durchaus eine Möglichkeit, dem Gerechtigkeitsgedanken und dem Zusammenhalt auf die Füße zu helfen, es ist aber nicht das Mittel, das durch unseren Glauben vorgegeben ist.
Wenn man nun aber in Umkehrung dieser aktuellen Verhältnisse, die heutigen Sozialleistungen die durch Steuern und Abgaben finanziert werden zu freiwilligen Leistungen der Bürger umdeklarieren würde – führte das nicht zur immer wieder prophezeiten sozialen Kälte? Überspitzt könnte man antworten: Vielleicht bei den Nichtgläubigen, bei wirklichen Christen auf keinen Fall! Den Nächsten zu lieben und ihn in seinem ganzen Sein zu bewahren, sein Wohl zu wollen (ohne sich selbst völlig aufzugeben, weil dies diesem Ziel zuwiderlaufen würde) ist doch gerade das Prinzip des christlichen. Die Motivation des Christen, in seinem Umfeld, in seiner Familie, in seiner Gemeinde, in seiner Nation, auch weltweit, für wahre Gerechtigkeit zu sorgen, ist nicht ein staatlicher Akt sondern das Beispiel Christi. Wir haben als Christen ja in der Bibel kein Gesetzbuch, wir glauben nicht an ein Buch sondern daran, dass Jesus der Christus ist, und als solcher zeigt er uns, wie Menschsein geht, wie Menschsein von Gott mal gedacht war, als wie Joseph Ratzinger in der „Einführung ins Christentum“ geschrieben hat exemplarischer und gerade darum nicht erreichbarer Mensch. Barmherzigkeit ist, was uns antreibt (oder antreiben sollte), kein Gesetz, weder die Zehn Gebote noch die deutsche Steuergesetzgebung.
Wenn man Motivationstheorien folgt, die besagen, dass eine Handlung, die ich eigentlich gerne tue, weniger gut erledigt wird, wenn ich zu ihr gezwungen werde, kommt man auch zu dem Ergebnis, dass eigentlich in Umkehrung zur eigentlich (hoffentlich) verfolgten Absicht – gerade das staatliche Zwangssozialsystem die soziale Kälte fördert: nachdem ich schon mal Steuern und Sozialabgaben gezahlt haben, sollen jetzt aber die Bedürftigen gefälligst selbst sehen, wie sie weiter zurecht kommen der Staat muss es dann richten! Ein durch höhere Ansprüche an das sogenannte Sozialniveau sich auch noch verstärkender Effekt, der den Sozialstaat an den Rand des Ruins bringt und dann haben wir noch gar nicht über die Dinge gesprochen, in die sich der Staat und staatsähnliche Institutionen einmischt, die ihn noch weniger angehen von der Gestaltung der Banane bis zur Zwangseinführung hochgiftiger Quecksilberlampen! So gesehen ist der Katholizismus sehr gut mit dem Libertarismus kompatibel, immer weniger mit dem deutschen und teilweise internationalen Sozialstaat.
Religionsfreiheit
Problematisch kann ein Punkt werden, der gerade in den vergangenen Tagen immer wieder diskutiert wird und an dem sich zwei Seiten einer Medaille finden: die Religionsfreiheit und der Libertarismus! Kurz formuliert, besagt ja der Libertarismus nichts anderes, als dass jeder frei entscheiden kann, was er macht, solange er dabei nicht die Freiheitsrechte des anderen beschränkt (letzteres sicherzustellen ist die verbliebene hoheitliche Aufgabe des Staates). Dabei ergeben sich akut zwei Fragestellungen: Erstens: Ab wann ist eine Einschränkung der Freiheitsrechte eines anderen gegeben? Und zweitens: Wie geht man mit dem Entscheidungsrecht derjenigen um, die sinnvoll keine Entscheidung treffen können, seien es Kinder, Demente oder auf andere Arten in ihrer geistigen Entwicklung eingeschränkte Menschen?
