Man hätte es ahnen können: wenn im deutschen Fernsehen über katholische Sexual- und Morallehre diskutiert werden soll, darf man sich darauf gefasst machen, als Protagonist in der Luft zerrissen und auch von einem Moderator, der sich meist selbst für einen investigativen Journalisten hält, bei erstbester Gelegenheit abgeschossen zu werden. Wer den Umgang von Günther Jauch in dessen Talkshow mit Martin Lohmann beobachtet hat, der persönlich unfair und in der Gesprächsführung nicht stringent zu Lasten des Gesprächspartners war, der musste eigentlich für die Sendung Lanz vorbereitet sein. Wie so oft hatte ich trotzdem auf einen fairen Umgang mit Herrn Lohmann gehofft, wurde aber gestern, als ich mir die Aufzeichnung der Sendung ansah, eines besseren belehrt.
Offenbar waren Herr Lohmann und Herr Lanz bislang per Du, was aber durch Herrn Lanz zu Beginn der Sendung für dieses Thema zurück genommen wurde, um wie er sagte eine notwendige Distanz, die beiden in dem Thema gut täte, zu bewahren. Da kann man natürlich unterschiedlicher Ansicht sein, ob diese Kommunikationsstörung notwendig oder doch nur ein taktisches Manöver war. Für mich gilt jedenfalls, dass ich an Stelle von Herrn Lohmann nach dem Gespräch Herrn Lanz das Du auch nicht mehr angeboten hätte. Dieses stand nämlich im Wesentlichen unter dem Motto Herr Lanz erklärt Herrn Lohmann und der Kirche die Welt. Gezielt eingesetzte Unterbrechungen sowohl der Antworten von Herrn Lohmann als auch des zugegeben erwartungsgemäß geringen Applauses für seine Kernaussagen und die ständige Negation von katholischen Glaubensaussagen, applausheischend, nur unterbrochen von wenig geistreichen Kommentaren der anderen Gäste (Jochen Busse kann man nur eine Nachhilfestunde in Geschichte empfehlen um sich kundig zu machen, was für ein wissenschaftliches Leichtgewicht Galileo Galilei war) machten es für einen Katholiken schwer, diesen Teil der Show durchzuhalten.
Nun sind die katholischen Positionen, wie sie von Herrn Lohmann, der direkt klarstellte, dass er als freier katholischer Journalist und nicht als Vertreter der Kirche seine Aussagen tätigte, nicht eben einfach zu erläutern. Freunde der leichten Lösungen kommen gerade in dem betreffenden Thema nicht auf ihre Kosten. Die einfache Formel die Frau soll über eine Abtreibung selbst entscheiden greift eben nicht, wenn man akzeptiert, dass mit der Befruchtung einer Eizelle ein neuer Mensch entstanden ist, der schützenswert ist auch wenn sein Äußeres sich von dem eines geborenen Menschen noch deutlich unterscheidet. Das wird natürlich dann nicht leichter, wenn der Gesprächspartner einen nicht eingeladen hat um zuzuhören, sondern um seine eigenen Glaubensaussagen (Herr Lanz ist nach eigenen Angaben in seiner Sendung eigentlich auch Katholik) zu positionieren. Da stellt sich wiederum die Frage, ob denn ein solches Format für die Vermittlung katholischer Positionen überhaupt geeignet ist (ich meine, man darf den Lebensfeinden in solchen Sendungen nicht das Feld überlassen) und ob eine eher theologische Argumentation um die Diktatur des Relativismus, die Theologie des Leibes von Johannes Paul II. oder die katholische Lehre zum Gewissen und zur Gewissensbildung wirklich zielgruppengerecht ist (ich konnte Martin Lohmann gut folgen, bin aber sicher, dass er viele Zuhörer, die sich in der Mehrheit mit dem Thema nicht regelmäßig beschäftigen werden, auch ohne das Zutun von Herrn Lanz verloren hätte). Anerkennen muss man gerade vor diesem Hintergrund, das Bemühen von Lohmann, trotz der widrigen Umstände die katholische Position zu erklären, von der er immer wieder betonte, dass sie keinen Zwang ausübe, er aber Respekt dafür fordere.
Einen kleinen Einblick in die Welt des Herrn Lanz und seiner Vorstellung wie die Kirche sein solle, bot die Diskussion darüber, ob die Kirche die betroffenen Frauen in den Entscheidungssituationen alleine ließe. Diese Frage wurde natürlich von Herrn Lohmann verneint, der immer wieder, allerdings ohne Gehör zu finden, darauf hinwies, dass die Kirche natürlich jede Entscheidung der Frau akzeptiere, wobei aber eben die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens im Vordergrund der Hilfen der Kirche stehen müsse. Das Insistieren von Herrn Lanz, am Ende müsse die Entscheidung die Frau aber ganz alleine treffen verblüffte vermutlich nicht nur Herrn Lohmann mir kam beim Ansehen dieser Szene die Frage in den Sinn, ob der Vorschlag von Herrn Lanz laute, die Kirche möge die Entscheidung für die Frau treffen? Man kann sich vorstellen, dass genau das nicht gemeint ist, weshalb nur ein Schluss bleibt: die Kirche soll jede Entscheidung der betroffenen Frauen aktiv unterstützen. Das ist dann wohl eine Art Wohlfühlkirche, die jedem Menschen versichert, dass er eigentlich gar nichts falsch machen kann, wenn er sich nur gut dabei fühle das ist das Gegenteil von Wahrheit und Wahrhaftigkeit, die man doch gerade von der Kirche erwarten können muss, und das exakte Abbild der Diktatur des Relativismus, die Herr Lanz in einem seiner Anflüge von Welterklärung ausgerechnet der katholischen Kirche vorwirft, wenn diese die Entscheidung von Frauen respektiert, auch wenn diese der christlichen Lehre, widerspricht. Dramatisch ist, dass Herr Lanz hierfür Applaus erntet und offenbar niemand im Publikum erkennen mochte, dass er mit seinen Aussagen nichts anderes fordert als die Relativierung jeder Glaubenswahrheit.
