Ich habe eine Weile überlegt, ob und wie ich diesen Beitrag aufbauen werde, mich aber erstens dazu entschlossen, ihn zu schreiben (ach was) und den Aufbau auf mich zukommen zu lassen.
Unser Sohn sieht eigentlich so gut wie kein fern. Ab und an schauen meine Frau und ich mal in seinem Beisein in Nachrichten oder besondere Sendungen rein, ansonsten ist der Fernseher zu seinen Tageszeiten aus. Mit einer Ausnahme: das Kikaninchen! Ausgestrahlt in den frühen Morgenstunden auf dem Kinderkanal (KiKa) von ARD und ZDF zeichnen wir diese Sendung, bzw. die Einführung und den Ausklang auf, um diese rund zehn Minuten abends mit ihm anzuschauen. Für alle, die keine Kinder haben oder das Kikaninchen aus anderen Gründen nicht kennen: es handelt sich dabei um ein computeranimiertes, blaues Kaninchen, das mit zwei Menschen, Jule und Christian, Abenteuer erlebt oder von ihnen Geschichten erzählt bekommt. Im wesentlichen, so finde ich, harmlos und kindgerecht: da gibt es die Geschichte vom Geburtstag des Elefanten, bei der ein Affe für die Limonade zuständig war, in die aber nur Zitronen gelangt sind und der saurer Geschmack wird über Orangen ausgeglichen. Niedlich, kindgerecht, kein besonderer Erziehungsauftrag und irgendwie besser als man sich allgemein Kindersendungen vorstellt. Unser Kleiner ist knapp zwei und versteht die Geschichten wohl meist eh noch nicht, aber wenn gesungen wird oder das Kikaninchen unter dem Ruf Dibidibidapp die Nase am Bildschirm reibt, dann freut er sich. Wie gesagt, niedlich und harmlos.
In der letzten Woche wünschte sich das Kikaninchen aber von Jule eine Geschichte mit einem Bären und sie erzählt, an jedem Tag ein bisschen anders, die Geschichte von Bruno dem Bären. Der lebt mit seinem Papa und seiner Mama zu Hause und sie führen ein schönes Leben, mitsamt Geschichtenerzählen am Abend. Ab und zu aber übernachtet Bruno bei seinen Freunden. Und während es bei den Affen lediglich chaotisch zugeht und seine Zeit bei der betagten Schildkröte Amalie eher anrührend ist sieht das bei seinen Freunden Lea, einer Ente, und Jakob, einem Pinguin schon anders aus:
Lea wohnt in der Woche bei ihrer Mutter, nur am Wochenende beim Vater. Die Mutter hat einen neuen Freund, der auch zwei kleine Enten mitgebracht hat, die Lea zu Beginn nicht besonders mag, was sich aber im Verlauf der Geschichte auflöst. Als mir meine Frau von dieser Geschichte berichtete, seufzte ich noch ein Naja in mich hinein, bei Jakob blieb mir aber der Mund offenstehen: Jakob hat zwei Väter, eine Mutter offenbar nicht, und die beiden Väter brüten ein Ei aus, aus dem ein kleines Pinguin-Küken schlüpft. Okay, wenn ich das richtig sehe, dann brüten Pinguin-Männchen tatsächlich die Eier der Weibchen aus (Biologen mögen mich korrigieren, wenn ich falsch liege) aber das ist hier ganz offenbar nicht gemeint, hier geht es nicht um Biologieunterricht, und die Mama des kleinen Kükens kommt am Ende auch nicht zur Tür hineinspaziert.
Nein, in der Geschichte mit Lea der Ente geht es um eine Patchworkfamilie, in der Geschichte mit Jakob dem Pinguin um homosexuelle Eltern, die ihre Kinder großziehen und eigene Kinder bekommen. Natürlich, man kann das auch anders sehen: wenn heute Kinder vor dem Fernseher das Kikaninchen schauen, und Bruno den Bären sehen, dann kann es schnell passieren, dass dieses Bild einer heilen Welt mit ihrer Lebenswirklichkeit nicht mehr viel zu tun hat. Stellt sich also die Frage: Darf man Kinder aus besonderen Familienverhältnissen immer nur mit normalen Familienverhältnissen konfrontieren? Und sollte man Kindern aus normalen Familienverhältnissen den Respekt vor besonderen Familienverhältnissen nahebringen?