Die erste Frage stellt sich beispielsweise bei der Beurteilung des Titelblatts der Titanic, das unseren Papst auf beleidigende Art und Weise darstellt. Das ist aber nur ein Beispiel und dahinter stehen generelle andere Fragen: Ist die Beleidigung eine Meinungsäußerung, deren Freiheit garantiert werden muss, und ist sie das auch, wenn sie sich bspw. gegen Religionsgemeinschaften wendet, oder werden durch die Beleidigung bereits Persönlichkeitsrechte verletzt, die schützenswert sind und nicht angetastet werden dürfen, besonders wenn es sich um eine religiös motivierte Einstellung handelt? Ist andererseits die religiöse Einschätzung von Verhaltensweisen als Sünde eine freie Meinungsäußerung oder wird damit eine abweichende Verhaltensweise in unzulässiger Weise diskriminiert bzw. damit einen entsprechenden Personenkreis beleidigt? Je nach eigener Position kann man bei den Fragen zu widersprüchlichen Haltungen kommen:
Als Katholik würde ich sagen, dass Beleidigungen von Religionen (wobei festzulegen ist, wo eine Beleidigung anfängt) sinnvoller Weise verboten sind, während religiöse Einstellungen zu Handlungsweisen festgestellt werden dürfen müssen, so lange man damit nicht konkret eine Person in ihrer Freiheit einschränkt (Unterscheidung zwischen Sünde und Sünder). Dazu passt auch die Einschätzung von Robert Spaemann in der FAZ zur Debatte über die Bestrafung von Blasphemie, in der er erläutert, dass es nicht die Beleidigung Gottes ist, die bestraft werden sollte (was einer Theokratie nahekäme und wo man als Gläubiger konsequenter Weise eigentlich nur drakonische Strafen fordern könnte) sonder die Beleidigung der Gläubigen, und dazu feststellt: „Ein Staat, der seine Bürger nicht gegen die Verunglimpfung dessen, was ihnen das Heiligste ist, schützt, kann nicht verlangen, dass diese Menschen sich als Bürger ihres Gemeinwesens fühlen. Wenn es sich um Christen handelt, so bleiben sie loyale Untertanen, aber nicht mehr.“
Ein Atheist mag im Gegenteil sagen, dass Religionsgemeinschaften und ihre Gläubigen keinen besonderen Schutz genießen dürfen, man sie und ihre Repräsentanten daher auch beleidigen darf, was sie schon aushalten müssen, während eine Kritik an persönlichen Verhaltensweisen, insbesondere durch die faktische Macht der Religionen resp. Kirchen, eine Diskriminierung der Betreffenden bedeutet und daher unterbunden werden muss.
Und der Libertäre? Er sieht in den Religionen (und anderen Institutionen) eine Art ausgleichende Macht, vor allem gegenüber dem Staat, aber auch gegenüber überbordenden Einzelinteressen. Wenn man so will, wirken Religionen und ihre Gläubigen an der Gesellschaftsbildung mit und tragen dort eine Verantwortung, der sie gerecht werden müssen. Insofern genießen sie (mit den anderen oben bereits benannten Institutionen wie kulturelle Normen, bürgerliche Moral und gesellschaftliche, naturgegebene Autorität) eine Sonderrolle, die aber wiederum nicht in eine freiheitseinschränkende Machtausübung entarten darf. Anders gesagt und auf den Punkt gebracht: ich habe keine feste Einstellung zu dem Thema, und fürchte, die kann es auch nicht geben, weil sie stark von den jeweiligen Verhältnissen abhängt. Als Libertärer bin ich nicht nur dem Staat gegenüber sondern auch Gesetzen gegenüber skeptisch und hänge einem vielleicht naiven Menschenbild nach, nachdem in den allermeisten Fällen Menschen guten Willens eine einvernehmliche Regelung zu ihrem Zusammenleben treffen können, ohne das sich der Staat dort mit Gesetzen einmischen müsste. Durch christliche Ethikvorstellungen, die Anforderungen an den Gläubigen im Zusammenleben mit seinem Nächsten stellt, wird diesem Menschenbild auf die Beine geholfen, durch gesetzliche Regelungen werden diese Ethikvorstellungen amputiert. So mag es sein, dass eine Reduzierung gesetzlicher Regelungen durchaus nicht von heute auf morgen geschehen kann, dass sie aber notwendig sein wird, um unsere Gesellschaftsordnung tragfähig zu gestalten – und sich schließlich die Frage nach der Gesetzmäßigkeit nicht mehr stellt, da man Einigkeit erzielt über den Umgang miteinander. Vielleicht eine Utopie, aber eine, an der zu arbeiten sich lohnt!
Bei der zweiten Frage kommt einem die aktuelle Diskussion um Beschneidungen in den Sinn; darüber habe ich an anderer Stelle bereits geschrieben und würde mich hier kurz halten: die Ausübung der Freiheit kommt an ihre Grenze dort, wo der Einzelne nicht verantwortlich mit der Freiheit umgehen kann und so im Extremfall entweder sich oder andere gefährdet, jedenfalls nicht erkennen kann, was für ihn von Nutzen ist. An der Stelle sind nun also andere gefragt, die diese Rolle für ihn übernehmen müssen und zu entscheiden haben, was gut für den Betroffenen ist. In einer auf der Familie fundierten Gesellschaft sollte diese Rolle am besten in der Familie angesiedelt sein, solange sich diese nicht als ungeeignet erweist. So sieht auch unsere Verfassung die Vertretung von Kindern durch ihre Eltern vor, denen die Erziehungsgewalt als Recht und Verantwortung zugesprochen wird. Kritisch wird dies, wenn angezweifelt wird, ob die Familie für den Betreffenden, nehmen wir wie im Beispiel der Beschneidung das kleine Kind, tatsächlich gute Entscheidungen trifft Wer entscheidet, was gut ist?