Als gläubiger Katholik leidet man bei solchen Sendungen mit einem Martin Lohmann mit, der insbesondere klarzumachen versuchte, dass sich Lebensschützer wie er, eben nicht nur um Frauen in Notsituationen, nicht nur nach einer Vergewaltigung sondern generell bei einer ungewollten Schwangerschaft, kümmern, sondern sie auch nach einer Abtreibung und im Umgang mit deren weitreichenden Folgen unterstützen. Lebensrechtler unterstützen Frauen in dieser Lebenssituation nach Kräften zugegeben mit einer Beratungsrichtung für das Leben, und nicht das Glas Wasser zur Abtreibungspille reichend. Diese Wahrheit, dass es eben eine moralische Bewertung einer Abtreibung seitens der Kirche gibt, die aber nicht in einer Verurteilung der betreffenden Frauen mündet, scheint für Menschen wie Herrn Lanz und den Großteil seines Publikums, das schnell den Stab über jemanden bricht, der nicht ihrer Meinung ist, schwer zu verstehen und zu ertragen. Umso mehr gebührt Martin Lohmann der Respekt, den Versuch zu erklären, zu verdeutlichen und für Verständnis zu werben trotzdem immer wieder aufzunehmen auch gegen menschenverachtende Anfeindungen die ihm entgegenschlagen.
Zwischenzeitlich wurde Martin Lohmann von der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation für die er als freier Dozent tätig war abgesetzt aufgrund seiner katholischen Positionen im Hinblick auf die Bewertung der Homosexualität, die er vor einiger Zeit in der Sendung hart aber fair getätigt hatte. Die Begründung lässt aufhorchen: Die Hochschule vertritt in ihren Grundwerten ein Menschenbild, in dem verschiedene sexuelle Orientierungen respektiert werden. Sie lehnt jegliche Art von Diskriminierung ab. Da wird jemand aus einer Funktion entfernt, weil er eine katholische Position vertritt, und als Begründung wird die Ablehnung von Diskriminierung ins Feld geführt? Was ist das, wenn nicht Gesinungsterror? Man muss Erzbischof Müller danken, der gerade eben auf Tendenzen hin zu einer Pogromstimmung hinwies eine Aussage, die sich in den letzten Tagen mehr und mehr bestätigt.
Noch ein letztes Wort zu diesem Thema: im heutigen Evangelium (Markus 6, 7-13) sendet Jesus seine zwölf Apostel aus in die Welt, um das Wort zu verkünden und Dämonen auszutreiben und Kranke zu heilen. Er sendet sie zu zweit aus wohl wissend, dass einer alleine in einer feindlich gesinnten Welt verloren sein könnte. Und die Apostel? Sie berufen keine Konferenz ein, um sich über die Inhalte abzustimmen, sie kommen auch nicht auf den Gedanken, vielleicht einfach nur Briefe an die zu besuchenden Städte zu schreiben. Nein: Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. In Tagen in denen sich jeder Journalist offenbar etwas von der Kirche wünschen darf, wie sie sein, was sie zu klären und was sie zu sagen habe, möchte ich ebenfalls einen kleinen Wunsch äußern: Ich wünsche mir Apostelnachfolger (für diejenigen, die der katholischen Kirche nicht so nahestehen: das sind die Bischöfe), die diesem Beispiel folgen, in die Welt gehen, auch wenn sie feindlich gesinnt ist, dahin gehen, wo die Menschen sind, und seien es Boulevard-Talkshows, die die Menschen zur Umkehr aufrufen auch wenn die das nicht hören wollen und einen Martin Lohmann nicht kritisch beäugt alleine im Regen stehen lassen. Ich wünsche mir Rampensäue als Hirten und keine Hasenfüße!
Papsttreue
Es ist wirklich nicht einfach, die katholische Leere zu erklären. Ich merke das immer wieder in den Gesprächen, die ich in meinem Umfeld führe. Es ist vor allem schwer deutlich zu machen, dass ich niemanden verurteile, der einen anderen Weg geht. Wie schwer muss es da erst für H. Lohmann sein, das im Fernsehen in einer Talkshow zu tun, wo es klar ist, dass alle gegen ihn sein werden und nachdem er schon ganz schlimme Reaktionen auf seinen ersten Auftritt erleben musste. Daher ziehe ich meinen Hut für seinen Mut und sein apostolisches Vorbild!