Zwei Fragen, eine Antwort: Ich würde mir wünschen, das unsere Kinder lernen, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner Herkunft Respekt und Liebe verdient. Als Christ kann das auch gar nicht anders sein wo kämen wir hin, wenn wir unsere Liebe nach Wohlverhalten verteilen würden, wo wären wir, wenn Gott das täte? Insofern kann ein Programm wie das beschriebene hilfreich sein wenn man mit den Kindern darüber redet: Gibt es in der Schule oder im Kindergarten Kinder mit einem speziellen Hintergrund? Wie gehen die anderen Kinder mit ihnen um? Und wenn sie an den Rand gedrängt werden: Wie kann man dafür sorgen, dass das nicht mehr passiert?
Zwei Fragen, eine andere Antwort: Die verdeckte Botschaft der Kikaninchen-Folgen scheint aber zu sein, dass jede Art des Zusammenlebens gleich, auch gleichwertig ist. Und das muss man als gläubiger Christ schon wieder deutlich anders sehen: Patchwork-Beziehungen lassen sich vielleicht aus weltlicher Sicht nicht immer verhindern, basieren aber auf dem Zusammenbruch einer oder zwei vorher bestehender Beziehungen, vielleicht sogar einer sakramentalen Ehe. Das Zusammenleben von Leas Mutter mit einem neuen Vater ist insofern zumindest nicht in jedem Fall in Ordnung. Über das Thema Homosexualität habe ich hier in diesem Blog schon ausreichend geschrieben, zuletzt hier und ich hoffe, der Unterschied zwischen Sünde und Sünder wird immer wieder deutlich in dem, was ich schreibe und auch in dem wie ich handle und in dem, wie ich das Wort Familie für unsere Kinder durchbuchstabieren möchte. Die Beziehung, wie sie zwischen den beiden Vätern von Jakob propagiert wird, ist in sich nicht in Ordnung, und sie wird es auch nicht, wenn man sie immer wieder als in Ordnung darzustellen versucht.
Der Spagat zwischen Respekt vor und Liebe zu den Menschen, alles Sünder wie ich selbst, einerseits, und dem Ablehnen von Zuständen und Beziehungen, die in sich nicht in Ordnung sind andererseits, dieser Spagat fordert heraus: Vielleicht fordert er hier die Erfinder vom Kikaninchen heraus, ganz sicher aber katholische Eltern, die ihre Kinder in dieser Weise ein Werteverständnis mitgeben wollen. Wir möchten unserem Kind beibringen, auch Kinder und Erwachsene aus besonderen Umfeldern zu respektieren und zu lieben, ohne das besondere an der Situation aus dem Auge zu verlieren wie immer wir das anstellen werden. Uns bleibt dazu noch einiges an Zeit, unser Sohn fand in der ganzen Geschichte vermutlich die Schildkröte Amalie mit dem geblühmten Panzer und ihre Freundschaft zu Bruno, der sich um die alte Dame kümmert, besonders schön, eben weil sie so schön bunt war. Aber eines Tages müssen wir die Frage beantworten, wie es denn aussieht mit Familien wie denen von Lea und Jakob. Ich hoffe, wir wissen dann die richtige Antwort, von Liebe und Glauben und Verantwortung getragen – vielleicht weiß auch einer der Leser aus eigener Erfahrung eine Antwort? Die Sendung lässt die Antwort jedenfalls offen, und das ist es, was mich skeptisch werden lässt hinsichtlich dieses ansonsten wirklich schönen Programms. Man kann aber auch anders, positiv formulieren: die Sendung beantwortet die aufgeworfenen Fragen nicht, sondern überlässt die Beantwortung den Eltern – und man kann nur hoffen und für unsere Familien beten, dass die diese Verantwortung auch wahrnehmen.
biosoph
Was du anfängst, sollst du auch fertig machen!
Wie soll jemand diese Erziehungsweisheit glaubhaft an seine Kinder vermitteln, wenn er selber bei jeder Kleinigkeit aus der Beziehung flüchtet, und hinein in die nächste, die meist nicht anders verläuft als die vorherige? Muster wiederholen sich. Und es ist eben nicht der Ex-Partner an allem schuld. Und „den Richtigen“ gibt es freilich ebenso wenig wie den Falschen. Das Glück oder Unglück einer Beziehung entscheidet sich in der Konfliktfähigkeit der Partner. Sie ist eine Frage von Interessen, vor allem aber eine Sache der Entscheidung; Für oder gegen ein Leben in Verantwortung. Das, zur Mode gewordene Unschuldssuhlen, und das gegenseitige Versichern der Scheiternden, korrekt gehandelt zu haben, auch wenn ihre Verlogenheit und Selbstgerechtigkeit längst zum Himmel stinkt.
Biosoph