Diese Frage ist das Kerngebiet der Religionen, und so ist wohl jedem christlichen Elternpaar klar, dass die Erziehung mit christlichen Werten gut für das Kind ist. Was aber, wenn eine Gesellschaft zu anderen Schlüssen kommt und christliche Erziehung als Indoktrination sieht und einen Schaden für das Kind annimmt? Was aber, wenn eine jüdische Familie die Beschneidung ihres Kindes als Teil des religiösen Initiation für den Jungen als gut erachtet, die Gesellschaft hierin aber in erster Linie eine Körperverletzung sieht? Und umgekehrt: was, wenn Eltern das regelmäßige Schlagen der Kinder als gute Erziehung wertet? Was, wenn Eltern in zweifellos (was immer das ist) strafrechtlicher Weise die Rechte der Kinder beeinträchtigt und dies mit religiösen Motiven als gut begründet? In welchem Fall überwiegen Religionsfreiheit gepaart mit dem Erziehungsrecht der Eltern eventuelle andere Rechte der Kinder, ab wann ist Eltern auch vor dem Hintergrund von Religionsfreiheit und Erziehungsberechtigung Einhalt zu gebieten um das Kind zu schützen? Und wieder auf den Punkt gebracht: ich habe keine feste Einstellung zu dem Thema, und fürchte, die kann es auch nicht geben, weil sie stark von den jeweiligen Verhältnissen abhängt. Vielleicht kann ich an dieser Stelle noch mal André F. Lichtschlag zitieren, dessen Worte ich ansonsten nur versuchen würde, zu paraphrasieren:
Und auch wenn es nur um Nuancen geht, gar nicht ums Grundsätzliche: Wer entscheidet denn am Ende und im Zweifel: Die Eltern? Das Kind? Oder das Jugendamt? Wer an eine allgemeingültige und mögliche, menschliche Gerechtigkeit gegenüber allen hier und jetzt lebenden Kindern glaubt, der hat vermutlich selbst zwei Osterhasen verschluckt. Oder er will Gott spielen
Was uns zur Beschneidungsdebatte zurückführt. Hat sich je später ein nennenswerter Anteil von muslimischen oder jüdischen Jungen über die eigene Beschneidung in der Kindheit beschwert? In Jahrtausenden? Irgendwo auf dem weiten Erdkreis? Bei zwei großen Weltreligionen?
Ist es schließlich doch der typisch deutsche Größenwahn, der sich früher einmal in Klassen- oder Rassenfragen und zuletzt in der Ökologiedebatte offenbarte, mal eben ein paar Milliarden heute lebender und noch mehr bereits verstorbener Menschen oberlehrerhaft vorhalten zu wollen, dass sie alle furchtbares Unrecht an ihren eigenen Kindern taten und tun? Oder blinder Fortschrittsglauben? Politischer und juristischer Machbarkeitswahn? Allgemeine Religionsvergessenheit? Sicher von allem etwas. In keinem anderen Land der Welt wäre eine solche Diskussion so denkbar. Und eins ist auch klar: Die Juden sind das Glück der Muslime. Wären sie nicht auch beschnitten, die deutsche Debatte würde nicht mehr quer, sondern bereits wieder im gnadenlosen Gleichschritt verlaufen: Du bist nicht wie ich? Das kann ich leider nicht dulden
Den letzten Absatz seines Artikels startet Lichtschlag mit den Worten Am Ende ist alles relativ. Was die Ideologen nur noch mehr ärgert. Vielleicht eignet sich die Frage der Beschneidung oder der religiösen Erziehung, vielleicht eignen sich Fragen der Morallehre in diesen Fällen gar nicht für eine Gegenüberstellung von Libertarismus und Katholizismus vielleicht müssten beide Richtungen in derartigen Fragen zu einer Ideologie erstarren, die ihnen nicht gerecht wird. Auch das ein Grund, warum es auf die Beschneidungsfrage im (vom Prinzip her untauglichen!) Gesetzgebungsverfahren keine einfachen Antworten gibt.
Zum Glück
kann ich nun sagen, und das nicht nur wegen eines Artikels in einem libertären Magazin, dass mein Katholizismus und mein Libertarismus ganz gut zusammen gehen. Es wird an konkreten Fragestellungen immer zu Widersprüchlichkeiten kommen, bei denen ich für mich den Primat des Glaubens vor dem Gesellschaftssystem sehe. Und muss in diesem Fällen akzeptieren, dass andere das anders sehen und mich mit ihnen auseinandersetzen um zu einem für alle befriedigenden Kompromiss zu kommen: in aller Freiheit und ohne Beeinträchtigung meines Verhältnisses zu Gott! Das sind die Prinzipien, die für libertäre und katholische Entscheidungen in Ansatz gebracht werden müssen und gegen deren Verstoß libertäre und katholische Menschen zum Eingreifen moralisch gezwungen sind analog zum non possumus der Märtyrer, die uns vorangegangen sind und uns heute noch aufzeigen, wo die Grenzen unserer Kompromissbereitschaft liegen müssen!
templarii
Und dieser Beitrag hat null Kommentare?
Im Moment bin ich in einer Bierseligen Stimmung (Hopfen und Malz, Gott erhalts…) darum nur ein kurzer Kommentar.
Libertäre und Katholiken widersprechen sich so gut wie gar nicht wenn Libertäre begriffen haben das Gott die von ihnen ersehnte Freiheit in Person ist. Sie müssen begreifen dass Gott die Liebe ist und Liebe nur innerhalb der freien Entscheidung zu dieser möglich ist. Erzwungene Liebe gibt es nicht und daher ist die höchste Form der Liebe die radikale selbstentäusserte Liebe eines der Gesellschaft übergestellten Entität die jegliche Freiheitsmöglichkeit eines Menschen oder aller Gesellschaften in allen Zeiten übersteigt und damit die Bewusstseine des Menschen auf die Unendlichkeit und Ewigkeit ausrichtet.
Ich bin ebenso der Meinung dass es keine positiven Rechte gibt. Man kann keine Kultur so aufbauen. Recht auf Leben.. wer kann das denn sicherstellen? Nicht mal der Staat der meint diese Rechte sicherstellen zu sollen – jedenfalls den ungeborenen Kindern in den Bäuchen der Mütter nichnt! Schon verlogen und gebrochen bevor es richtig zur Geltung kam.
Wir Europäer müssen Libertär werden und den Staat als Krebsgeschwür und Betonklotz in unserem Leben erkennen. Die Struktur eines Staates benötigt eine ständige Ausweitung der Befugnisse des Staates und dies führt zur völligen zerstörung des Staates.
Desweiteren soll man nicht vergessen dass es eine Sünde ist Sündern beim Sündigen zu helfen. Und eine Sünde wenn man nicht vermeidet dass Sünder sündigen. Oder dass Sünder Unschuldige zu Sünden verführen. Oder dass Unschuldige Opfer von Sünden werden.
Die Dimension dieser Gesetze wird noch gar nicht erfasst – weil es komplex ist und unsere Marxistisch verseuchten Intellektuellen nicht in 3d denken können.
Auch das Bewusstsein dafür, was Märtyrer sein können kann sich vergrössern – ist jemand bereit sich für sein Rechtsempfinden der Gefahr einer Versündigung auszusetzen? Wass ist bei einem allfälligen Bürgerkrieg; ist das bekämpfen und vertreiben von Menschengruppen die man als Feinde ansieht eine Sünde? Oder muss es gemacht werden auch wenn man nicht weiss ob diese Menschen überhaupt negative Taten vollbringen würden? Ganz konkret gesagt: Waren die Serben überhaupt auf dem falschen Wege als sie die Moslems vertreiben und ausrotten wollten und dabei bedauerlicherweise Frauen und Kinder töteten mit der Behauptung „damit sie später nicht uns töten“? Oder war das völlig korrektes Verhalten gespeist aus den Erfahrungen der Geschichte?
Gott fordert uns heraus und das tut er weiter als wir uns es vorstellen können. Es ist erschreckend wie weit Gott gehen kann.
Libertär bedeutet kaum bis gar keinen Staat. Katholizismus bedeutet ein Glaube der Freiheit. Er ist die Freiheit selbst. Nur mit einer starken Religion die zur Freiheit führt kann man einen Staat ohne Macht aufbauen. Wenn die Menschen erfüllung und fülle fühlen sowie erleben, haben sie kein Bedürfniss Macht aufzubauen oder Angst vor irgendwelchen Gruppen zu erleben.
Templarii
Papsttreuer
Wenn das ein kurzer Kommentar ist, was ist dann ein langer? Aber passend natürlich zum Umfang dieses Beitrags! Danke jedenfalls für das Teilen der Gedanken!
Templarii
Entschuldigung, es hat mich mitgerissen…